Praxis in Privatwohnung - stört euch das?

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stern
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Beitrag Mi., 20.11.2013, 11:50

Maika hat geschrieben:Das Thema scheint ja doch nicht nur mich zu beschäftigen...

Ich glaube die Tatsache von "Hausschuhen" ist nicht an sich das Problem, sondern die Vermischung von privater und beruflicher Sphäre, wenn man den Eindruck hat, dass es eben die Hausschuhe sind, in denen der Therapeut gerade noch gefrühstückt hat und dann quasi nahtlos über den Flur ins Praxiszimmer geschlurft ist.
... wobei ja eine räumliche Trennung an sich verpflichtend ist. Also Patiententoilette ist Familientoilette oder das, was Rilke beschreibt, geht gar nicht (da nicht so vorgesehen). Möglich ist aber durchaus, das Praxis und Wohnungbereich in einem Haus untergebracht sind, aber es sollten/müssen dann schon gewisse räumliche Trennungen vorgesehen sein.

Meine Thera trägt auch hin- und wieder Hausschuhe oder manchmal auch nur Socken, wobei ich ja auch die Schuhe ausziehe (anfangs unverstellbar, aber ich fand es schnell viel bequemer).

Wenn jemand Hausschuhe trägt (sinnbildlich gemeint) oder die Praxis im selben Haus untergebracht ist, schließt für mich nicht aus, dass jemand trotzdem professionell arbeiten kann.

Ich kann gar nicht genau sagen, woran sich das bei mir festmacht: Bei einer Tante (Probethera) hatte ich jedenfalls den Eindruck, mir wird zuviel übergekippt - wobei sie eigentlich woanders wohnte. Aber das fing schon damit an, dass man (um in den Praxisraum zu gelangen) durch die Küche gehen musste (die zudem Esszimmer, Wartezimmer und Lesezimmer inkl. Regale mit Eso-Literatur ist). In der Praxis selbst viele private Bilder, Statuen, denen man sich nicht entziehen konnte. Sie erzählte Dinge, die ich nicht wirklich hören wollte... usw. Irgendwie beklemmend... unterstützt dadurch, dass man sich aufgrund des kleinen Raumes (vermutlich der kleinste in der ganzen Wohnung ) auch noch sehr nah auf der Pelle saß. Meine Thera erzählt auch mal was über sich... das wirkt auf mich aber emotional gaaaanz anders.
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pandas
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Beitrag Mi., 20.11.2013, 16:12

Madja hat geschrieben:Ich wusste gar nicht dass es Therapeuten gibt, die die Praxis in eigener Wohnung haben. Haben die wirklich keine Angst? Also spätestens nach der Tragödie in Schweiz, wo der Patient seine Therapeutin vergewaltigt und ermordet hat, werde ich mir darüber Gedanken machen...
Ich denke, die meisten Therapeuten sind sich der Risiken bewusst, nehmen diese aber zum Beruf zugehörig war; wobei wahrscheinlich viele Therapeuten auch deshalb nicht Privatwohnung und Praxis miteinander verbinden würden - das Risiko besteht aber auch bei einer eigenen Praxiswohnung.
M.E. widerspricht auch ein Praxiszimmer in der Privatwohnung der Abstinenz. - Offenkundig haben da aber manchmal dann pragmatische Gründe den Vorrang.

Nichtsdestotrotz, Fälle wie oben sind Ausnahmen, die der Wahrscheinlichkeit nach nur selten vorkommen. Viele Berufsgruppen haben solche Risiken.
Diese sind vermutlich grösser bei Berufsgruppen, die selbst in fremde Wohnungen gehen wie Hauspflegekräfte u.ä.

Ich habe schon aber mittlerweile das Gefühl, viele Therapeuten befürchten v.a. auch Stalking durch ihre Patienten ... wobei das wohl eben auch nicht ganz so selten vorkommt ...
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stern
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Beitrag Mi., 20.11.2013, 16:32

Wirkliches Stalking sind m.M.n. die krasseren Fälle... häufiger dürften die Fällen sein, wo ein Patient in Not z.B. die Privatnummer bedient. Oder warum nicht auch mal zum Wohnhaus fahren (in dem auch die Praxis eingerichtet ist), da ein Patient weitergehende Hilfe benötigt, usw. Ich denke daher auch, dass das bereits viele Therapeuten nicht wollen, da sie eine Vermischung befürchten.

Aber wie gesagt: Die Berufsordnung sieht eh eine Trennung vor:
(3) Räumlichkeiten, in denen Psychotherapeuten ihren Beruf ausüben, müssen von ihrem privaten Lebensbereich getrennt sein.
http://www.bptk.de/fileadmin/user_uploa ... 071110.pdf
Beides im gleichen Haus, ist aber zulässig.

Etwas präzisiert ist das zum Bleistift hier, wie regelkonformes Qualitätsmanagement aussehen könnte:
BO § 22: Niederlassung
Es ist sichergestellt, dass die Praxis den Anforderungen der psychotherapeutischen Be-
rufsausübung entspricht, z.B.:
• Lage der Praxis, z.B. gute Verkehrsanbindung, Parkplatzmöglichkeiten vorhanden
• Die Praxis ist von der Wohnung des Therapeuten relativ schnell zu erreichen
• Die Räumlichkeiten des privaten Lebensbereichs und des Praxisbereichs sind ge-
trennt. Es ist sichergestellt, dass Patienten nicht in den Privatbereich des Therapeu-
ten gelangen können.
• Es gibt einen Wartebereich
• Wartebereich und Behandlungsbereich sind getrennt. Es ist sichergestellt, dass war-
tende Patienten keine Infos über andere Patienten aufnehmen können.
• Eine diskrete und ungestörte Behandlung ist gewährleistet
• Behandlungs- und Warteräume sind freundlich eingerichtet
http://www.lpk-bw.de/fachportal/fp_qm/p ... schuss.pdf
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pandas
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Beitrag Mi., 20.11.2013, 16:51

stern hat geschrieben:Wirkliches Stalking sind m.M.n. die krasseren Fälle... häufiger dürften die Fällen sein, wo ein Patient in Not z.B. die Privatnummer bedient. Oder warum nicht auch mal zum Wohnhaus fahren (in dem auch die Praxis eingerichtet ist), da ein Patient weitergehende Hilfe benötigt, usw. Ich denke daher auch, dass das bereits viele Therapeuten nicht wollen, da sie eine Vermischung befürchten.
Eben!

Ich hätte zu sowas gar keine Lust. Ich kann mir aber vorstellen, dass es sehr nervend ist, gerade wenn es bei 25 Patientinnen bei 5 vorkommt, so ist das schon in der Quantität eine ziemliche Belästigung.
Und kann schon auch Angst machen, dass eine der Patientinnen sich weiter hineinsteigert etc.
Also, in der Essenz werden die meisten Therapeuten solche Ängste haben und auch deswegen oftmals Vorsichtsmassnahmen zur Distanz treffen, die dann wiederum auf alle Patientinnen etwas barsch wirken könnten.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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ichbins(nur)
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Beitrag Di., 26.11.2013, 14:22

pandas hat geschrieben:M.E. widerspricht auch ein Praxiszimmer in der Privatwohnung der Abstinenz.
Ja, bei Analytikern tut es das sicher. Doch wie handhaben es andere Therapeuten mit der Abstinenz? Von VT'lern kenne ich das z. B. so nicht, und da sind mir schon einige "begegnet"...

Kommt vielleicht wirklich vor allem mit auf die Therapierichtung an.
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wenn wir nicht wagen,
was in uns steckt?
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pandas
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Beitrag Di., 26.11.2013, 20:26

hallo ichbins(nur),

ich würde schon annehmen, dass die meisten Therapeuten aus eigenem Interesse es nicht so mögen, den Patienten Einblick in ihr Privatleben zu ermöglichen, durch ein Praxis-Zimmer in der Privatwohnung.

Die, die das machen, werden das eher aus pragmatischen Gründen machen wie gesparte Miete (und dadurch weniger Patienten haben müssen).
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Christine_Walter
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Beitrag Di., 26.11.2013, 22:34

dass es kein Wartezimmer oder eine Warteecke gibt oder eine Patiententoilette für den Notfall, würde mich auch stören. Ich hätte auch Sorge, dass ich zu viel vom Privatleben meiner Thera mitbekomme. Sie hat ihre Praxis in ihrem Wohnhaus, aber natürlich getrennt von ihrer Privatwohnung, die oben drüber liegt. Das ist für mich ok. Natürlich kriege ich manchmal mit, wie sie mit ihrem Mann oder ihrem Kind spricht, aber halt nicht alles, und ich lausche auch nicht bewusst. ABer wenn ich zb dadurch, dass ich in ihr privates BAd müsste, wüsste, welche Tamponmarke sie benutzt, wäre mir das etwas unangenehm, weil ich dadurch was mitkriege, was mich nicht angeht.

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Christine_Walter
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Beitrag Di., 26.11.2013, 22:37

aber nochmal zum thema stalking: eine mir bekannte, im öffentlichen dienst beschäftigte therapeutin (therapiert flüchtlinge etc.) hat sich deshalb aus dem telefonbuch löschen lassen, weil sie sagte, es gibt einige Patienten, die sich zb das Wohnhaus des Therapeuten angucken, in seine Mülltonne schauen oder auf seiner Wäscheleine checken, was da hängt und sich ggf. auch etwas klauen. scheint also gar nicht mal so selten zu sein.

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