Ab wann besteht eine Abhängigkeit zum Thera

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Freiheit2012
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Beitrag Di., 03.04.2012, 14:00

Sausewind hat geschrieben:
Freiheit2012 hat geschrieben: Es gibt keinen Tag an dem man nicht daran denkt, ich finde das ganz schrecklich kann es aber auch nicht abstellen. habe schon überlegt die Therapie abzubrechen um nicht noch weiter dahinein zugeraten. Am Anfang habe ich es auch nur als Stütze empfunden zur Heilung, aber jetzt ist es anders. Wie kommt man da wieder raus?
Hallo Freiheit2012, ich kann das gut verstehen und gut nachvollziehen. Die Frage ist nur, wie man das ersetzt. Manche Menschen geraten immer wieder in solche Abhängigkeiten. Also die Frage ist ja immer, wäre es woanders, mit und bei jemand anderem besser.

Und dann denke ich: MUSS es der Abbruch sein? Könnte es nicht auch funktionieren, das mal therapeutisch durchzuarbeiten und zu besprechen? Aber ich weiß es nicht, ich schwanke da auch ständig zwischen den Extremen, zum einen: Abbruch, zum anderen: Es kann einfach nicht wahr sein, das muss auch so gehen . .
sandrin hat geschrieben:Danach musste ich mein Leben neu ordnen. Heute ist es so, dass ich mich auf gar keine Therapie mehr einlassen kann, obwohl ich die klare Rückmeldung erhalten, dass eine angebracht wäre.
Oh, das hört sich aber nicht so an, als ob du mit einem positiven Bild von Therapie aus dieser raus bist?
Wenn es so schlimm war, dass du dich nun GAR nicht mehr einlassen kannst?
Hallo Sausewind,
Warscheinlich wäre es bei jemanden anderen nicht anders, ich denke das mir das gleiche wie jetzt passieren würde. Ob es ein Abbruch sein wird, oder muss weis ich noch nicht, damit muss ich mich jetzt erstmal auseinander setzten. Warscheinlich wäre es nicht die Lösung. Da ich meine Theraputin darüber informiert habe, das ich einen Abbruch in erwägung ziehe, wird es in 3 Wochen wohl zum Thema werden. Und dann wird sich herausstellen wie es weiter gehen kann oder nicht.

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Freiheit2012
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Beitrag Di., 03.04.2012, 14:07

growing.up hat geschrieben:Ich kann glaube ich keinen sooo nützlichen Erfahrungsbericht beisteuern, aber ich möchte doch sagen, dass - auch längere - Phasen von Ständig-nur-an-Therapiethemen-denken, Sich-selbst-ständig-beim-Therapeuten-im-Sessel-sitzen-sehen und auch Ständig-nur-an-den-Therapeuten-denken nicht unbedingt Zeichen von Abhängigkeit sind. Manchmal sind sie auch ein Zeichen davon, dass sehr viel in Gang kommt und die Therapie einen stark beschäftigt. Auch wenn das zeitweise so heftig wird, dass das Alltagsleben davon beeinträchtigt wird, finde ich das nicht unbedingt bedenklich, denn das wird vermutlich gute Früchte tragen - das jedenfalls kann ich aus eigener Erfahrung sagen, denn bei mir war es phasenweise so. Aber: Vor der Therapie war ich durch die Depressionen und extrem selbstzerstörerische Gedanken noch viel mehr in meinem Alltagsleben beeinträchtigt, und zwar in sehr negativer, hässlicher Weise! Während der Therapie habe ich dieses ständige Gedankenkreisen allerdings nicht als furchtbar belastend angesehen, sondern eher als konstruktiv, weil eben viel in Bewegung geraten ist - und ich hatte ja auch damit gerechnet, dass es so kommt, weil eine Therapie eben viel wieder aufwühlt (ich hatte auch Flashbacks von krassen Kindheitsszenen usw.).

Was ich sagen will, Freiheit 2012, ist einfach: Vielleicht bewertest du das ständige Dran-Denken auch einfach sehr negativ (also moralisch, im Sinne von "ich sollte nicht..."), obwohl es selbst sich nicht negativ auf dich auswirkt, sondern ein verständliches Aufgewühltsein ist. Ich hoffe, ich konnte klar ausdrücken, was ich meine. Wenn es so wäre, wäre es glaube ich gut, wenn du versuchen würdest, dich selbst nicht so zu zensieren - eine solche heftige und ständige Beschäftigung mit dem Therapeuten und der Therapie kann auch einfach von selbst wieder nachlassen. (Bei mir war es so.)

Sandrin, was dir passiert ist, finde ich schlimm und es tut mir sehr leid für dich!! Vor allem dass du deine achtjährige Therapie im Nachhinein als Unsinn siehst, klingt ja echt nach einem alptraumhaften Ergebnis :(
CrazyChild, ich wünsche dir, dass du aus deiner Abhängigkeit herausfindest! Ich weiß nicht genau, wie sie sich für dich darstellt, ob du dir z. B. Dinge wünschst, die deine Therapeutin dir nicht geben kann (das habe ich auch alles durch), ob es eher Gefühle oder Gedanken oder Wünsche sind etc., aber ich hoffe, dass es sich bald für dich gut auflöst.
Hallo growing,
Das sich ständig beimThera zu sitzen sehen, sich mit dem Thema beschäftigen und sich selber finde ich ist schon sehr anstrengend. Ich empfinde es wirklich meistens als sehr aufwühlend, und das ist das was mich fertig macht. Das ganze mal von der positiven Seite zu sehen das sich etwas bewegt ist mir leider noch nicht in den Sinn gekommen. Obwohl ich dazu sagen muss das ich das für eine gute Entscheidung halte. Denn dies von dieser Seite zu sehen würde mich beruhigen und ich könnte damit besser umgehen. Und positiver an die Therapiestunden gehen.
Vielen Dank

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Freiheit2012
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Beitrag Di., 03.04.2012, 14:16

CrazyChild hat geschrieben:Ich glaube, daß das jeder selbst ganz genau spüren kann ob man sich jetzt in einer Abhängigkeit befindet oder nicht. Vielleicht ist aber auch dieses Empfinden bei jedem anders.

Jeden Tag dran denken bedeutet bestimmt nicht gleich Abhängigkeit - denn, wie einige schon geschrieben haben, kann dadurch einiges in Gang kommen. Ich habe mal gelesen daß das meiste eh zwischen den Therapiestunden passiert.

Eine richtige Abhängigkeit besteht, würde ich sagen, wenn man sich ein Leben ohne Thera kaum mehr vorstellen kann, bzw. denkt es nicht zu schaffen. Wenn man schon die Krise kriegt wenn man nur dran denkt den Thera in irgendeiner Weise zu verlieren. Wenn die Urlaube des/der Thera zum Problem werden und wenn es einfach weh tut, weil man einfach nur ständig beim Thera sein möchte was natürlich nicht geht.

Das bedeutet für mich Abhängigkeit. Und das ist sehr quälend. Abbruch ist hier bestimmt nicht die Lösung. Denn meist wiederholt sich dieses Verhaltensmuster immer wieder. So daß durch einen Abbruch nicht geholfen ist.

Ich denke, daß hinter all diesen Abhängigkeitsmustern ein gewisses Defizit steckt, das erkannt und bearbeitet werden muss. Wenn das gelingt, könnte ich mir vorsstellen vergeht auch wieder diese Abhängigkeit.

Aber dies für jeden individuell zu erkennen und erfolgreich zu bearbeiten ist wahrscheinlich die Kunst.

CrazyChild
Hallo CrazyChild,
Ich glaube ein Leben ohne Thera kann ich mir schon vorstellen. Nur leider ist es zur Zeit schwierig, daher war meine Frage ja ab wann eine Abhängigkeit besteht. Sich täglich mit der Therapie und demThera zu beschäftigen ist ja die eine sache, aber auch zu hoffen das der Urlaub bald vorbei ist, falls mal was sein sollte, man die möglichkeit hat sich zu melden, ist eine andere sache. Es ist mir schon möglich noch ein fast normales Leben zu führen, und Spass zu haben, aber immer im Hinterkopf den Therapeuten. Das macht mich ein wenig stutzig. Aber hoffe mal das es sich auch wieder legen wird.

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Mary-Lou
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Beitrag Di., 03.04.2012, 15:50

Hallo Freiheit2012,

hast du schon einmal versucht, diese Gedanken als etwas Positives zu sehen? Je mehr man Dinge als etwas Negatives betrachtet, desto mehr belasten sie einen und desto mehr steigerst du dich auch hinein.

Ich denke, dass solche Gedanken sehr wohl auch nützlich sein können, sofern man sie als solches auch erachtet und zulässt. Es ist ja ein Prozess in deinem Kopf, der versucht, Dinge zu verarbeiten. Du beginnst in diesem Moment, Probleme zu bearbeiten, seien es nun die in der Beziehung zu deiner Therapeutin oder die eigenen aus deinem Leben. Du wirst dir dabei vieler Dinge bewusst und trägst dabei deine Therapeutin als beratende Stütze in dir. Vielleicht nimmt diese Häufigkeit wieder ab, wenn du diesen Lästigkeitsfaktor ablegst.

Natürlich ist dies auch nur eine Überlegung und kein Patentrezept. Und zudem keines, das so einfach umzusetzen ist. Aber vielleicht hilft es dir ja tatsächlich, wenn du an manchen Punkten dich einfach fragst, was deine Therapeutin dazu sagen würde und somit eventuell aus deiner subjektiven Sicht der Dinge etwas hervor kommst.

Liebe Grüße
Mary-Lou
Frühling: „Eine echte Auferstehung, ein Stück Unsterblichkeit.” (Henry David Thoreau)

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omega
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Beitrag Di., 03.04.2012, 18:00

hallo an alle, wenn ich mich hier kurz einbringen darf: mir geht es ähnlich. aber wie merkt thera das man abhängig ist, wie agiert thera dann. oder wie könnte man diese "abhängigkeit" ansprechen und mit welchen konsequenzen muss man rechnen. kann jemand an beispiel erklären wie so eine "abhängigkeitsbearbeitung" aussieht. DANKE

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abendrot79
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Beitrag Di., 03.04.2012, 19:22

Geheimgeheim hat geschrieben:Also ich kann für mich und meine Therapie nur sagen, dass eine gewisse Abhängigkeit dazugehört. ... Insofern denke ich, gibt es förderliche und schädliche Abhängigkeiten. Es ist wohl eher eine Frage der Reflektion, wo es hingeht.
So sehe ich das auch. Ich habe jetzt 20 Std. TFP hinter mir und weiss, dass gerade nach den ersten Stunden eine extreme Abhängigkeit aufkam ... ich habe 24 Stunden am Tag an die Therapie und die Therapeutin gedacht. Zu schön war einfach das Gefühl, dass da jemand ist, der nur für mich da ist und einfach mal nur mir zuhört. Ich war mir dieser Abhängigkeit absolut bewusst, habe sie aber nie als negativ empfunden. Ich habe sie durchaus genossen ..... Immerhin war da nach 30 Jahren zum ersten Mal jemand, der sich für mich interessiert hat!

Jetzt nach 20 Stunden hat sich diese Abhängigkeit stark verändert ... abhängig fühle ich mich noch immer, aber sie ist nicht mehr so bedrohlich im Sinne von "sie beeinflusst meinen Alltag negativ". Ich mag meine Thera extrem gerne, ich habe eine Menge Vertrauen zu ihr (ist aber noch ausbaufähig) und ich empfinde sie "wie für mich gemacht". Aber ich werde die mehrwöchige Pause die wir gerade haben ohne grossen Schaden überleben. Ich denke nicht 24 Stunden am Tag an sie, aber zwischendurch immer mal wieder gerne und das auch ohne schlechtes Gewissen. Ich denke dass eine gewisse Abhängigkeit "sein muss" um sich überhaupt auf so einen intensiven Prozess wie eine Therapie einlassen zu können.
growing.up hat geschrieben:Manchmal sind sie auch ein Zeichen davon, dass sehr viel in Gang kommt und die Therapie einen stark beschäftigt. Auch wenn das zeitweise so heftig wird, dass das Alltagsleben davon beeinträchtigt wird, finde ich das nicht unbedingt bedenklich, denn das wird vermutlich gute Früchte tragen
Zu der Zeit als ich 24 Stunden am Tag nur an meine Therapeutin gedacht habe, war mein Alltag schon stark eingeschränkt, aber genau wie du schreibst, war das eine Zeit in der sher viel in Gang gekommen ist. Ich denke damals ist der Grundstein für die therapeutische Beziehung gelegt worden. Und ohne die hätte ich nicht jetzt schon einige kleine Erfolge zu verbuchen ....

Ich empfinde meine Abhängigkeit in keinster Weise als bedrohlich oder bedenklich. Ich denke sie gehört dazu und ist ein notwendiger Teil der Therapiel.
Weil Kakao an Bäumen wächst, ist Schokolade irgendwie auch Obst! (gelesen auf einem Frühstücksbrettchen)

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Sausewind
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Beitrag Di., 03.04.2012, 19:32

Ich finde, die Frage ist halt immer, ist diese Abhängigkeit nötig, damit Sachen bewirkt werden? Ist es wirklich nur eine Sache der Bewertung? Haben vielleicht Leute, die unter dieser Abhängigkeit leiden, einfach generell ein Problem mit Abhängigkeiten (also bei mir ist es so)?

Und man will sie deshalb los werden wie eine lästige Krankheit, dabei ist sie eigentlich "normal"? Ginge es denjenigen, die so darunter leiden, besser, wenn sie sie einfach als notwendig und gegeben hinnehmen würden?

Und könnte es sein, dass man sich an einen Zustand der Abhängigkeit "gewöhnt"? (Worauf ich bis auf den heutigen Tag hoffe).

Und ja, mich würde das auch mal interessieren, wie das konkret aussieht, eine Abhängigkeit "durchzuarbeiten" und zu bearbeiten . . ich kann mir halt einfach nicht vorstellen, wie diese frühkindliche Verlustangst therapiert werden soll . .


pandas
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Beitrag Di., 03.04.2012, 20:11

Ich würde sagen, Abhängigkeit kennzeichnet sich primär nicht aus durch häufiges Denken an den/die Thera.

Sondern wenn man sich keine Entscheidungen etc. ohne ihn/sie mehr zutraut, Dinge nur mit ihn/ihr besprechen möchte etc.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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Freiheit2012
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Beitrag Di., 03.04.2012, 20:25

Hallo zusammen,
Bei mir ist es auch so wie bei manch einem, ich denke auch 24 Stunden an meine Therapeutin und die Therapiestunden. Und ja es ist auch jemand der mir wirklich zuhört seid langen, und mir das Gefühl gibt ein Mensch mit Bedürfnissen zu sein. Ich mag meine Thera auch sehr gerne, und finde das sie ein sehr netter Mensch ist ihre ruhige Art gibt mir das Gefühl der Sicherheit gut aufgehoben zu sein. Denoch habe ich meine Gedanken die ich mir mache immer als negativ und bedrohlich gesehen, und somit mir der Gedanke gekommen ist, abzubrechen, weil ich meinen Alltag manchmal kaum bewältigt bekomme weil sich alles um Therapeutin und Stunden dreht...Nachdem ich mir jetzt Gedanken darüber gemacht habe es positiven zu sehen, das es gut ist sich damit zu beschäftigen weil ich dadurch vielleicht anfange mit mir und meinen Problemen zu arbeiten fühlt es sich garnicht schlecht an. Es fühlt sich sogar ganz gut an, meine Therapeutin im Hinterkopf zu haben. Mal schauen wie lange es anhält und ich damit arbeiten kann. Und auch wenn ich viel an sie und die Stunden denke, hoffe ich nicht das es eine reine Abhängigkeit ist, sondern das gesunde Mass was bei einer Therapie dazu gehört..

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Stacheldraht
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Beitrag Di., 03.04.2012, 20:44

Was hier teilweise beschrieben wird ist in meinen Augen aber keine Abhängigkeit. Aber gut, ich gebe zu, dass ich mitunter eine sprachliche Pedantin bin. :D
Abhängigkeit impliziert doch, dass man eine Dosissteigerung braucht, sein sonstiges Leben vernachlässigt und ist kurzum negativ besetzt, da sie sich negativ auf das Leben des einzelnen und oft auch auf dessen soziales Umfeld auswirkt.

Aber was Geheimgeheim und abendrot beschreiben ist doch vielmehr eine Konzentration der eigenen Kräfte, um eine Gesundung in Gang zu bringen. Ich meine, jemand der nach einem Unfall wöchentlich zur Krankengymnastik muss und der sich nun ständig damit auseinandersetzt, ob sein Knie jemals wieder beweglich wird oder nicht, dem wird man doch auch keine Abhängigkeit von seinem Physiotherapeuten vorwerfen, nur weil er immer zu diesem einen bestimmten will und sich nun gar nicht wohl fühlt, wenn der mal vertreten wird oder eine Stunde ersatzlos ausfällt.

Bei Krankheiten, die einen extrem belasten finde ich es absolut normal, dass man sich ständig damit auseinander setzt. Ganz egal, ob man eine heroische Wunde vorzeigen kann oder so ein seltsamer psychisch angeschlagener Mensch ist.

Ich meine, wenn ich mich nicht endlich überwunden hätte meine Depressionen zum Therapeuten zu schleppen, dann würde ich hier weiter täglich ein Stück mehr Richtung endgültigem Untergang hinwirken, täglich spüren, wie das Loch in meinem Inneren mich mehr zerfrisst und irgendwann wäre ich vermutlich nicht einmal mehr zum Einkaufen hinaus gegangen und dann...

Insofern ist es für mich selbstverständlich, dass ich nun ständig an die Therapie denke. Nur schon allein, weil sie für mich eine enorme Veränderung bedeutet: ein mal die Woche muss ich meine Höhle verlassen, muss ich in dem Rumpieksen, was ich die letzte Zeit mit aller Macht verdrängt habe und einmal die Woche erfahre ich, wie es ist etwas erzählen zu dürfen, ohne dass mir jemand ins Wort fällt. Für mich war bislang normal: höchstens einmal im Monat jemanden sehen, wenn ich Glück hab, darf ich mal einen halben Satz ausreden, danach geht es mir schlechter als vorher und ich verkrümel mich wieder solange es nur geht. Es geht gar nicht anders, als dass dies ein enormes Echo in mir hervor ruft und ich viel darüber nachdenke, was mir mein Thera gesagt hat oder mir vorgeschlagen hat!

Aber wäre doch schlimm, wenn es nicht so wäre! Immerhin geht man ja dahin, um sein verqueres Denken in humanere Bahnen zu lenken (nicht für die anderen, sondern für sich; für die anderen werde ich wohl eher unbequemer), damit man selbst auf lange Sicht wieder gesünder mit sich selbst umgehen kann. Insofern kann ich mir gar nicht vorstellen, wie eine Therapie funktionieren soll, wenn man sich nicht zwischen den Stunden mit dem Besprochenen beschäftigt.

Ich habe nun erst 9 Sitzungen hinter mir (davon 5 probatorische), bin also noch ziemlich frisch dabei und nun fällt bei mir eine Woche wegen Ostern aus und ja, das ist schlimm für mich. Ich geh immer donnerstags hin und meist geht es mir dann wenigstens über's Wochenende besser und meist ab Montag hat mich die Depression dann wieder in ihren Fängen, so dass ich derzeit froh bin, wenn endlich wieder Donnerstag ist. Aber vielleicht passt ja auch hier der Vergleich zur Krankengymnastik!? Direkt nach der Stunde macht man die nächsten Tage zu hause noch enthusiastisch seine Übungen, aber im Laufe der Woche sinkt die Euphorie und man sieht nur wieder, wie unbeweglich das Knie ja noch ist und denkt sich, ach, das bleibt ja doch immer etwas steif. Aber dann hat man wieder seinen Termin und die Physiotherapeutin erklärt einem, dass man für bestimmte Fortschritte wohl blind gewesen ist und weist einen auf einen kleinen, aber doch vorhandenen Fortschritt hin. Wenn das dann eine Woche mal ausfällt, ist man pessimistischer und übt vielleicht nicht mehr so, wie man sollte.
Insofern ist das meine bestehende Angst, da der Donnerstag naht und ich diese Woche daheim bleiben muss und ich schon wieder merke, wie ich morgens aufwache, nicht aufstehen mag, wie mich alles niederdrückt... und dann steh ich irgendwann doch auf, zieh die Vorhänge auf und lüfte. Für mich ist das ein Fortschritt, den ich nicht mal zu achten gewusst hätte, wenn mein Thera mir das neulich nicht unter die Nase gerieben hätte.

Insofern brauche ich meinen Therapeuten derzeit eindeutig, damit er mir bei der Heilung hilft. Abhängig bin ich dennoch nicht von ihm.

Eine Abhängigkeit würde ich eigentlich nur dann sehen, wenn der Fokus von der Therapie weg hin zum Therapeuten geht. Wenn der Therapeut einen nicht mehr unterstützt, sondern einen im Grunde an der kurzen Leine hält. Wenn er einem also nicht mehr zeigt: "Schau, Du hast vielleicht gestern die Vorhänge nicht aufgezogen, aber die 6 Tage davor. Das ist ein Fortschritt und Du darfst auch mal einen Rückschlag haben."
Sondern stattdessen einem suggeriert: "Neeneee, also ohne meine Unterstützung wirst Du es nie schaffen die Vorhänge aufzuziehen."
Lache und die ganze Welt wird mit dir lachen. Weine und du weinst allein.
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Beitrag Di., 03.04.2012, 20:58

Stacheldraht hat geschrieben: Insofern ist es für mich selbstverständlich, dass ich nun ständig an die Therapie denke. Nur schon allein, weil sie für mich eine enorme Veränderung bedeutet: ein mal die Woche muss ich meine Höhle verlassen, muss ich in dem Rumpieksen, was ich die letzte Zeit mit aller Macht verdrängt habe und einmal die Woche erfahre ich, wie es ist etwas erzählen zu dürfen, ohne dass mir jemand ins Wort fällt. Für mich war bislang normal: höchstens einmal im Monat jemanden sehen, wenn ich Glück hab, darf ich mal einen halben Satz ausreden, danach geht es mir schlechter als vorher und ich verkrümel mich wieder solange es nur geht. Es geht gar nicht anders, als dass dies ein enormes Echo in mir hervor ruft und ich viel darüber nachdenke, was mir mein Thera gesagt hat oder mir vorgeschlagen hat!
Hallo stacheldraht,

entschuldige, aber nur einmal im Monat jemand sehen, und diese Person lässt Dich nich richtig ausreden ...
ich meine, ich denke ja, ich habe auch partiell eher reduzierte soziale Kontakte, aber nur einmal im Monat ... wie kommt denn das?
So klingst Du doch sehr eloquent
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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Stacheldraht
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Beitrag Di., 03.04.2012, 21:16

biber hat geschrieben:
Hallo stacheldraht,

entschuldige, aber nur einmal im Monat jemand sehen, und diese Person lässt Dich nich richtig ausreden ...
ich meine, ich denke ja, ich habe auch partiell eher reduzierte soziale Kontakte, aber nur einmal im Monat ... wie kommt denn das?
So klingst Du doch sehr eloquent
Naja, entweder handelt es sich dann um meine Mutter oder meine Schwester und die finden beide meine Meinung im Grunde genommen völlig bedeutungslos bzw. sind so froh, mal jemanden zu haben, denen sie zuschwallen können, dass sie es auch machen und ich bin in unserer Familie nunmal die Zuhörerin. :-/

Aber gut, Dich interessiert vermutlich eher, warum mich bis auf meine Familie keiner sehen mag. Das liegt halt an mir, da ich sehr extrem aussortiere, empfindlich bin, wenn ich das Gefühl habe, dass man mit mir spielt oder nicht ehrlich ist und vor allem schlecht verzeihen kann. Dazu kommt, dass ich bis zur Schmerzgrenze konsequent bin und angedrohte Konsequenzen auch ziehe. Insofern beende ich schneller Freundschaften als ich neue hinzugewinnen kann. Zumal es mir eh sehr schwer fällt überhaupt noch wen an mich ranzulassen, was mir auch schon desöfteren vorgeworfen wurde.

Nachtrag: Und ja, dann ist es natürlich auch noch die Depression, die mich dazu bringt, mich möglichst in mir selbst zu verschließen...
Lache und die ganze Welt wird mit dir lachen. Weine und du weinst allein.
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Beitrag Di., 03.04.2012, 21:33

Hi stacheldraht,

danke für die Antwort,
ja, Familie, das kenne ich auch, Wasserfall-beredet werden und bloss nicht selbst zuhören, könnte ja sein, dass Probleme angesprochen werden ...

ich bin ja auch sozialKontakt-empfindlich, habe aber festgestellt, dass mir lockere Rahmen (z.B. Freizeitinteressengruppen) gut tun, gerade wegen der Depressionen (und wenn es nur Ablenkung ist, aber meistens ist es schon ein bisschen mehr), und auch als Ausgleich zur Therapie, ich mache auch seit 3 Monaten eine neue.

Wenn man nur den Therapeuten als guten Kontakt hat, denke ich schon, dass es diffizil werden kann mit der Abhängigkeit, schon weil es dann auch mehr drückt, wenn es mal nicht so rund läuft in der therapie etc....
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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Stacheldraht
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Beitrag Di., 03.04.2012, 21:50

Ja, ich weiß. Zumal ich eh die ungesunde Neigung habe mich auf wenige Menschen zu konzentrieren. Deswegen halte ich mir auch immer wieder vor Augen, dass er für mich im Grunde genommen nur der "Physiotherapeut" für meine Psyche ist und mit meinem Leben im Grunde nichts zu tun hat. Insofern bin ich derzeit ganz froh, dass sich eine Freundschaft zu einer Bekannten von mir anbahnt, was insofern schwierig ist, da sie unter einer Angststörung leidet, ich mit meinen Depressionen kämpfe und uns klar ist, dass es nicht geht, dass wir uns gegenseitig runterziehen, so dass wir uns nur an unseren guten Tagen treffen. Und da lag die Frequenz in letzter Zeit leider über einem Monat. Aber kann ja noch kommen... :-/
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Beitrag Di., 03.04.2012, 21:59

Das klingt doch gut!

Und das nette daran: Wenn es dann mit den kleinen Annäherungen an sozialKontakt nicht so klappt, man doch etwas stolpert bei, so kann man dies alles mit dem profi Thera soz Kontakt besprechen

Der meine scheint allerdings bei mir jedes Mal etwas überrascht zu sein, er hatte wohl vorab gedacht, ich hätte noch weniger. (ich habe da und dort gelungene Freizeitgruppen.) Nja, ich bin ja noch am Start mit der neuen Therapie, ist es eben jetzt erstmal mehr reiben als abhängigsein ...
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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