Borderline im Freundeskreis

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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mirrodin
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Borderline im Freundeskreis

Beitrag Mo., 08.02.2010, 01:25

Hallo liebe Community,
bei meiner Recherche bin ich auf dieses Forum hier gestoßen und dachte mir, dass es nicht falsch sein könnte wenn ich mir weiteren Rat von erfahreneren Leuten einhole.
Vor ca. einem Jahr lernte ich die neue Freundin eines Bekannten kennen, mit der ich mich auf Anhieb gut verstand und schon nach kürzester Zeit pflegte ich auch einen sehr guten Kontakt zu ihr. Tägliche Gespräche gehörten zur Tagesordnung und so lernte ich sie auch immer besser kennen.

Nun ist es so, dass Konversationen nicht immer einen angenehmen Verlauf nehmen und so offenbarte sie mir immer mehr ihre seelischen Probleme. Anfangs waren dies nur Beziehungsprobleme mit meinem Bekannten, die sich mal schneller und mal langsamer lösten, doch irgendwann meinte sie, dass sie gerne mal eine Therapie machen würde und langsam nichtmehr weiß wie sie mit ihrem Leben zurechtkommen soll. Da dies ohne jegliche Vorwarnung kam, fragte ich natürlich sofort nach, warum sie diesen Wunsch hat (ich ziehe die Probleme anderer Leute irgendwie magisch an, was aber keinesfalls ein Problem darstellt. So war es schon immer). So erfuhr ich von 4 missglückten Suizidversuchen, einer Alkohol- und Tablettenabhängigkeit im frühen Alter (da war sie ca 16 Jahre alt) und ihrem quasi nicht vorhandenen Selbstwertgefühl. Zu diesem Zeitpunkt war sie 19 Jahre alt und hatte kaum etwas ändern können. Sie trank nichtmehr jeden Tag, griff aber ab und zu dennoch zum Alkohol in Verbindung mit Tabletten, um sich laut eigener Aussage "zu betäuben", damit sie ihre Probleme vergessen konnte.

Da ich der einzige zu diesem Zeitpunkt war, dem sie davon erzählt hatte, wollte ich sie keinesfalls damit alleine lassen und versuchte schließlich einen Therapieplatz für sie zu finden, bzw. ein Probegespräch, um erstmal herauszufinden, was mit ihr los ist und ob eine Therapie notwendig ist.
Glücklicherweise befindet sie sich nun seit zwei Wochen in einer ambulanten Gesprächstherapie wo man das Borderline-Syndrom diagnostizierte.
Sie ist mitlerweile nichtmehr mit meinem Bekannten zusammen und fühlt sich oftmals alleine, weshalb ich so gut es geht versuche sie zu unterstützen und genau aus diesem Grund wende ich mich an euch.
Sie ist massiv überfordert in vielerlei Hinsicht (Gefühlsverarbeitung, vorallem im Bezug auf die Trennung von ihrem Freund, sowie ihre Ausbildung) und braucht meiner Meinung nach eine wichtige Bezugsperson in ihrem Leben. Da ich in ihren Augen diese Bezugsperson bin, würde ich alles mir mögliche tun, um ihr zu Helfen. Ich habe mir bereits intensive Gedanken darüber gemacht und weiß, dass das ein hartes Stück Arbeit ist, doch nehme ich das gerne in Kauf.
Dennoch wäre ich über Erfahrungen aus der Community sehr dankbar und würde mich ebenfalls über Lektürenhinweise zu diesem Thema freuen, da ich mich selbst intensiv momentan damit auseinandersetze. Was kann ich also tun um sie bestmöglichst zu unterstützen und ihre Situation erträglicher zu machen?

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anarchistin
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Beitrag Mo., 08.02.2010, 08:15

hey, lies doch im thread "Borderline-hass oder liebe" ein wenig mit. da sind etliche BLer und tauschen sich aus. ausserdem haben alle dort andere BL-schwerpunkte...
Der Weg der Extreme führt zum Palast der Weisheit!

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Jesusechse
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Beitrag Mo., 08.02.2010, 08:45

Hi!

Das ist 'ne schwierige Situation. Du willst ihr gerne helfen und das hat sie sicher auch nötig. Tragfähige private Beziehungen sind auf alle Fälle eine unschätzbare Hilfe. Also sei ruhig befreundet mit ihr und sei so für sie da, wie man das unter Freunden erwarten kann und darf. Allerdings sollte das auch nicht weitergehen.

Borderliner haben oft 'ne ziemlich schlimme Kindheit und Jugend hinter sich gebracht. Oft haben die Eltern versagt. Und daher tendieren eben viele, sich später eine Art Elternersatz zu suchen, der dann ständig unterstützen soll und muss. Und das Problem dabei ist, dass der, der dafür ausgesucht wurde, irgendwann ausgebrannt ist und der BLr gleichzeitig immer mehr in eine psychische Abhängigkeit zu diesem Menschen rutscht.

Das ist die Falle. Helfen ja, aber nicht Babysitten. Sie ist erwachsen und muss lernen auf sich selber aufzupassen, sich aus emotionalen Krisen wieder rauszuholen. Das wird am Anfang einer Therapie noch nicht gehen, aber es ist das Ziel, dass sie diese Dinge lernt. Sie ist kein Kleinkind und sollte so auch nicht behandelt werden.

Man muss natürlich schon sensibel sein, aber alles in Maßen. Je mehr Du für sie machst, desto weniger macht sie selber. Das ist, wie wenn Du ein Kind immer nur rumtragen würdest, so lernt es nie laufen.

Sie muss wirklich lernen, sich selbst Halt geben zu können, nur wenn sie das lernt, kann sie unabhängig von anderen und selbstbestimmt leben. Wenn sie das kann, braucht sie auch keinen Alk und keine Tabletten mehr. Aber es ist ein schwerer steiniger Weg, den sie vor sich hat. Insofern: Einen wirklich guten und zuverlässigen Freund hat man da sehr nötig. Aber Du musst auch noch an Dich selber denken! Das bitte nicht vergessen.

Alles Gute!

ausgefuchst

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mitsuko
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Beitrag Mo., 08.02.2010, 11:00

Hallo mirrodin

Was empfindest du denn ihr gegenüber?
Ich bin eher skeptisch solch unausgewogenen Hilfsbedürftige/Superretter- Beziehungen gegenüber. Da schleicht sich ganz schnell die Dynamik ein "je schlechter es mir geht, desto mehr bist du für mich da, also gehts mir umso schlechter."
Du fühlst dich gebraucht, sie sich umsorgt und beachtet. Als Borderlinerin müsste sie sich für wirkliche Hilfe allerdings an einen Profi wenden. Da kannst du nicht viel tun.
mirrodin hat geschrieben:ich ziehe die Probleme anderer Leute irgendwie magisch an, was aber keinesfalls ein Problem darstellt.
Warum nicht? Die meisten Leute fühlen sich wohler wenn sie möglichst wenig Probleme haben. Du magst gerne zu deinen eigenen noch die von anderen hinzunehmen. Ist doch komisch.

LG
mitsuko

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Jesusechse
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Beitrag Mo., 08.02.2010, 11:31

Na, dass jemand bereit ist, anderen zu helfen, ist grundsätzlich mal nichts Schlechtes. Das muss nicht immer ein "Helfer-Syndrom" sein. Es kann auch eine bewusste Entscheidung sein, sich mit jemand anders zu solidarisieren. Das geht dann gut, wenn Menschen sehr stabil sind und das Gefühl haben, sie können etwas von sich abgeben, weil sie stark genug sind.

Wenn nichts kaputt ist, sollte man nichts reparieren.

Allerdings sollte der TE auch drauf achten, dass nichts kaputt geht.

Weder bei ihm, noch bei ihr!

Und da muss ich sagen, hat der Vorredner recht:

Die Dynamik: Mir muss es schlecht gehen, damit ich den anderen animieren kann, dass er sich kümmert, kann kommen. Und die sollte man nur eingeschränkt und wenig zulassen.

Mit einer allgemein verbreiteten Einstellung und Aussage möchte ich hier aber in aller Deutlichkeit aufräumen:

Viele schicken Menschen mit BL zum Therapeuten und delegieren dann das Problem an die Profis.

Dazu möchte ich sagen:

Borderliner brauchen beides um gesund werden zu können: Therapeutische UND private Unterstützung!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Wenn's nämlich nur in der Therapie Support gibt, ist die Gefahr rießig, von der Therapie und vom Therapeuten hochgradig abhängig zu werden!!

Schon viele haben sich im "psy. Hilfsnetz" verheddert und verfangen und auch darin erhängt.

Daher ein ganz klares Nein zu dieser ewigen Abgrenz-Mentalität, die überall gepredigt wird: Die hat in etwa das selbe ethische Niveau, wie wenn man Verkehrsunfallopfer im Straßengraben liegen und verbluten lässt, dran vorbeifährt und denkt: "Ach, das muss ich mir nicht antun, ach, die Belastung würde mich schädigen.".

Man muss schon auf sich aufpassen, aber dh nicht, dass man zu einem gnadenlosen Ego-Schwein verkommen sollte.

Man sollte bei Gelegenheit mal dran denken, das schon durch einen kleinen Unfall die Rollen getauscht werden und dann ist man selber der, der Hilfe nötig hat. Wie fände man es dann, wenn sich kein Mensch mehr mit einem abgeben wollte und jeder vor dieser "unnötigen" Belastung abhauen würde?!!!

GLG

ausgefuchst

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mirrodin
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Beitrag Mo., 08.02.2010, 19:24

Zuerst einmal danke für die bisherigen Antworten.
@anarchistin: Danke für den Thread! Ich werde mir mal alles was dort bisher veröffentlicht wurde durchlesen und schauen wie es anderen ergeht. Es wird sich bestimmt was nützliches finden.

@ausgefuchst: Es ist durchaus in sich schlüssig, was du geschrieben hast im Bezug auf ein gutes Mittelmaß zu finden wie sehr man jemandem mit BL hilft. So in etwa hatte ich das auch schon für mich entschieden, da ich trotz alle Fürsorge in keinerlei Abhängigkeit geraten möchte. Bisher war ich in meinem Leben durchaus in der Lage alles mit dem nötigen Abstand zu betrachten, dass ich allen Leuten ausreichend helfen konnte ohne hinterher selbst der Gebrochene zu sein. Ich weiß also schon durchaus wo ich eine Grenze zu ziehen habe.

@mitsuko: Was empfinde ich für sie? Ich würde sagen, sie ist in meinen Augen sowas wie eine Schwester für mich. Das trifft es eigentlich ziemlich genau. Die professionelle Hilfe bekommt sie ja jetzt seid zwei Wochen, wie ich schon in der Einleitung schrieb.
Zu der Frage warum es für mich kein Problem darstellt: Ich schätze mich selbst als sehr belastbare und ausgeglichene Person ein, weshalb ich umso lieber anderen Leuten helfe. Es ist schwer zu beschreiben aber ich hege starkes Interesse an den Problemen anderer. Ich finde es wunderbar wenn ich anderen helfen kann. Es ist aber keinesfalls so, dass ich andere dazu dränge mir ihre Gefühlswelt zu offenbaren, sondern sie kommen meist zu mir und fragen mich um Rat.

Zu dem schwerwiegendsten Dingen bisher zählte eine Vergewaltigung im Freundeskreis und der Selbstmord eines Freundes einer Bekannten. In diesen Fällen habe ich glücklicherweise auch ein gutes Mittelmaß finden können, den Leuten zu helfen ohne dabei selbst zu sehr belastet zu werden.
Borderline stellt für mich aber eine ganz andere Ausgangslage dar, weshalb ich mir halt den Rat von euch einholen wollte, damit ich nichts falsches tue. Ich könnte mir vorstellen, dass es einfach zu leicht geschieht, dass sie schließlich zu abhängig von mir ist, wie ihr schon geschrieben habt. Das habe ich z.B. anfangs garnicht bedacht.

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Schwarz-Weiß
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Beitrag Mo., 08.02.2010, 20:06

Ich finde es toll, das Du Dich informierst und Deiner Freundin helfen bzw. beistehen möchtest aber wie schon erwähnt von den Anderen alles in Maßen.
Passe auf Dich auf, ich wünsche Dir Kraft und Zuversicht.

LG

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MoonRose
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Beitrag Di., 23.02.2010, 03:13

hallo mirrodin ,

einerseits finde ich es ganz toll das du dich um deine freundin so kümmerst.
nur ich finde auch (hoffe es wird jetzt nicht falsch verstanden ) das du auf passen solltes das du in der freundschaft zu kurz kommst.und halt das du dein leben dadurch nicht aus den augen verlierst.
ich hoffe das du stark genug bist um ihr die ganze liebe,aufmerksamkeit und stabilität geben kannst die ihr vorher im leben gefehlt hat.
ich denke das sie es schaffen kann mit dein vertrauen und sehr viel geduld und ausdauer.
lg

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lingaroni
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Beitrag Di., 23.02.2010, 09:03

@mirrodin

machne borderliner sagen, nachdem sie diese störung überwunden haben, dass sie nicht verstehen können, wie ein gesunder mensch sich mit so einem a....l..... wie sie damals waren, einlassen konnte.

LG

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mitsuko
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Beitrag Di., 23.02.2010, 09:47

MoonRose hat geschrieben: ich hoffe das du stark genug bist um ihr die ganze liebe,aufmerksamkeit und stabilität geben kannst die ihr vorher im leben gefehlt hat.
Das kann er doch gar nicht.
Es ist allerdings überhaupt nicht unmöglich eine sehr gute und innige Freundschaft zu einer Borderlinerin zu haben. Eine meiner besten Freundinnen war ebenfalls Borderlinerin. Aber ich war bestimmt nicht ihre Retterin und weder habe ich das je sein wollen, noch hat sie mir diese Rolle irgendwie angedacht.
Genau dieser Anspruch lässt so eine Beziehung imo sehr leicht von vorne herein zum Scheitern verurteilt sein.

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MoonRose
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Beitrag Di., 02.03.2010, 02:10

nicht ganz aber zum teil.
durch ein anderes umfeld habe ich mich schon ziemlich verändert.und ich denke das wahre freunde sich zeigen wenn sie nicht nur dar sind wenn alles gut ist.
und wenn sie auch sehen das man nicht eben nur gute sondern auch schlechte seiten hat.
ich bin selbst borderlinerin und ich bin zwar nicht übern berg aber mir hat es schon geholfen,das jemand da war.das hat mir kraft geben.aber nicht so das ich jeden abend da saß und mich ausgeheult habe und die person mich bemitleidet hat.<---den fehler solltes du übrigens nicht machen.das du wenn sie sich falsch gegenüber dir verhält zu denken sie kann ja nichts darfür,weil...glaub mir das wäre falsch.
ich weiß es ist leider nicht immer leicht mit uns aber wenn man langsam das vertrauen aufgebaut hat lernt man zu reagieren wie es für beide beteidigten am besten ist.

jedenfals bin ich heute noch sehr gut mit der besagten person befreundet und ich schätze es nicht nur das sie für mich da war sondern auch als mensch habe ich die person sehr sehr gerne.und ich wünsche dir und ihr alles gute.

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mirrodin
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Beitrag Di., 02.03.2010, 02:29

Ich antworte mal, da ich diesen Thread auch erstellt habe.
Momentan siehts relativ gut aus mit ihr. Sie geht regelmäßig zur Therapie und versucht soweit es ihr möglich ist ein normales Leben zu führen. Einen akuten "Anfall" gabs in den letzten 2 Wochen nicht, jedenfalls habe ich davon nichts mitbekommen/ sie hats nicht erzählt.
Bei mir gehts natürlich immernoch um Recherche und Erfahrungsaustausch mit anderen, aber ich denke, dass ich einen guten Mittelweg zwischen Fürsorge und Abstand gefunden habe, mit dem wir beide gut leben können. Jedenfalls seh ich sie momentan nicht sehr häufig, da ich beruflich sehr eingespannt bin, halte aber weiterhin Kontakt zu ihr (Telefon/Internet).

Sie ist natürlich noch lange nicht über den Berg, da jetzt auch erst alles ins Rollen gekommen ist und das wird noch ein hartes Stück Arbeit, deshalb darf man gespannt sein, in welche Richtung sich alles entwickelt.
Ich werde euch bei akuten Dingen auf dem laufenden halten.

MfG
mirrodin

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