Therapeut spurlos verschwunden

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metropolis
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Beitrag Di., 25.05.2010, 20:46

Liebe Elle,

darf ich dir noch eine Frage stellen: Wie hättest du dir die Reakion von deinem Ex-Thera heute gewünscht?

Und vermutest du tief in deinem Inneren, dass er genauso ideal reagiert hätte, wenn du deine Verletztheit hättest zeigen können? Also gibst du dir irgendwie die Schuld für seine Reaktion?

Vielleicht frage ich grad totalen Mist, aber mir gingen diese Fragen gerade durch den Kopf.


Achja, noch eine Frage zum Schluss: Könntest du dir ein Abschlussgespräch mit ihm vorstellen?
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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Elena
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Beitrag Di., 25.05.2010, 20:48

Elle hat geschrieben:Weil ich mich nicht getraut habe, meine wahnsinnige Verletztheit zuzugeben. Dass man so mit mir umgeht, dass ich einfach so total - egal - bin. So egal, dass man mir nicht mal ne kurze mail oder karte schreiben braucht.
Ich glaube, ich würde genauso empfinden . Wenn ich so ein Erlebnis gehabt hätte, würde ich mich auch nicht trauen, meine Verletztheit zu zeigen, aus Selbstschutz.
Es ist kein fairer Umgang, mit Menschen so umzugehen, die sich ihm gegenüber so geöffnet haben, da würde ich auch mehr Respekt und Wertschätzung erwarten. Beim Verschicken eines Kärtchens wäre er noch nicht mal in einen Erklärungszwang gekommen.
Elle hat geschrieben:Vielleicht hätte ich was von den Gefühlen zeigen können und er wäre trotz allem besser damit umgegangen als mein Vater. Ich weiss es nicht. Vielleicht.
Ich finde es natürlich, dass Du ihm Deine Gefühle nicht gezeigt hast....
Er hat es einfach nicht verdient, mit Dir weiterzuarbeiten!

LG Elena

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Elle
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Beitrag Di., 25.05.2010, 21:14

Wie hättest du dir die Reakion von deinem Ex-Thera heute gewünscht?
Ich glaube, ich hätte mir ehrliche Betroffenheit gewünscht. Dass er erkennen lässt, dass es ihm leid tut, was er angerichtet hat. Dass er sich nicht rechtfertigt.
Ob ich diese Reaktion hätte "hervorrufen" können - ich weiss es wirklich nicht. Ich mache mir keine Vorwürfe. Ich denke, meine Verletztheit klang auch so aus meiner Stimme raus, wenn auch in Vorwürfen verpackt.
Ich habe ihm ja schon geschildert, dass ich immer wieder dort angerufen habe und mich schon so dämlich gefühlt habe. Und er sagt nur, er habe keine Notizen bekommen, dass ich mich gemeldet habe. Punkt. Kein Wort des Bedauerns, kein Halbsatz dazu, dass ER sich hätte melden müssen, so wie es mir vom Sekretariat immer wieder gesagt wurde. Kein Versuch sich einzufühlen, wie das wohl für MICH gewesen sein mag.
Tja.
Abschlussgespräch wird es wohl aus dem Grund nicht geben, dass er nicht mehr als Arzt praktiziert. Das wäre dann ja eine Art privates Nachtreffen. Ich weiss es nicht. Darum müsste ich ihn dann bitten, und er müsste es entweder umsonst machen oder ich müsste es privat bezahlen, was mir seeehr sauer aufstoßen würde nach allem wie es gelaufen ist.

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metropolis
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Beitrag Di., 25.05.2010, 21:25

Weißt du warum ich diese Frage gestellt habe? Weil ich so eine leise Ahnung habe, dass KEINE Reaktion von ihm in irgendeiner Weise zufriedenstellend hätte sein können.

Bspw. dein Wunsch, dass er Bedauern und Mitgefühl äußert. ICH persönlich hätte ihm das überhaupt nicht abkaufen können. Es käme mir geheuchelt vor, denn wenn es echtes Bedauern gewesen wäre, dann hätte er sich nach seiner Krankheit um ein Nachgespräch bemüht. Hat er aber nicht. Vielmehr hat er dich GANZ BEWUSST unter den Teppich gekehrt in der Hoffnung, dass du ihn einfach vergisst und dich nicht mehr meldest.
So jemand könnte bei mir nichts mehr richtig oder besser machen. Dieser Zug wäre abgefahren, weil er lange genug Zeit hatte, sich bei dir zu melden.

Von daher ist die Frage, ob es nicht so oder so enttäuschend verlaufen musste, so leid es mir tut das aussprechen zu müssen.

Aber wie carö bin ich der Meinung, dass du ihm in vielerlei Hinsicht überlegen bist und eigentlich alles richtig gemacht hast. Zudem finde ich es sehr mutig, dass du dort angerufen hast. Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass dir das nicht leicht gefallen ist.

LG

metro
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Elle
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Beitrag Di., 25.05.2010, 21:31

Vielmehr hat er dich GANZ BEWUSST unter den Teppich gekehrt in der Hoffnung, dass du ihn einfach vergisst und dich nicht mehr meldest.
So ist es wohl.
Aber wenn es so und so nicht wiedergutzumachen ist (das stimmt wohl, irgendwie konnte ich mir auch kaum eine Reaktion vorstellen, die mich wirklich überzeugt hätte) - was mache ich dann nun mit meiner Enttäuschung?

Wahrscheinlich kann mir das hier eh keiner beantworten, aber ich kanns mir selbst grad auch nicht beantworten.

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metropolis
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Beitrag Di., 25.05.2010, 21:36

Ja, du, das frage ich mich grad auch in Bezug auf meinen Thera. Ich habe den Weg gewählt, die Enttäuschung zu akzeptieren, mich der Desillusionierung hinzugeben.

Bei dir hätte ich jetzt geraten, diese Sache erstmal mit deinem neuen Thera aufarbeiten, Schmerz und Wut in der jetzigen Therapie ausleben, durcharbeiten, anerkennen. Aber wenn es mit dem auch nicht so ideal läuft, weiß ich leider auch keinen Rat mehr.
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Elle
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Beitrag Di., 25.05.2010, 21:47

Ach ich weiss auch nicht, ich glaub ich beschließe diesen Tag jetzt und geh ins Bett.
Vielleicht hätt ich doch das schlechte Karma wählen und ihn bei seiner Sekretärin anschwärzen sollen.
Dann könnte ich jetzt wenigstens gepflegt wütend sein und müsste mich nicht so shitty fühlen.

Dein Satz dass er es mir nicht hätte recht machen können, metro, der ist übrigens original von meinem (aktuellen) Thera. Nur dass ich sowas bei ihm immer als garstig empfinde.

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metropolis
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Beitrag Di., 25.05.2010, 21:52

Elle hat geschrieben:
Dein Satz dass er es mir nicht hätte recht machen können, metro, der ist übrigens original von meinem (aktuellen) Thera. Nur dass ich sowas bei ihm immer als garstig empfinde.
Oh, das hört sich wirklich nicht nett an, wenn man bedenkt dass deine Wünsche, Forderungen und Erwartungen völlig legitim und wichtig sind. Dass er es dir nicht mehr rechtmachen kann, liegt ja wohl eindeutig an ihm. Die Suppe hat er sich selbst eingebrockt.

Aber ja, geh mal schlafen. Es ist ja noch alles ganz frisch.
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carö
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Beitrag Mi., 26.05.2010, 00:10

hallo elle,
Dein Satz dass er es mir nicht hätte recht machen können, metro, der ist übrigens original von meinem (aktuellen) Thera. Nur dass ich sowas bei ihm immer als garstig empfinde
den satz habe ich auch oft gehört und ihn ebenso garstig gefunden. bis ich irgendwann langsam.. schleichend.. klick klick klick... kapiert habe, was er eigentlich bedeutet (für mich zumindest)... für mich hat sich der satz verändert, ich "höre" ihn mittlerweile ganz anderes. ... es gibt nämlich einen wichtigen grund, warum er es dir nicht würde recht machen können... und es geht dabei nicht um (deine) schuld, sondern um deine gründe dafür - also in dem sinne, dass es gute und berechtigte gründe sind. hm, weiss nicht, ob ich das richtig ausdrücken kann. finde metros gedanke dazu wirklich gut... wie könnte man so einem menschen nochmal vertrauen ? was auch immer er sagen würde, es wäre daneben, weil du ihm misstrauen würdest, und das hat ja einen realen hintergrund. er hats verbockt!
auf mich bezogen kann ich mich jetzt eher fragen, was mich so abblocken lässt innerlich - welche inneren szenarien sind der anlass? - so dass man es mir nicht recht machen kann.. die schuldfrage ist seitdem weg und ich kann die frage eher als "forschungsauftrag" sehen, finde sie nicht mehr garstig...
Weil ich mich nicht getraut habe, meine wahnsinnige Verletztheit zuzugeben.
du nimmst an, dass du etwas hättest ändern können, wenn du dich nur anders, irgendwie besser (?) verhalten hättest. aber das glaube ich nicht. es liegt nicht an dir! denn er hätte können, wenn er hätte wollen...

denke auch, dass die schwierige aufgabe sein wird, die eigene enttäuschung und desillusionierung auszuhalten und nach den realen guten menschen in deinem umfeld weiter die augen offen zu halten.

ich wünsch dir eine gute nacht, die etwas abstand bringt
carö
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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Stöpsel
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Beitrag Mi., 26.05.2010, 01:12

Hallo Elle,
Ich bereue mein vorwurfsvolles Wütend-Sein schon fast - ich wusste ja gleich, dass mir das nicht gut tut, habe es dann aber auch nicht anders hinbekommen in dem Gespräch.
Warum bereust Du es eigentlich? Du hast das schon mehrmals geschrieben und ich kann das ganz und gar nicht verstehen. Er hat sich doch voll arschig verhalten, da gibts nichts zu beschönigen.
Weil er jetzt einer von den "Kannste-Vergessen"-Männern wie mein Vater ist und weil ich mich und ihn jetzt so in diesen Rollen festgeschrieben habe und ich dann wieder in einer Schleife hänge, aus der ich nicht raus komme.
aber vielleicht ist die Rrealität eben einfach oft so? (muß ja nicht immer sein) Und da muß man eben lernen, damit umzugehen.
Weil ich mich nicht getraut habe, meine wahnsinnige Verletztheit zuzugeben.
Hat Wut nicht immer auch was mit Verletztheit zu tun? Und kann das nicht beides nebeneinanderstehen? Wut, Enttäuschung, Verletztheit? Mir selbst ging es schon so. Und dann hab ich sehr wohl meiner Wut Ausdruck verliehen (das schloß das andere nicht aus). In Deinem Fall Wut über eine derartige Gleichgültigkeit, das ist doch völlig ok?!


Viele Grüße

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Elle
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Beitrag Mi., 26.05.2010, 07:08

Dass er es dir nicht mehr rechtmachen kann, liegt ja wohl eindeutig an ihm. Die Suppe hat er sich selbst eingebrockt.
Ne, das ist ein Missverständnis, der Satz stammt nicht von meinem Ex.T. sondern von dem, bei dem ich jetzt bin.

@ Stöpsel: ich finde Wut ja auch ok., ich frage mich jetzt nur, wie es MIR besser gehen kann damit.

auf mich bezogen kann ich mich jetzt eher fragen, was mich so abblocken lässt innerlich - welche inneren szenarien sind der anlass? - so dass man es mir nicht recht machen kann.. die schuldfrage ist seitdem weg und ich kann die frage eher als "forschungsauftrag" sehen, finde sie nicht mehr garstig...
Das verstehe ich nicht, es interessiert mich aber. Also wäre es ein inneres Szenario, weshalb mir es mein Ex.T. nicht recht machen kann? Aber eigentlich haben hier doch alle einstimmig gesagt, es ist ein äußeres Szenario, er hat sich eben faktisch so schlecht verhalten, dass der Zug nun abgefahren ist. Dass es nicht nur eine Projektion meiner "ich-bin-unwichtig-mit-mir-kann-mans-ja-machen"-Komplexe auf die aktuelle Situation ist.
Inneres Szenario wäre wohl mein Vater...
Also - falls Du den Gedanken noch näher erklären kannst/magst...?

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Elle
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Beitrag Mi., 26.05.2010, 07:31

Vielleicht noch ein paar Gedanken dazu, was er mir bedeutet hat und warum mich das jetzt so trifft.

Er war der Therapeut, der das Vorgespräch für meinen Klinikaufenthalt geführt hat. Da war ich so ziemlich in der desolatesten Verfassung, an die ich mich überhaupt mal erinnern kann.
Und in diesem Gespräch kam halt einiges ins Rollen und er war wirklich der einzige Mensch der mich denken ließ, ok, es ist - vielleicht - doch möglich, aus dieser Situation jemals wieder rauszukommen. Ich war einfach so komplett hoffnungslos und es hat über ein Jahr gedauert, bis ich überhaupt ansatzweise denken konnte, dass Veränderung möglich wäre. Und dann ist er halt abgetaucht.

Er war sozusagen der einzige Lichtstreif am Horizont als ich grad am Ertrinken war, und auch bei den ganzen schweren Krisen mit meinem jetzigen Therapeuten habe ich mich irgendwie immer an dem Gedanken festgehalten: es ging mir soooo beschissen und dann ist da jemand angekommen und hat es geschafft, dass doch ein winziges Stückchen Hoffnung da war, zumindest so viel, dass ich dann in die Klinik gegangen bin.
Ich habe mich halt immer an diesem Gedanken/Gefühl festgehalten, dass es doch jemanden gab, der mich in diesem Leid "gesehen" hat. Und mir das Gefühl gegeben hat, ich bin nicht total meschugge, mir geht es schlecht, aber das hat Gründe und die können aufgeklärt werden. (Selbst der Psychiater, bei dem ich zu der Zeit in Behandlung war, hat mir das Gefühl vermittelt, dass ich mehr oder weniger unzurechnungsfähig sei.)

Vielleicht ist das Problem, das ich mit seinem verantwortungslosen Abhauen habe, vor diesem Hintergrund etwas klarer. Das heisst ja, ich hab einfach nur zufällig einen guten Moment erwischt, es war einfach nur Zufall und Glück und ich hätte genau so gut als hoffnungsloser Fall in der Psychiatrie landen können. Dass ich kein Vertrauen darin haben darf, dass es jmd. geben wird, der einen in so einer Notsituation da ist; dass es einfach nur ein egoistischer Blender war der mir professionellerweise etwas Hoffnung geben wollte um mich therapiefähig zu machen und sich selbst dann vom Acker macht.

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metropolis
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Beitrag Mi., 26.05.2010, 08:11

Elle hat geschrieben:
Dass er es dir nicht mehr rechtmachen kann, liegt ja wohl eindeutig an ihm. Die Suppe hat er sich selbst eingebrockt.
Ne, das ist ein Missverständnis, der Satz stammt nicht von meinem Ex.T. sondern von dem, bei dem ich jetzt bin.
Ich habe dich schon richtig verstanden. Dieser Satz von deinem aktuellen Thema hört sich halt wie ein Vorwurf an, dass du zu anspruchsvoll bist. Und das ist nunmal definitiv nicht der Fall. Aber vielleicht hat es dein Thera auch gar nicht so gemeint.
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Theodor Storm

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Elena
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Beitrag Mi., 26.05.2010, 09:38

Elle hat geschrieben:Er war sozusagen der einzige Lichtstreif am Horizont als ich grad am Ertrinken war, und auch bei den ganzen schweren Krisen mit meinem jetzigen Therapeuten habe ich mich irgendwie immer an dem Gedanken festgehalten: es ging mir soooo beschissen und dann ist da jemand angekommen und hat es geschafft, dass doch ein winziges Stückchen Hoffnung da war, zumindest so viel, dass ich dann in die Klinik gegangen bin.
Ich habe mich halt immer an diesem Gedanken/Gefühl festgehalten, dass es doch jemanden gab, der mich in diesem Leid "gesehen" hat. Und mir das Gefühl gegeben hat, ich bin nicht total meschugge, mir geht es schlecht, aber das hat Gründe und die können aufgeklärt werden. (Selbst der Psychiater, bei dem ich zu der Zeit in Behandlung war, hat mir das Gefühl vermittelt, dass ich mehr oder weniger unzurechnungsfähig sei.)
Ich weiß nicht, ob Dir folgender Gedanke helfen kann, wahrscheinlich erst, wenn Deine Enttäuschung verflogen ist:

Er war für Dich da, als es Dir so richtig schlecht ging, er hat Dich aufgebaut und stabilisiert. Zum Glück bist Du ihm über den Weg gelaufen! Freu Dich in erster Linie darüber, dass Dir soetwas passiert ist. Das gute Gefühl, das er Dir damals gegeben hat, ist in Dir verankert, sei ihm dankbar dafür.
Es ist leider die Realität, dass Menschen kommen und gehen, bei den einen tut es mehr weh, bei den anderen weniger....., aber festhalten geht nicht.
Keine Ahnung, ob Du damit was anfangen kannst.

LG Elena

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carö
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Beitrag Mi., 26.05.2010, 11:38

liebe elle,

ich versuchs mal zu erklären, weiss bloß nicht, obs mir gelingt. hab schon gestern befürchtet, dass es etwas wirr klingen könnte, was ich schreibe und es bezieht sich in erster linie auf meinen umgang damit (also mit diesem satz ) - das muss für dich so nicht zutreffen.
Elle hat geschrieben:
carö hat geschrieben:auf mich bezogen kann ich mich jetzt eher fragen, was mich so abblocken lässt innerlich - welche inneren szenarien sind der anlass? - so dass man es mir nicht recht machen kann.. die schuldfrage ist seitdem weg und ich kann die frage eher als "forschungsauftrag" sehen, finde sie nicht mehr garstig...
Das verstehe ich nicht, es interessiert mich aber. Also wäre es ein inneres Szenario, weshalb mir es mein Ex.T. nicht recht machen kann? Aber eigentlich haben hier doch alle einstimmig gesagt, es ist ein äußeres Szenario, er hat sich eben faktisch so schlecht verhalten, dass der Zug nun abgefahren ist. Dass es nicht nur eine Projektion meiner "ich-bin-unwichtig-mit-mir-kann-mans-ja-machen"-Komplexe auf die aktuelle Situation ist.
Inneres Szenario wäre wohl mein Vater...
ja also erstmal denke ich auch, dass dein ex-T es massiv real verbockt hat und da sehe ich es wie metro: er könnte dir nichts mehr wirklich richtiges sagen, weil dein vertrauen weg ist... und das ist ja auch wirklich aufgrund eines äußeren anlasses weg. soweit erstmal.

gleichzeitig das innere szenario: dein vater und deine enttäuschung über ihn. dein ex-thera war, wie du schreibst der erste mann, der wieder etwas gutes für dich sein konnte. er hat dich in einer ausweglosen situation gesehen und wahrgenommen. da warst du dann auch schnell mittendrin in einem guter-vater-szenario - das nehme ich mal an, dass es so war. was ja auch gut ist und riesig erleichtert, dass es solche menschen eben doch gibt, die einen wahrnehmen und etwas für einen tun. und es ist sehr verständlich, dass die wünsche da auch riesengroß werden, auch wenn sie einen vielleicht gar nicht so bewusst sind erstmal... er verkörperte sozusagen all deine hoffungen auf das gute in menschen, in männern, in vaterfiguren, in menschen, die für dich eine fürsorgerolle einnehmen können.

und doch war und ist er nicht dein vater. er hat dich jäh enttäuscht. und zwar ganz real... das ist jetzt die äußere reale ebene und die kommt da ganz blöd dazwischen. aber er hätte dich vermutlich irgendwann auch im rahmen der therapiestunden sehr enttäuschen können, weil er eben nicht der ideale retter ist.. nicht der ideale vater..

was dein aktueller T. vermutlich mit diesem garstig klingenden satz ausdrücken wollte, ist, dass du so hohe innere erwartungen an diesen menschen richtest, dass er sie so oder so nicht würde erfüllen können. ich denke es ist schwer zu sehen, weil sich die reale und die innere ebene hier so sehr vermischen. er hat dich ja ganz real sehr enttäuscht und du wendest dich zurecht von ihm ab. aber gleichzeitig wiegt die enttäuschung so schwer, weil es eben auch das innere szenario gibt.. also diese wünsche an ihn, die immer noch aktiv sind, er möge es sein, der endlich diese lücke schliesst, der dir den glauben an die guten väter und männer zurückgibt. und das tut er nicht. und vermutlich könnte er kein einziges wort finden, das dem schmerz deiner enttäuschung angemessen wäre (ich denke, dass sich eben darauf bezieht, er könne es dir nicht recht machen). ich habe gedacht, als du schriebst, was schlimmstenfalls passieren könnte.. also dass er es mit einer banalen entschuldigung abtun könnte... dass vermutlich das nicht das schlimmste ist, sondern das schwerwiegende dein wunsch ist, er möge dich wirklich "sehen", wirklich anerkennen, was er dir angetan hat. und das richtet sich eher an den inneren vater, nicht an ihn als reale person. das kann er real gar nicht wirklich "wiedergutmachen". vor diesem inneren szenario kann er gar nichts sagen oder tun, was nur annähernd gut sein könnte.

hm... konnte ich irgendwie ausdrücken, was ich meine ? ich will sagen, dass ich in dem satz deines aktuellen T.´s keinen vorwurf an dich erkennen kann, sondern ein versuch, dich darauf aufmerksam zu machen, dass in deinem inneren dieser ex-T. mit einer übergroßen bedeutung für dich beladen ist, so dass man immer vor diesem szenario, seine eigene enttäuschung und wut und schmerz sehen und anerkennen muss.

die enttäuschung wird dann kleiner vermutlich, wenn du in diesem ex-T. das sehen kannst, was er ist: nicht dein vater. er hat wirklich versucht dir zu helfen und es war sicher nicht nur ein zufälliger glücklicher moment. und dann hat er versagt. er ist ein mensch mit fehlern und grenzen, wie wir alle. was auch immer dazu geführt hat, es liegt nicht mehr in deiner macht, es herauszufinden oder zu verändern. ich denke, es ist auch diese unendliche hilflosigkeit deswegen, die einen so wütend sein lässt.

falls ich jetzt völlig an dir vorbei geschrieben habe oder zu sehr von mir ausgehe, dann sorry... ich kann es gerade wirklich nicht anders ausdrücken.

LG
carö
Zuletzt geändert von carö am Mi., 26.05.2010, 18:01, insgesamt 1-mal geändert.
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