Wie fühlt sich Einsamkeit an?

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Purpurlimonade
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Beitrag Do., 30.05.2019, 09:56

Hallo!
Ich finde es superspannend, wie unterschiedlich "Einsamkeit" sich anfühlt. Und ich denke deshalb auch, dass "Einsamkeit" an sich erstmal gar nicht als "ein" Gefühl daherkommen muss. Einsamkeit ist ein Zustand, und ich für mich würde sagen: ein Zustand der Leere.
Um einsam zu sein, muss man nicht unbedingt alleine sein, und nur weil man alleine ist, ist man nicht zwangsläufig einsam. Aber wenn die Menschen bzw. der Kontakt mit Ihnen, die um einen herum sind, einen nicht ausfüllen (weil sie es nicht können/wollen oder weil man selber es nicht zulässt) oder eben niemand da ist, mit dem man in Kontakt treten könnte, dann bleibt nur noch, dass man sich selber ausfüllt. Gelingt auch das nicht (ausreichend), ist man wirklich einsam.
Und das wiederum "fühlt" sich dann irgendwie an, z.B. lähmend, leer, traurig, matt, hilflos, sinnlos.......
Die Frage ist also: wie fühlst Du dich? Und wie ändert sich das, wenn Du mit (verschiednene, speziellen) Menschen zusammen bist? Und wie, wenn Du dann wieder alleine bist?

Gründe dafür, gerne alleine zu sein, fallen mir auch viele ein. Dabei kann ich mir schon vorstellen, dass man z.B. einsam ist und eigentlich dringend jemanden bräuchte - und andererseits lieber alleine sein will, weil andere Menschen einem zum Beispiel Andere Angst machen oder man einfach nie gelernt hat, wie man Beziehungen aufbaut.

Wenn Menschen, denen man vertraut/zu vertrauen beschlossen hat - also der Therapeut zum Beispiel, einem Gefühle "unterstellen", dann wird es immer schwierig. Einerseits ist das ja gewissermaßen deren Job! Patienten kommen und kennen sich selbst nicht so recht, und Therapeuten spiegeln (auf die ein oder andere Weise), und manchmal haben Patienten dabei ein Aha-Erlebnis der Erkenntnis, manchmal nicht sofort oder eben (in diesem Punkt) auch gar nicht. Damit will ich darauf hinaus, dass dir also nun die Idee, Du könntest einsam sein, angetragen wurde, und es ist toll, dass Du dich damit auseinandersetzt. Vergiss nicht, dass letztlich nur Du selber sagen kannst, ob Du einsam bist oder nicht. Aber dein "Spiegel" kann dir sagen, wie er darauf kommt!

Viele Grüße,
Purpur

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Waldschratin
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Beitrag Do., 30.05.2019, 09:56

~~~ hat geschrieben:Ich freue mich darauf allein zu sein. Immer. Es ist nie so, dass ich denke - so wie jetzt, es ist ein Tag den ich allein verbingen muss und das mit negativen Emotionen verknüpft wäre. Ee ist nur mit positiven Emotionen verknüpft.
Geht mir auch so. Ging mir auch schon immer so.
Und ich geh sogar soweit zu "wissen" für mich, dass ich solche "Auszeiten", für mich alleine sein, regelrecht brauche, damit ich innerlich gut ausgeglichen sein kann.

Einsamkeit als Gefühl kenne ich fast gar nicht.
Was ich sehr gut kenne : "Im-Stich-gelassen-werden", Verlassenwerden. Also ein aktives Sich-Abwenden meines jeweiligen Gegenübers von mir.

Dadurch weiß ich, dass ich sehr wohl innere, emotionale Verbindungen zu Menschen brauche.
Was halt schon mein Verstand mir sagt : Zuwendung, menschliche Wärme, Akzeptanz, Resonanz, Bestätigung, mich teilen dürfen - im Wesentlichen das Erleben, bei einem anderen Menschen "innen drinnen" stattfinden zu dürfen, Raum bekommen.
Das ist mir oft ein echtes, zuweilen schmerzhaftes Bedürfnis, wenn das nicht sein kann oder darf.

Ich glaub, "echte" Einsamkeit als Dauerzustand, das kenne ich schon auch. Hab das aber ähnlich wie du einfach nicht wahrnehmen können, weil es sowas wie ein Ur-Zustand von mir war.
Und hat v.a. damit zu tun, dass ich von der Lebendigkeit an sich "abgeschnitten" war. In sowas wie ner Dauer-Dissoziation vom Leben an sich und damit ja in erster Linie von mir selber war. Als Überlebensstrategie, die sich aber verselbstständigt hatte.
So ähnlich, wie Lebenswanderin das auch beschreibt.

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Miss_Understood
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Beitrag Do., 30.05.2019, 11:02

Ah ja, wichtiger Aspekt: ich bin schon auch gern allein, brauche Zeit für mich. Ich langweile mich zum Glück nie.
Was mir fehlt, der Austausch, die Wärme, aber auch die weit schnellere Entwicklung in einer Gruppe (oft, nicht immer; das kann ich zb von meiner Therapiegruppe leider fast gar nicht behaupten) oder Partnerschaft.
Und zugleich einem möglichen Einwand vorgreifend: nur wegen Einsamkeit trägt weder eine Gruppe noch erst recht keine Partnerschaft.
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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Beitrag Do., 30.05.2019, 12:52

Waldschratin hat geschrieben: Do., 30.05.2019, 09:56 Ich glaub, "echte" Einsamkeit als Dauerzustand, das kenne ich schon auch. Hab das aber ähnlich wie du einfach nicht wahrnehmen können, weil es sowas wie ein Ur-Zustand von mir war.
(...)
So ähnlich, wie Lebenswanderin das auch beschreibt.
Ja, ich glaube, das ist es was ich mich gerade frage. Ich möchte eben wissen, was dazu führt, dass es mir manchmal so extrem schlecht geht und ich frage mich, ob Einsamkeit ein Faktor ist, der dazu führt.
Ich denke, Einsamkeit so im "klassischen Sinn" kann ich wahrscheinlich ausschließen. Wenn ich allein bin, bin ich es, weil ich es so gewählt habe. Ich könnte diesen Zustand beenden, aber ich tue es nicht, weil ich es nicht will. Bei "klassischer Einsamkeit" ist es dann wahrscheinlich so, dass man in dem Moment nicht die Fähigkeiten oder das Umfeld hat, das zu ändern und man deshalb unter dem Gefühl der Einsamkeit leidet, weil man es ändern möchte, es aber in dem Moment nicht kann.

Dann bleibt natürlich die Frage, warum will man allein sein.

Und Einsamkeit als Dauerzustand... wenn dann geht es wahrscheinlich eher in diese Richtung.

Ich hatte während meiner ganzen Kindheit keine "richtige" emotionale Bindung zu meinen Eltern, würde ich sagen. Meine Eltern haben mich nicht schlecht behandelt, aber es war eben keine wirkliche Nähe da irgendwie. Eher so ein distanziertes Nebeneinanderherleben. Und man sehnt sich natürlich trotzdem nach so etwas wie nach mehr Geborgenheit, weil die Sehnsucht danach wahrscheinlich angeboren ist. Aber gleichzeitig habe ich mich von meinen Eltern distanziert, war eher verschlossen, wollte allein sein. So dass es eine wechselseitige Sache war.
Das war dann die Normalität für mich.
Dass das irgendwie nicht bei allen Menschen so ist, habe ich erst als Teenager bemerkt, weil ich eben in Freundschaften sehr distanziert war. Während andere dann nach einiger Zeit ihr Herz bei mir ausgeschüttet haben, habe ich nie das Small-Talk-Level verlassen. Und bemerkt, dass das nicht normal zu sein scheint.

Irgendwann habe ich bemerkt, dass ich dadurch keine echte Verbindung zu Menschen aufbauen kann. Damals hab ich aber auch schon Therapie gemacht.
Also dann habe ich es geschafft mich auf eine echte (Liebes-)Beziehung einzulassen, die mehrere Jahre ging und die meine einzige wirkliche Beziehung bisher war. Es war sehr anstrengend und hat viel Überwindung gekostet, aber letztendlich habe ich bemerkt, dass ich so etwas wie eine normale Beziehung führen kann, also dass ich diese innere Distanz zu einem Menschen verlieren kann. Dann kam die Trennung und ich kam lange Zeit nicht damit klar. Ich finde, dass es das alles nicht wert war, wenn man sich dann jahrlang aufgrund einer Trennung so schlecht fühlt. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich mich wahrscheinlich nie darauf eingelassen. Das sehe ich heute noch so... ich habe nicht dieses Gefühl von Einsamkeit im "klassischen Sinn" deshalb fehlt mir die Motivation mich darauf einzulassen. Für mich ist es ein extrem anstrengender Kampf mich auf die Nähe zu zu einem Menschen einzulassen. Damals war ich verliebt und wollte mir auch selbst beweisen, dass ich ne Beziehung führen kann. Das habe ich mir ja bewiesen.

Ich möchte niemanden kennenlernen, weil ich keinen Sinn darin sehe. Vermutlich trennt man sich sowieso wieder. Und der ganze Schmerz ist es nicht wert. Die Nachteile einer Beziehung üherwiegen einfach so extrem. Natürlich will man Schmerz vermeiden bzw. man lässt sich nur darauf ein, wenn man einen größeren Nutzen sieht.
Ich habe ein paar Freunde, eher oberflächlicher Art, mit denen ich mich ab und zu treffe. Damit fühle ich mich wohl.

Jetzt könnte kann sagen, dann ist ja alles ok. Dann sollte ich eben mein Leben so gestalten.

Aber dann ist da eben so ein Gefühl, dass ich quasi eine richtige Familie vermisse... also so eine "Bilderbuchfamilie" oder Menschen, die so sind.
Also wie eine Familie, wo man bedingungslos akzeptiert wird, wo man noch keine Verantwortung hat, eben wie ein Kind. Wo es wirkliches Interesse an mir als Individuum gibt, so Anteilnahme... wo man fragt und es einem wirklich interessiert, wie es mir geht, wo man sieht, dass es mir schlecht geht und wie man eben so darauf reagiert, wie ein erwachsener auf ein Kind reagiert, das traurig ist, mit Trost... wo ich nicht das Gefühl habe mich ständig verstecken und zurück ziehen zu müssen, sondern einfach ich selbst sein kann und wo ich mich dadurch geborgen fühlen kann.
(Fortsetzung folgt...)
Zuletzt geändert von ~~~ am Do., 30.05.2019, 12:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag Do., 30.05.2019, 12:54

(Fortsetzung...)

Dieses Gefühl habe ich manchmal. Aber ich weiß nicht, ob das Einsamkeit ist.
Weil die Beziehung zwischen Erwachsenen ist eine ganz andere Ebene. Da ist es ja ein Geben und Nehmen. Da muss man erwachsen handeln. Das möchte ich nicht.
Also diese Einsamkeit bezieht sich nicht darauf, dass ich eine Beziehung, Freundschaften etc. als erwachsener Mensch haben möchte.

Ich möchte eher wieder ein Kind sein. Also auf diese Ebene bezieht sich das.

Aber so fühlt sich wahrscheinlich Einsamkeit normalerweise nicht an?
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Beitrag Do., 30.05.2019, 13:07

Purpurlimonade hat geschrieben: Do., 30.05.2019, 09:56 Vergiss nicht, dass letztlich nur Du selber sagen kannst, ob Du einsam bist oder nicht. Aber dein "Spiegel" kann dir sagen, wie er darauf kommt!
Ja, das stimmt absolut.
Ich versuche auch mir nichts einreden zu lassen.
Aber gleichzeitig möchte ich auch ehrlich zu mir selbst sein.

Purpurlimonade hat geschrieben: Do., 30.05.2019, 09:56Und das wiederum "fühlt" sich dann irgendwie an, z.B. lähmend, leer, traurig, matt, hilflos, sinnlos.......
Die Frage ist also: wie fühlst Du dich? Und wie ändert sich das, wenn Du mit (verschiednene, speziellen) Menschen zusammen bist? Und wie, wenn Du dann wieder alleine bist?
Jetzt aktuell ist es so, wenn es mir schlecht geht und ich treffe mich dann mit anderen Menschen macht mich das aggressiv, bin genervt und es fällt mir schwer das zu unterdrücken. Das ist auch ein Grund warum ich mich gerade komplett isoliere.

Wenn ich wieder allein bin, bin ich erleichtert.

Aber gleichzeitig ist da dieser Wunsch quasi wieder ein Kind zu sein (hab ich in den beiden vorangegegangenen Posts von geschrieben). Und das verwirrt mich eben. Weil das bedeutet ja, dass ich auf einer anderen Ebene doch nicht allein sein will.
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Beitrag Do., 30.05.2019, 13:14

~~~ hat geschrieben: Do., 30.05.2019, 12:52
Also wie eine Familie, wo man bedingungslos akzeptiert wird, wo man noch keine Verantwortung hat, eben wie ein Kind. Wo es wirkliches Interesse an mir als Individuum gibt, so Anteilnahme... wo man fragt und es einem wirklich interessiert, wie es mir geht, wo man sieht, dass es mir schlecht geht und wie man eben so darauf reagiert, wie ein erwachsener auf ein Kind reagiert, das traurig ist, mit Trost... wo ich nicht das Gefühl habe mich ständig verstecken und zurück ziehen zu müssen, sondern einfach ich selbst sein kann und wo ich mich dadurch geborgen fühlen kann.
(Fortsetzung folgt...)
Das habe ich mein Leben lang gesucht, tief in mir drinnen. Es ist mir aber erst bewusst geworden in der oder besser durch die Therapie, in der ich und durch die ich das alles bekam. Ich habe dort dieses bedürftige und ausgehungerte Kind kennen gelernt, mein kleines Ich. Dass sich doch eigentlich nur ganz normal als Kind fühlen wollte, in Sicherheit geborgen...

Und da eigentlich begann ich diese Einsamkeitsschmerzen des Verlustes in der Kindheit erst zu fühlen. Stück für Stück, denn für einmal war es zu viel.
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Beitrag Do., 30.05.2019, 13:20

~~~ hat geschrieben: Do., 30.05.2019, 13:07Jetzt aktuell ist es so, wenn es mir schlecht geht und ich treffe mich dann mit anderen Menschen macht mich das aggressiv, bin genervt und es fällt mir schwer das zu unterdrücken. Das ist auch ein Grund warum ich mich gerade komplett isoliere.

Wenn ich wieder allein bin, bin ich erleichtert.
Das kenne ich zu gut! Aber dieser Weg hat mit immer innerlich weiter von meinem tiefsten Sehnen, also von mir und von den Menschen entfernt, die ich in meinem tiefsten Inneren doch so sehr suchte. Ich hab immer gesagt: Ich brauche niemanden. Aber das weiß ich jetzt gang anders.
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Waldschratin
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Beitrag Do., 30.05.2019, 14:19

~~~ hat geschrieben:Ich hatte während meiner ganzen Kindheit keine "richtige" emotionale Bindung zu meinen Eltern, würde ich sagen. Meine Eltern haben mich nicht schlecht behandelt, aber es war eben keine wirkliche Nähe da irgendwie. Eher so ein distanziertes Nebeneinanderherleben. Und man sehnt sich natürlich trotzdem nach so etwas wie nach mehr Geborgenheit, weil die Sehnsucht danach wahrscheinlich angeboren ist. Aber gleichzeitig habe ich mich von meinen Eltern distanziert, war eher verschlossen, wollte allein sein. So dass es eine wechselseitige Sache war.
Seh ich weniger als was Wechselseitiges, sondern mehr als Reaktion deinerseits auf die "Verweigerung" deiner Eltern, eins der Grundbedürfnisse eines Kindes zu erfüllen. Empfinde ich also mehr als "Überlebensstrategie" deinerseits, um damit klarkommen zu können.

Es führt halt in der Gegenwart dazu, dass diese Überlebensstrategie dafür sorgt, dass du niemanden wirklich an dich ranlässt. (Kenn ich halt auch aus eigener Erfahrung, kann also auch einfach nur Meins sein)

Würde aber dann dieses hier als logische Folge erklären:
~~~ hat geschrieben: Für mich ist es ein extrem anstrengender Kampf mich auf die Nähe zu zu einem Menschen einzulassen.[…]Ich möchte niemanden kennenlernen, weil ich keinen Sinn darin sehe. Vermutlich trennt man sich sowieso wieder. Und der ganze Schmerz ist es nicht wert. Die Nachteile einer Beziehung üherwiegen einfach so extrem. Natürlich will man Schmerz vermeiden bzw. man lässt sich nur darauf ein, wenn man einen größeren Nutzen sieht.
Da es ja als Überlebenskampf empfunden wird. Und von daher das Ergebnis des Aufwandes nicht wert, da man ja eh nur wieder verlassen werden und verletzt werden kann - und die Wahrscheinlichkeit dafür ja de facto recht hoch ist.

~~~ hat geschrieben:Aber dann ist da eben so ein Gefühl, dass ich quasi eine richtige Familie vermisse... also so eine "Bilderbuchfamilie" oder Menschen, die so sind.
Also wie eine Familie, wo man bedingungslos akzeptiert wird, wo man noch keine Verantwortung hat, eben wie ein Kind. Wo es wirkliches Interesse an mir als Individuum gibt, so Anteilnahme... wo man fragt und es einem wirklich interessiert, wie es mir geht, wo man sieht, dass es mir schlecht geht und wie man eben so darauf reagiert, wie ein erwachsener auf ein Kind reagiert, das traurig ist, mit Trost... wo ich nicht das Gefühl habe mich ständig verstecken und zurück ziehen zu müssen, sondern einfach ich selbst sein kann und wo ich mich dadurch geborgen fühlen kann.
Ich glaube mittlerweile, dass das gar nicht so "kindliche" Bedürfnisse sind, sondern schlichtweg menschliche.
Dass das ein Erwachsener genauso braucht und erleben "muss" in Beziehungen, sonst geht da irgendwo in ihm irgendwas schepps, wird krank, geht ein etc.

Klar ist man als Erwachsener in erster Linie diesbezüglich "Selbstversorger".
Aber ich seh das schon "gleichzeitig vorhanden" : Man gibt, man bekommt, man nimmt.

Als Kind bekommt man überwiegend, grade als ganz Kleines.
Aber! : Man entwickelt sich da ja auch genau auf diesem "Nährboden" heraus zu einem gebenden Erwachsenen.
Prinzip lernen und verinnerlichen.

Im Idealfall sorgt man dann als Erwachsener dafür, dass man mit überwiegend Menschen Beziehungen näherer Art eingeht, wo dieses Geben-und-Nehmen halbwegs stabil funktioniert.

Sowas wie Trost und bedingungslose Annahme und wichtig sein, "stattfinden" in und bei Anderen, ist doch letztlich nix anderes als Resonanz, Zuwendung, Zugehörigkeit.
Und da kann ich mir nicht vorstellen, dass man das als Erwachsener von Grund auf nicht mehr braucht.

Teil 2 kommt gleich noch. :-)


Waldschratin
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Beitrag Do., 30.05.2019, 14:24

Um nochmal auf dein "Das Verlassen- und Verletztwerden ist nicht der Mühe wert" zurückzukommen:
Kenn ich, kann ich nur zu gut nachvollziehen!

Dem entgegen steht aber mein Bedürfnis nach Zugehörigkeit, Resonanz, Verbundenheit, der ganze "Kram" halt. ;-)

Ich hab mich daher für den Weg entschieden, dass ich selber stark und versiert genug werden möchte, solche Verletzungen und das Verlassenwerden "gemanagt" zu bekommen.
Mein "Maß" ist also die Überlegung : Wenn ich mich mit demjenigen näher einlasse, kriege ich es dann im Zweifelsfall hin, auch Schlimmeres "überlebt" zu bekommen, verarbeitet zu bekommen etc.?

Es steht also nicht mehr die Vermeidung von Verletzung und Verlassenwerden im Fokus, sondern die Fähigkeiten zur Überwindung solcher Dinge.

Die Vermeidung signalisiert dem Gegenüber nämlich immer eine Forderung : Verlass mich nicht, nimm Rücksicht, verletz mich nicht!
Letztlich : Sei nicht "vollumfänglich" du selber.
Im Zweifelsfall lässt sich ein in sich Stabiler auf sowas gar nicht erst ein.
Schlimmer aber meiner Erfahrung nach ist es, wenn sich jemand dann einem nähert, der auf solche Forderungen schepps reagiert, aus eigenen Defiziten raus...

Setze ich dagegen in den Fokus, im Bedarfsfall mit Verletzungen/Verlassenwerden selber klarzukommen zu riskieren, bin ich innerlich "frei und offen" für mein Gegenüber.
Das fühlt sich dann seinerseits "willkommen", spürt mein ehrliches Interesse an seiner Person an sich, kriegt Resonanz etc.pp.
Und kann aus dieser "Freiheit" raus, die ich ihm da gebe, wiederum seinerseits "frei und offen" (und damit ungeschützter) auf mich zugehen.
Womit ich dann wieder "bekomme", wonach ich mich sehne : Akzeptanz, Resonanz, Annahme etc.pp.
Damit kann sich der Kreis schließen.

Nicht, dass ich das schon "beherrschen" würde alles! :->
Ich bin da halt nur auf dem Weg dazu.

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DanDanDan
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Beitrag Do., 30.05.2019, 15:03

Einsamkeit entsteht, wenn du niemanden hast, mit dem du auf einer Wellenlänge bist. Wenn du niemanden hast, bei dem du dich sicher oder zuhause fühlst. Keine gleichgesinnten Menschen, die verstehen, dass unter deinem Ego ein wertvolles Wesen steckt und dich deshalb auch mit deinem Ego annehmen.
Wenn dir dann die Kraft immer mehr abhanden kommt und du keine Energie zum knüpfen neuer Kontakte mehr aufbringen kannst, verbitterst du nach und nach immer mehr und fängst letztendlich an die Menschenmassen auf diesem Planeten bis zur Vergasung zu hassen.
Einsamkeit führt zu einem tristen, traurigen, sehr schmerzhaften Schicksal.

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Purpurlimonade
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Beitrag Do., 30.05.2019, 15:38

Hey...

Für mich klingts inzwischen ehrlich gesagt auch verdammt nach Einsamkeit. Ich möchte dir das gerne erklären:
Ein jeder Mensch hat (als Kind noch nicht unbedingt so gleichzeitig aber mit fortschreitender Entwicklung recht schnell) sowohl das Bedürfnis nach Verbundenheit als auch nach Autonomie. Wir möchten frei fliegen wie Vögel am Himmel - aber uns eben auch zum Ausruhen zusammenkuscheln wie die Pinguine, quasi. Und wenn jemand keine "Kolonie" will, dann kommt mir der Gedanke, dass das ein sehr einsames Leben sein muss. Und auch ein hartes Leben. Anstrengend, ermüdend, manchmal bestimmt auch euphorisierend (so ein Dauerflug), oft beängstigend.

Dass Du selber anders dazu stehst, anders empfindest scheint mir schlicht daran zu liegen, dass Du dein Bedürfnis nach Nähe komplett und früh "verlernt" hast. Es ist aber da. Du sehnst dich ja danach!

Und dann machst Du eine Rechnung auf: Beziehung ist anstrengend UND hält nicht= lohnt nicht. In der Rechnung fehlt aber: Bedürfnis + Befriedigung = macht glücklich(er).

Sieh es mal so: Sehnsucht + Anstrengung, Beziehung aufzubauen = Bereicherung. Und dann tut ein Beziehungsende weh, aber es nimmt erstens nicht das weg, was man daran hatte, und zweitens macht es Platz für neue/andere Beziehungen... es geht quasi von vorne wieder los und berreichert wieder. Der Zeitfaktor "für immer" spielt für das Bedürfnis und seine Befriedigung nicht unbedingt eine Rolle.
Was natürlich eine Rolle spielt ist Verlustangst oder Ähnliches. Diese hindert uns also möglicherweise daran, eine Kolonie zu haben - aber sie verhindert nicht die Sehnsucht und das Bedürfnis danach. Und keine Kolonie zu haben macht nicht den Flug freier und schöner, sondern anstrengender. Es fehlt ja die Tankstelle.....

Also - so denke ICH jedenfalls dazu.... ;)
Purpur, die natürlich weiß, dassPinguine selten mal fliegen :!!:

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Lebenswanderin
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Beitrag Do., 30.05.2019, 16:04

Liebe Purpur,

Das hast Du schön geschrieben und auf den Punkt gebracht. Ich sehe es auch so und erlebe es auch so.
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leonidensucher
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Beitrag Do., 30.05.2019, 17:41

Ich bin gerne alleine und bin auch immer heilfroh wenn mal niemand um mich rum ist.

Einsamkeit kenne ich nur situativ, wenn eine Situation eintritt, bei der ich weiss, dass die mich Umgebenden vollkommen überfordert wären oder sind. Dann fühle ich mich von allem abgeschnitten und wie auf einem einzelnen Mond, ohne die Möglichkeit zu haben, jemanden in Kontakt mit mir zu bekommen, weil ja ohnehin niemand da ist. Oder wie wenn eine Glasscheibe zwischen mich und die Welt geschoben werden würde- nicht im alltäglich-dissoziativen Sinn zu verstehen, da ist das ja Dauerzustand, sondern nochmal anders. Wie in einer Todeszelle, in der alle Sinneseindrücke weggefiltert werden und ich auf meine Hinrichtung warte.

Passiert aber selten, Gott sei Dank, ist nämlich unangenehm. Ansonsten habe ich mich daran gewöhnt, aus den Fenstern meiner Seele auf die Welt zu schauen. Folglich unternehme ich auch keine sonderlich großen Anstrengungen, Beziehungen aufzubauen - so wie Du.
NEVER WASTE A GOOD CRISIS.


SeaMone
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Beitrag Sa., 01.06.2019, 09:22

Ich selbst bin einerseits auch sehr gerne alleine und manchmal "graut" mir schon davor, wenn der Feierabend meines Lebensfährten näher und näher rückt. Nicht, weil ich ihn nicht sehen will, sondern weil mein All-Ein-Sein erstmal vorbei ist.

Immer muss ich das natürlich auch nicht haben, aber im Allgemeinen brauche ich nicht so oft und auch nicht sehr viele Menschen um mich herum.

Mir ist da - vor Jahren - mal ein, schon beinah poetisches, Wortspiel in den Sinn gekommen, in dem gleichermaßen aber Wahrheit steckt. Wobei Poesie gar nicht explizit mein Ding ist. Mein ein und alles ist alles, was in diesem einen All vor sich geht.

(der all(-)gemeine Sprachgebrauch dabei jetzt mal außen vor gelassen),

Wenn ich allein(e) bin, dann nicht im Sinne von einsam.
Wenn ich allein bin, dann bin ich mit Allem eins.
Und das All, das Weltall, ist unser aller All, unser einziges.
Die Welt, in der Alles ist, aus der Alles kommt.
Denn es gibt nur ein All.
Und wenn ich all'ein ins All zu den Sternen schaue, dann bin ich eins mit diesem All.
Und wenn ich mit All'em eins bin, dann kann ich gar nicht einsam sein.
Sondern allein, ... all-ein eben.
Alles ist eins.
(SeaMone 2010)

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