Sexueller Missbrauch? - Wie ansprechen?

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SamuelZ.
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Sexueller Missbrauch? - Wie ansprechen?

Beitrag So., 26.04.2009, 18:31

Hallo zusammen,

mache seit ein paar Monaten eine Thera wegen depressiver Störungen, sozialer Ängste, etc.

Mein Thera weiß, dass ich als Kind körperlich misshandelt wurde (Schläge, Prügel) durch die Eltern, und dass mein Vater Alkoholiker war.

Ich kann mich gut an die Prügel erinnern und möchte nun wissen, ob da mehr war, also auch sexueller Missbrauch. Ich kann mich an einige anzügliche Berührungen und Bemerkungen meines Vaters erinnern, aber sonst nicht an mehr.

Manchmal bemerke ich an mir einen Ekel, Angst und Verachtung, sobald Männer mir gegenüber (sexuelles) Interesse bekunden. Dann schotte ich sofort ab, fange an, diese Typen zu verabscheuen und ärgere mich tagelang über diese Idioten und lächerlichen Schießbudenfiguren.

Mich würde interessieren, welche Symptomatik man bei sexuellem Missbrauch aufweist. Auch hätte ich gerne gewusst, ob ihr und falls ja, wie ihr dieses Thema in euren Therapien angesprochen habt. Bislang war Sexualität noch kein Thema in meiner Thera, ich bemerke aber, dass es so langsam danach drängt (Frühlingsgefühle?).

Sexualität in Beziehungen habe ich meistens eher als Verpflichtung, denn als Wonne betrachtet. Aber es gab auch Wonnemomente. Spaß daran hatte ich eher in kurzen, unverbindlichen "Stands".

Handelt es sich vllt eher um eine Nähe-Distanz-Problem oder doch um Anzeichen eines sexuellen Missbrauchs?

Wie würdet ihr dieses Thema in einer Thera ansprechen, wenn keine eindeutigen Erinnerungen vorhanden sind?

Bedrückte Grüße
sandyp.

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Flugente
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Beitrag So., 26.04.2009, 18:55

Ich würds genauso ansprechen wie du es hier getan hast.
Eisberg voraus!

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SamuelZ.
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Beitrag So., 26.04.2009, 19:05

Hallo Ente,

auch wenn es nur Befürchtungen sind und keine wirklichen Fakten vorliegen?

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Flugente
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Beitrag So., 26.04.2009, 19:36

Also, dass du massive Probleme mit Sexualität hast ist offensichtlich. Und wo wäre der bessere Ort darüber zu reden, als in der Therapie? Und warum solltest du deine Gedankengänge über die Ursache nicht auch dort ansprechen? Es ist das was du in dir hast, was du fühlst. Du brauchst dich nicht zu schämen, du hast genug durchgemacht.

Übrigens, sexueller Missbrauch fängt nicht erst beim Geschlechtsverkehr an. Du schreibst, du kannst dich an anzügliche Bemerkungen deines Vaters erinnern. Das alleine reicht, um ein Kind zu verstören und es genügt auch, dass die Chance auf eine gesunde sexuelle Entwicklung gestört wird.
Eisberg voraus!

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Emma
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Beitrag So., 26.04.2009, 20:10

Hallo,

ich würde es auch so ansprechen wie du es hier beschrieben hast. Das ist natürlich sehr schwierig, das weiß ich sehr gut. Ich habe das in der Therapie so gelöst, dass ich meinem Thera einen Brief geschrieben habe. Das Aussprechen hätte ich nicht hinbekommen. Meine Erinnerungen an sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung bekamen bei mir erst in der Therapie wieder klare Bilder.

Ich glaube übrigens nicht, dass das mit deinem Vater ausgereifte Gedanken sein müssen, dass du also genau Tatsachen lieferst oder so. Wichtig ist das, was es jetzt mit dir macht und welche Probleme es jetzt verursacht. Ist irgendwie verständlich, was ich meine? Ist irgendwie schwierig zu erklären. Auf jeden Fall hat das Thema einen Platz in der Therapie verdient, auch wenn du dir vielleicht unsicher bist. Du musst ja nichts beweisen.

Liebe Grüße,
Emma

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SamuelZ.
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Beitrag So., 26.04.2009, 20:28

Zitat Emma: Das Aussprechen hätte ich nicht hinbekommen. Meine Erinnerungen an sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung bekamen bei mir erst in der Therapie wieder klare Bilder.
Hallo Emma, verstehe ich richtig, dass du auch nur Ahnungen hattest und diese dann im Brief angesprochen hast? Oder gab es da schon mehr?
Wichtig ist das, was es jetzt mit dir macht und welche Probleme es jetzt verursacht. Ist irgendwie verständlich, was ich meine?
Ja, ist klar. Mein Problem ist, dass ich Männern unterstelle, dass nur ihre sexuellen Bedürfnisse sie dazu bewegen, Nähe zu mir bzw. Frauen generell zu suchen. Dieser Gedanke verdirbt mir eigentlich schon wieder alles, außer es ist eine sexuelle "Eintagsfliege".

Vielen Dank für deine Hinweise!

@Flugente: ich sehe, dass dieses Thema einen Platz in der Thera verdient hat, auch wenn ich es (noch?) nicht so extrem wahrnehme, wie von dir geschildert. Meine generelle "Beziehungsunlust" habe ich bislang angesichts der o.g. Gedanken eher immer als vernünftig und zu meinem Schutze betrachtet.

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candle
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Beitrag So., 26.04.2009, 20:38

Hallo SandyP.!

Mich hat das Thema auch mal beschäftigt.

Und da war eher der Gedanke: Was wäre wenn.... Wie würde es Dir gehen?

Ach ja, Deine Unterstellungen Männern gegenüber und so fort: Ich denke das könnte auch Ursachen in der sexuellen Erziehung haben. Wie bist Du denn da aufgewachsen?

candle
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SamuelZ.
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Beitrag So., 26.04.2009, 20:54

Hallo Candle:
Und da war eher der Gedanke: Was wäre wenn.... Wie würde es Dir gehen?
Was wäre wenn... - meinst du: wenn ein sexueller Missbrauch stattgefunden hätte?

Eigentlich bin ich sicher, dass der eine Übergriff meines Vaters, an den ich mich erinnere, schon einen sexuellen Missbrauch darstellt. (er hat mir zwischen die Beine gefasst. Ich war angezogen.)

Ich möchte jetzt wissen, ob da noch schlimmere Dinge vorgefallen sind. Dies würde mich vermutlich noch wütender machen und auch andere Gefühle hervorrufen, die mir bei der Verarbeitung meiner besch*****enen Kindheit helfen könnten.

Sexuelle Erziehung: Gab es kaum. Meine Mutter - als Kind sexuell missbraucht worden - beschränkte die Aufklärung auf Warnungen, ich solle mich ja vor den Männern in Acht nehmen. Merkwürdigerweise war sie aber nicht prüde, und hatte nach ihrer Scheidung viele Liebhaber. Sexualität wurde also nicht totgeschwiegen. Es war mehr eine peinlich berührte Überdrehtheit und Aufregung angesichts dieses Themas. Nackt haben wir uns alle mal gesehen.
Besser kann ich es momentan nicht beschreiben

Grüße
sandyp.

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candle
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Beitrag So., 26.04.2009, 20:59

SandyP. hat geschrieben: Sexuelle Erziehung: Gab es kaum. Meine Mutter - als Kind sexuell missbraucht worden - beschränkte die Aufklärung auf Warnungen, ich solle mich ja vor den Männern in Acht nehmen.
Ich denke sowas kann durchaus auch Deine Entwicklung erklären.

Aber ehrlich gesagt: Lass es irgendwo rumzugraben und zu suchen. Ist nur mein Rat.

candle
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SamuelZ.
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Beitrag So., 26.04.2009, 21:06

Candle: Danke fúr den Rat. Weiß ich zu schätzen. Du wirst deine Erfahrungen gemacht haben.

Bei mir ist es nicht nur um des "Rumgrabens" willens. Mein Vater ist tot. Es geht mir auch um eine abschließende "Beurteilung" dieses Mannes. Ich will endlich loslassen können. Ich vermute, meine lang anhaltende Trauer, hängt damit eng zusammen.

Ich erhoffe mir also schon mehr davon.

Viele Grüße
sandyp.

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Flugente
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Beitrag So., 26.04.2009, 21:09

Hallo Sandy, dann scheue dich nicht davor die Therapie zu nützen.
Eisberg voraus!

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candle
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Beitrag So., 26.04.2009, 21:11

Ich verstehe es eben nur nicht. Ich habe dieses Thema niemals gesucht beim Therapeuten. Es war immer umgekehrt und ich habe das abgelehnt.

Die Idee da könnte was sein, mag ich nicht mehr verfolgen. Ich denke, ich wäre das erste mal klinikreif und könnte mich nicht mehr davon erholen.

Es ist eben nur furchtbar.

Und dennoch wird es hier in vielen Themen so locker diskutiert als wäre es nichts. ich staune! Mir wird schlecht!

Und ich frage mich ständig wie andere das so locker ansprechen können und wollen.

candle
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*AufdemWeg*
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Beitrag So., 26.04.2009, 21:15

@candle
Und dennoch wird es hier in vielen Themen so locker diskutiert als wäre es nichts. ich staune! Mir wird schlecht!

Und ich frage mich ständig wie andere das so locker ansprechen können und wollen.

weil nur das darüber reden hilft,
rauss aus dem Gefägnis des Schweigens
in das jahrelang eingesperrt wurde
rauss aus dem Verließ
und weg vom Schmerz
jemanden suchen
eine tragfähige Beziehung
und anfangen zu leben
Schlecht wird mir auch oft
es hilft auskotzen
reden
weinen
schreien
alles ist heilsam
und ein Weg rauss
aus dem Inneren
hin zum Leben
Locker ist das nicht
für keinen
aber eine Chance
Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.



Albert Einstein, 14.03.1879 - 18.04.1955

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Flugente
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Beitrag So., 26.04.2009, 21:19

Candle, es reicht, wenn sie in der Therapie das anspricht was war und wie es ihr damit geht. Ich weiß nicht, was du meinst mit locker ansprechen können? Ich kenne niemanden, der sowas locker ansprechen kann.
Eisberg voraus!

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walli
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Beitrag So., 26.04.2009, 21:20

Ich habe mir zwar gerade aus Zeitgruenden nicht alle Beitraege durchgelesen,aber dafuer den Ersten und Letzten...ich finde candle,mit deiner Aussage,dass du nicht verstehst wie einfach hier manche darueber reden koennen....

Meine Therapeutin war fuer mich der allererste Mensch mit dem ich ueber Details! reden konnte,dadurch das mein Fall innerhalb der Familie passierte,wussten es auf einmal alle.Alle wussten das etwas passiert war,und alle meinten darueber reden zu duerfen.Ich habe es mir selber nie erlaubt,wieso auch dachte ich mir als kleines Maedchen,wenn alle darueber reden und urteilen,muss ich das ja nicht.
Mittlerweile seitdem ich meine Therapeutin habe,bin ich froh darueber reden zu koennen,und ehrlich gesagt sind auch viele Menschen manchmal sehr ueberrascht wenn ich darueber rede.Natuerlich niemals in Details,aber zum Beispiel die besagten Familienmitglieder finden es jetzt total "unangebracht" wenn ich zum Beispiel sage,dass sie total falsch liegen mit ihren Gedanken,es war naemlich nicht "nur das" sondern viel mehr! Mehr ins Detail kann ich allerdings auch nie gehen,von daher verstehe ich was du meinst...jedoch bewundere ich manchmal auch wie offen Menschen damit umgehen koennen,ich koennte das nicht-weder hier noch woanders.Nur mit meiner Thera...und das war auch ein langer Prozess der bis heute nichtmal die Mitte erreicht hat.

Gruesse!
Hoffnung ist nicht die Überzeugung,dass etwas gut ausgeht,sondern die Gewissheit,dass etwas Sinn hat egal wie es ausgeht.

Meine Therapeutin ist ein Teil meines ♥

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