Therapeut privat getroffen

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Rahel*
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Therapeut privat getroffen

Beitrag So., 24.02.2008, 20:50

Hallo!
Ich bin jetzt schon seit einer Weile bei meinem Therapeuten, den ich sehr schätze und dem ich sehr vertraue. Nun habe ich einen Entspannungskurs (Tai Chi) in meinem Fitnissclub belegt und dort ist er zufällig auch. Erst war ich echt geschockt. Das war mir total unangenehm.
In der folgenden Sitzung haben wir dann darüber gesprochen und für ihn ist das kein Problem, denn wenn ich das Thema nicht anschneiden würde, dann würde er doch niemandem erzählen, dass ich bei ihm in Therapie bin. Ich habe ihm auch gesagt, dass ich mich von ihm beobachtet fühlen würde, aber er sagte nur, dass er dort sei, um sich selbst etwas Gutes zu tun und sonst nichts. Könnt ihr verstehen, dass mir das trotzdem unangenehm ist? Am liebsten würde ich den Kurs abbrechen, was mich ja aber auch in Rechtfertigungsdruck bringen würde.
Außerdem holt mich nach Kursende immer mein Freund ab, den der Thera dann ja sieht. Dem Thera von meinem Freund zu erzählen ist EINE Sache, dass er ihn kennenlernt eine ganz andere. Ich fühle mich dadruch ein bisschen wie eine gläserene Patientin. Könnt ihr das nachvollziehen?
Die Situation ist mir echt höllenunangenehm und mit dem Thera darüber gesprochen habe ich ja schon, was könnte ich denn noch machen?
Und gibt es noch andere hier, die ihre Therapeuten privat getroffen haben? Wie ist das für euch?

Viele liebe Grüße
von Rahel*

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Flugente
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Beitrag So., 24.02.2008, 21:03

Wie viele Menschen sind denn in dem Kurs? Sieht sich dein Freund alle diese Leute genau an um einen Therapeuten, der zufällig deiner sein könnte auszumachen?

Wenn es dir sooo unangenehm ist hast du nur eine Möglichkeit: Ein anderer Kurs.
Eisberg voraus!

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lemon
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Beitrag So., 24.02.2008, 21:05

...du könntest es versuchen frei zu betrachten...
deine Grenze setzen,
hier bist du in deiner Freizeit, dein Thera ist zufällig auch da, egal, ist eben so...
er macht sich darüber auch keine Gedanken, er verbringt lediglich seine Freizeit dort, dich kennt er eben und du gehörst zu seinem Job.
Es sind lediglich deine Gefühle, die dich durcheinander bringen, wenn du es vom Kopf her logisch betrachtest, ist es einfach und klar, versuchs vernünftig dir anzusehn ohne dich persönlich betroffen zu fühlen,
liebste Grüße
lemon
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ist ein Mensch, der uns dazu bringt,
das zu tun, wozu wir fähig sind.[/center]

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Rahel*
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Beitrag So., 24.02.2008, 21:38

Liebe Lemon, liebe Flugente,

also in dem Kurs sind wir nur zu siebt, man kann sich da schlecht verstecken. Und meine Freund weiß von meinem Thera, da finde ich eher ganz witzig, dass er weiß, wie der Thera jetzt aussieht. Mich stört halt eher, dass der Thera jetzt meinen Freund kennt und eh von mir schon total viel über ihn weiß. Ich habe eine ganze Weile überlegt, mich von meinem Freund zu trennen (der mich betrogen hat) und das war natürlich Thema in der Therapie. Irgentwie ist mir das alles echt zu eng.
Flugente,du hast schon recht, rational sind meine Sorgen nicht,aber sie sind nunmal halt da und verderben mir den Spaß am Kurs und lassen mich auch in der Therapie vielmehr Hemmungen haben.
Lg Rahel*

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lemon
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Beitrag So., 24.02.2008, 21:45

ich kann mir schon denken wie du dich fühlst, was der Thera denkt über dich und welchen Eindruck du machst...bißchen schämen wirst du dich, weil du mit deinem Freund noch zusammen bist, obwohl er dich betrogen hat...ist doch in Ordnung so, es ist deine persönliche Entscheidung...dein Thera denkt deshalb nicht schlecht von dir, er ist objektiv und zieht alle Möglichkeiten in Betracht... - so denke ich -

Vielleicht kannst du es als eine Herausforderung betrachten und hier gleich mal üben im Nähe- und Distanzverhalten, ist nämlich meist ein Problem bei psychischen Schwierigkeiten.
Weshalb machst du eine Thera?
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Rahel*
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Beitrag So., 24.02.2008, 22:20

Ich mache eine Therapie wegen zeitweiligen Angstzuständen und einem Kontrollzwang. Wasmeinst du mit Nähe-Distanz-Üben? Ich denke nicht, dass ich damit sonst ein Problem habe. Oder wie sähe das aus?

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lemon
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Beitrag So., 24.02.2008, 23:06

Damit meine ich, dich abzugrenzen, zwischen deinen Gefühlen und dem was wirklich ist.
Wie hier in dieser Situation.
Wenn du es rein logisch betrachtest, vom Kopf her meine ich, dann macht dort dein Thera Tai Chi und du eben auch.
Es sind lediglich deine Gefühle, die dich durcheinander bringen, weil du denkst, er könnte was denken und du denkst, dass er denkt, was du sowieso nicht weißt, weil er sowieso denkt, was er will und er hier bei Tai Chi zum Freizeitvergnügen ist und dass alleinig zählt für ihn, meine ich.
Vielleicht ein bisschen diffus formuliert, doch ich denke schon, dass du mich verstehst.
Hier ist Tai Chi und dort ist Therapie, beides hat nichts miteinander zu tun, ihr kennt euch lediglich, weil ihr eine Aufgabe (Therapie) miteinander macht.
Das sind zwei unterschiedliche Dinge, die du abgrenzen kannst und demzufolge gibt es kein Problem.
Manchmal fällt es mir ein wenig schwer mich zu formulieren, doch ich hoffe, dass ich es einigermaßend verständlich rüber gebracht habe und wünsche dir, dass du es einfach ein wenig lockerer betrachten kannst und nicht so eng und persönlich bezogen, wenn es denn gar nicht gelingt, musst du dir eben doch einen neuen Kurs suchen..., doch dann machst du dir glaube ich sowieso Gedanken, was er denken könnte
liebste Grüße
lemon
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thorn
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Beitrag Mo., 25.02.2008, 00:28

Hey Rahel,

ich find's überhaupt nicht schlimm, aus so einer Situation rauszugehen, sprich: Brich den Kurs doch wirklich einfach ab. Deine unangenehmen Gefühle bei dieser Sache könnt ihr in der Therapie ja dann trotzdem beleuchten, wenn du das möchtest.

Was spricht dagegen?


LG,

thorn

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lemon
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Beitrag Mo., 25.02.2008, 08:40

Sicher könnte sie den Kurs abbrechen, doch bedeutet es dann, dass man davon rennt vor seinen Gefühlen.
Ob das von Vorteil für den eigenen Selbstwert ist?
Natürlich, wenn es eine unendliche Qual bedeutet, bin ich auch dieser Meinung, doch ein Versuch mit der Situation umgehen zu lernen ist es wert, so meine ich.
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thorn
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Beitrag Mo., 25.02.2008, 09:08

@lemon: Mit dieser Situation umgehen lernen? Äh, wozu? Ich halt's für die Weiterentwicklung eines Menschen nicht für sooo wesentlich, dass er lernt, sich nicht unwohl zu fühlen, wenn er (auch) privat mit seinem Therapeuten zu tun hat

Mir wäre diese Situation jedenfalls genauso unangenehm. Und ich glaube, das ist zum Teil schlicht normal - die Beziehung zum Therapeuten ist nun mal eine besondere. Und nicht nur sie. Oder muss ich mich z.B. auch daran gewöhnen, dass ich neuerdings den obersten Boss meiner Firma regelmäßig in der Sauna treffe? Oder meinen Prof in der XXX-Videothek? Oder meine Hausärztin in der Selbsthilfegruppe? Oder darf ich mich solchen Situationen entziehen? Ich finde: natürlich! Weil ich mein Privatleben nicht mit jedem teilen will. Weil ich vielleicht manchen davon erzähle, sie aber noch lange nicht daran teilhaben lasse(n (wollen) muss). Nein, ich finde nicht, dass man unter jedes Sich-Entziehen ein "Du rennst nur weg" mit Ausrufezeichen setzen muss. Das übt halt irgendwo auch Druck aus, den ich hier nicht gerechtfertigt sehe. Gerade in einer Psychotherapie sollte der Klient darüber entscheiden dürfen, welche Themen er mit dem Therapeuten durchgeht. Und erst recht, welche er vor oder mit dem Therapeuten durchlebt. Rahel hat sich nicht ausgesucht, aus ihrem Tai-Chi-Kurs (der, btw, eigentlich ja was mit Entspannung zu tun haben soll) eine Therapiebegegnung zu machen, und daher (aber auch sonst) ist es doch völlig legitim, das ggf. für sich anders zu gestalten.


Gruß,

thorn

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lemon
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Beitrag Mo., 25.02.2008, 09:20

Nun thorn, du hast mich überzeugt, hast deine Sicht wirklich sehr gut formuliert, stimmt!!!
Ich habs eben nicht so eng gesehn, bin da eben von mir selbst ausgegangen, wäre mir schlichtweg egal, wenn ich meinen Therapeuten im Tai Chi treffen würde, könnte das persönlich für mich gut trennen.
Meinem Boss wollte ich allerdings auch nicht in der Sauna begegnen, würde das nächste Mal eine andere Sauna wählen, das stimmt.
Danke für deine Meinung,
lemon
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Rahel*
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Beitrag Mo., 25.02.2008, 10:53

Vielen Dank für eure Beiträge!
Thorn, du hast es auf den Punkt gebracht. Ich habe mir früher auch immer mal in meiner Phantasie
ausgemalt, wie es wohl wäre meinen Thera privat zu treffen, in Gedanken fand ich es immer spannend und eher witzig. Als er dann tatsächlich in dem Kurs aufgetaucht ist, da war ich dann echt geschockt. Und hinterher war es mir sehr unangenehm. Es bindet halt auch echt viel Kraft, sich mit diesem Problem
auseinanderzusetzen, das ich ja gar nicht hätte, wenn er nicht mein Thera wär.
Dagegen diesen Kurs einfach abzubrechen spricht, das er voll teuer war und noch 12 weitere Male stattfinden soll, die ich nur auf einen anderen Kurs übertrage bekomme und nicht rückerstattet kriege.
Außerdem ist der Kurs echt total super, die Teilnehmer voll nett (der Thera an sich ja auch) und er zu einer Zeit stattfindet, die für mich optimal ist. Es gibt keinen guten Ersatz. Es wäre für mich persönlich total schade, den Kurs nicht mehr zu machen.
Der Thera hat auch nicht gesagt, dass er dann etwas anderes sucht (logisch!), so dass ich mich jetzt entscheiden muss.
Und da hilft auch dein Beitrag, lemon, das einfach versuchen nicht so eng zu sehen. Vielleicht bringt es ja auch die Gewöhnung.
Liebe Grüße
Rahel*

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Irrgarten
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Beitrag Mo., 25.02.2008, 12:29

Hi,

mir wäre das peinlich und nicht nur wenn ich meinen Thera in einer privaten Situation treffen würde.
Also wenn ich mir vorstelle z.B. meinen Gyn im Supermarkt an der Gemüsetheke zu treffen wie er gerade im Obst "wühlt". Also neeee ich möchte jetzt nicht meiner Fanatsie freien Lauf lassen, besser nicht.

Vor einigen Monaten hatte ich bei meinem Thera an einem anderen Tag Termin, da kam er gerade, wenn ich zur Stunde kam, von einem Auswärtstermin. Mir war DAS schon zu privat, als ich sah welche Outdoorjacke er an hatte, welches Auto er fährt und wie er sich außerhalb des Therapiezimmers bewegt.

Mir wurde damit schlagartig der Satz klar was damit gemeint ist mit. *eine private "Beziehung" zum Thera macht eine Therapie unmöglich*.

Liebe Grüße
Zuletzt geändert von Irrgarten am Mo., 25.02.2008, 12:36, insgesamt 1-mal geändert.

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Lucinda
Helferlein
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Beiträge: 120

Beitrag Mo., 25.02.2008, 12:32

Hallo Rahel,

ich kann mir gut vorstellen wie du dich fühlst. Ich hab meine Thera auch zweimal bei ner öffentlichen Veranstaltung getroffen. Beim ersten mal war ich so platt, als ich sie reinkommen sah, dass ich knallrot wurde und mich hinter meiner Freundin versteckte.

Als ich mich ein paar Minuten später wieder gefasst hatte, hab ich in der Pause immer ihren Blickkontakt gesucht. Später auch gefunden. Sie hat mich lieb angelächelt, und als ich "hallo" sagte, hat sie mich auch gegrüßt. Trotzdem wars total komisch. Sie ist eben ein Mensch, der fast alles von mir weiß. Mehr als meine beste Freundin oder mein Mann.

Ein paar Monate später war wieder so eine Gelegenheit, und ich hatte Mühe mich da hin zu zwingen, weil ich wusste, dass meine Thera vermutlich auch wieder da sein wird. Schrecklich, das ging von nassen Händen bis zu Bauchschmerzen und sich davor drücken wollen, vor lauter Aufregung.

Inzwischen- man härtet ja ab- kann ich besser damit umgehen. Ich freu mich wenn ich sie sehe, sie grüßt mich ganz nett. Und ich kann mir sehr gut selbst Distanz da reinbringen, indem ich mir denke: Das ist jetzt und hier nicht meine Thera, sondern NUR Frau XXX, als "Normalo", die hier, genau wie ich, die schöne Musik genießen will.

Liebe Grüße,
Lucinda
Vertrauen ist das Gefühl, einem Menschen sogar dann glauben zu können, wenn man weiß, daß man an seiner Stelle lügen würde.

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Dornröschen Dorn
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Beiträge: 2323

Beitrag Mo., 25.02.2008, 15:27

Hi rahel!

ich hab mir ebend deinen 1.beitrag durchgelsen und mich fing auch gleich so ein unbehagen.
ich kann mir sehr gut vorstellen, wie es sich für dich anfühlt. ich hatte nur mal eine ganz kleine situation die mir aber auch irgendwie sehr unangenehm war:
ich bin mal die strasse wo mein therapeut ist, lang gegangen aber hatte an dem tag keinen termin. und nun dachte ich mir noch:nicht das ich ihn hier auf offener strasse antreffe.begrüßen:ja oder nein?
und was passierte, er kam gerade aus der tür raus und begrüßte mich freundlich. mir war das aberr auch irgendwie sowas von unangenehm. wie du es schon soo gut beschrieben hattest:
Rahel* hat geschrieben:Ich fühle mich dadruch ein bisschen wie eine gläserene Patientin.
so hab ich mich auch auf der strasse gefühlt als ich ihn traf. niemand kennt mich ja eigentl.da in der stadt oder strasse und dann kommt er und ich weiss das er meine tiefsten gedanken von mir weiss. komisches gefühl.
LG
Erfahrungen sind die Schlüssel zu noch mehr Glück und Vollkommenheit, für alle Schlösser, die das Leben mir noch bringen wird..



Lieben Gruss und bis bald!

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