Schematherapie, allgemeines

Hier können Sie Ihre Fragen rund um die Rahmenbedingungen von Psychotherapie (Methoden, Ablauf usw.) anbringen.

mio
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Beitrag So., 26.05.2019, 21:29

stern hat geschrieben: So., 26.05.2019, 21:02 Weil es nicht unbedingt Not tut, da die TFP eigene Konzepte hat, zB die MBT (gibt sicherlich weitere). Wenn ein Therapeut das beherrscht, was im eigenen Verfahren angesiedelt ist, ist er sicherlich auch ausgelastet.
Stern, Mentalisierung war zB. nie mein Problem. Wirklich NIE. Meine Therapeutin hat mich da auch drüber "aufgeklärt", also darüber, was das meint etc. pp. und wo da Probleme vorliegen können. Für mich war das aber eher in so fern interessant, als dass ich darüber verstehen konnte, warum es Menschen gibt, die DAS nicht können. Ich stand sozusagen auf "der anderen Seite".

Mein Problem war überhaupt mal einen "Überblick" bekommen zu können über all das, was da so "in mir" war. Und da haben mir die schematherapeutischen Module echt gut geholfen.

Wenn Du in Dir drin in manchen Momenten plötzlich nichts weiter hast als ein "großes Durcheinander" dann braucht es erst mal "Ordnung". Nun gibt es natürlich auch andere Methoden, die bei dieser "Ordnung" helfen können aber schematherapeutische Ansätze sind dazu halt auch geeignet, wenn nix "anderes" da ist in dem Moment.

Ich hab zB. am Anfang (nach dem bekloppten Fragebogen) die Aufgabe bekommen zu bestimmten "Gefühlen" Assoziationen auf (verschiedene, mit dem jeweiligen Gefühl als "Überschrift auf dem jeweils für jedes Gefühl eigenen Zettel, also ein Zettel für wütend, ein Zettel für traurig und so weiter uns so fort) Zettel zu schreiben. Hab ich daheim und in Ruhe gemacht, war ziemlich "spooky" irgendwie, ging aber gut "von der Hand".

Das was dabei raus kam, war jetzt auch nicht "streng" schematherapeutisch, weil es Gefühle und Überzeugungen gab, die "mehrfach" vorkamen, sozusagen. Die also nicht nur "ein Teil" für sich beansprucht hat bzw. was dazu zu "sagen" hatte, weshalb vieles auch erst mal "wiedersprüchlich" erschien. Und meine Therapeutin hat die Zettel dann mit mir gemeinsam zu "sortieren" versucht in Bezug auf ihre "Anordnung" indem sie die auch mal "umgelegt" und anders angeordnet hat als ich die angeordnet hatte (gehörte zu meiner Aufgabe, das so anzuordnen wie es ich für mich "richtig" anfühlt) um zu schauen bzw. mich zu fragen, wie das SO denn auf mich wirken würde. Es war schon ziemlich verrückt, wie gut das funktioniert hat und was es so "im Inneren" bewirkt hat. Ganz ohne mich zu sehr zu verwirren oder zu belasten.

Mir hat das geholfen, weil ich selbst so einen "besseren Überblick" bekam, ihr hat es wahrscheinlich aus exakt dem gleichen Grund geholfen. Denn wenn jemand nicht so recht "weiss" wo er jetzt "emotional" überhaupt "ansetzen" soll/kann, weil es einfach so viel "unterschiedliches" gibt, was sich zeigt, dann geht es dem Therapeuten ja wie dem Patienten: Er braucht erst mal einen groben Überblick, eine "grobe" Idee, um ÜBERHAUPT so arbeiten zu können wie er es kann und möchte.

Du gehst mir viel zu sehr von EINER Problemstellung aus, also zB. der, dass jeder Patient ein Problem mit Menatlisierungsfähigkeit hat. Mag ja sein, dass Du da ein Problem damit hast, ich habe damit aber keins. Und zwar wirklich GAR KEINS. :)

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stern
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Beitrag So., 26.05.2019, 22:16

Nun, mein Ausgangspunkt war ja auch nicht/nie, die Frage, wie vorteilhaft die Schematherapie im allgemeinen ist ;) , sondern siehe die Ausgangsfrage (was sich für mich geklärt hat). Ich streite keinesfalls den Nutzen der Schematherapie ab (einiges finde ich ansprechend, z.B. auch dass sie relativ strukturiert ist)... finde sie aber nicht nur "gut" (z.B. Reparenting).

Und wenn in alles auch noch eine Traumatherapie eingebettet ist, entfernt man sich idR nochmals mehr vom eigentlichen Richtlinienverfahren. Hat ja auch seine Berechtigung. Aber je mehr zusammengemischt wird, so stellt sich u.U. die Frage: Machen wir jetzt Schematherapie, TFP, Traumatherapie, Therapie nach dem persönlichen Geschmack eines Therapeuten? Meint: Wenn alle möglichen Techniken eingearbeitet werden, kann z.B. eine aufdeckende Arbeit auf der Strecke bleiben. Das ist abzuwägen. Wenn man es schafft, wirklich den Bedarf zu treffen, profitiert der Patient hoffentlich davon. Aber die Kassenrealität ist auch: Nicht alles, was subjektiv als nützlich angesehen wird, wird auch offiziell finanziert.
Liebe Grüße
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mio
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Beitrag So., 26.05.2019, 22:37

stern hat geschrieben: So., 26.05.2019, 22:16 Nun, mein Ausgangspunkt war ja auch nicht/nie, die Frage, wie vorteilhaft die Schematherapie im allgemeinen ist, sondern Aber je mehr zusammengemischt wird, so stellt sich u.U. die Frage: Machen wir jetzt Schematherapie, TFP, Traumatherapie,
Ich verstehe Dein Problem diesbezüglich wirklich gar nicht.

Man "macht" doch nicht "irgendeine" konkrete -allgemein gültige? oder allgemein "wirksame" nach "Schema F" abspulbare oder anwendbare - Form von Therapie. Therapie ist doch IMMER individuell, wie soll sowas also zu 100% allgemeingültig überhaupt möglich sein? Geht nicht, für meine Begriffe.

Ich verstehe die "Richtlinien" oder auch "Rahmenbedingungen" eher als einen "Schutz vor Missbrauch". Nicht aber als zementiertes, einheitliches "Konzept" dass nie und niemals verlassen werden darf wenn es notwendig erscheint.

Für meine Begriffe kann man einem individuellen Menschen auch immer nur individuell begegnen, wenn man ihm wirklich helfen will. Und das steht eben im Widerspruch zu dieser überzogenen "Schulen" Trennung meiner Meinung nach.

Für mich spricht aus Deinen Worten vor allem eins: ANGST. Angst davor, dass jemand sich nicht "an die (Deine) Regeln" halten könnte und Du ihn dann vielleicht nicht (mehr?) in seine Schranken weisen könntest, wenn das passiert.

Und ja, da sehe ich auch ein Problem darin. Aber ich würde dieses Problem ganz anders angehen als Du. Darin besteht denke ich der Unterschied.

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stern
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Beitrag So., 26.05.2019, 23:10

Nun, Verständnis habe ich auch nicht erwartet... und eine Psychoanalyse brauche ich nicht. ;) Die Richtlinie sehe ich weniger als Missbrauchsprophylaxe (höchstens etwas). Sondern passend zum Forenbereich geht es eher um Anforderungen der Kasse an die Durchführung einer PT und die Finanzierung. Was die Kasse finanziert, muss auch best. Anforderungen genügen... daher werden Abweichungen idR nicht begrüßt. Schön, wenn es bei dir hochgradig individuell zugeht, aber im Rahmen von Kassentherapien hat Individualität auch Grenzen. Mir ging es tatsächlich um die Frage, kann das auch ein TFPler abrechnen, wenn er die Schematherapie ins Sortiment aufnimmt. Bzw. wo sucht man (es ist ja kein eigenständiges PT-Verfahren). Für meinen Teil würde ich mich nach wie vor an VT-Therapeuten halten. Und wenn mir ein psychodynamisches Verfahren vorschwebt, dann einen entsprechenden Therapeuten (die dann aber offiziell keine schematherapeutischen Elemente anbieten und abrechnen könnten). Einen anderen Schluß kann ich aus den Quellen bis jetzt nicht ziehen. Bin damit jetzt auch durch, solange sich insofern nicht neue Erkenntnisse ergeben.
Zuletzt geändert von stern am So., 26.05.2019, 23:26, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag So., 26.05.2019, 23:26

stern hat geschrieben: So., 26.05.2019, 23:10 Bzw. wo sucht man
"Man" sucht zB. dort wo es "gelehrt" wird. Oder auch dort, wo es zur "Anwendung" kommt. Google hilft einem dabei wenn man das möchte. :)

Mir wurde zB. "nahe gelegt" dass ich mich auch an eine "Opferberatungsstelle" wenden kann, kam mir aber "unpassend" vor, also hab ich halt "auf eigene Faust" gesucht und recherchiert. Ging, war erfolgreich. Das einzige was ich dafür "tun" musste war Geduld haben und dran bleiben. Mehr war es letztlich nicht.

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spirit-cologne
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 00:01

Ein Stück weit habt ihr beide Recht. Tatsache ist, dass lt. Psychotherapierichtlinie tatsächlich die unterschiedlichen Therapieverfahren nicht gemischt werden dürfen. Die Gründe dafür sind aber eher berufspolitischer als fachlicher Natur. Wie auch, in der aktuellsten Metastudie ergibt sich für die Vorhersagekraft der Therapietechniken bezüglich des Therapieerfolges eine Effektstärke von 0.01 - sagenhaft! Die Begründung dieses Ergebnisses dürfte m.E. auch darin liegen, dass es reine VTler, die wirklich nie mal eine Deutung geben und umgekehrt TfPler, die niemals direktiv sind oder eine Bewältigungsstrategie anbieten, so gut wie gar nicht gibt. Fast jeder "mixt" ein bisschen, der eine mehr, der andere weniger und das mach m.M.n. auch Sinn, da die meisten Störungen sowohl aus unbewussten Mustern, als auch rein erlernten Gewohnheiten bestehen. Das spiegelt sich auch in den aktuelleren Therapieverfahren wie z.B. der hier so umstrittene Schematherapie, DBT oder MBT wider. Da haben nämlich alle ziemlich kräftig überall anders geklaut, nicht nur bei dem jeweils anderen Richtlinienverfahren, sondern auch bei GT, systemischer Therapie usw..

Das Rad wird selten neu erfunden. Deshalb sind auch viele "neue" Techniken in leicht abweichender Form auch bereits in älteren Therapieformen zu finden. So ist z.B. der "Stuhldialog" keine Schematherapeutische Erfindung, sondern wurde schon Jahrzehnte vorher z.B. im Psychodrama praktiziert. Von daher fällt es im Zweifelsfall, wenn es sich nicht gerade um echte "Kerntechniken" des anderen Verfahrens handelt, nicht schwer, einzelne Elemente in der Therapie einzusetzen und das trotzdem innerhalb des jeweiligen Verfahrens begründen zu können.

M.E. ist es eh' eine Frage der Zeit, wann diese Trennung aufgehoben wird. Die VT wird sich nach und nach alles einverleiben, was irgendwie wissenschaftlich nachweisbaren Erfolg bringt. Es heißt dann halt irgendwann alles VT obwohl inhaltlich teilweise eine kräftige Portion psychodynamische Therapie drin steckt. Das ist ja bei der Entwicklung an den Universitäten schon zu sehen, da gibt es ja fast nur noch VT-Lehrstühle.

Quintessenz: Die TfP-Therapeutin darf sehr wohl auch in der kassenfinanzierten Therapie Stuhldialoge u.ä. durchführen (auch die "Teilearbeit" ist keine schematherapeutische Erfindung), darf es aber offiziell nicht "Schematherapie" (auch nicht ein Teil davon) nennen. ;)
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stern
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 08:03

Tatsache ist, dass lt. Psychotherapierichtlinie tatsächlich die unterschiedlichen Therapieverfahren nicht gemischt werden dürfen.
Gut, dann lag ich doch nicht daneben. Das war der Ausgangspunkt. Dann ist der PA- oder TFP-Kassentherapeut bei der Schematherapie (eingebettet in eine Richtlinientherapie) offiziell draußen.

Wenn sich ein Tiefenpsychologe mal ausnahmsweise zu einer Entspannungsübung oder einem Stuhldialog hinreißen lässt, ist das für mich nicht so sehr der Punkt. Wenn aber der VT-Schematherapeut sagen würden, oh, psychodymische Konzepte sind ja eigentlich auch ganz toll, so dass ich mal ein paar Psychoanalyse-Wochendseminare besuchen werde, um mit Patienten teilzeit-psychoanalytisch zu arbeiten, was ich dann für die Kasse im Antrag Schematherapie nenne (oder dort erst gar nicht erwähne, wie ich wirklich arbeite), so sehe ich das schon kritisch. In der Praxis gibt es jedenfalls nicht nur "Ausrutscher" oder vereinzelte notgeborene Interventionen. Sondern auch den TFPler, der sich denkt, ich nenne die Schematherapie, die ich Kassenpatienten anbiete, dann halt einfach anders (oder lege dem Gutachter etwas anderes vor). Wäre ja sonst schade, um meine Fortbildung.

Die VT vereint eh sehr viele heterogene Ansätze unter einem Dach. Insofern könnte man auch sagen: Ob man noch einen 117 oder 118 dazuwirft, darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an. Selbst habe ich diese Vielfalt jedoch in der Tat so erlebt (stat. VT), dass hiervon ein bisschen etwas angeboten wurde, davon auch ein bisschen... und von der Schematherapie könnte man auch einen kleinen Ausschnitt herauspicken. Also von vielem etwas, aber Methode xy ist es dann auch nicht. Und Therapeuten, die in der VT-Klinik versuchten Übertragungen transparent zu machen, gab es tatsächlich auch noch.
Das spiegelt sich auch in den aktuelleren Therapieverfahren wie z.B. der hier so umstrittene Schematherapie, DBT oder MBT wider. Da haben nämlich alle ziemlich kräftig überall anders geklaut, nicht nur bei dem jeweils anderen Richtlinienverfahren, sondern auch bei GT, systemischer Therapie usw..
Was das Klauen angeht: Stimmt. Es handelt sich hier jedoch zumindest um in sich abgeschlossene Behandlungskonzepte, die Therapeuten im Rahmen ihres Richtlinienverfahrens auch nutzen können. Wenn ein Therapeut stattdessen ein bisschen DBT, MTB, Schematherapie macht, bleibt u.U. von keinem Konzept etwas übrig. Das mag in der VT weniger beeinträchtigen. Aber wenn man ein aufdeckendes Verfahren mit vielen zudeckenden Interventionen zuschüttet, hat man auch mein wesentliches Wirkprinzip aufgeben (das ist ja der Grund, weswegen man das bisher eben nicht erlaubt. Dafür kann der TFPler aber meinetwegen die MBT nutzen und der VTler die DBT).

Und es geht ja auch nicht nur darum, dass ein Therapeut möglichst viele Konzepte anbieten kann... sondern was (am Patienten) angewendet wird, soll wirken (heilen, lindern,... damit es die Kasse bezahlt) und muss auch beherrscht werden. Man muss up to date bleiben, usw. Dabei ist allein die Schematherapie komplexer als eine kleine Entspannungsübung oder ein kleiner Stuhdialog. Und das eigene Verfahren mit allem drum und dran gibt es auch noch. ;)
Die VT wird sich nach und nach alles einverleiben, was irgendwie wissenschaftlich nachweisbaren Erfolg bringt. Es heißt dann halt irgendwann alles VT obwohl inhaltlich teilweise eine kräftige Portion psychodynamische Therapie drin steckt.
Hoffnung gibt, dass es auch (zumindest noch) VTler gibt, die das kritisch sehen. ;) Aktuell soll sogar ein viertes Verfahren in den Genuß der Kassenfinanzierung kommen: Die systemische Therapie. Ein Verfahren für alle macht mMn auch aus Kassensicht keinen Sinn (denn dann gäbe es keine Alternative mehr, wenn das nicht greift).

Wer frühere Beiträge von mir kennt/liest, erkennt, dass ich das damals noch ein bisschen anders gesehen habe.
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stern
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 09:18

Finanzierung:

Eine "reine" (alleinige) Schematherapie bezahlt die Kasse (entsprechend ihrer Richtlinien) nicht. Auch nicht in der VT. Sondern wer das wünscht, muss selbst zahlen.

In der VT wäre eine Finanzierung höchstens bei Einbettung der Schematherapie in einen Gesamtbehandlungsplan möglich... d.h. die Kasse verlangt, dass die Therapie im Kern eine VT (entsprechend ihrer Vorgaben) ist/bleibt. Der Gesamtbehandlungsplan wird dabei weiteres vorsehen (meinetwegen kognitive Therapie, EMDR. Vllt. auch DBT). Die Therapie wird (sofern ein Therapeut ordnungsgemäß beantragt) dann keine reine/alleine Schematherapie sein. Kann sein, dass ein Therapeut näher dran bleibt, aber evtl. auch nicht... wenn er z.B. EMDR als vorrangiger ansieht (und nur ergänzend noch etwas Schematherapie einstreut).

Und ich würde schon behaupten, dass die schwerpunktsetzung einiges ausmachen kann... und dass das dann noch mehr oder minder viel mit Schmematherapie zu tun hat, wie sie Eingangs beschrieben ist.
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 10:49

Äh, Stern, da interpretierst du mich aber ein bisschen schräg... Ich habe keinesfalls sagen wollen, dass es nicht schlimm sei, wenn Therapeuten gelegentlich kleine "Ausrutscher" in andere Therapieverfahren haben, sondern ganz im Gegenteil, dass der Gegensatz zwischen VT und psychodynamischen Verfahren künstlich konstruiert ist und sich heute so gar nicht mehr darstellen lässt. Die Verfahren haben sich über so viele Jahre gegenseitig beeinflusst, dass sich die meisten therapeutischen Techniken irgendwie in therapeutischen Konzepten beider Verfahren finden lassen, nur dass sie dann halt einen anderen Namen tragen. So sind z.B. die "Oberpläne", die ja inzwischen in der VT eine große Rolle spielen (wir erinnern uns, zu Anfang ging die VT von der "Blackbox" Mensch aus), nichts anderes als eine verhaltenstherapeutische Adaption dessen, was die psychodynamische Therapie als "Introjekte" bezeichnet.

Was mich auch in deinem Beitrag sehr irritiert ist, dass du so schreibst als wäre Schematherapie ein eigenständiges Therapieverfahren. Ist sie nicht. Sie ist eine Behandlungstechnik innerhalb der VT und natürlich kann ein Therapeut das auch im Antrag so schreiben, dass er schwerpunktmäßig damit arbeiten kann. Und es ist auch keine "Verwässerung" die zu schlechteren Ergebnissen führt, wenn er das dann mit anderen Techniken kombiniert. Die Kombination verschiedener Therapietechniken ist erlaubt und auch durchaus erwünscht, nur halt keine Vermischung zwischen den Therapieverfahren. Du kannst ja der Ansicht sein, dass stringente Arbeit nach einem ganz spezifischen Konzept wirkungsvoller sei, das lässt sich aber wissenschaftlich nicht untermauern. Seit Grawe wissen wir (und das wurde mehrfach repliziert), dass die Therapietechniken nur eine untergeordnete Rolle für die Wirksamkeit von Therapie spielen. Wenn dann geht es eher darum, die für den jeweiligen Patienten passenden Techniken zu finden und das funktioniert eben oft nur über ausprobieren. Ein Therapeut kann natürlich nicht alles "können" und er sollte natürlich nur Techniken anwenden, die er auch ausreichend beherrscht aber prinzipiell ist es eher von Vorteil, wenn ein Therapeut über den Tellerrand schaut und mehrere Techniken anbieten kann.

Wo ich dir schließlich ebenfalls deutlich widersprechen möchte, ist, dass psychodynamische Verfahren nur aufdeckend arbeiten und stabilisierende "zudeckende" Interventionen die Wirkung quasi torpedieren würden. Das ist schlichtweg falsch. Es gibt 2 wichtige Grundsätze in der psychodynamischen Therapie und die heißen: 1. "Nicht gegen den Widerstand, sondern am Widerstand entlang arbeiten." , d.h. es geht nicht um aufdecken um jeden Preis und 2. "Regressionsbegrenzung", die ist in der TfP und AP unterschiedlich stark ausgeprägt, aber selbst in der Analyse, soll die Regression nur auf die Therapiestunde begrenzt sein, d.h. der Analytiker wird, wenn er sorgfältig arbeitet, gegen Ende der Stunde vermehrt regressionsbegrenzende, stabilisierende Interventionen einsetzen und auch nur soviel aufdeckend arbeiten, wie der Patient das zu dem Zeitpunkt tragen kann. Es werden also auch in der psychodynamischen Therapie aufdeckende und zudeckende Interventionen in der gleichen Stunde nacheinander verwendet, nur die gleichzeitige Anwendung würde natürlich keinen Sinn machen.
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 11:13

spirit-cologne hat geschrieben: Mo., 27.05.2019, 10:49 Äh, Stern, da interpretierst du mich aber ein bisschen schräg... Ich habe keinesfalls sagen wollen, dass es nicht schlimm sei, wenn Therapeuten gelegentlich kleine "Ausrutscher" in andere Therapieverfahren haben, sondern ganz im Gegenteil, dass der Gegensatz zwischen VT und psychodynamischen Verfahren künstlich konstruiert ist und sich heute so gar nicht mehr darstellen lässt.
Das habe ich schon so verstanden, dass du das so siehst. ;) Was ich geschrieben habe beeinhaltete, wie ich selbst dazu stehe, wenn aus dem Verfahren bzw. der Methode ausgebrochen wird. Wenn Mio und andere das positiv aufnehmen, ist es ja super. Mir erging es damit anders (pro und con). Und jetzt bin ich auch noch schlauer, wie es angedacht ist.

Dass sich Verfahren sich im Laufe der Zeit gegenseitig beeinflusst haben, ist wohl wahr. Das hat aber aus meiner Sicht nicht nur positive Aspekte, sondern auch negative.
Was mich auch in deinem Beitrag sehr irritiert ist, dass du so schreibst als wäre Schematherapie ein eigenständiges Therapieverfahren. Ist sie nicht.
Das ist mir bewusst. Daher habe ich zumindest versucht zwischen (Richtlinien-)Verfahren und Methoden/Konzepten zu unterscheiden. Gleichwohl ist die Schematherapie ein abgeschlossenes Konzept, das auch eigenständig (als Schematherapie) praktiziert werden könnte (wird dann aber in D nicht finanziert). Finanzierbar ist nur ein Richtlinienverfahren (VT, TFP, PA und angeblich bald die systemische Th).
. Sie ist eine Behandlungstechnik innerhalb der VT und natürlich kann ein Therapeut das auch im Antrag so schreiben, dass er schwerpunktmäßig damit arbeiten kann. Und es ist auch keine "Verwässerung" die zu schlechteren Ergebnissen führt, wenn er das dann mit anderen Techniken kombiniert.
Halt je nach dem, was dann noch davon übrig bleibt, wenn die Schwerpunkte andere sind (eben je nach Schwerpunktsetzung, die ja nicht der Patient allein festlegt, wenn überhaupt). Ein paar Stuhldialoge und Imaginationen, die man aus der Schmematherapie abkupferte, kann vielleicht wirklich nicht mehr Schematherapie nennen. Ich habe es in der Tat in der stat. VT. so erlebt, dass aus sehr verschiedenen Ansätzen einzelne Elemente herausgepflückt wurden. Das wird dann evtl. nicht mehr einer gut durchdachten Methode gerecht, wenn man sich auf Bruchteile beschränkt.

Studien gibt es solche und solche... weiß nicht, ob ich jetzt Lust dazu habe, auf Studien zur Wirksamkeit einzugehen.
Wo ich dir schließlich ebenfalls deutlich widersprechen möchte, ist, dass psychodynamische Verfahren nur aufdeckend arbeiten
Nur schrieb ich nicht... Ich bezog mich hier eher auf die Richtlinien, welchen einen Methodenmix genau deswegen unterbinden, weil es zur Verfremdung der methodenbezogenen
Eigengesetzlichkeit des therapeutischen Prozesses führen kann, wie es dort formuliert ist.
§ 16 Psychoanalytisch begründete Verfahren
(1) Diese Verfahren stellen Formen einer ätiologisch orientierten Psychotherapie dar,
welche die unbewusste Psychodynamik neurotischer Störungen mit psychischer oder
somatischer Symptomatik zum Gegenstand der Behandlung machen. Zur Sicherung ihrer
psychodynamischen Wirksamkeit sind bei diesen Verfahren übende und suggestive
Interventionen auch als Kombinationsbehandlung grundsätzlich ausgeschlossen.
...
Psychoanalytisch begründete Verfahren und Verhaltenstherapie sind nicht kombinierbar, weil
die Kombination der Verfahren zu einer Verfremdung der methodenbezogenen
Eigengesetzlichkeit des therapeutischen Prozesses führen kann.
Quelle: Bereits genannt

Eine Aufdeckendes Therapie (Stichwort: unbewusste Psychodynamik) kann natürlich konterkariert werden, wenn man zudeckende Elemente einstreut. Das kann manchmal erwünscht sein, aber manchmal genau nicht. Eine Regressionsbegrenzung würde man in psychodynamischen Verfahren dabei nicht über VT-Techniken bewerkstelligen müssen (was ohnehin nicht richtlinienkonform wäre)... sondern es gibt Möglichkeiten innerhalb des eigenen Verfahrens.

Ich erwarte nicht, dass meine Kritik jemand teilt... aber ich sehe es so. Und es gibt ja auch offizielle Einschränkungen, was statthaft ist oder nicht. Dass diese irgendwann aufgehoben wird, wie du vermutest, ist nicht gesagt... denn dann bliebe wirklich nur eine bunte Sammlung von zig Ansätzen, die zu irgendetwas verquirlt werden. Methodenintegration ist das eine, Methodenabgrenzung das andere.
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 13:26

stern hat geschrieben: So., 26.05.2019, 22:16 Meint: Wenn alle möglichen Techniken eingearbeitet werden, kann z.B. eine aufdeckende Arbeit auf der Strecke bleiben. Das ist abzuwägen.

Habe ich genau so erlebt. Wobei da die Frage ist, wie sehr bringt der Therapeut sein eigenes Ding mit rein. War für mich einer der Gründe, die Therapie abzubrechen, denn mein Auftrag war, glasklar und deutlich: " die 10 Jahre ans Tageslicht holen". Und ich hatte mehr als oft das Gefühl, dass wir mit diesem ganzen ST Quatsch uns meilenweit davon entfernen, was ICH eigentlich wollte.

Ich bin aus vielen Gründen ein ST-Skeptiker, lasse mich jetzt hier nicht dazu aus, führt zu weit weg. Inhaltlich finde ich Methodenmix nicht schlimm, ich habe ihn in meiner ersten Therapie als sehr hilfreich erlebt, aber es steht und fällt mit dem Therapeuten. Wenn der T munter mischt um dem Patienten zu helfen, ist nichts schlechtes dran. Wenn der T mischt um SEIN Ziel zu erreichen, hingegen schon.
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 15:44

Nun, ich kenne nur einzelne Elemente, so dass ich nicht wüsste, ob ich das guten Gewissens als ST bezeichnen soll. Was zum Zug kam, wurde mir z.B. dann deutlicher, wenn Kopien verteilt wurde, auf denen unten zu entnehmen war, was zugrunde liegt. Ich habe nichts gegen die Schematherapie im allgemeinen... zB auch dass sie emotionsorientierter ist, finde ich ganz gut. Aber eingebettet in ein VT (nur dann ist eine externe Finanzierung möglich) stellt sich schon die Frage, wie sieht die VT dann insgesamt aus, was sind die Schwerpunkte, usw. Nicht dass man doch nicht das erhält, womit man rechnete, nur weil sich jemand Schematherapeut nennt oder entsprechend fortgebildet ist. Wenn viele Techniken eingesetzt werden, so ist das ein tatsächlich nicht mein Ding (weniger und dafür das Richtige ist mehr, was sicher auch möglich ist). Dass die VT sich alles mögliche einverleibt und dann sagt, pff, ist doch alles VT (wie bei der Schematherapie), finde ich auch etwas dreist. Und ich weiß nicht, ob es so erstrebenswert ist (wie Spirit prophezeit), wenn früher oder später letztlich alles in der VT aufgeht (nachdem sie, äh die VT, zuvor psychodynamischen Verfahren verdrängte). Letzteres würde hier auch zu weit führen, so dass ich evtl. nochmals in einen anderen Faden umsiedele.
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 20:47

stern hat geschrieben: Mo., 27.05.2019, 08:03 Wenn aber der VT-Schematherapeut sagen würden, oh, psychodymische Konzepte sind ja eigentlich auch ganz toll, so dass ich mal ein paar Psychoanalyse-Wochendseminare besuchen werde, um mit Patienten teilzeit-psychoanalytisch zu arbeiten, was ich dann für die Kasse im Antrag Schematherapie nenne (oder dort erst gar nicht erwähne, wie ich wirklich arbeite), so sehe ich das schon kritisch.
Ein Therapeut kann kein "Psychoanalyse-Wochenendseminar" besuchen und das dann Schematherepeutische Ausbildung nennen.

Psychotherapeutische Weiterbildungen - die in Kassentherapien zur Anwendung kommen dürfen - sind keine "Lust und Laune" Geschichten wo der Therapeut nach eigenem Gusto irgendwohin gehen kann und sich dann selbst eine Qualifikation verleihen sondern sie müssen zertifiziert und zugelassen sein. Und wenn es sich wirklich um eine Aus- bzw. Fortbildung handelt dann dauert die auch länger als ein Wochenende. An einem Wochenende kann man allenfalls mal ein Seminar zu was besuchen, aber eine Aus-/Fortbildung umfasst in der Regel deutlich mehr Stunden und mehrere Wochenenden über einen längeren Zeitraum.

Schematherapie hat auch wenig mit Psychoanalyse gemein.

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