Borderline-Störung / Borderline-Syndrom (Bild: Jason Leung @Unsplash)

Das Selbstbild als Schlüssel...

…zu selbstsicherem Auftreten.

Im Zuge meiner Tätigkeiten fällt mir selbst bei Trainern, Managern und aus dem technischen, psychologischen oder dem medizinischen Bereich stammenden Personen des öfteren auf, dass ihnen eines abgeht: persönliche Präsenz im öffentlichen Auftritt oder in der zwischenmenschlichen Kommunikation.

Der Grund dafür scheint mir nicht selten darin zu liegen, dass die berufliche Tätigkeit diese Leute zu "Einzelkämpfern" macht oder sie sich auch aus Gründen der Psychohygiene dafür entschieden haben, eine gewisse innere Distanz zu den Menschen, mit denen sie arbeiten müssen, zu errichten. Weitere Gründe können zum Beispiel sein, dass die Hauptbegabung dieser Leute einfach im Lösen sehr spezieller Aufgaben liegt, die hohe Konzentration erfordern oder sie sich schlicht im Kontakt mit anderen Menschen nicht besonders wohl fühlen. Dem einen oder anderen von ihnen fehlte es mitunter auch an Möglichkeiten, bestärkende Erfahrungen im zwischenmenschlichen Bereich zu sammeln.

Dieses "Nicht Wohlfühlen im Kontakt mit anderen Menschen" hat meiner Erfahrung nach sehr oft mit einem "Nicht wohlfühlen mit sich selbst" zu tun.

"Selbstreferentielle Systeme"

Die moderne Kommunikationswissenschaft lehrt uns, dass Menschen selbstreferentielle Systeme sind - dies bedeutet, dass das, als was sie ihre Umwelt wahrnehmen, zu großen Teilen (wenn nicht ausschließlich) dadurch bestimmt wird, wie sie sich selbst erleben und was ihre "Wahrnehmungswerkzeuge" ihnen über ihre Umgebung rückmelden. Und ähnlich dem, dass jeder Mensch in seiner Sprache nur die Worte verwenden kann, die er gelernt (gehört, gelesen,..) hat, kann er auch die Dinge, die er wahrnimmt, nur auf der Basis dessen einordnen, was er selbst schon einmal in sich erlebt, gefühlt hat - wenigstens in seiner Vorstellung.

Wenn wir also z.B. jemanden über bestimmte Sehnsüchte reden hören oder ein Referat über die Musik eines bestimmten Komponisten, dann erfahren wir (außer, der/die ErzählerIn ist speziell in der Darstellung von Sprachbildern geschult) möglicherweise sehr viel über die Wahrnehmung der Person, die uns über diese Dinge erzählt - vielleicht aber wäre unsere eigene Wahrnehmung eine völlig andere!

Selbstbild und Selbstentwurf

Wenn Ihnen der Kontakt mit anderen Menschen also eher unangenehm ist oder Sie sich dabei als extrem vorsichtig und unsicher erleben, so könnte das einfach ein Zeichen dafür sein, dass Ihnen ganz bestimmte "innere Bilder" abgehen - Bilder darüber, was Sie sind und wie Ihre Umwelt Sie erlebt. So gesehen könnte man auch vermuten: wenn Sie sich unter anderen Menschen nicht wohl fühlen, dann fühlen Sie sich vielleicht - wenigstens in der jeweiligen Situation - auch mit sich selbst nicht besonders wohl.

Wenn Ihr Bild von sich jedoch ein abwertendes ist, ein düsteres Bild, das auch Sie selbst nur ungern ansehen würden, dann werden Sie sich bei Ihren Zusammentreffen mit anderen Menschen vermutlich entweder bewusst bemühen, einen anderen Eindruck zu erwecken, oder Sie werden solchen Zusammentreffen nach Möglichkeit überhaupt ausweichen und sie vermeiden, wenn dies möglich ist. In solchen Situationen hören Sie sich vielleicht zu sich selbst sagen: "Die werden mich nicht mögen. Was kann ich denen schon bieten? Der/Die wirkt viel attraktiver als ich selbst." Oder: "Wenn die mit mir reden würde, würde sie sich vermutlich langweilen." Letztlich ist es dann zwar keine notwendige Folge dieser Unsicherheit (aber andererseits auch nicht ausgeschlossen), dass diese negativen Affirmationen auch auf Ihre Umwelt wirken: „Was ist los mit X?“, könnten sich Einzelne dann denken... ein Teufelskreis!
Wie aber könnten Sie es schaffen, ihn zu durchbrechen ?

Eins sein...

SelbstsicherheitEin erster Schritt, etwas an diesen Zuständen zu ändern, kann es z.B. sein, sich selbst zum eigenen "Selbstwert-Manager" zu erklären! Wie fühlt es sich an, wenn Sie diesen Text nun einmal beiseite legen, aufstehen und laut zu sich selbst sagen:

"Ich bin phantastisch!"
„Ich bin äußerst attraktiv.“
„Ich liebe mich!“

Wenn sich diese "Selbstwert-Formeln" nicht gut anfühlen, sondern für Sie unecht wirken, dann müssen Sie zunächst vielleicht etwas an Ihrem Selbst-Gefühl ändern.

Wenn Sie das oben erwähnte Experiment durchführen, bemühen Sie sich deshalb bitte, diesen Zustand auch zu fühlen - ganz so, als wäre es tatsächlich so. Sagen Sie sie die erwähnten Affirmationen kraftvoll und überzeugt. Auch und besonders dann, wenn Ihnen das zunächst unangenehm oder gekünstelt vorkommen sollte. Fühlen Sie es!

In weiterer Folge sollten Sie nach weiteren positiven Bildern suchen, die sich als Affirmationen eignen. Erfahrungsgemäß sind das speziell solche Bilder, die sich zunächst am unangenehmsten, peinlichsten oder unechtesten anfühlen. Sprechen Sie diese Affirmationen, so oft es Ihnen möglich ist (aber mindestens 5-6x täglich), und zwar so lange, bis die von mir beschriebenen anfänglich damit verbundenen, seltsamen Gefühle verschwunden sind.

Das Überraschende ist: es kann danach tatsächlich passieren, dass Sie plötzlich eine Veränderung in Ihrer Wahrnehmung der Umwelt und meist auch von sich selbst bemerken. Menschen, mit denen Sie zu tun haben, könnten Ihnen plötzlich näher rücken, aber auch Ihre Gefühle und Einschätzungen dieser Menschen könnten sich ändern.

Wenn Sie sich mit sich selbst wohlfühlen, wenn Sie sich so wie Sie sind, wertschätzen und sich mit all Ihren Schwächen und Stärken nicht nur akzeptieren, sondern wirklich mögen, dann sind Sie eins mit sich selbst.

Und der Schlüssel zu selbstsicherem Auftreten ist – völlig eins mit sich selbst zu sein.

Richard L. Fellner, MSc., 1010 Wien

Richard L. Fellner, MSc., DSP

R.L.Fellner ist Psychotherapeut, Hypnotherapeut, Sexualtherapeut und Paartherapeut in Wien.

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