Täterloyale Anteile und Introjekte

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Candykills
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Täterloyale Anteile und Introjekte

Beitrag So., 20.03.2016, 12:35

Ok, das ist - wie der Titel schon besagt - ein Thread für alle, die von täterloyalen Anteilen (DIS) oder Täter-Introjekten geplagt werden. Es ist also jeder herzlich Willkommen, der sich zu dem Thema austauschen möchte.
Da das wiederum ein sehr schwieriges Thema ist, wäre es mir wichtig zu betonen, dass ein freundlicher Umgangston erwünscht ist, so dass User hier auch offen über ihre Anteile schreiben können ohne völlig zerrissen zu werden als schlechter Mensch/schlechte Mutter/schlechter Sonstnochwas. Es geht hier nicht um die Folgen für das Umfeld des Betroffenen, sondern schlichtweg darum, was diese täterloyalen Anteile und Introjekte mit einem selbst machen, in einem selbst auslösen, wie man damit umgehen lernen kann etc.

Da ich persönlich mich bisher sehr wenigen mit diesen Anteilen in mir auseinandergesetzt habe, kann ich noch nicht viel dazu schreiben, außer dass ich selbst solche Anteile habe.

Also legt einfach los, was euch dazu so in den Sinn kommt.

Liebe Grüße
Candy
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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lilu
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Beitrag So., 20.03.2016, 12:51

Ich weiß auch noch nicht allzuviel. In meiner Traumatherapie habe ich gelernt, dass diese Anteile mir geholfen haben zu überleben. Sie haben es geschafft, den Täter trotzdem zu lieben, egal was er gemacht hat. Ich habe dem Täter geglaubt, dass ICH Schuld bin, dass er sich so verhält/verhalten muss. So konnte ich überleben, mit dem Wissen, dass es RICHTIG ist was mir angetan wurde. Das habe ich bis vor ein paar Jahren auch noch geglaubt. Ich war selbst Schuld, dass das alles passiert ist.

Meine Thera sagte mir, dass ich diesen Anteil nicht verteufeln oder wegschieben soll, obwohl ich das so gerne möchte. Sie sind so böse und das will man ja nicht sein. Man will nicht so sein wie die Täter. Nachdem ich aber verstanden habe, dass diese Anteile/Introjekte (den Unterschied weiß ich nicht) zu meinem Schutz da waren, wollte ich den Bösen umbenennen. Nun heißt er oder sie "Zauberer". Er hat mir die rosarote Brille aufgesetzt, um die Wahrheit nicht sehen zu müssen.

Doch ich kann dieses Bild noch immer nicht verinnerlichen, da ich damit einfach nicht klar komme, so etwas abgrundtief böses in mir zu haben....

Auch hier hatte ich mal ein Bild im Zuge der inneren Landkarte gezeichnet. Ich hatte ihn betont unschuldig gezeichnet, aber ich kann ihn noch nicht annehmen, obwohl ich nun um den Sinn seiner Existenz weiß.....
Bild
Und mit Entzücken blick ich auf, so manchen lieben Tag;
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Goethe

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lilu
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Beitrag So., 20.03.2016, 16:19

Weiß Jemand den Unterschied von täterloyalen Anteilen und Täterintrojekten? Kann es sein, dass die Introjekte eher Gedanken und Gefühle, ohne tatsächliche Handlungen sind, also keine eigenständige "Persönlichkeit"? So das man sagen könnte, ein Introjekt ist eine "Vorstufe" zum Anteil ?
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blade
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Beitrag So., 20.03.2016, 17:54

ich glaube nicht, daß diese Anteile per se "abgrundtief böse" sind.
ich glaube eher, daß deren Prioritäten in Richtung unbedingte Unterordnung/Hörigkeit zur Bezugsperson verschoben sind.
das vermutlich deshalb weil sie sehr früh/sehr jung sind.

wäre die Bezugsperson absolut gut, dann wären es diese Anteile auch.
nur wären sie in dem Fall wohl nie abgespalten und eingefroren worden, das erscheint mir die Crux dabei zu sein.
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blade
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Beitrag So., 20.03.2016, 17:57

bezüglich Introjekt bin ich mir nicht mehr so sicher ob so etwas überhaupt wirklich existiert, im Sinne der Theorie.

ich habe dazu eine eigene Theorie, doch die geht in Richtung Parasit.
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lilu
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Beitrag So., 20.03.2016, 18:03

Sie waren früher Schutz (also eigentlich GUT) und heute verhalten sie sich "falsch/böse", weil sie noch im alten Film stecken....Ich verstehe nur nicht ganz, was in der Zwischenzeit passiert ist. Früher haben sie das Böse gut und aushaltbar gemacht, heute verwandeln sie etwas ins BÖSE...
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blade
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Beitrag So., 20.03.2016, 18:59

Was passiert ist?

Entwicklung ist passiert.

Das Reaktionäre hat seine Berechtigung .....in der Eiszeit....dann wenn es taut, tja dann muss es auch auftauen, so wie eine alte böse Kampfmaschine endlich freundlich werden darf.
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lilu
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Beitrag So., 20.03.2016, 19:09

blade hat geschrieben:so wie eine alte böse Kampfmaschine endlich freundlich werden darf.
Aber es ist ja nun genau umgekehrt....das was früher dem Täter "freundlich" gesinnt war, ist nun böse im hier und jetzt...
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blade
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Beitrag So., 20.03.2016, 19:14

Nein, da verwechseln Sie was bei der Introspektion!!!

Und die Introjektion macht aus dieser Verwechslung Schuld.
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lilu
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Beitrag So., 20.03.2016, 19:49

Ich versteh`s nicht, sorry....
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blade
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Beitrag So., 20.03.2016, 20:04

Kämmen Sie es neu.
Alles was freundlich ist, ist für Sie.
Alles was unfreundlich ist, ist es nicht.

Komplizierter wird es nicht mehr.
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mio
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Beitrag So., 20.03.2016, 21:00

Hallo Lilu,
lilu hat geschrieben:Weiß Jemand den Unterschied von täterloyalen Anteilen und Täterintrojekten? Kann es sein, dass die Introjekte eher Gedanken und Gefühle, ohne tatsächliche Handlungen sind, also keine eigenständige "Persönlichkeit"? So das man sagen könnte, ein Introjekt ist eine "Vorstufe" zum Anteil ?
ich erkläre mir den Unterschied so:

Ein "Introjekt" ist etwas "von außen eingepflanztes", also zB. die Überzeugung "nicht liebenswert" zu sein, weil einem das immer und immer wieder erzählt wurde. Ein Introjekt ist also eine "fremde Überzeugung" die sich zu eigen gemacht wurde, weil sie nicht widerlegt werden konnte/durfte. Ein Anteil hingegen "trägt" die Erfahrung in sich, hat also Zugang zu einer Situation zu der "ich" keinen Zugang habe. So kann ein Anteil zB. auch ein "Introjekt" haben (wie zB. das mit dem "nicht liebenswert"), aber das ist dann sein Introjekt, ich habe dieses Introjekt so gar nicht, denke also auch nicht, dass ich nicht liebenswert bin. Das denkt nur dieser Anteil, weil er die Situation damals nur so "bewältigen" konnte und "ich" so von der Situation und dem dazugehörigen "Introjekt" verschont geblieben bin.

Nun verhält sich der Anteil allerdings in "ähnlichen" Situationen noch wie damals, weil er auf die "Ähnlichkeit der Situation" "anspringt" obwohl diese heute vollkommen anders gelagert ist. Nur dass das bei dem "Anteil" noch nicht angekommen ist. Die "Ursprungssituation" gab es und da war das Verhalten des Anteils sinnvoll weil "lebensrettend", die heutige Situation ist anders, es ist nicht mehr "lebensnotwendig" sich so zu verhalten wie damals. Würdest Du jetzt den "gesamten Anteil" streichen wollen, dann würde ein Stück fehlen, weil es eben auch um was "autobiografisches" dabei geht zu dem der Zugang ohne diesen Anteil fehlen würde. Es entstünde ein "Loch" in der "Persönlichkeit", da die Persönlichkeit ja immer auch aus der eigenen "Biografie" entsteht.

Ist es hingegen nur ein Introjekt, dann streichst Du da nix "biografisches" sondern korrigierst nur eine fehlerhafte Überzeugung, die aus der eigenen Biografie entstanden ist. Die Biografie als solche bleibt dann vollständig erhalten. (Das ist wohl auch der Unterschied zwischen Ich-synton und Ich-dyston, die Schwierigkeit hierbei dürfte dann darin bestehen, dass geglaubt wird, dass "man" ohne das Introjekt "niemand" mehr ist. Eben weil es als "Ich-synton" wahrgenommen wird und nicht als Introjekt.)

Ein Unterschied bei DIS dürfte darin bestehen, dass die "Täterintrojekte" (die es ja auch geben kann) wohl eher "Programmcharakter" haben, also auch keine "echten" Anteile sind sondern nur so "tun als ob". Im Gegensatz zu den Täterloyalen Anteilen, die eben etwas "repräsentieren".

Ungefähr so verstehe ich das zumindest, hoffe es ist nicht allzu wirr beschrieben .

Lieben Gruss,

mio

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Candykills
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Beitrag So., 20.03.2016, 21:09

Danke für die Erklärung, Mio!

Also Putnam schreibt dazu: Im Persönlichkeitssystem von Multiplen hat sowohl der Täter als auch das Opfer einen Platz. Die Täter-Persönlichkeit im System des Opfers kann ein mehr oder weniger direktes Introjekt des realen Täters sein. (Putnam 2003: Diagnose und Behandlung der Dissoziatiativen Identitätsstörung)

Ich denke das unterstreicht Mio's Erklärung. Was bei nicht-Multiplen ein Introjekt ist, ist bei Multiplen auf eine ganze Persönlichkeit ausgelagert, die natürlich jeweils ihre eigene Geschichte und eigenen Erinnerungen trägt, während das Introjekt an sich kein Erinnerungsträger ist.
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lilu
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Beitrag So., 20.03.2016, 21:10

blade hat geschrieben: Alles was unfreundlich ist, ist es nicht.
Es ist nicht unfreundlich, wenn Jemand in mir bestimmte Menschen hasst, die mir aber am Herzen liegen? Es ist auch nicht unfreundlich, wenn man "mich" zerstören will mit SV? Und ist es auch nicht unfreundlich, wenn es einen "Kinderfreund" in mir gibt und mich mit seinen widerwärtigen Gedanken und ekelhaften Gefühlen belästigt?

Lieber Herr Blade, ich verstehe es einfach nicht. Vielleicht fehlt mir diesbezüglich noch eine Menge Wissen, oder ich kann noch nicht so gut hinschauen. Vielleicht bin ich aber auch nur zu ungebildet was dies anbelangt.

Vielen Dank für Ihre Worte.
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Goethe


mio
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Beitrag So., 20.03.2016, 21:17

Candykills hat geschrieben:Was bei nicht-Multiplen ein Introjekt ist, ist bei Multiplen auf eine ganze Persönlichkeit ausgelagert, die natürlich jeweils ihre eigene Geschichte und eigenen Erinnerungen trägt, während das Introjekt an sich kein Erinnerungsträger ist.
Genau so verstehe ich das auch Candy. Irgendwozu müssen die Scheiß Amnesien ja auch gut sein...

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