Wo beginnt der Missbrauch?

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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metropolis
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Wo beginnt der Missbrauch?

Beitrag Mo., 08.12.2008, 22:20

Hallo liebes Forum
Ich habe zwei Ereignisse aus meiner Kindheit/Jugend, bei denen ich mich schon seit langem frage, wie ich sie einordnen soll und wie ich damit umgehen soll. Ich selbst sehe sie als Grenzüberschreitung von Seiten des Erwachsenen, aber ich habe es lange Zeit heruntergespielt, indem ich mir sagte, es sei doch nichts passiert.

Bevor ich euch meine Fragen stelle, muss erstmal erzählen, worum es geht.

Als ich 12 war passierte die erste „Grenzüberschreitung“. Ein Freund der Familie (später erfuhr ich, dass meine Mutter mit ihm eine Affäre hatte zu der Zeit) kam eines Abends vorbei, als meine Mutter noch arbeitete. Ich war allein, aber da ich ihn gut kannte, ließ ich ihn rein. Ich weiß nicht mehr was er eigentlich wollte. Ich machte irgendwas in meinem Zimmer und er stand plötzlich hinter mir. Er griff mir unter den Pullover und berührte meine Brüste. Er sagte: „Du brauchst dich ja nicht zu schämen, ne“
Ich war geschockt und hatte furchtbare Angst, was weiter geschehen würde.
Zum Glück ging er nicht weiter und verschwand daraufhin. Also im Prinzip ist nichts wirklich Schlimmes passiert.

Das zweite Ereignis war als ich 15 war. Meine Familie und unsere Freunde feierten gemeinsam Silvester in einem großen Festsaal. Da ich ein wenig mies gelaunt war, versuchte der Freund meiner Mutter mich ein wenig aufzuheitern indem er mit mir tanzte. Danach bat mich auch sein Kumpel mit ihm zu tanzen und ich konnte ja kaum ablehnen (werdet ihr mir sicher widersprechen, aber ich war extrem schüchtern und nein sagen war nicht gerade meine Stärke). Auf jeden Fall wollte dieser besagte Mann, der 30 Jahre älter war als ich, den ganzen Abend mit mir tanzen und mir wurde es echt unangenehm, aber ich sollte ja kein Spaßverderber sein. Als es dann Mitternacht wurde und alle rausgingen um das Feuerwerk anzuschauen, bestand er darauf, den ersten Tanz des neuen Jahres mit mir zu tanzen. Wir waren allein, und er begann mich (nicht mehr unverfänglich) zu berühren, drückte mich an sich und versuchte mich zu küssen. Er drückte mich so fest an sich, dass ich seine Erektion spüren konnte. Sobald er locker ließ, bestand ich darauf, jetzt auch nach draußen zu meiner Familie zu gehen. Ich empfand solch einen Ekel, dass ich mich übergeben wollte. Ich hatte solch eine Angst. Und immer die Frage in mir: warum habe ich das zugelassen?
Aber auch hier ist ja eigentlich nichts Ernstes geschehen.

Allerdings habe ich schon die Vermutung, dass es gerade auf mein Sexualleben einen großen Einfluss gehabt hat, da ich ein paar eigenartige Vorlieben entwickelt habe.

Auf jeden Fall überlege ich nun, ob ich meiner Mutter nun von den beiden Ereignissen erzählen soll. Ich habe Angst, dass sie mich nicht ernst nimmt und mir sagt, dass ich übertreibe und dass es doch alles halb so schlimm ist. Oder dass ich mir das nur zusammengesponnen habe. Ich weiß wirklich nicht was mich erwartet. Bei meiner Mutter kann man nie wissen. Manchmal ist sie mitfühlend, dann wieder total gefühlskalt.

Wie sage ich es ihr am besten?
Und wo fängt der Missbrauch an?

Vielen Dank fürs lesen.

metropolis
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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Affenzahn
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Beitrag Di., 09.12.2008, 11:29

Hallo metropolis

Vielleicht hilft dir das:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sexueller_Missbrauch
metropolis hat geschrieben:Bei meiner Mutter kann man nie wissen.
[...]
Wie sage ich es ihr am besten?
Was erhoffst du dir davon, es ihr zu sagen?

P.S.: Und warum hast du die Titel-Frage gestellt?

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metropolis
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Beitrag Di., 09.12.2008, 17:35

Ja, warum will ich es ihr erzählen? Ich weiß auch nicht. Ich dachte wenn mich etwas belastet, sollte ich mit meiner Mutter drüber reden können. Sie soll doch schon wissen, wie es in mir ausschaut (natürlich nicht immer). Ich bin doch ihre Tochter und nicht irgendein Fremder.

Während meiner Pubertät hatten wir ein recht schwieriges Verhältnis. Ich habe mich ihr gegenüber verschlossen, und sie hat auch nicht weiter nachgefragt. Ich habe viele Dinge verschwiegen und vor ihr versteckt. Zum Beispiel hat sie nie erfahren, dass ich lange Jahre über Selbstmord nachdachte (hmm, will eine Mutter vielleicht auch gar nicht).
Und irgendwie denke ich, dass sie von diesen beiden Ereignissen erfahren sollte. Ich möchte nämlich, dass sich unser Verhältnis wieder bessert und wir uns wieder annähern. Und da gehört doch zumindest Offenheit dazu.

Ich meine, ich bin mir auch darüber im Klaren, dass es kein Missbrauch war. Und ich weiß auch dass im Vergleich zu dem was andere in ihrer Kindheit an Gewalt/ sexuellem Missbrauch erleiden mussten, dies hier Pillepalle ist.

Aber ich war immerhin zweimal in einer Situation, in der es beinahe zum Missbrauch gekommen wäre. Und ich trage es anscheinend immernoch unterbewusst mit mir rum und habe es noch nicht verarbeitet. Vielleicht hoffe ich einfach es nach einem Gespräch mit meiner Mutter besser verarbeiten zu können.

@Affenzahn
Denkst du, ich sollte es ihr lieber nicht erzählen? Warum denn eigentlich nicht? Verstehe ich nicht so ganz.

LG

metropolis
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Erdbeermütze
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Beitrag Di., 09.12.2008, 18:28

Hallo Metropolis,

werte deine Ereignisse nicht ab. Diese Ereignisse können ein Trauma verursachen. Und da du hier auf den entsprechenden Seiten auf Antworten hoffst, zeigt es mir, das du es nicht verarbeiten kannst.
Wenn du das es deiner Mutter erzählen möchtes, mach es auf jeden Fall, geschwiegen hast du lange genug. Sei aber darauf gefaßt, das sie dir nicht glaubt und entsprechend drauf reagiert. Wenn du dies nicht verkraften kannst, dann las es.

Gruß Erdbeermütze

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Affenzahn
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Beitrag Di., 09.12.2008, 20:05

metropolis hat geschrieben:@Affenzahn
Denkst du, ich sollte es ihr lieber nicht erzählen? Warum denn eigentlich nicht? Verstehe ich nicht so ganz.
Darüber wollte ich nichts aussagen. Ich habe nur gefragt, was dein Ziel ist. Denn dann kann man dir besser helfen. Ein anderes mögliches Ziel wäre gewesen, mit Hilfe deiner Mutter die beiden Männer zur Rechenschaft zu ziehen (was wohl nicht so sinnvoll wäre).

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Affenzahn
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Beitrag Di., 09.12.2008, 20:10

metropolis hat geschrieben:Wie sage ich es ihr am besten?
Vielleicht zuerst das Thema Missbrauch allgemein ansprechen, um ihre Einstellung dazu zu erfahren. Z.B. anhand eines Berichts in der Zeitung. Aber ich kenne deine Mutter ja nicht.

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Hermine
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Beitrag Di., 09.12.2008, 20:27

Hallo metropolis,

ich stimme Affenzahn zu, ich würde auch erst mal ganz allgemein mit deiner Mutter über Missbrauch reden. Wenn du schreibst, dass sie manchmal auch gefühlskalt sein kann...
So kannst du vielleicht feststellen, wie sie reagiert.

Liebe Grüße,
Hermine

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Nozi
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Beitrag Di., 09.12.2008, 20:50

warum meinst du, dass es kein missbrauch war? erwachsene männer begeilen sich an einem minderjährigen mädchen bzw. kind, als ob die nicht wüssten, was sie tun! da sind massive grenzüberschreitungen passiert, die eigentlich geahndet werden sollten. wird halt so nicht mehr möglich sein, aber dass du diese altlast irgendwie abschütteln willst und grad von deiner mutter hören willst "das war nicht recht, was die gemacht haben", versteh ich voll. wenn ein kind sich ekelt, angst hat, verunsichert und verwirrt ist, dann passiert etwas unrechtes.
ich hoffe und bete, dass ich es schaffe, das meine kinder in so einer situation sofort schreien und sich keine sekunde lang schuldig fühlen oder schämen. da ist eine hässliche sache mit dir passiert, du darfst zu recht wütend sein. ich hab mich schon wegen noch weniger beschmutzt gefühlt!
lg
nozi

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metropolis
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Beitrag Mi., 10.12.2008, 17:38

Danke, dass ihr mich darin bestärkt mit meiner Mutter darüber zu reden, da ich eine Menge Mut brauche um das Schweigen zu brechen.
Den Tipp, erstmal allgemein mit ihr über Missbrauch zu sprechen finde ich gut. Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Mal sehen wie ich das anstelle. Ist ja nicht gerade ein Thema, dass wir gewöhnlich besprechen. Aber sie ist schon daran gewöhnt, dass ich manchmal eigenartige Gesprächsthemen habe, über die sie normalerweise nicht nachdenkt.

Ich habe auch überlegt, ob ich ihr überhaupt die Identität des ersten Mannes verraten soll. Ich weiß nicht. Wir waren sehr gut mit ihm und seiner Familie befreundet. Meine Mutter hatte mit ihm eine Affäre (hat sie mir erst gestanden, als ich schon erwachsen war. Für mich ein Schock. Und gleich kam dieser Ekel wieder). Und sie hat auch heute noch ab und zu mal telefonischen Kontakt mit ihm. Also, ich bin mir nicht sicher, ob sie ihn in Schutz nehmen wird oder ob sie ihn danach vielleicht zur Rede stellt. Ich weiß auch nicht, ob ich es ertragen könnte, wenn sie trotz meines Geständnisses den Kontakt zu ihm weiterhin aufrechterhält.
Aber sie wird wahrscheinlich schon wissen wollen, wer es gewesen ist. Ich weiß nicht, wie ich es anstellen soll. Ob es besser wäre, ihr zu erzählen, dass es jemand anderes war?

Zumindest habe ich nicht vor die beiden Männer zur Rechenschaft zu ziehen. Sie würden sich nicht mal daran erinnern, oder? Schlimm finde ich nur dass beide Männer Kinder hatten/haben. Wird mir ganz schlecht wenn ich darüber nachdenke.
Den ersten der beiden würde ich aber schon noch mal „gern“ begegnen um ihm durch mein Verhalten zeigen zu können, dass ich mich sehr wohl an dieses Ereignis erinnere. Ansprechen hätte wohl keinen Sinn. Ach, ich weiß auch nicht was ich mir erwarte. Vielleicht würde es aus mir rausplatzen. Bin ganz durcheinander.

metropolis

P.S. Den Thread habe ich so betitelt, weil ich wissen wollte, ob ihr das überhaupt als Missbrauch wertet.
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lingaroni
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Beitrag Mi., 10.12.2008, 17:52

hallo metropolis,
beide sachverhalte die du geschildert hast fallen unter missbrauch. das thema gegenüber personen anzusprechen, die mit dieser materie nicht fachlich vertraut sind halte ich für den missbrauchten zu gefährlich. die menschen reagieren meistens mit so provokanten fragen wie: Wieso hast du dich nicht gewehrt? - Ihnen fehlt das fachwissen, dieses gefühl der ohnmacht und gelähmtheit zu verstehen. Daher ist meine empfehlung:ansprechen ja, aber AUSSCHLIESSLICH im beisein eines entsprechend geschulten therapeuten /in , der / die dich vor eventuell zerstörerischen reaktionen deiner mutter (umwelt) schützt. niemals im alleingang missbrauch aufdecken!!!!! suche schutz und verbündete bei profis und nicht bei laien!!!!
LG

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metropolis
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Beitrag Mi., 10.12.2008, 18:03

Wie gesagt, mit meinem Therapeuten habe ich schon gesprochen. Er ist da sehr verständnisvoll und einfühlsam, aber meine Mutter und mein Therapeut in einem Zimmer?
Mal abgesehen davon, dass meine Mutter 500km von meiner Stadt entfernt wohnt, kann ich mir weder vorstellen dass sie mitkommen würde (weil sie Therapie für Quacksalber-unsinn hält) noch dass mein Therapeut das wollen würde.
Da muss ich wohl allein durch und mich eben auf solche fragen gefasst machen. Aber zum glück kann ich ja dann hinterher mit meinem Thera darüber sprechen und er kann mich falls nötig auffangen.

metropolis
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Theodor Storm

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Affenzahn
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Beitrag Mi., 10.12.2008, 19:31

metropolis hat geschrieben:Den Thread habe ich so betitelt, weil ich wissen wollte, ob ihr das überhaupt als Missbrauch wertet.
Ja, das ist in meinen Augen Missbrauch. Einer 12-Jährigen unter den Pullover zu greifen, ist völlig respektlos. Der Mann, der dich beim Tanzen bedrängt hat, hat vermutlich auch bewusst gegen deine Entscheidungsfreiheit gehandelt.

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nada
neu an Bo(a)rd!
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Beitrag Fr., 12.12.2008, 17:22

hallo metropolis
du schreibst das sich das auf dein sex ausdrückt
in wie fern ?
hatte ähnliches erlebnis als kind und kann ganz schwer mit männer zusammen sein
!!!!! ALLES WIRD GUT !!!!!

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metropolis
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Beitrag So., 14.12.2008, 00:07

Ohne weiter ins Detail gehen zu wollen, ich habe beim Sex eher masochistische Vorlieben, die meiner Meinung nach aus diesen beiden Ereignissen resultierten.

Hat denn nicht noch zufällig einen Tipp oder Erfahrungen zu meinem Problem. Vor allem ob ich die Identität der Männer offenlegen sollte.

LG
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maya-sophie
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Beitrag So., 14.12.2008, 09:40

hallo metropolis!
ich sehe das ganz ähnlich wie lingaroni. es ist wirklich ein sehr heikles thema für andere leute ebenso wie für dich. das deine mutter so weit weg wohnt ist allerdings wirklich ein problem. aber ich halte es auch für keine gute idee, wenn du da ganz alleine mit ihr sitzt und ihr dann davon erzählst. wenn du schon nicht wirklich die möglichkeit hast, das zusammen mit einem therapeuten zu machen, solltest du dir aber wenigstens jemand anderes mitnehmen, der dich da bedingungslos unterstützt und dich auch notfalls ein bisschen auffangen kann. und mit deinem therapeuten solltest du vielleicht auch vorher abklären, wann du das genau machst, damit du ihn vielleicht im anschluss anrufen kannst, um mit ihn drüber zu reden und da nicht so eine lange zeit vergehen zu lassen.
was glaubt deine mutter denn, weshalb du die therapie machst?

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