Mit Eltern über Probs aus Therapie reden (=Vorwürfe)?

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pseudologia
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Beitrag Mo., 21.04.2014, 12:23

Unsere gestörten Eltern sind eben auch nur die Kinder ihrer gestörten Eltern. Wahrscheinlich müssten sie sich erstmals selbst zugestehen, was ihnen in IHRER Kindheit gefehlt hat, um sich selbst und eben auch den eigenen Kindern gegenüber Empathie geben zu können. Ich halte es mal für einen wichtigen Schritt in der Emanzipation gegenüber den eigenen Eltern, wenn man lernt, auch für sie und ihre Schwächen Verständnis gegenüberzubringen. Eben auch um zu verstehen, wie wenig gewisse Handlungsweisen von Ihnen mit uns zu tun haben. Dafür braucht es jedoch oftmals eine gewisse emotionale Unabhängigkeit von Ihnen, die man wohl in anderen Beziehungen erstmals aufbauen muss. Aber das ist ein langer langer langer Prozess der je nachdem mehrere Generationen dauert.

Die Grundlage jeglicher Vorwürfe sind ohnehin Konzepte von Schuld, wo einer von Beiden ja Schuld sein muss, damit jemand bestraft? oder entlarvt? werden kann. Schlussendlich ist es aber wirklich so, dass halt jeder sein Bestes tut. Das gilt eben auch für missbrauchende und gewalttätige Eltern.

Wir leben übrigens in einer Gesellschaft wo im öffentlichen Raum den Eltern extrem viel Schuld zugewiesen wird, was auch immer bedeutet, dass man Schwächen von Eltern extrem wenig Verständnis gegenüberbringt, obwohl es gerade das Verständnis für unsere Schwächen ist, dass uns hilft, von uns selbst aus besser mit ihnen umzugehen (im Unterschied vom von Aussen Grenzen gesetzt zu bekommen).

Ich kann viele Vorwürfe machen. Habe auch viele Vorwürfe gemacht. Hats etwas gebracht? Viel Selbstvorwürfe, Schuld- und Versagensgefühle gerade bei meiner Mutter. Mein Vater strahlt diese schon genügend von so aus, so dass man ihn fast automatisch in Schutz nimmt. Viel besser: Zu sagen, was mich an der aktuellen Interaktion verletzt, was ich mir jetzt zu diesem Moment gerade von ihnen wünsche. Selbst Verantwortung zu übernehmen mich zu schützen, teils auch Distanz einzunehmen, Grenzen zu setzen. Und meine Eltern wirklich besser verstehen zu lernen, über ihre Kindheit was rauszufinden, mich in ihre Situation reinzuversetzen. -> Und ganz ganz ganz wichtig: Akzeptieren, dass meine Eltern so sind, wie sie sind, statt die gegenseitige Gefangenschaft zu kultivieren, von ihnen bekommen zu wollen, was ich brauche. Die Welt ist grösser....
Ehemals EinTheraput - Jetzt aber krankheitseinsichtig!

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Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Mo., 21.04.2014, 12:38

Ich halte es mal für einen wichtigen Schritt in der Emanzipation gegenüber den eigenen Eltern, wenn man lernt, auch für sie und ihre Schwächen Verständnis gegenüberzubringen.
Sehe ich auch so.
Meine Mutter hat ihr erstes Kind bekommen, da war sie selber 15 Jahre alt.
Wenn ich zurückdenke, wie ich mit 15 war, dann kann ich nur sagen, Gott sei Dank habe ich keine eigenen Kinder, sonst würden die geschädigt in Therapien sitzen und mir die Schuld an ihrem verfuschten Leben geben.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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