Stimmung des Therapeuten

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

Fighter1993
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Beitrag Sa., 02.03.2019, 12:30

Annica hat geschrieben: Fr., 01.03.2019, 21:59 Jip, so ähnlich erging es mir heute. Nur dass wir in 50 Minuten eben 2 Themen bearbeitet haben. Und das erste Thema habe ich sehr abrupt nach einem Blick auf die Uhr abgebrochen à la: "So, ich würde ja gerne noch mehr über meinen Vater sprechen, geht aber nicht. Habe mir vorgenommen, noch was anzusprechen und das muss jetzt irgendwie sein. blablabla..." Aber natürlich, ich habe noch jede Menge weitere Stunden. Der Langzeitantrag ist gerade erst raus, wir haben erst 17 oder 18 Stunden durch. Also Zeit ohne Ende quasi. Ich werde mir mal deine Entspanntheit damit, wenn eine Stunde nicht so gut lief, versuchen, zu eigen zu machen.
Und weißt du was das tolle ist an den vielen Themen die man anschneidet? Man erkennt irgendwann mit der Zeit dass das alles eh irgendwie zusammenhängt. Ich dachte bei mir erst, dass ich meine Beziehungsunfähigkeit, die suboptimale Beziehung zu den Eltern, den Missbrauch und einzelne andere Dinge getrennt voneinander betrachten kann. Aber nö, pustekuchen. Hängt alles zusammen - für außenstehende vielleicht sogar glasklar und ohne jeden Zweifel, aber ich bildete mir ein, ich kann eins nach dem anderen von der Liste streichen :roll: Wäre ja auch nur zu schön gewesen.

Und was den Langzeitantrag angeht.... Das war bei mir ne ziemlich lustige Angelegenheit wenn ich jetzt zurückschaue. Also, klar ich wusste sie beantragt Analyse. Als sie dann aber meinte, sie habe 160Stunden beantragt (und zu dem Zeitpunkt war nur einmal 50Min in der Woche vorgsehen, da hatte ich noch keine Doppelstunde) ist mir alles aus dem Gesicht gefallen und ich hab sie reflexartig gefragt, ob es so schlimm um mich steht. Ich mein, das waren zum Zeitpunkt der Beantragung dann ja knapp 3 Jahre plus die Option das noch weiter zu verlängern.

Ich selbst würde gerne von dir ein Stück der Fähigkeit haben, das Thema abrupt und bewusst zu ändern. Oftmals quäle ich mich durch ein Thema/Gespräch, weil ich nicht den Mut habe zu sagen "Stopp, jetzt will ich was anderes besprechen, weil mir das gerade zu viel wird oder ich noch was anderes dringliches habe". Ich kann das lediglich bei einem Thema, da verdreh ich immer schon die Augen wenn sie es anschneidet. Wobei bei dem auch klar ist, dass das so ein Thema ist, was mir völligst nutzlos erscheint zu besprechen, ihr aber nicht. Aber sie akzeptiert es und wir schmunzeln beide wenn sie nur das Stichwort nennt und ich dann direkt in Augenverdreh-Abwehrhaltung gehe :D

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Annica
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Beitrag Sa., 02.03.2019, 13:32

Fighter1993 hat geschrieben: Sa., 02.03.2019, 12:30 Ich dachte bei mir erst, dass ich meine Beziehungsunfähigkeit, die suboptimale Beziehung zu den Eltern, den Missbrauch und einzelne andere Dinge getrennt voneinander betrachten kann. Aber nö, pustekuchen. Hängt alles zusammen - für außenstehende vielleicht sogar glasklar und ohne jeden Zweifel, aber ich bildete mir ein, ich kann eins nach dem anderen von der Liste streichen :roll: Wäre ja auch nur zu schön gewesen.
So ähnlich ging es mir glaube ich auch. Ich dachte mir, dass ich ja irgendwie schon weiß, dass es zuhause nicht immer gut war und dass ich "nur noch" diese Verbindung zu meinen "Durchdrehmomenten" brauche, also zu verstehen brauche, wie das zusammenhängt, und alles ist gut. Aber naja, es entpuppt sich eben nicht als "nur noch", sondern diese Verbindung herstellen scheint ein ganzer Batzen, der eben mit allen Problemen irgendwie zusammenhängt.

Fighter1993 hat geschrieben: Sa., 02.03.2019, 12:30 Ich selbst würde gerne von dir ein Stück der Fähigkeit haben, das Thema abrupt und bewusst zu ändern. Oftmals quäle ich mich durch ein Thema/Gespräch, weil ich nicht den Mut habe zu sagen "Stopp, jetzt will ich was anderes besprechen, weil mir das gerade zu viel wird oder ich noch was anderes dringliches habe".
Ja, vielleicht sollte ich es so sehen: Ich habe mich getraut, zwei Themen, die mir wichtig waren, anzusprechen. Dafür war das zweite Thema dann zwar nervig eingeschoben, aber naja. Und wieder mal: auch das sehen, was ganz gut lief. Andererseits: Ich habe mich durch das andere Thema überhaupt nicht gequält, sondern fand es gut. Vielleicht lasse ich das andere Thema dann mal bis zur nächsten Stunde warten...

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Montana
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Beitrag Sa., 02.03.2019, 16:43

Es ist zwar interessant und wichtig, die Zusammenhänge zu verstehen, aber das alleine reicht noch nicht. In guten Büchern findet man all das sogar anschaulich erklärt (ich hab die verschlungen), aber das ändert gar nichts. Die Begegnung mit dem Therapeuten ändert aber sehr viel. Ich habe z.B. immer gedacht, mich kann keiner mehr nett finden, wenn er mich erstmal wirklich kennengelernt hat. Im Grunde meines Herzens bin ich ein schlechter Mensch. Die meisten sehen das nur nicht, weil ich es ganz gut verberge. Jetzt habe ich aber jemanden ganz tief in meine seelischen Abgründe schauen lassen - und er hat sich nicht entsetzt von mir abgewendet. Und ich habe immer wieder Ängste durchgestanden und immer wieder haben sich meine Befürchtungen nicht bewahrheitet. So habe ich mich auch im wahren Leben immer wieder etwas getraut; mit teilweise erstaunlich gutem Ergebnis.

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Annica
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Beitrag Sa., 02.03.2019, 18:02

Montana ja, dass Erkenntnis mir nicht weiterhilft, merke ich auch immer mehr. Und das tut irgendwie weh. Und diese Vorstellung, dass alles irgendwie über die Beziehung mit meinem Therapeuten läuft, uff, das löst so ein Ziehen in meiner Herzgegend aus, so ein Bedrohungsgefühl. Und gleichzeitig so ein inneres Schreien nach eben einer solchen Bindung. Aber eben durchzogen von der Angst, am Ende doch alleine da zu sein, weil der Therapeut eben merkt: Mensch, voll geirrt, die braucht keine Therapie, die sucht nur Aufmerksamkeit...was jetzt natürlich objektiv betrachtet Quatsch ist, würde das wer anderes von sich schreiben oder sagen, würde ich das auch so empfinden. Aber naja. Auf jeden Fall hat dein Beitrag so einiges angeregt. Interessant

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Montana
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Beitrag Sa., 02.03.2019, 18:27

Du suchst tatsächlich Aufmerksamkeit, aber das ist absolut gut so. Denn es ist nicht Aufmerksamkeit um der Aufmerksamkeit willen, in dem Sinne wie man das immer so abwertend sagt. Menschen sind von Geburt an sehr soziale Wesen. Babys, die nur körperlich versorgt werden, aber keine liebevolle Zuwendung bekommen, sterben. Wenn wir uns aus Angst, verletzt zu werden, emotional isolieren, dann geht es uns schlecht. Wir wählen das als das kleinere Übel. Aber es ist ein Übel. Alles schreit danach, doch irgendwann die "gute Aufmerksamkeit" zu bekommen. Wenn das dann in der Therapie passiert, wühlt das allein schon unglaublich viel auf. Warum tut er/sie das? Warum empfinde ich so und so? Ist das normal? Darf das so sein? Wie reguliere ich Nähe und Distanz, wenn ich das nie gelernt habe? Auch das ist ein unendlich großes Entdeckungsfeld in der Therapie. Und meiner persönlichen Meinung nach der "Schlüssel zum Glück". Gute Beziehungen zu anderen Menschen braucht jeder und dennoch ist meist gerade das ein riesengroßes Problem. Und über Beziehungen lernt man nichts in der Theorie, die muss man erleben.

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Beitrag Sa., 02.03.2019, 19:37

Montana hat geschrieben: Sa., 02.03.2019, 18:27 Du suchst tatsächlich Aufmerksamkeit, aber das ist absolut gut so.

Würde mich ich bei anderen absolut unterschreiben, weil hinter Aufmerksamkeit suchen ja immer auch was steckt. Ach, ich liebe es mich theoretisch mit solchen Dingen zu beschäftigen, nicht umsonst arbeite ich im pädagogischen Bereich mit Jugendlichen... Aber ja, mich persönlich haut das gerade ziemlich raus. Das ist so gar nicht mehr auf so einer rationalen Ebene.

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Beitrag Sa., 02.03.2019, 20:40

Hm, aber dieses nicht mehr nur auf so einer rationalen Ebene rumwabern ist ja gerade das, was irgendwas bewirkt. Und was ich auch in der ersten Stunde als eines meiner Ziele benannt habe: meine Emotionen wiederfinden, weil ich dachte, dass ich deswegen manchmal so arg durchdrehen, weil ich sonst immer sehr abgeschnitten von meinen Gefühlen bin. Aber ich habe mir das alles so viel einfacher vorgestellt.

Und heute kommt auch noch die Angst dazu, dass mein Therapeut mal meinte, als ich sagte, dass ich mir eine analytische Therapie vorstellen könnte, dass er da jetzt nicht die ganz klassische Schiene fährt. Und dann meinte er irgendwas zu Übertragungen und Gegenübertragungen und in meiner Erinnerung hat er diese Konzepte als nicht so relevant betrachtet?! Kann das sein? Weil dann fahre ich hier ja die ganze Zeit Dinge auf, von denen er nix hält mit meinen Übertragungen. Irgendwie würde es aber ja wenig Sinn machen, wenn er von diesen doch sehr zentralen Konzepten nix hält. Naja, ich frag ihn am Mittwoch. Bis dahin hirne ich mal weiter rum...

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Haithabu
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Beitrag Mo., 04.03.2019, 10:32

Annica hat geschrieben: Sa., 02.03.2019, 10:43 Hach, das scheint bei mir ähnlich, also dieses Grundgefühl von: Wo bleiben die richtigen Themen und wieso zur Hölle kommen soooo viele Probleme auf???? Hast du deinem Therapeuten dann auch gesagt, dass du das alles nicht für hilfreich findest?
Ungefähr 8000 mal :-)
Eine Weile war ich auch wirklich sehr frustriert deswegen. Ich bin ja mit einer klaren Vorstellung davon in die Therapie gestartet, wie das dort so laufen soll. Ein bisschen Vertrauensaufbau (haha), dann mittelschwere Schwierigkeiten besprechen, anschließend die ganz schweren Themen und dann gehe ich weitestgehend symptomfrei davon, weil sich alles irgendwie selbst aufgelöst hat. Wie auch immer. Und natürlich bin ich dabei so autonom, dass ich das ja eigentlich auch eh alles allein könnte. Aber wenn es halt sein muss, akzeptiere ich die Unterstützung eines Therapeuten dabei :anonym:
Annica hat geschrieben: Sa., 02.03.2019, 10:43 Das würde ich mich nicht trauen, glaube ich. Und wenn dann eher im Sinne von: ICH arbeite nicht richtig mit, ER macht schon alles richtig. Ich glaube in die andere Richtung würde ich mich gar nicht richtig trauen zu sprechen. Weil er dann ja sagen könnte: Wenn Sie das nicht für hilfreich erachten, brechen wir ab, dann macht das ja keinen Sinn...
Das ist immer wieder eine mehr oder weniger ganz bewusste Entscheidung gewesen, diesen Sprung ins Ungewisse zu wagen. Das beruhte aber auch auf meinen Vorerfahrungen mit anderen Therapeuten. Ich habe mich nie getraut konkret Dinge anzusprechen, die "uns" betreffen. Zum Erfolg hat das nie geführt und letztlich auch dazu, dass die Therapien nicht hilfreich waren, weil es in der Beziehung hakte und ich mich überhaupt nicht öffnen konnte. Ich denke mir dann also oft, zu verlieren habe ich nicht viel.
Aber Mut und Anlauf braucht es nach wie vor.
Am Anfang war ich aber auch oft in dieser "ich bin eine Belastung - unzumutbar - tödlich langweilig - der wirft mich raus" - Schleife gefangen gewesen. Er hat mich da nie "entlastet" und gesagt, neee das ist nicht so. Aber auch nie etwas gegenteiliges geäußert. Das war schwer auszuhalten und selbständig aus dieser Schleife heraus zu kommen. Ich denke aber, hätte er diese Äußerungen von mir so direkt entkräftet, dann wäre das nicht so nachhaltig, wie meine jetzige Erkenntnis, dass er mich nicht so schnell rauswerfen wird und das eigentlich auch egal ist, ob ich ihn tödlich langweile :cool:

Mittlerweile verliere ich mich nur noch selten in solchen Gedanken.
Sie auszusprechen, anzusprechen, das war aber wichtig.
Annica hat geschrieben: Sa., 02.03.2019, 10:43 ...Ich dachte echt immer, ich muss mal weg von den Nebenschauplätzen, weil zwei Freundinnen von mir diese Paniken und Ängste in ihrer Analyse so nicht kannten und ich dachte, dass ich was falsch mache und mich mal zusammenreißen muss. Aber ja, im Laufe dieses Threads ist mir mehr und mehr bewusst geworden, dass meine Themen so ganz gut nach oben kommen. Ich bin da irgendwie extrem schnell reingeschlittert in diese Übertragungsschiene, ohne dass ich da so viel Einfluss gehabt hätte, gefühlt ist das alles einfach so "reingebrochen".
Ich kenne niemanden persönlich, der eine analytische Psychotherapie macht oder gemacht hat, mir fehlte da also völlig der Vergleich. Aber was ich schon wusste, das es ganz offensichtlich völlig verschiedene Arten von Patienten gibt. Ich bin immer wieder verblüfft wie schnell sich andere Menschen auf Therapeuten einlassen, einfach weil dieser nur eine bestimmte Funktion hat. Also der Mensch als Therapeut, relativ unabhängig davon wie der nun genau ist. Grundsätzlich nett und sortiert sollte er sein, aber mehr "Anforderungen" gibt es da nicht. Da ist so eine Auseinandersetzung mit der Beziehung einfach auch gar nicht nötig, weil das was der Therapeut in seiner Funktion als Therapeut so macht, per se als hilfreich und nützlich empfunden wird. Manchmal wünsche ich mir auch, mehr so zu sein und mich nicht so sehr an diesen Sekundärthemen aufzuhängen.
Aber wie ich dann hier gelesen habe, gibt es auch viele Menschen bei denen das anders ist. Da sind wir hier also in bester Gesellschaft und bei der Therapieform an sich ganz richtig.

Davon abgesehen bist du dir ja früh auf der Spur.
Ich glaube so richtig verstanden habe ich das, was da passiert, wenn immer wieder solche vermeintlichen Pipifaxgeschichten im Raum standen, habe ich erst nach 10 Monaten oder so. Vorher hat es mich verunsichert und/oder wahlweise geärgert.

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Haithabu
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Beitrag Mo., 04.03.2019, 10:49

Annica hat geschrieben: Sa., 02.03.2019, 20:40 Und heute kommt auch noch die Angst dazu, dass mein Therapeut mal meinte, als ich sagte, dass ich mir eine analytische Therapie vorstellen könnte, dass er da jetzt nicht die ganz klassische Schiene fährt. Und dann meinte er irgendwas zu Übertragungen und Gegenübertragungen und in meiner Erinnerung hat er diese Konzepte als nicht so relevant betrachtet?! Kann das sein? Weil dann fahre ich hier ja die ganze Zeit Dinge auf, von denen er nix hält mit meinen Übertragungen. Irgendwie würde es aber ja wenig Sinn machen, wenn er von diesen doch sehr zentralen Konzepten nix hält. Naja, ich frag ihn am Mittwoch. Bis dahin hirne ich mal weiter rum...
Ich glaube genau einmal verwendete der Therapeut den Begriff Übertragung und das war eher so lapidar dahin geworfen. Das ist aber auch völlig unabhängig davon, ob das passiert/passiert ist.
Wichtig wäre doch nur, dass du ernst genommen wirst, in dem was da so in dir los ist.
Da kann der noch so theoretisch auf einer Wellenlänge mit dir liegen, wenn er sich dann im konkreten Fall in irgendwelchen Konzepten verliert und das eigentliche Geschehen nicht hinreichend beachtet.
Das sage ich jetzt mal so :)
Also ich fände das schlimmer, wenn das was ich als Thema einbringe oder an Gefühlen in die Beziehung bringe (oder eben auch nicht bringe) missachtet würde. Diese Wertschätzung mir gegenüber und auch dieser Anspruch, an meine eigene Handlungsfähigkeit zu appellieren, die finde ich deutlich wichtiger.

Davon abgesehen gibt es offensichtlich von Analytiker zu Analytiker enorme Unterschiede.
Nicht ganz die "klassische Schiene" kann alles mögliche bedeuten.
Für mich ist es zum Beispiel der Fakt, dass der Therapeut ziemlich viel spricht. So ganz "klassisch" ginge das auch ganz anders, nur würde ich da untergehen. Ich bin also froh über diesen nicht so klassischen Aspekt.

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Beitrag Mo., 04.03.2019, 12:23

Haithabu hat geschrieben: Mo., 04.03.2019, 10:32 Am Anfang war ich aber auch oft in dieser "ich bin eine Belastung - unzumutbar - tödlich langweilig - der wirft mich raus" - Schleife gefangen gewesen.
Oh man, das trifft genau den Punkt. Genau da stecke ich glaube ich gerade. Wie gut das doch immer wieder tut, wenn man merkt, dass andere auch ähnlich ticken und es nicht einfach ein Zeichen für das Nicht-geeignet-Sein-für-Analyse ist.
Haithabu hat geschrieben: Mo., 04.03.2019, 10:32 Das ist immer wieder eine mehr oder weniger ganz bewusste Entscheidung gewesen, diesen Sprung ins Ungewisse zu wagen. Das beruhte aber auch auf meinen Vorerfahrungen mit anderen Therapeuten. Ich habe mich nie getraut konkret Dinge anzusprechen, die "uns" betreffen.
Ja, das ist es bei mir auch immer, wenn ich zwischenmenschliche Dinge anspreche. Das gehe ich dann auf dem Weg zu ihm auch nochmal durch, da bin ich immer froh, dass er am anderen Ende der Stadt wohnt. Nur dieses "bis jetzt ist das alles noch nicht hilfreich, sondern es hat sich alles verschlechtert", DAS traue ich mich noch nicht zu sagen. Habe bisher halt immer nur angedeutet, dass ich gerade schwer hochkomme, meine Sachen nicht so schaffe wie geplant...Aber: solange ich das nicht zum Thema mache, macht auch er es nicht zum Thema. Da muss ich den Sprung nochmal wagen.

Haithabu hat geschrieben: Mo., 04.03.2019, 10:49
Annica hat geschrieben: Sa., 02.03.2019, 20:40 Und heute kommt auch noch die Angst dazu, dass mein Therapeut mal meinte, als ich sagte, dass ich mir eine analytische Therapie vorstellen könnte, dass er da jetzt nicht die ganz klassische Schiene fährt. Und dann meinte er irgendwas zu Übertragungen und Gegenübertragungen und in meiner Erinnerung hat er diese Konzepte als nicht so relevant betrachtet?! Kann das sein? Weil dann fahre ich hier ja die ganze Zeit Dinge auf, von denen er nix hält mit meinen Übertragungen. Irgendwie würde es aber ja wenig Sinn machen, wenn er von diesen doch sehr zentralen Konzepten nix hält. Naja, ich frag ihn am Mittwoch. Bis dahin hirne ich mal weiter rum...
[...]
Also ich fände das schlimmer, wenn das was ich als Thema einbringe oder an Gefühlen in die Beziehung bringe (oder eben auch nicht bringe) missachtet würde. Diese Wertschätzung mir gegenüber und auch dieser Anspruch, an meine eigene Handlungsfähigkeit zu appellieren, die finde ich deutlich wichtiger.
Ja, das stimmt schon. Und er nimmt meine Themen ja auch ernst und darüber wird dann gesprochen. Aber die Angst, dass das eine Art von Therapie ist, auf die er keinen Bock hat, ist trotzdem da. Aber das werde ich auch nochmal ansprechen. Oh man, der hats gefühlt gerade nicht so leicht. Aber der kennt das ja wahrscheinlich (scheint ja mehreren so zu gehen...)


Fighter1993
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Beitrag Mo., 04.03.2019, 14:45

Zur nicht ganz klassischen Schiene: meine Analyse läuft auch nicht typisch ab. Ich sitze, in manchen Stunden hab ich das Gefühl meine Therapeutin redet 1000fach so viel wie ich und ich hab nur einen Termin in der Woche (da zwar dann eine Doppelstunde, aber das ist ja auch eher unüblich). Ganz klassisch mehrmals in der Woche und liegen, das könnte ich nicht. Also liegen vielleicht schon, aber mehrmals in der Woche geht logistisch und arbeitstechnisch gar nicht. Ich hab ja für die aktuelle Doppelstunde schon Arbeitszeit reduziert, weil ich sonst gar nicht den Vormittag frei kriegen würde bei einer normalen 39Std Woche.

Und ich sehe es auch irgendwie so: Wie es aufm Antrag genannt wird und wie das dann umgesetzt wird ist mir prinzipiell erstmal egal. Wichtig ist mir dass das was gemacht wird, mir hilft und eben auf meine Bedürfnisse passt. So kann es sein dass ich durchaus auch mal noch einen zweiten Termin in der Woche habe, wenn es die Arbeit zulässt oder ich Urlaub habe.
Also da würde ich mir keine großen Gedanken machen. Auch wegen der Begrifflichkeit. Ich glaub das Wort Übertragung wurde von mir bisher öfter ausgesprochen. Und dennoch darf sie da sein und ist es auch. Momentan schleiche ich da noch ein wenig drumherum und mag es nicht vertiefen, aber im Grunde wissen wir beide, das da was ist.

Also, Kopf hoch und nach vorn schauen. Du hast noch viel vor dir: Themen aber auch Zeit!

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Annica
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Beitrag Mo., 04.03.2019, 16:29

Fighter1993 hat geschrieben: Mo., 04.03.2019, 14:45 Zur nicht ganz klassischen Schiene: meine Analyse läuft auch nicht typisch ab. Ich sitze, in manchen Stunden hab ich das Gefühl meine Therapeutin redet 1000fach so viel wie ich und ich hab nur einen Termin in der Woche (da zwar dann eine Doppelstunde, aber das ist ja auch eher unüblich).
Ja, auch in der Hinsicht ist meine nicht klassisch. Mein Therapeut macht "nur" zwei Stunden die Woche, weil er drei generell nicht für so sinnvoll hält. Find ich doof, am liebsten hätte ich 4 :lol:, aber ich glaube, dass das ganz gut ist, um mein Leben außerhalb von Therapie noch auf die Reihe zu bekommen, was mir sowieso schon schwer genug fällt gerade. Und liegen hat er noch gar nicht angesprochen, da gibts zwar ne Liege, aber keine Ahnung, ob der die überhaupt nutzt. Und wenn ja, wüsste ich gerne, warum er das bei mir noch nicht angesprochen hat? Obwohl ich eigentlich eh nicht liegen will, weil ich das Gefühl hätte, mich dann völlig zu verlieren, aber interessant fänd ich schon, warum er das nicht anspricht...


Ach, und insgesamt ist Psychoanalytische Therapie wahrscheinlich sehr unterschiedlich, hatte ja schließlich über 100 Jahre Zeit weiterentwickelt zu werden (also naja, zumindest die klassische Psychoanalyse, Psychoanalytische Therapie ist ja per se schon mal keine klassische, weil es irgendwie konkretere Themen geben muss und so, sonst finanziert ja die Krankenkasse nicht). Und dieses dumme Übertragungsding werde ich Mittwoch ansprechen, das habe ich mir fest vorgenommen.

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Federchen
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Beitrag Mo., 04.03.2019, 20:13

ich hab gehört, dass ne Analyse für Borderline-Patienten eigentlich gar nicht empfohlen wird. Ich find ja aber irgendwie, wenn ich den Thread hier so lese, dass das eigentlich schon genau richtig ist. Klar, man sollte schon etwas weiter sein und reflektieren können.. aber ich könnte mir das für mich ehrlich gesagt eigentlich auch vorstellen. :anonym:

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Annica
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Beitrag Mo., 04.03.2019, 20:27

Ach da sind die Meinungen ja auch sehr unterschiedlich. Es gibt auch solche, die sagen, dass das gut passt. Und ja, irgendwie scheint ja bei mir auf jeden Fall viel Potenzial für psychoanalytische Vorgänge :-P

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Furriskey
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Beitrag Di., 05.03.2019, 15:42

Ich habe vor Jahren einmal eine Therapie gemacht. Eines Tages schien sie mir verändert. Und ja, ich habe sie gefragt, ob es ihr gut geht.
Sie hat mich angesehen, gemeint, ich hätte ein unglaubliches Gespür. Und nein, es gehe ihr gerade gar nicht gut, ihr Mann habe sie am Vortag nach 30 Jahren verlassen.
Danach kam ein kurzes Gespräch darüber und ich wollte sie an diesem Tag nicht mit meinen Problemen behelligen und bin nach einer halben Stunde gegangen.
Meiner Therapie hat das gar nicht geschadet, im Gegenteil. Therapeuten sind auch Menschen und das ist gut so.

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