Unterdrückte Wut die Ursache von Zwängen?

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Lichtspiel
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Unterdrückte Wut die Ursache von Zwängen?

Beitrag Sa., 09.04.2016, 21:33

Hallo,

ich leide seit mehr als 8 Jahren an Zwängen - vor allem aggressiver Natur. Ich habe unter anderem Angst, dass ich jemanden mit dem Auto überfahren oder erwürgen könnte, ohne es zu merken oder mich daran zu erinnern. Grundsätzlich drehen sich alle meine Zwänge darum, dass ich Angst habe jemanden zu gefährden, verletzten oder zu töten.

Ich habe jetzt eine Exposition begonnen, wo ich mit den Ängsten konfrontiert werden soll. Momentan werden erst mal alle Zwänge besprochen. Obwohl ich viele Jahre in Therapie war, ist es jetzt das erste Mal, dass ich detailliert über die Zwänge spreche. Das ist eine große Überwindung für mich. Der Therapeut meinte dabei beiläufig, dass die Zwänge durch unterdrückte Wut ausgelöst werden und ich insgeheim jeden Menschen töten möchte, auch ihn, weil ich bei ihm auch Zwänge habe.

Diese Aussage beunruhigt mich natürlich jetzt noch mehr, weil ich ja Angst habe, dass ich die Kontrolle verlieren und austicken könnte.

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werve
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Beitrag Sa., 09.04.2016, 22:01

Du kannst dich beruhigen, denn die Kontrolle verlieren und austicken wirst du nicht.
Dass du unterdrückte Wut hast, ist sicher richtig. Dass du "jeden Menschen töten" möchtest, ist wohl etwas unglücklich ausgedrückt, letztlich geht es um ganz alte Gefühle um ganze alte unbewusste "Morde", also die sprichwörtlichen "Leichen im Keller".

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simonius
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Beitrag Sa., 09.04.2016, 22:15

Ich würde das jetzt nicht einfach alles glauben, was er sagt. Das könnte auch völlig daneben sein. Es ist auf jeden Fall kontraproduktiv dich mit einer solchen Aussage ohne weitere Erklärung zu konfrontieren. Jetzt hast du mehr Angst. Was ist denn das für Therapeut? Ist das eine Verhaltenstherapie? Pass ja auch dass du nicht zu seinem Experimentierobjekt für seine kruden Deutungen wirst. Es wird auch viel Schwachsinn geredet in einer Therapie. Meines Wissens nach, kann man solch tiefenpsychologische Aussagen nur relativ sicher machen, nachdem man den Patienten Monate, vielleicht gar Jahre kennt und therapiert. Mir scheint es aber, du suchst ihn erst seit kurzem auf?

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Thread-EröffnerIn
Lichtspiel
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Beitrag Sa., 09.04.2016, 22:36

Vielen Dank für Eure Antworten.

Bevor wir die Exposition angingen, kamen durchaus die Probleme in der Kindheit zur Sprache. Es gibt "Leichen im Keller", aber ich bin ein Mensch, der alles andere als wütend ist.

Mich hat es etwas überrascht, da ein anderer Therapeut, der tiefenpsychologisch arbeitet, meinte, dass sich immer ein "nicht stören wollen" abzeichnet. Sprich ich möchte keinem schaden, zu nah kommen oder zur Last fallen. Das würde auch passen, daher überrascht es mich jetzt, dass von unterdrückter Wut die Rede ist. Als er nur von unterdrückter Wut sprach, war es für mich auch noch nachvollziehbar. Nur der Zusatz später, dass ich jeden töten möchte, war für mich nicht plausibel.

Es geht um eine Verhaltenstherapie, daher hoffe ich, dass es nicht noch mehr solche Analysen geben wird, weil ich denke nicht, dass das dort hingehört.

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Sarana
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Beitrag Sa., 09.04.2016, 22:55

Hallo Lichtspiel,

wenn es sich um unterdrückte Wut handelt, und da könnte gut was dran sein, wenn du ansonsten ein Mensch bist, der "alles andere als wütend" ist, ist es auch in einer Verhaltenstherapie wichtig, diese Wut wahrzunehmen. Sonst hast du halt die Zwangsvorstellung, jemanden zu erwürgen, behandelt, aber die nächste Vorstellung wird folgen...

Die Aussagen der beiden Therapeuten müssen sich nicht wiedersprechen. Denn jemand, der furchtbare Angst davor hat, zu stören, hatte ja allermeistens auch irgendwann mal Grund dafür... Da ist es absolut verständlich, deswegen wütend zu sein. Wenn dieser Mensch dann aber keine Möglichkeit hat, diese Wut zu zeigen (er will ja nicht mal stören, und Wut stört natürlich!), muss er die wegdrücken. Hat Angst vor dieser Wut, denn die kann ja zerstörerisch sein... Und so kann es passieren, dass sich immer und immer wieder Gedanken und Bilder aufdrängen, von wegen, ich will den da töten, ohne dass die Wut spürbar ist, denn gerade diese Wut macht Angst und nur diese Angst ist dann da.

Kannst du damit etwas anfangen? Meinst du, es könnte so bei dir sein? Am wichtigsten ist, dass du mit deinem Therapeuten im Gespräch bleibst, und zwar gerade da, wo es schwer ist - denn das sind oft die wichtigsten Stellen.

Lieben Gruß,
Sarana
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Lichtspiel
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Beitrag Sa., 09.04.2016, 23:13

Vielen Dank für Deine Antwort.
Sarana hat geschrieben:Und so kann es passieren, dass sich immer und immer wieder Gedanken und Bilder aufdrängen, von wegen, ich will den da töten, ohne dass die Wut spürbar ist, denn gerade diese Wut macht Angst und nur diese Angst ist dann da.
Ich will ja aber gerade das Gegenteil: niemanden töten. Den Zusammenhang zwischen Wut und meinen Zwängen finde ich in meiner Geschichte noch nicht ganz. Aber das kommt vielleicht noch...

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Candykills
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Beitrag So., 10.04.2016, 06:43

Lichtspiel hat geschrieben:Vielen Dank für Deine Antwort.
Sarana hat geschrieben:Und so kann es passieren, dass sich immer und immer wieder Gedanken und Bilder aufdrängen, von wegen, ich will den da töten, ohne dass die Wut spürbar ist, denn gerade diese Wut macht Angst und nur diese Angst ist dann da.
Ich will ja aber gerade das Gegenteil: niemanden töten. Den Zusammenhang zwischen Wut und meinen Zwängen finde ich in meiner Geschichte noch nicht ganz. Aber das kommt vielleicht noch...
Vielleicht weißt du nur noch nicht, dass du manchmal gedanklich sehr wohl jemanden töten willst. Ich würde dieses Tötenwollen zumindest eher auf gedanklicher Ebene einordnen, als jetzt davon auszugehen, dass du austicken könntest.
Ich schätze jeder Mensch will ab und zu mal jemanden gedanklich töten. Gestern meinte zum Beispiel meine Mutter, nachdem einer unserer Katzen mal wieder im Haus markiert hat, dass sie der Katze irgendwann den Hals umdreht. Das wird sie aber natürlich nicht tun, das war einfach aus der Wut heraus, weil's natürlich nicht schön ist, dass eine unsere Katzen ständig im Haus markiert und meine Mutter das ständig wegmachen muss.
Wut ist also ganz normal und auch, dass man mal den Gedanken hat "ich kann nicht mehr, ich dreh dir die Gurgel um". Das hat aber nichts damit zu tun, dass man jemanden wirklich töten will. Kann mir vorstellen, dass dein Therapeut sowas in der Art meinte und sich einfach sehr unglücklich ausgedrückt hat.

LG
Candy
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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simonius
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Beitrag So., 10.04.2016, 12:42

Ich halte das für kontraproduktiv, das sich jetzt User hier an der Deutung beteiligen Ich weiß das ihr es gut meint, aber Lichtspiels größte Angst ist es, einen Menschen zu töten, deswegen ist sie in Therapie, es ist deshalb eher angstverstärkend ihr klar machen zu wollen, dass sie Menschen töten wollen würde.
Es reicht schon, dass der Therapeut, das beiläufig behauptet hat, ohne es dann mit ihr wirklich zu bearbeiten.
Lichtspiel, nimm das alles nicht so ernst, sprich deinen Therapeuten darauf an, sag ihm das sich jetzt deine Angst dadurch verstärkt hat. Manchmal muss man Menschen sensibel an Dinge heranführen, das kann ich jetzt bei deinem Therapeuten nicht erkennen.

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Imneverfree
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Beitrag Fr., 20.05.2016, 19:26

Jemandem zu sagen, seine Zwangsgedanken/Zwänge hätten einen wahren Kern, ist grob fahrlässig meiner Meinung nach. Jemandem zu schaden sind deine Zwänge, weil das deine größte Angst ist. Zwänge spielen immer mit deinen größten Ängsten, weil sie nur so Macht über dich haben. Lass dir da ja nichts einreden. Wenn du solche Gedanken hast, ist es das LETZTE was du tun würdest. Wenn du das wirklich wolltest, würden dir die Zwänge keine Angst machen. Aber bei Zwängen ist Verhaltenstherapie sowieso sinnvoller als Tiefenpsychologie!´
Du denkst dir jetzt bestimmt "Woher soll genau die das wissen", aber glaub mir, ich war schon in vielen Kliniken und Einrichtungen und hab mit Therapeuten geredet, und das wichtigste war immer, dass man weiß dass die Zwänge KEINEN wahren Kern haben!!!

Das beste Zitat hierzu: "Glaube nicht alles was du denkst!"

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