ich bin neu hier im Forum und bin natürlich nicht zum bloßen Selbstzweck hier, sondern suche um Rat:
Ich leide seit etwa 10 Jahren an einer sehr persistenten, chronischen Depression bzw. einer „Dysthymie“. Das äußert sich so, dass ich zwar „fit“ genug bin, um morgens aufzustehen und zur Arbeit zu gehen, aber wenig Energie und Lebensfreude habe. Ich wache morgens auf, fühle mich unmotiviert und müde, fahre zur Arbeit, fühle mich unkonzentriert, überfordert und müde, fahre nach Hause, fühle mich gestresst und aufgewühlt, dafür meist nicht mehr müde. Am Abend trinke ich meist Alkohol, damit ich besser einschlafen kann und/oder verbringe stundenlang im Internet anstatt Schlafen zu gehen, es kommen also die fast schon obligatorischen Suchtproblematiken noch dazu.
Abgesehen von der ständigen Müdigkeit und Antriebslosigkeit, den Konzentrationsstörungen und dem ständigen Gefühl der Überforderung gesellen sich noch einige weitere Symptome bzw. Charaktereigenschaften dazu (der Übergang zwischen Symptom und Charaktereigenschaft ist fließend): Eine negative, pessimistische Weltsicht, ein geringes Selbstbewusstsein, ständige Selbstzweifel, gepaart mit einem gnadenlosen Perfektionismus und Versagensangst, sowie eine Unfähigkeit, starke Gefühle zu erleben, mit Ausnahme der Trauer bzw. Traurigkeit und manchmal auch Wut. Letztere ist erst in mein „Emotionsspektrum“ zurückgekehrt, seit ich Duloxetin abgesetzt habe, und ich muss ehrlich sagen, dass ich das als positiv empfinde. Wut wiegt zumindest nicht so schwer auf den Schultern wie Trauer.
Hier sind wir auch schon bei meiner therapeutischen Vorgeschichte: Ich habe acht Jahre lang Antidepressiva genommen, 7 Jahre davon Duloxetin, weil es einfach das Mittel war, das die wenigsten Nebenwirkungen bei mir verursachte. Ich habe es vor 4 Monaten auf eigenen Wunsch abgesetzt, weil ich die Aussicht, mein Leben lang Psychopharmaka zu schlucken und mich dabei trotzdem schlecht zu fühlen, für nicht besonders attraktiv hielt. Damit will ich Duloxetin nicht einmal schlecht reden: Es war nicht wirkungslos, Ich hatte dadurch etwas mehr Antrieb und konnte etwas besser schlafen, ich war aber meilenweit davon entfernt, mich „wohl“ zu fühlen bzw. eine positive Stimmung zu haben.
Ohne Duloxetin geht es auch, aber schlechter. Ich fühle mich müder, antriebsloser und vor allem: körperlich schlaffer und schwächer, als hätte jemand die „Luft rausgelassen“. Der Leidensdruck ist aber noch nicht groß genug, um mir wieder etwas verschreiben zu lassen. Hingegen möchte ich es wieder mit Psychotherapie versuchen, und mein Leben etwas aktiver gestalten, was bisher ein leeres Versprechen an mich selbst blieb…
Was die Psychotherapie betrifft bin ich auch kein unbeschriebenes Blatt. Da habe ich schon einiges hinter mir, mit durchgehend bescheidenem Erfolg. Da waren verschieden Ansätze dabei, von der „integrativen Gestalttherapie“, die sich vor allem als „belanglose Gesprächstherapie“ gestaltet hat, über Verhaltenstherapie, („setzen sie sich auf eine Schaukel und fühlen Sie sich wie ein Kind!“), über EMDR (ich tippe auf Ihr Knie, das hilft irgendwie!), zurück in die Verhaltenstherapie („Einfach Handeln, nach dem ACT-Prinzip!“) bis zur Überzeugung, dass ich die 400 Eur im Monat besser anlegen könnte…Wie ihr seht, bin ich ein sehr misstrauischer Mensch, der Therapeuten – so wie allen anderen auch – von vornherein kritisch gegenübersteht und sich nur schwer von der Kompetenz einer Person oder der Wirksamkeit einer Methode überzeugen lässt. Eine denkbar schlechte Voraussetzung für eine Psychotherapie… Dennoch möchte ich es wieder versuchen, denn die Alternative, wieder Psychopharmaka zu schlucken, halte ich für noch weniger aussichtsreich…
Daher die Frage an Euch: Habt Ihr irgendwelche Ideen, welcher Therapieansatz bei einem hoffnungslosen Fall wie mir greifen könnte? Habt Ihr irgendwelche Empfehlungen für den Raum Graz, an die ich mich wenden könnte (falls das hier erlaubt ist, in den Forenregeln konnte ich nach oberflächlichen drüberlesen zumindest nichts Gegenteiliges finden). Wichtig wäre auf jeden Fall, dass dabei auf Kindheitstraumata eingegangen wird, denn ich bin mittlerweile der Überzeugung, dass die meisten meiner Probleme Ihre Ursachen in meiner frühen Kindheit haben (ganz nutzlos war die bisherige Therapieerfahrung also doch nicht
Ich hoffe, Ihr könne mich in die eine oder andere Richtung schubsen!
Liebe Grüße,
Euer Blumentopferd