Erfahrungen - Was kann Psychotherapie?

sporadischer Gast 11 Wien M, 31

Liebe Forumsteilnehmer,

Meine Frau leidet seit (zum Glück abgeklungenen) Depressionen immernoch unter starkem "Weltschmerz". Es ist keine allesüberschattende Schwarze Wolke und die Unfähigkeit jegliches Glück zu empfinden mehr. Aber in Phasen immerwieder extreme Traurigkeit. Das Gefühl dass das Leben und die Welt Sch..... sind. Druck in der Brust. Das Gefühl weglaufen zu müssen. Um diesem Unglück beizukommen überlegen wir nun eine Psychotherapie. Aber Was kann PT?

Ich habe mir unter anderem die Artikel auf dieser Site durchgelesen("Wann kann Psychotherapie helfen?", "Was 'bringt' eine Psychotherapie?" etc ) und von dem Gelesenen her wären wir fast ein Paradefall. Aber ich bin dennoch skeptisch und mich interessieren daher vor allem Eure Erfahrungen.

Kann sie wirklich helfen? Ist es realistisch den Status "geheilt" zu erlangen.
Meine Befürchtung ist, dass man durch lange Selbstreflexion zwar irgendwann besser versteht warum es so ist(also Beispielsweise: Kann vergangenes nicht ruhen lassen), aber keine Lösung hat(Wenn ich ein nachtragender Mensch bin dann bin ich ein nachtragender Mensch). Ich kann zwar besser daran arbeiten weil ich es mir nun bewusst gemacht habe, aber es ist ein ständiger Kampf gegen meine Natur denn man nie gewinnen und abschließen kann.
Nach welcher Zeit ist es überhaupt realistisch mit Besserungen zu rechnen und wie nachhaltig sind diese?

Wie gesagt: Eure Erfahrungen würden mich interessieren
Dank im Voraus

[nicht mehr wegzudenken] 1075 wien W, 24

hy.- pt hilft in jedem fall ich bin erst seit kurzem in therapie und war immer sehr skeptisch dem gegenüber. aber- es hilft mit wem zu reden dem man vertraut und dem man selbst die abgedrehtesten dinge erzählen kann ohne dafür verurteilt zu werden. ich denk das es aber wirklich lange dauert- und geheilt- also ich denk nicht das man je geheilt wird so richtig ebn nciht- es is ja ein teil der persönlichkeit. manche leut sind ebn"sensibler"als andre. wegheilen kann man das sicher nicht- aber: lindern- und zwar um ein riesiges maß lindern. is aber nur meine meinung- viell. gibtds ja wen der sich als geheilt betrachtet...

Helferlein 60 Deutschland/München M, 45

Hallo

Ich bin dank Psychotherapie so weit aus dem "Loch" herausgestiegen, dass ich im Grunde ein normales Leben leben kann:

Ich brauche keine Antidepressiva mehr, ich kann mich freuen, ich habe Hobbies, eine intakte Beziehung zu meinen Gefühlen, auch im Beruf kann ich mich sogar immer mehr durchsetzen und für mich einsetzen.
Die Konzentrationsprobleme sind weg, ich schlafe wieder ruhig, der Knoten im Hals und die Druckgefühle sind verschwunden. Ich gehe wieder allein in den Keller, und kann auch im Dunkeln wieder schlafen. Die Selbstzweifel wurden viel weniger. Ich muss mir nicht mehr wehtun und mich kasteien.

Von Zeit zu Zeit melden sich alte Denk- und Verhaltensmuster noch,
aber ich habe von meinem Therapeuten "Steigeisen" erhalten, wie ich das selbst bewältigen kann.
Ich habe eine Gewissheit erhalten, dass ich ein schönes Leben haben kann.

Das alles wäre für mich ohne Psychotherapie niemals möglich gewesen.

Ich habe mehrere Anläufe gebraucht, bei verschiedenen Therapeuten.

Wichtig ist die Einsicht, dass man Hilfe braucht, die Bereitschaft die Depression auch loszulassen und ganz besonders ein guter Draht zum Therapeuten. Ich hatte letztendlich das Glück einen Therapeuten zu finden, der mich versteht, der mich aber auch mit meinen Mustern konfrontiert, mich fordert. Therapie ist harte Arbeit. - Für mich hat es sich mehr als gelohnt.

Alles Liebe für deine Frau. Ich wünsche dass es ihr bald besser geht.

Thea

NACHSATZ / EDIT: Habe vor Psychotherapie viele andere Alternativen ausprobiert, keine hat mir geholfen.
Anderen wieder helfen alternative Methoden (obwohl ich keinen kenne)
- wichtig ist auf jeden Fall es dass man "das" also DIE METHODE für sich selbst findet. Auf jeden Fall gibt es Chancen der Depression zu "entkommen"

[nicht mehr wegzudenken] 1030 münchen W, 35

Also wenn es wirklcih ein Welt-SCHMERZ ist, also Schmerz darüber zu sehen in was für einem miesen Zustand die Welt so ist, und man das einfach nicht erträgt, tja, da würde ich eher zu einem spirituellen Weg raten als zu Therapie oder zumindest beides verknüpfen. Um einen tieferen Sinn im Leben zu finden.
Das Leben ist endlich und im Grunde wenn man es wie eine Kuh auf der Wiese absitzt bis eines Tages "der Sensenmann einen niederstreckt" IST es sinnlos und nutzlos. Nur sie sieht das jetzt, viele Menschen erst wenn sie unheilbar an Krebs erkranken und sie vor dem Ende stehen und alles zusammenbricht.

Weil falls es daran liegt daß Deine Frau im Grunde das was da real vorhanden ist in der Welt sieht und sie darüber Frust und Traurigkeit erlebt, dann wird es dafür weder Medikamente noch eine psychotherapeutische Hilfe geben um das quasi wegzumachen. Weil die Realität kann man nicht wegmachen. Wink

[nicht mehr wegzudenken] 1896 unwesentlich W, 30

Quote:

Meine Befürchtung ist, dass man durch lange Selbstreflexion zwar irgendwann besser versteht warum es so ist(also Beispielsweise: Kann vergangenes nicht ruhen lassen), aber keine Lösung hat(Wenn ich ein nachtragender Mensch bin dann bin ich ein nachtragender Mensch).

Hm, ich möchte gerade nicht all die Besserungen notieren, die ich danke der Psychotherapie verspüre... wenngleich manche Schwierigkeiten noch "in Bearbeitung" sind... was heißen soll:

Quote:

Kann sie wirklich helfen?

Psychotherapie kann durchaus helfen...

Aber, um auf dein Zitat Bezug zu nehmen: Wenn sich deine Frau für eine Therapie entscheiden sollte, dann könnte sie darauf achten ob die Methodik eher lösungs- oder ursachenorientiert ist (in Ö gibt es ja eine Palette von anerkannten Methoden, weswegen ich mich eines Vorschlags enthalten möchte... dafür ein Link der Seite von Herrn Fellner mit einer Abb.: http://www.psychotherapiepraxis.at/therapiemethoden.phtml als erster ÜBerblick)... und vom Therapeuten dürfte das auch abhängen, wie lösungsorientiert er arbeitet. Meiner arbeitet mit mir jedenfalls mitunter durchaus so, dass ich realtitätsbezogene, pragmatische Tipps erhalte, wie ich mit dieser oder jenen Situation/Problem umgehen kann. Mir nutzt jedenfalls das Verständnis der Ursache nur bedingt, wenn ich den Schritt dahingehen nicht schaffe, wie ich ein konkretes Problem aus der Welt schaffen kann. Ich begreife meine Therapie tendenziell als Hilfe zur Selbsthilfe... und daher hoffe ich auch, dass manche Fortschritte nachhaltig sind (wobei sich das noch beweisen muss)... aber ich habe insges. schon den Eindruck, dass ich für Vieles gute Abhilfstrategien an die Hand bekomme...

Quote:

Aber in Phasen immerwieder extreme Traurigkeit.

...wobei das auch ein Überbleibsel der sich bessernden Depri sein... versucht aber dabei die Fortschritte, die deine Frau machte, nicht aus dem Blickwinkel zu verlieren.

Quote:

Ist es realistisch den Status "geheilt" zu erlangen.

Wie definierst du "geheilt"... für meinen Teil könnte ich das jedenfalls nicht aus dem Stegreif beantworten... und seh das für mich so: Alles was besser ist und mir wieder mehr Lebensqualität bringt, ist ein Fortschritt.

Ansonsten... ich kann's mir nicht verkneifen anonym

:

Quote:

Weil die Realität kann man nicht wegmachen.

Die Realität muss sich auch nicht ändern: es reicht oft schon, wenn man die Sicht der Dinge ändern kann balloon

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Alles Gute!

sporadischer Gast 25 Niedersachsen W, 19

Ich denke auch, dass Psychotherapie sehr helfen kann.
Ich habe erst eine Kurzzeitherapie gemacht, fange jetzt eine Langzeit an. Bereits in der kurzen Zeit konnte ich deutliche Veränderungen merken. Mit dem Gefühl "Einer hat aber gesagt, ich darf auch so sein/das machen" konnte ich mich schon von alten Verhaltensmustern leicht lösen.
Man betrachtet die Dinge einfach mal anders und stellt meist Dinge fest, die man ohne Therapie wahrscheinlich nie gemerkt hätte und weiter in seinem eigenen Elend gesessen hätte.
Viel Glück deiner Frau!

sporadischer Gast 11 Wien M, 31

Liebe anarchistin, liebe Thea22, liebe münchnerkindl, liebe sternenmeer, liebe Linnea19

Danke für Eure Antworten. Sie sind für mich sehr wertvoll um mir ein Bild zu machen. Ich bin nun ziemlich sicher dass sie eine pt machen wird. Jetzt machen wir uns mal auf die Therapeutensuche(speziellen Dank hier nochmal an sternenmeer für den Hinweis im speziellen auf die Methodik zu achten).

Hoffentlich kann ich auch bald positive Erfahrungen weitergeben!

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