Verhalten vom Psychologen normal?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

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Gluehbirne90
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Verhalten vom Psychologen normal?

Beitrag Mo., 04.04.2016, 16:59

Hallo liebe Forums-Mitglieder!

Ich bin Studentin, mache seit einiger Zeit eine Therapie wegen depressiven Verstimmungen. Das erste Jahr habe ich dafür eine Beratungsstelle aufgesucht, die von dem Studentenwerk angeboten wird. Vor einiger Zeit sind meine Beratungsstunden dort abgelaufen und mir wurde nahegelegt, mir einen Therapieplatz bei einem Psychologen zuzulegen. Das habe ich auch gemacht und vor circa einem Monat eine Therapie bei einem niedergelassenen Tiefenpsychologen begonnen. Beim Vorgespräch lief soweit alles gut. Seitdem habe ich 4 reguläre Therapiestunden hinter mir. Ich habe ziemliche Einschlafprobleme, weil mir oft viele Gedanken durch den Kopf gehen. Also haben wir von diesen 4 Stunden zwei mit Theorie und Praxistipps verbracht, ohne wirklich auf Probleme einzugehen. In der letzten Stunde hatte ich dann wirklich ein Thema, das ich besprechen wollte.

Meine Mutter hatte am Tag zuvor die eine Krebsdiagnose bekommen mit einer relativ seltenen Krebsart mit einer schlechten Prognose. Das Gespräch ist komplett anders abgelaufen, als ich es mir vorgestellt hatte. Die Stunde ist ziemlich schief gelaufen, sodass ich mich jetzt frage, ob ich die Therapie so wirklich weiter machen möchte. Ich habe noch zwei Wochen bis zum nächsten Gesprächstermin Zeit. Wahrscheinlich ist es das Beste, wenn ich kurz schildere, wie es gelaufen ist.

Es ist so gestartet, dass der Psychologe mich gefragt hat, was es bei mir so neues gibt. Ich habe ihm direkt gesagt, dass es mir schwer fällt, über das Thema zu reden und dass diese Diagnose bei meiner Mutter gestellt wurde. Ich sollte ihm von meinem worst case szenario erzählen. Ich habe ihm davon erzählt, dass ich Angst habe, dass sie das nicht schaffen wird. Seine erste Reaktion war dann „Reicht die Liebe etwa nicht, die Sie als Kind von ihrer Mutter bekommen haben? Brauchen Sie davon unbedingt noch mehr?“ Als ich ihm gesagt habe, dass ich die Frage sehr provokativ finde, hat er nicht locker gelassen und meinte, dass ich doch jetzt erwachsen bin und die Zeit der elterlichen Unterstützung doch jetzt vorbei sei. Dann noch, dass ich offensichtlich nicht alleine klar komme und meine Eltern bestimmt auch erleichtert wären, wenn sie wüssten, dass ich und meine Geschwister auch ohne sie im Leben klar kämen. Naja, ich bin ein Familienmensch und diese bedeutet mir alles. Ich hatte richtig das Gefühl, dass ich mich dafür rechtfertigen muss. Also habe ich ihm offen gesagt, dass ich nicht seiner Meinung bin. Meine Geschwister haben alle Studiert und sehr gute Abschlüsse erreicht. Er dann: Der akademische Abschluss sagt nichts über die Lebenstüchtigkeit aus. Es gibt auch Doktoren, die ihr Leben nicht auf die Reihe bekommen. Quasi Fachidioten. Er war der Meinung, dass ich mir eine eigene Familie aufbauen soll, Freund und Kinder und so weiter. Als ich ihm gesagt habe, dass ich daran grade kein Interesse habe, war seine Antwort nur „das sollten Sie aber!“.

Irgendwie habe ich mich richtig in die Ecke gedrängt gefühlt, als Fachidiot, der sein Leben nicht auf die Rehe bekommt. Er hat meine Argumente nicht gelten lassen, dass ich bereits einen Nebenjob habe, mit dem ich Geld verdiene und schon wohl lebensfähig bin. Er erzählt mir dann immer von Leuten, die er behandelt hat und wie sich das bei denen entwickelt hat. Das gibt mir allerdings (da er mich ja erst diese 2 Gesprächsstunden kennen lernen konnte) das Gefühl, dass er mich einfach in Schubladen steckt. Wenn ich ihm sage, dass ich anderer Meinung bin, ist sein Totschlagargument, dass man das ja nicht bewusst macht, dass man sich nicht von den Eltern lösen möchte. Er sagt mir also etwas über meine angeblichen tiefen inneren Konflikte, dabei kann ich nicht sagen, dass ich mich ihm überhaupt richtig geöffnet habe.

Dieses Verhalten kann doch nicht normal sein, oder? Ich habe dann irgendwann nichts mehr gesagt, weil er meine Aussagen nicht gelten lassen wollte. Nach dem Gespräch war ich am Boden zerstört und es ging mir extrem viel schlechter als vorher. Darf ein Psychologe einem sagen, dass man eine eigene Familie aufbauen „muss“ bzw. was für ein Lebenskonzept man da haben darf und was nicht? Ich weiß nicht, ob ich diesem Mann jetzt noch vertrauen kann und von meinem tiefen inneren Unsicherheiten berichten kann, nachdem er mich dafür so fertig gemacht hat, dass ich an meiner Familie hänge und ich traurig darüber bin, dass Meine Mutter diese schlimme Krebsdiagnose bekommen hat. Grade in so einer Situation, wo man sowieso schon extrem angespannt ist. Nach der Stunde wollte ich am liebsten alles hinschmeißen. Aber ich wollte mir hier noch ein Mal eine Meinung einholen, ob so ein Verhalten wirklich normal sein kann?

Liebe Grüße

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Sarana
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Beitrag Mo., 04.04.2016, 17:27

Liebe Glühbirne,

hast du schon mal von den "probatorischen Sitzungen" gehört? Ich nehme mal an, dass er die Berufsbezeichnung "psychologischer Psychotherapeut" trägt und mit deiner Krankenkasse abrechnet. Solange du ihm nichts unterschrieben hast, waren diese letzten 5 Sitzungen die Probatorik, die Testphase. Du kannst den nächsten Termin absagen und musst dich dort nie wieder blicken lassen.

Ich war ja nicht dabei, aber von dem ausgehend, was du schilderst, kann ich dir nur meinen Respekt dafür ausdrücken, dass du dich trotzdem zur Wehr gesetzt hast. Seine Aussagen finde ich unter aller Sau, und er hat scheinbar eine der fürchterlichsten Krankheiten, die ein Psychotherapeut (und eben vor allem die Tiefenpsychologen unter ihnen) nur haben kann: Die ich-kenn-dich-besser-als-du-selbst-Krankheit, gewürzt mit dem allseits beliebten und-wenn-du-dich-wehrst-weiß-ich-es-trotzdem-besser-weil-ich-dein-Unterbewusstsein-kenne.

Schau dir mal in Ruhe mehrere Therapeuten an, dank dieser 5 "Testsitzungen" kannst du das tun, denn die werden von der Krankenkasse bezahlt! Dazu musst du natürlich zu Therapeuten, die nicht (nur) privat, sondern eben auch mit der KK abrechnen können. Aber von denen kannst du alle "durchprobieren", wenn du das möchtest.

Lieben Gruß,
Sarana
"Not doing life today. Love to. But can't."
Hoffentlich: "I think I'm at a stage of my life where I subconsciously purposefully f.uck everything up just to see if I can find a way out of it."
Untiefen des Internets


Kirchenmaus
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Beitrag Mo., 04.04.2016, 18:05

Eine Krebsdiagnose ist immer etwas Furchtbares. Tut mir wirklich leid für dich und deine Mutter. Der Mann scheint einfach kein Feingefühl zu haben.

Und zum Thema Fachidiot: Ich glaube, das ist er selbst.

Tu dir selbst einen Gefallen und schau dich weiter um. Du brauchst in der nächsten Zeit bestimmt liebevollere Zuwendung, als du sie von ihm bekommen kannst.
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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Hexe2
Helferlein
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Beitrag Mo., 04.04.2016, 18:09

Auch meinen Respekt hast du, dass du ihm widersprochen hast. Ich persönlich empfinde es als herablassend und unter aller Würde, wenn man jemanden von der Diagnose seiner Mutter erzählt und derjenige dann mit so einer gefühlskalten Antwort rüber kommt. "Spinnt der!!!!" ... war mein erster Gedanke. Familie ist wichtig, wenn sie intakt ist und das hat nichts mit "reicht die Liebe nicht aus" zu tun. Mutterliebe wird immer bestehen und wenn man seine Eltern liebt, dann wird man sie IMMER lieb haben und leiden, wenn sie so eine Diagnose gestellt bekommen.

Mir kann dieser Mensch nur leid tun. Offensichtlich hat er selber ein Problem damit und produziert dies auf dich. Mein Therapeut sagt immer, das Allheilmittel für die Welt ist die Liebe. Wenn das jeder verstehen könnte, dann gebe es keine Gewalt und dergleichen mehr. Liebe ist wichtig und hat nichts damit zu tun, dass man nicht lebensfähig oder abhängig ist. Es hat damit zu tun, dass man den anderen so sieht, wie er ist, als ein Kind Gottes oder anders ausgedrückt, als ein Wesen, das Würde, Schönheit, Reinheit in sich trägt, die beschützt, geehrt und behütet gehört. Wir sind alle etwas Besonderes und Menschen, die uns wichtig sind, die lieben wir und Menschen, die wir lieben, die sind uns wichtig. So sollte es eigentlich sein. Lediglich wir Menschen haben daraus etwas gemacht, was traurig ist ... Habgier, Eifersucht, Neid, Kälte usw.

Ich würde ihn wechseln, denn er achtet nicht deine Liebe zu deiner Mutter und wie Sarana schon sehr gut erwähnt hat, würde es mich nerven, wenn jemand von mir behauptet, mich besser zu kennen, als ich mich selbst, obwohl er noch überhaupt nicht viel Zeit mit einem verbracht hat.

Aber ob es wirklich so ist, weißt nur du. Ich gehe nur nach dem, wie deine Zeilen auf mich gewirkt haben und die haben einen Therapeuten widergespiegelt, der wahrscheinlich selbstverliebt ist.

Ich wünsche dir die richtige Eingebung für dich, damit du dich richtig entscheiden kannst.

Alles Liebe
Hexe2

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lamedia
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Beitrag Mo., 04.04.2016, 18:19

Ein praktischer Tipp: Wechseln geht relativ einfach: Der neue Therapeut / die neue Therapeutin beantragt bei der Krankenkasse die Übernahme der bewilligten Stunden und braucht dafür keinen neuen Antrag schreiben.
Und ich finde wie die anderen auch, dass psychoanalytische Provokation (oder wie soll man das nennen?) und Sagen-wie-die-Welt-läuft in dieser Situation komplett unangebracht war. (Dieser Mensch sollte vielleicht mal beginnen, sich mit der eigenen Endlichkeit oder erlittenen Verlusten selbst-empathisch auseinanderzusetzen...)

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Candykills
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Beitrag Mo., 04.04.2016, 18:22

Hi
Ich würde wohl diesen Therapeuten auch zukünftig meiden. Ich weiß nicht was für ein Verständnis von dem Konstrukt Familie er hat, aber wenn er davon ausgeht, dass Eltern nur liebenswürdig sind, solang man abhängig von ihnen ist, hat der Mann in meinen Augen den Job verfehlt.

Aber wie dich andere auch schon drauf hinwiesen: du bist vermutlich noch in der Probatorik, ein Wechsel sollte also kein Problem darstellen. Viel Glück!
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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stern
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Beitrag Mo., 04.04.2016, 20:21

Beim Vorgespräch lief soweit alles gut. Seitdem habe ich 4 reguläre Therapiestunden hinter mir.
Gab es nur ein Vorgespräch? Normal ist mehr möglich als eine Sitzung Vorgespräch... es muss ja auch manches abgeklärt werden. Hast du schon die Bewilligung von der Kasse? Vielleicht lässt sich ja noch was machen bzw. wechseln... viel Zeit ist ja noch nicht ins Land gegangen. Während der Probesitzungen ist ein Wechsel leichter, danach aber nicht unmöglich.

Ich finde seine Reaktion in erster Linie unsensibel... seine Fragen halte ich nicht für unberechtigt, aber es war nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Und ein Therapeut sollte normal auch keine Lebenskonzepte überstülpen... es gibt doch in der heutigen Zeit viele Lebensmodelle.

Mehr als ihn damit konfrontieren, dass dir sein Umgang nicht zusagte, kannst du vermutlich nicht... aber ich weiß nicht, ob das viel bringt, wenn jemand so reagiert. Psychonanalytiker? Hört sich irgendwie hardcore-psychoanalytisch an... mit akutem Empathieverlust. Muss nicht verkehrt sein, passt aber nicht für jeden...
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)


Widow
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Beitrag Mo., 04.04.2016, 22:51

Da hier gerade wieder das ptf-übliche "Analytiker-Bashing" losgeht:
Gluehbirne90 hat geschrieben:habe ich [...] eine Therapie bei einem niedergelassenen Tiefenpsychologen begonnen
Ob der Therapeut auch Analytiker ist, wissen wir einstweilen noch nicht. (Es gibt viele Tiefenpsychologen, die keine Analytiker sind. Alle in der BRD kassenzugelassenen Analytiker sind allerdings auch Tiefenpsychologen.)

Übrigens: Ich finde es gar nicht so verkehrt, in dieser Extrem-Situation, in der sich die TE zweifelsohne befindet, auch in der Therapie extreme Fragen zu stellen.
Und die danach, wie sehr man mit den Eltern noch nicht abgeschlossen hat, und womöglich immer noch in einer symbiotischen Beziehung mit ihnen verharrt - diese Frage scheint mir nicht nur in solcher Situation sehr berechtigt.

LG
w

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Lockenkopf
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Beitrag Mo., 04.04.2016, 23:17

Inhaltlich mag das was der Psychotherapeut sagt, ja durchaus richtig sein. Aber, sind das die richtigen Fragen, wenn man gerade erfahren hat, das die eigene Mutter schwerst krebskrank ist und wahrscheinlich bald versterben wird?
Ich halte in der Situation erst mal Anteilnahme für wichtiger und vorsichtiges fragen, was es für die Pat. bedeutet, das ihre Mutter so schwer krank ist.

Ich würde wie die anderen auch sagen, die Arbeitsweise des Th. passt nicht zur Pat.

Liebe TE, suche Dir einen anderen Psychotherapeuten, denn dieser wird dich nicht heilsam begleiten können, in den folgenden Monaten.
Liebe Grüße
Lockenkopf


Widow
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Beitrag Mo., 04.04.2016, 23:47

Lockenkopf hat geschrieben:Ich halte in der Situation erst mal Anteilnahme für wichtiger und vorsichtiges fragen, was es für die Pat. bedeutet, das ihre Mutter so schwer krank ist.
Warst Du in den 50 Minuten der Therapiestunde zugegen?
Wir hier haben von ihnen etwa 5 (ich bin da jetzt schon großzügig) durch die TE geschildert bekommen.

Ich insistiere, weil ich erlebt habe, dass ich eine Therapiestunde auf eine Minute verkürzte, in der mir sehr, sehr schmerzhafte Wahrheit vom Therapeuten gesagt wurde, und ich alles, was er sonst noch sagte, um mich zu halten und mir wohl zu tun, vergaß, all die anderen 49 Minuten.

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Gelli
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Beitrag Di., 05.04.2016, 06:42

Auch ich bin der Meinung das der Thera sich unsensibel und unverständlich reagiert hat.
Das dich das sehr mit nimmt das deine Mutter eine solch schwere Diagnose erhalten hat,das kann hier wohl jeder
nachvollziehen.Das dein Thera da so unsensibel reagiert hat ,sollte dir zeigen,das dieser Thera wohl nicht der richtige
für dich ist.
Ich finde es zudem gut,das du dich in deinen Möglichkeiten ihm zur Wehr gesetzt hast,das spricht für dich das du zu dir stehst.
Wenn ich jetzt in deiner Situation wäre,dann täte ich diesen Thera noch ein einziges mal aufsuchen,um Ihn zu sagen wie
verletzend und unsensibel er sich dir gegenüber verhalten habe,und das du dich unter diesen Umständen bei Ihm nicht
gut aufgehoben fühles.Aber das musst du für dich wissen,ob es der richtige Weg für dich wäre,aber rate dir auch wie
die vielen anderen hier,such dir in aller Ruhe einen besseren Thera,einer der deine Sorgen und dich ernst nimmt.
GUT DING WILL WEILE HABEN

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Broken Wing
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Beitrag Di., 05.04.2016, 09:30

Ja, mach das. Deine Mutter wird sehr glücklich darüber sein, wenn du ihr zeigst, dass du auch ohne sie klarkommst und ihre Krankheit dich kein Bisschen mitnimmt.
Leg dir eine Familie zu, egal unter welchen Umständen...

Im Ernst: Wirf den Kerl auf den Müll und such dir etwas Besseres.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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Wandelröschen
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Beiträge: 994

Beitrag Di., 05.04.2016, 23:15

Hallo Glühbirne90,

Ich falle jetzt nicht in den gleichen Tenor ein, wie er hier von fast allen (bis auf Widow) vorgebraucht wurde in der Form von (etwas überspitzt): vollkommen daneben, wie sich der Thera verhalten/geäußert hat, total unsensibel/empathielos, selbstverherrlicht, alles besser wissend, …

Ich stelle dir jetzt mal folgende Frage:
Mit welcher Erwartung an den Therapeuten/an die Stunde bist du in die Stunde gegangen?
Denn du schreibst: „Das Gespräch ist komplett anders abgelaufen, als ich es mir vorgestellt hatte.
Und dann kommt gleich deine Bewertung: „Die Stunde ist ziemlich schief gelaufen“ (nicht deinen Erwatungen entsprechend?), so dass du dich gleich fragst, ob du die Therapie so wirklich weiter machen möchtest.

Hast du von ihm eine Reaktion erwartet, wie du sie von einer Freundin oder von einem geliebten Familienmitglied erwartest und wohl auch bekommen würdest? Ein getröstet werden, ein wohlwollendes Eingehen auf deine Befindlichkeiten? Ein „hätscheln und betüddeln“?
Dazu ist ein Thera nicht da.

Du bist in Therapie gegangen wegen depressiven Verstimmungen. In der Hälfte der bislang gehaltenen Stunden hast du praktische Tipps bekommen, aber ohne wirklich auf Probleme einzugehen. Wenn du den Problemen auf den Grund gehen möchtest, also die Ursachen deiner depressiven Verstimmungen herausfinden möchtest, kann dir der Thera dabei als TFP`ler bestimmt helfen.
Und zwar gerade, wenn er nicht deinen Wünschen und Erwartungen entsprechend reagiert und laufend diese erfüllt. Mit dieser Einstellung bist du noch in zehn Jahren in Therapie. Das ist zwar schön mal in einer Stunde zu erleben, ist aber laufend langfristig nicht zielführend.

Dein Thera betreibt keine Kuscheltherapie, er scheint „knallhart“ und „unerbitterlich“ vorzugehen, denn du schreibst ja selber: „als ich ihm gesagt habe, dass ich die Frage sehr provokativ finde, hat er nicht locker gelassen
Diese Aussage beinhaltet ja auch, dass er am Ball bleibt, dass er nicht gleich einknickt, vom Kurs abweicht, sobald sich die Patientin auf den Schlips getreten fühlt/eine Schwierigkeit ergibt. Er schwängt nicht sofort um, kein Fähnchen im Wind, ist geradlinig.
So etwas bietet durchaus auch Halt und Sicherheit, die man braucht, um Problemen auf den Grund zu gehen.

Ich habe dann irgendwann nichts mehr gesagt, weil er meine Aussagen nicht gelten lassen wollte
Ich würde provokativ sagen: In Frage stellen.
Passt zu seiner Vorgehensweise. Wenn er alle deine Aussagen gelten lassen würde hieße es ja auch: wo hast du ein Problem, ist doch alles im grünen bereich.

Mit einer Erwartungshaltung in die Therapie zu gehen, verengt den Fokus dessen, was man aufnimmt, sehr. Du hast uns ja nur einen kurzen Moment geschildert mit dem, was bei dir ankam. Die Stunde hat aber 50 min, wie Widow schon schrieb. Ob in den anderen vielen Minuten nicht doch auch was wohlwollendes und emphatisches vom Thera kam, was du aber aufgrund des engen Fußkusses nicht wahrnahmst, können wir hier nicht beurteilen.

Kirchenmaus schrieb: „Du brauchst in der nächsten Zeit bestimmt liebevollere Zuwendung, als du sie von ihm bekommen kannst.
Das stimmt schon, aber: für diese liebevolle Zuwendung sind andere zuständig, nicht unbedingt ein Therapeut, der dich von deinen depressiven Verstimmungen wegbringen („heilen“/therapieren) soll. Deswegen musst du dich nicht zwangsläufig nach einen neuen Therapeuten umsehen, wenn du die Zuständigkeiten anders aufteilst.

Seine Vorgehensweise (Finger in die Wunde legen, sogar noch nachbohren) ist nicht ungewöhnlich. Spiegel vorhalten, dich zu etwas zwingen hinzusehen, wo du am liebsten wegsehen würdest. Provozieren, damit du ins Nachdenken kommst, vielleicht dann langfristig zu einem Umdenken. Wenn der Therapeut dir nur nach den Mund redet und all deine Wünsche/Bedürfnisse erfüllt und deinen Erwartungen entsprechend redet/handelt, wirst du ewig in dienen Fahrspuren bleiben.

Also jetzt das Handtuch werfen? hm …
Die Stunden, die mich am meisten aufwühlten, wo ich als erstes dachte, der Thera ist ja voll daneben, schieß den Thera auf den Mond, hat er sie noch alle ... haben mich am meisten vorangebracht.
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

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Lockenkopf
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Beitrag Di., 05.04.2016, 23:45

In einer Psychotherapie in welcher ich mich vollkommen unverstanden fühle,
in welcher der Therapeut mit aller Macht, bewust in die ganz frische Wunde haut, statt sich vorsichtig ihrer zu nähern, kann ich nicht wachsen.
In so einer Psychotherapie muss ich ja ständig in Deckung gehen und mich vor dem nächsten Schlag des Therapeuten schützen. Nein Danke, sowas ist nichts für mich.

Probatorik bei einen Therapeuten der so drauf war, hatte ich vor vielen Jahren mal und habe dann dankend abgelehnt.
Ca. 9 Jahre später wollt ich es noch mal bei diesen Psychotherapeuten mit einzelnen Sitzungen versuchen (da mein Psychotherapeut in Rente ging). Die Helferin wollt erst mit dem Therapeuten abklären, ob sie mir eine Sitzung geben darf. Beim nächsten Telefonat las sie die Antwort des Psychotherapeuten direkt aus der Krankenakte vor (ich hatte den Eindruck, sie wusste garnicht was sie da liest): "Die Pat. ist nicht therapierbar".

Dafür habe ich mich in den Psychotherapien mit anderen Therapeuten ganz wacker geschlagen. Traumata bearbeitet, keinerlei Depression mehr (welche über weit mehr als 4 Jahrzehnten bestanden hat). Keinerlei Einschränkungen der Funktionen.
Liebe Grüße
Lockenkopf

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Beitrag Mi., 06.04.2016, 00:01

Liebe Glühbirne

für dich und deine Mutter:

Liebe Grüße
Lockenkopf

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