Peinlich und schamhaft

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Tobe
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Beitrag Do., 21.03.2024, 08:28

Philosophia hat geschrieben: Do., 21.03.2024, 07:58 Selbst wenn es alles so ist, Tobe, dann hätte die Therapeutin das so erklären können.
Hat sie doch...
Forever_now hat geschrieben: Di., 19.03.2024, 15:21 Heute habe ich ihr gesagt, dass ich mich in sie verliebt habe. Sie hat brav nach Vorschrift gesagt, dass sie ausnahmslos nur in der Therapeutenrolle für mich da ist. Und sie meinte ausserdem, dass eine Therapie in dieser Verliebtheit nicht möglich ist und sie mir dabei helfe, eine ihrer Kolleginnen in Anspruch zu nehmen.
Ich fühlte mich dann wie gelähmt und konnte nur noch weinen... Sie schlug dann eine Pause vor und fragte ob ich nochmal kommen möchte.
Haltet die Welt an, ich will aussteigen.
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Philosophia
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Beitrag Do., 21.03.2024, 08:45

Ist für mich keine hinreichende Erklärung, dass sie dem Patienten nutzt. Sie hätte sagen können, dass sie mit dieser Art von Verliebtheit nicht weiterarbeiten möchte, weil da die Homosexualität besteht, die Eheprobleme usw. Auch warum sie glaubt, dass sie das nicht bearbeiten kann. Sie sich vielleicht einfach als Ersatzobjekt fühlt und das nicht bedienen wird.
So, wie es war, war das unkonkret. Forever_now könnte jetzt glauben, dass sie irgendwie nicht in Ordnung ist. Verliebtheiten gehören zum Standardrepertoire in Therapien. Die Therapeutin sollte ihre Entscheidung für Forever_now wenigstens nutzbar machen und nicht ihren Selbstwert kaputt machen.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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lisbeth
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Beitrag Do., 21.03.2024, 09:01

So schmerzhaft das sein mag, ich finde es ist das gute Recht der Therapeutin, die Therapie zu beenden. Wir wissen nicht, inwiefern sich die Therapeutin in diesen Gefühls-Strudel mit hineingezogen fühlt, was bei ihr auf der Gegenübertragungsschiene läuft. Manchmal ist es professioneller, klare Signale zu senden (= klares Ende) als sich auf Verstrickungspotentiale einzulassen. Wir wissen auch nicht, welche Therapierichtung die Therapeutin hat, wenn sie VT macht, hat sie möglicherweise gar nicht die Werkzeuge um an/in der Übertragung zu arbeiten (falls es überhaupt Übertragung ist) und dann ist ein Desaster vorprogrammiert. Das ganze Forum ist voll mit Therapie-Geschichten wo sich das therapeutische Personal komplett selbst überschätzt hat. Hier zieht jetzt jemand eine Grenze und das soll auch wiederum verkehrt sein?
Sie bietet ja an, beim Übergang zu helfen und sie bietet auch -nach einer Pause- eine Abschlussitzung an. Therapie im "akuten Verliebtheitszustand" (und so hört es sich für mich bei Forever_now an) macht wenig Sinn.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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candle.
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Beitrag Do., 21.03.2024, 09:41

Philosophia hat geschrieben: Do., 21.03.2024, 07:58 Selbst wenn es alles so ist, Tobe, dann hätte die Therapeutin das so erklären können.
Erklären kann man jemanden nur was, wenn der dafür offen ist. Die TE hätte doch gar nichts mitbekommen.

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Philosophia
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Beitrag Do., 21.03.2024, 09:58

Ja, ich verstehe eure Punkte durchaus auch, so ist das nicht. Ich denk halt, dass sich so ein Verliebtheitszustand auflösen lässt durch Konfrontation mit der Realität. Wobei - war jetzt ja irgendwie auch so etwas in der Art.
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chrysokoll
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Beitrag Do., 21.03.2024, 10:16

lisbeth hat geschrieben: Do., 21.03.2024, 09:01 So schmerzhaft das sein mag, ich finde es ist das gute Recht der Therapeutin, die Therapie zu beenden. Wir wissen nicht, inwiefern sich die Therapeutin in diesen Gefühls-Strudel mit hineingezogen fühlt, was bei ihr auf der Gegenübertragungsschiene läuft.
das sehe ich genau so!
Die Therapeutin hat das Recht die Therapie zu beenden wenn sie zu große Schwierigkeiten sieht. Das ist verantwortungsvoll. Wir wissen nicht wie die Therapeutin das sieht und beurteilt.

Eines ist auch klar: In diesem verliebten Zustand ist keine sinnvolle Therapie möglich.
Und: Man vertrallert ziemlich viele wertvolle Stunden mit diesem "Nebenkriegsschauplatz" ohne an sich und den eigentlichen Themen zu arbeiten.

Ich hatte ja nun in letzter Zeit unfreiwillig gleich zwei Therapeutenwechsel. Aus ganz anderen Gründen.
Ja, es war hart. Nervig, aufwändig, ungerecht, ärgerlich... alles mögliche.
Aber: Ich habe enorm profitiert, mit der nun neuen Therapeutin kann ich an Dinge rangehen die ich sonst nie geschafft hätte. Sie hat eine andere Vorgehensweise, eine durchaus anstrengende. Aber gute! Es kann sehr viel herauskommen wenn man wechselt.
Und mir hat das auch gezeigt: Es gibt nie nur diesen einen Therapeuten!

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Tobe
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Beitrag Do., 21.03.2024, 10:24

Philosophia hat geschrieben: Do., 21.03.2024, 08:45 Sie hätte sagen können, dass sie mit dieser Art von Verliebtheit nicht weiterarbeiten möchte,...
...
Sie sich vielleicht einfach als Ersatzobjekt fühlt und das nicht bedienen wird.
Auch dies hat sie schon...
Forever_now hat geschrieben: Di., 19.03.2024, 15:21 Sie hat brav nach Vorschrift gesagt, dass sie ausnahmslos nur in der Therapeutenrolle für mich da ist. Und sie meinte ausserdem, dass eine Therapie in dieser Verliebtheit nicht möglich ist und sie mir dabei helfe, eine ihrer Kolleginnen in Anspruch zu nehmen.
...
Sie schlug dann eine Pause vor und fragte ob ich nochmal kommen möchte.
Wie sollte die Therapeutin in so einem Zustand noch großartig was erklären können?
Forever_now hat geschrieben: Di., 19.03.2024, 15:21 Ich fühlte mich dann wie gelähmt und konnte nur noch weinen... Sie schlug dann eine Pause vor und fragte ob ich nochmal kommen möchte.
Für mich brach eine Welt zusammen... es war eine schreckliche Therapiesitzung , ich weinte nur noch, ich war am Boden zerstört,...
Deshalb hat sie vermutlich auch eine Pause vorgeschlagen, damit sich "Forever_now" erstmal wieder beruhigen kann.
Sie hatte sie ja außerdem auch gefragt, ob sie nochmal kommen möchte.
Ich gehe mal davon aus, daß sie ihr dann auch alles genauer erklärt hätte, sofern "Forever_now" dieses Angebot überhaupt angenommen hat, oder annehmen möchte.
Philosophia hat geschrieben: Do., 21.03.2024, 08:45 Verliebtheiten gehören zum Standardrepertoire in Therapien.
Nur wenn es sich um Übertragungsgefühle handelt.
Echte Verliebtheit lässt sich nicht einfach auflösen. ;)

L.G. Tobe
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Philosophia
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Beitrag Do., 21.03.2024, 13:08

Wieso nicht? Und ist Verliebtheit nicht sowieso immer auch Übertragung?
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Forever_now
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Beitrag Do., 21.03.2024, 14:27

Danke für eure Antworten. Was heisst auch schon echte Verliebtheit, wenn man die Person per se nicht kennt? Es ist keine Realität und trotzdem so mächtig....
Es scheinen Eigenschaften an der Therapeutin zu sein, die mir derzeit in meinem Leben fehlen, trotzdem liebe ich meine Frau. Und wir stecken bei weitem nicht in einer fetten Krise. Vielleicht sagen manche, wenn man glücklich ist verliebt man sich nicht.... Die Therapie und die Therapeutin ergeben nun mal eine sehr spezielle, emotionale und intensive Situation, da sind Gefühle in allen Richtungen und Intensität vorhanden, da bin ich mir sicher.
Ich komme schön langsam in der wahren Welt an und ich weiß was ich zu tun habe..

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Salome_1972
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Beitrag Do., 21.03.2024, 16:19

Hi Forever_now,

ich wollte auch noch kurz meinen Senf dazugeben:
Ich finde die Reaktion deiner Therapeutin ziemlich hart und zurückweisend - du hast dich offenbart und verletzlich gemacht und sie reagiert direkt damit, den Therapieabbruch auszusprechen. Ich finde, sie hätte damit respektvoller und verantwortungsvoller umgehen können und dir erstmal einen Raum bieten. Mir ist es auch passiert, dass ich mich in meine Therapeutin 'verliebt' habe, sie hätte mich nie so alleine gelassen mit diesen Gefühlen und hat es geschafft, professionell damit umzugehen und trotzdem so, dass ich mich nie zurückgewiesen fühlte, z. B. indem sie sich für meine Offenbarung bedankt hat. Das geht also auch!

Diese Unterscheidung zwischen Verliebtheit und Übertragung finde ich manchmal irgendwie konstruiert... auch im richtigen Leben verliebt man sich doch oft in jemanden, den man nicht besonders gut kennt und in dem/der man irgendetwas sieht, was einem fehlt...

Alles Gute!
LG
Salome

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Philosophia
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Beitrag Do., 21.03.2024, 16:29

So siehts mal aus - nicht umsonst heißt es dann "rosarote Brille" etc.
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candle.
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Beitrag Di., 26.03.2024, 10:52

Forever_now hat geschrieben: Do., 21.03.2024, 14:27 Ich komme schön langsam in der wahren Welt an und ich weiß was ich zu tun habe..
Wie geht es dir denn?

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münchnerkindl
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Beitrag Di., 26.03.2024, 11:25

chrysokoll hat geschrieben: Do., 21.03.2024, 10:16
Eines ist auch klar: In diesem verliebten Zustand ist keine sinnvolle Therapie möglich.
Und: Man vertrallert ziemlich viele wertvolle Stunden mit diesem "Nebenkriegsschauplatz" ohne an sich und den eigentlichen Themen zu arbeiten.


Wobei es auch maximal schwierig sein kann eine akute Verliebtheit loszuwerden so lange man regelmässig Kontakt zu, Liebesobjekt hat.

Ich würde mal schauen ob sich an den Gefühlen was verändert jetzt wo sie dir klar den Realitätscheck gegeben hat, ob das wirklich eine hartnäckige Verliebtheit ist oder doch eher eine oberflächlichere Schwärmerei/Idealisierung oder Übertragung, also etwas das sich eher wieder legen kann.

Wenn es eine richtige, hartnäckige Verliebtheit ist fände ich es aber auch von meiner Seite als Klientin her ziemlich unmöglich eine funktionierende Therapie zu machen.

Ich finde es halt schon fragwürdig wie krass und endgültig sie dir das hingeklatscht hat mit dem Therapieabbruch. Sie hätte ja auchdie Grenze aufzeigen und sagen können, okay, jetzt schauen wir mal wie es sich entwickelt, ob sich das bessert und nur wenn es sich nicht bessert einen Wechsel in Aussicht zu stellen.
Zuletzt geändert von münchnerkindl am Di., 26.03.2024, 11:32, insgesamt 1-mal geändert.

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chrysokoll
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Beitrag Di., 26.03.2024, 11:32

Sehe ich genau so!
Es kommt auch darauf an wie sehr man sich in diese Schwärmerei/Verliebtheit hinein fallen lässt.
Man ist dem nicht völlig hilflos ausgeliefert, das passiert nicht "einfach so". Man kann sich sehr wohl anschauen was da die Illusion ist, was fehlt. Und man kann das ein wenig stoppen. Sei es mit einer Pause, aber eben auch mit Gedankenstopp. Dafür gibt es Techniken und man muss sich nicht der Schwärmerei ständig hingeben und darin baden. Das setzt aber schon auch Willen, Kraft und Selbstkritik voraus.

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