Reizoffenheit, Psychose oder noch was anderes?

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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Candykills
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Beitrag Do., 30.12.2021, 20:19

Das ist so ein Problem, was viele hier haben. Das Sammeln von Diagnosen.
Es ist halt auch selten so, dass alle Kriterien einer Störung passen, sondern sich Persönlichkeitsstörungen oder insgesamt Störungen überschneiden. Der Abrechnung wegen einigt sich der Therapeut oder Psychiater dann meist auf die, die mehr zutrifft oder im Vordergrund steht.

Ich würde mit dem ADHS/ADS Verdacht dir aber dringend raten einen Fachmann zu konsultieren. Die sind zwar auch gewissermaßen "betriebsblind" und diagnostizieren meist übermäßig häufig diese Störung, aber wenn du an jemanden gerätst, der sich halt nicht so gut damit auskennt, dann landest du sehr schnell wieder in der Borderline-Ecke.

Und ADS ist halt weitaus mehr, als Stimmungsschwankungen.
Mein größtes Problem mit dieser Störung ist mein unbändiges Chaos und vor allem, dass ohne Ritalin....die wichtigen Dinge nicht vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis "transportiert" werden und ich schlichtweg vieles dadurch vergesse.
Zum Beispiel was ich im Studium oder so gelernt habe. Was mir Leute erzählen. Es ist endlos....
ADS ist wirklich eine Übertragungsstörung im Gehirn, so wie Schizophrenie eine Erkrankung im Gehirn ist.
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Beitrag Do., 30.12.2021, 20:45

Chryskoll, danke für deine lieben Worte! Ich werde erstmal meine Psychiaterin ansprechen. Die sollte dazu in der Lage sein, dass mal wirklich alles mit mir standardisiert zu diagnostizieren. Ich werde da jetzt mal drauf bestehen, weil ich echt langsam wirklich die Nase voll habe.

Candy, diese Gedächtnisgeschichte kenne ich auch, aber nicht ganz so ausgeprägt. Es geht. Ich hab oft eher das Gefühl, dass sich Dinge einprägen, die unwichtig sind und wichtige Dinge überhaupt nicht hängen bleiben, also nach anderer Leute standard; bei mir bleibt hängen, was mich interessiert. Was bei mir so ein Geschichte ist, dass ich in Gesprächen total abschalte, wenn es zuviel wird - da bleibt natürlich auch nichts hängen. Und ich bin echt endlos chaotisch, im Sinne von anfangen zu putzen, dann passiert irgendwas und ich hab vergessen, was ich eigentlich getan habe und weiter tun sollte. Und ich sitze halt, wenn mein Gehirn nicht mehr kann vor dem Rechner und starre den Gedankenverloren an. Ich hab letzteres immer für irgendwas depressives gehalten, für irgendwas, was mit Psychose zu tun hat, bin da aber gerade nicht mehr so sicher. Außerdem war ich zwar im Studium gut, aber auch nur, weil ich noch nach einer alten Studienordnung studiert habe und häufig Seminare abgewählt habe, wenn mich das Thema nicht ansprach - ich kann mich echt nur motivieren, wenn ich was interessant finde. Ansonsten hab ich keinen Bock und ich krieg es egal wie nicht hin mich zu motivieren. Das sind Probleme, die ich immer hatte, und irgendwie nicht groß auffällig fand, sondern einfach für eine Persönlichkeitsfrage hielt, aber könnte hinkommen. Mich machen eher die Emotionsgeschichten fix und fertig, weil ich so extrem fühle. Irgendwie. Glaube ich zumindest. Ich bin ja nur ich, niemand anderes und kann daher nicht einschätzen, wie es anderen Leuten geht.

Meinst du, dass man für die Diagnostik ernsthaft einen Fachmann braucht? Das sollte doch auch eine Psychiaterin können, wenn die erstmal den Hinweis erhält, dass man selbst sowas vermutet und es abklären will?
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Candykills
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Beitrag Do., 30.12.2021, 21:12

Ich würd' dir halt einen Fachmann empfehlen, einfach weil:
du gehst zu drei verschiedenen Theras/Psychiatern und wenn's blöd läuft diangstoziert
1) AD(H)S
2) Borderline
und Nummer 3) Bipolar oder Schizoaffektiv

Ich selbst bin zum Beispiel durch das AD(H)S (ich bin Mischtyp) sehr unruhig, auch heute noch. Ich bin immer am Zappeln, in Bewegung, ohne Haudraufmedis schnell im Denken....also einfach unruhig, so dass es für andere Menschen wirklich nervig sein kann. Und oft wird das als "beschleunigt" gewertet, also als Hypomanie, dabei bin ich mir total sicher, dass das einfach nur mein AD(H)S ist. Ich war schon immer so. Nur Ritalin machte mich wirklich ruhig (früher).

Eine ehemalige Mitpatientin aus der Psychiatrie hatte zum Beispiel die Diagnose "Bipolar". Sie wechselte dann die Ambulanz/Klinik und wurde von einem anderen Arzt mit AD(H)S diagnostiziert und von Lamotrigin auf Medikinet umgestellt. Ich kann leider nicht sagen, ob das auf Dauer gut ging. Wer lag jetzt richtig?

Aber das ist halt echt so, dass es von der Erfahrung des Thera/Psychiaters abhängen kann, welche Störung er diagnostiziert.

Ansonsten: vieles, was du da beschreibst, kenne ich sehr gut. Bei mir ist es halt so, dass ich mich unheimlich hyperfokusieren kann, wenn mich etwas interessiert. Da könnt' dann nebenan das Haus einstürzen, ich bekäm's nicht mit.
Aber ich bin halt auch wirklich der faulste Mensch, wenn ich mich mit Dingen beschäftigen muss, die mich nicht interessieren, die mich nicht fordern, die langweilig sind, die sich wiederholen...
Und leiderr ist es bei mir auch so, dass auch die Dinge, die mich interessieren, oft eben nicht ins Langzeitgedächtnis gelangen.
Ich hab' aber dann wiederum ein Elefantengedächtnis bei Daten und so einem Unfug. Total unwichtige Dinge, die ich nebenbei mitbekomme.
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Beitrag Do., 30.12.2021, 21:38

Ja, genau, dass kenne ich halt auch. Und das fand ich u.a. nie normal. Ich hab während der Schulzeit alles irgendwie nebenbei gemacht, Hausaufgaben, lernen etc. - ich war nur genervt und angeödet, ging trotzdem irgendwie mit Ach und Krach. Aber ich hab Bücher über die Französische Revolution verschlungen, eins nach dem anderen. Und da konnte ich mich auch konzentrieren und hab gar nichts mehr mitbekommen um mich herum. Ich hab letztlich auch meinen Job so ausgesucht, dass ich wenig Routine machen muss und Abwechslung habe und konnte meine Themen meistens selbst setzen. Daher ging es. Und gleichzeitig kann ich ganz einfache Sachen nicht, drücke mich vor irgendwelchen Anträgen, kann mich nicht überwinden, obwohl das so schwer nicht ist. Aber es nervt so sehr, dass gar nichts geht. Und ich hätte das bis vorgestern alles mit meiner Psychose-Andersartigkeit erklärt, aber das ist halt die Geschichte: Ich hab etwas gelesen und war geflasht. Verdammt, die schreiben hier über mich und mein Ding am Laufen. Endlich finde ich mich mal wieder. klingt bescheuert, vermutlich, aber auch die Betroffenenperspektive, auch wenn nicht alles zu mir passt, sprach mich an, weil ich zumindest einen Zugang hatte zu den Leuten. Bei Psychotikern ist es für mich öfter so, dass ich ich trotzdem vollkommen anders denke irgendwie.

Ich werde erstmal meine Psychiaterin auf die Spur schicken. Es sollte doch standardisierte Tests geben und die will ich. Ich denke echt, dass es wirklich diese Geschichte sein könnte. Plus Psychose. Aber das gehört zusammen anders behandelt als zum Beispiel Borderline und Psychose. Aber das soll sie auch gleich testen.
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chrysokoll
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Beitrag Do., 30.12.2021, 21:54

No Twist hat geschrieben: Do., 30.12.2021, 20:45 Chryskoll, danke für deine lieben Worte! Ich werde erstmal meine Psychiaterin ansprechen. Die sollte dazu in der Lage sein, dass mal wirklich alles mit mir standardisiert zu diagnostizieren. Ich werde da jetzt mal drauf bestehen, weil ich echt langsam wirklich die Nase voll habe.
ja mach das!
Es ist wirklich wichtig eine gescheite, fundierte Diagnose zu haben - oder mehrere, man kann ja durchaus Läuse und Flöhe haben ;)
Nur dann kann man ja sinnvoll behandelt werden.

Mach dich bitte auch schlau über Hochbegabung.
Das eine schliesst das andere natürlich nicht aus, man kann ADHS haben, hochbegabt sein und psychotisch und sonst noch was. Aber das muss geklärt werden!

Ich bin auch viel zu lange mit völlig unpassenden Diagnosen durchgereicht worden und natürlich haben die Behandlungen dann nichts bis sehr wenig gebracht


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Beitrag Do., 30.12.2021, 23:14

chrysokoll hat geschrieben: Do., 30.12.2021, 21:54
Mach dich bitte auch schlau über Hochbegabung.
Das eine schliesst das andere natürlich nicht aus, man kann ADHS haben, hochbegabt sein und psychotisch und sonst noch was. Aber das muss geklärt werden!
Ich wollte es nicht schreiben, weil unangenehm. Aber gut: Mir hat ein Psychotherapeut schon ohne Test eine Hochbegabung attestiert "Sie müssen hochbegabt sein." Vollkommen unangenehm, weil ich seinem Bild eines Psycnotikers wohl nicht ganz entsprach - Studium gemeistert und halbwegs normal. Depp. Aber Testung war nicht; und ich will danach auch ehrlicherweise nicht fragen. Ich gräme mich, wenn der IQ untere Region ist und das kann mir mit der Psychose und meiner Verkümmerung auch passieren. Ich beschäftige mich aber auch mal damit, für alle Fälle und ggf. mach ich so einen Test ganz ananoym. ;-) Aber ich hab mein Abi gemeistert, obwohl ich echt oft abgeschalten habe und dann im Bus Lehrbücher nachlesen musste. Mich hat die Schule dermaßen genervt, aber ich wollte ein Abi. Ich nehme aber wirklcih an, dass der IQ ganz normal ist und ich richtig Glück mit meinem Studienfach hatte, deshalb gut war. Aber die ganze ADHS könnte hinhauen. ERstmal Psychiaterin und dann ggf. andere Einrichtung. Ich will es einfach wissen; emotional instabil bin ich, aber ich brauch dafür die richtige Diagnose. Sonst bringt die Behandlung wahrscheinlich gar nichts.

Vielen lieben Dank nochmal!
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Beitrag Sa., 01.01.2022, 17:21

Ich habe mal eine zusätzliche Frage: Gibt es standardisierte Tests für Persönlichkeitsstörungen? Ich hatte im Laufe der Zeit einige und ich will ja nicht mal sagen, dass es nicht so ist oder sein könnte - aber ehrlich gesagt: Ich finde sowas ohne standardisierten Test irgendwie daneben; und ich erhalte immer irgendwas neues, das andere wird verworfen. Ich würde einfach, glaube ich, gerne mal wirklich diagnostiziert werden. Wirklcih einfach alle PS durch und dann kann ich auch mit dem Ergebnis umgehe, wenn ich sowas habe. Ist ja auch ok, wenn das dann behandelt wird, aber irgendwie stehe ich halt da und denke mir, die würfeln einfach und jeder hat ne andere Lieblingsdiagnose und das hilft mir gar nix.
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Gespensterkind
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Beitrag So., 02.01.2022, 12:48

Es gibt standardisierte Tests für alle psychiatrischen Krankheitsbilder. Sowohl Selbst- als auch Fremdtests gibt es für Persönlichkeitsstörungen. Sogar verschiedene. Wenn man schon einen Verdacht hat, in welche Richtung einer Persönlichkeitsstörung es geht, dann kann man auch speziellere Tests von vorneherein machen.
Ich finde Diagnostik schon wichtig, auch für einen selbst, damit man Klarheit hat, womit man sich eigentlich auseinandersetzen sollte. Aber es passen nie alle Symptome auf genau ein Krankheitsbild. Es gibt so viele Mischungen, gerade bei Persönlichkeitsstörungen.
In den psychiatrischen Institutsambulanzen großer Kliniken wird so was oft ganz gut diagnostiziert. Das machen dann nämlich auch primär nicht die Psychiater, sondern Neuropsychologen, die eine spezielle Ausbildung für die Testdiagnostik haben. Für das Gesamtbild (also klinische Diagnostik, Untersuchung, ggf. weiterführende Bildgebung) führt dann der Psychiater alle Befunde zusammen und kann so eine Diagnose stellen.
Leider laufen sehr viele Menschen sehr schlecht diagnostiziert jahrelang von einem zum anderen.

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chrysokoll
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Beitrag So., 02.01.2022, 14:48

No Twist hat geschrieben: Sa., 01.01.2022, 17:21 Ich habe mal eine zusätzliche Frage: Gibt es standardisierte Tests für Persönlichkeitsstörungen?
ja, es gibt natürlich standardisierte Tests und die sind ein erster Anhaltspunkt.
Die kann man auch selber machen, gibt es meist im Internet.
Aber: Zumindest bei mir schwankt das sehr, je nach Stimmung und eigener Lage.
Und die Fragen sind dann doch recht allgemein gehalten, so dass vieles zutreffen kann oder auch nicht finde ich.
Ich hab sehr von der wirklichen Fachdiagnostik profitiert, die war aber aufwändig und hat mehrere Stunden bei der Therapeutin und daheim diverse Stunden mit offenen Fragebögen sowie solchen zum ankreuzen in Anspruch genommen.

Dort wo ich hohe Werte hatte wurde zusätzlich noch ein Interview geführt mit mir und erstmals habe ich nun nicht nur das Gefühl sondern die Sicherheit: Das stimmt.
Erstmals wird die Therapie genau da drauf und auf mich abgestimmt und ich profitiere davon

Davor hatte ich diverse Diagnosen und bin dann viel zu lange mit dem label "irgendwie Borderline" durchgereicht worden


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Beitrag So., 02.01.2022, 15:00

Vielen Dank für die Auskunft, Gespensterkind. Ich habe gestern in einer Notfallambulanz angerufen, weil ich dachte, dass es vielleicht im Krankenhaus gemacht werden könnte. Sie meinte, die machen das nicht - das ist die Sache des ambulanten Behandlers. Aber ich habe einen wichtigen Hinweis erhalten; ich habe zwei völlig verschiedene PS diagnostiziert bekommen, von zwei verschiedenen Behandlern. Und zu diesen Diagnosen hat sie mir deutlich gesagt, dass die nie zusammen vorkommen, sich ausschließen und das sie versteht, dass wenn mir sowas passiert, ich einen standardisierten Test haben will, weil diese Diagnosen sich total widersprechen. Scheinbar bin ich in meinem Verhalten doch relativ flexibel. Mich nervt das sehr und ich will einfach echt mal fundierte Diagnostik. Diese ADS-Geschichte passt wirklich ganz gut; Borderline ist wohl ähnlich, kann damit auch gemeinsam auftreten und das mag ja sein, aber ich will mir nicht mehr irgendwas überhelfen lassen und immer still halten. Ich hab die Nase irgendwie einfach voll.

Danke chryskoll; aufwendig... Da wird sich meine Psychiaterin aber freuen. Aber notfalls lass ich mich irgendwohin überweisen. Ehrlich, ich finde es ohne Testung einfach wirklich fast eine Beleidigung und dann hab ich widersprüchliche Diagnosen. Das ist absolut nicht vertrauenserweckend.
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chrysokoll
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Beitrag So., 02.01.2022, 15:18

es ist gut und wichtig dass du das jetzt angehst und ich dahinter klemmst.
Und was heisst aufwändig - jede körperliche Erkrankung erfordert Diagnostik, das ist selbstverständlich, aber bei psychischen Dingen wird noch viel zu oft auf "Zuruf" und Schätzung diagnostiziert.
Ich halte das inzwischen für einen Kunstfehler, und das schadet ja auch massiv. Und ist teuer!
Denn wie soll richtig therapiert werden und wie sollen passenden Medikamente gegeben werden ohne die richtige Diagnose?

Ich hab mich immer gewundert warum Therapien bei mir kaum helfen, ebenso Medikamente, und hab den Fehler bei mir gesucht.
Ja nun, kein Wunder bei den falschen, auf Zuruf erteilten Diagnosen.

Man kann schon mehrere Dinge haben, aber zwei sich völlig ausschliessende geht halt nicht, das kannst du auch deiner Psychiaterin ja klar so kommunizieren.


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Beitrag So., 02.01.2022, 17:19

Ja, das ist teuer und es bringt rein gar nichts. Es ist auch einfach Quatsch, wenn man eine PS diagnostiziert und dabei die Beziehung nicht reflektiert zum Beispiel oder die Situation des Patienten. Das passiert aber immer, wenn man mal aus dem Bauch heraus eine Diagnose dieser Art stellt, denke ich. Man kennt die andere Person ja nur in der Therapiesituation und der Interkation; vielleicht ist der Mensch privat nochmal anders, vielleicht hat er ganz unterschiedliche Beziehungen. Das sollte man mal erfragen. Standardisiert. Ich denke nämlich, dass ich echt zu jeder Therapieperson im Laufe meines Lebens und während des Versuchs die Psychose loszuwerden, eine andere Beziehung hatte. Und da kamen echt die dollsten Dinger bei raus und sich total widersprechende Diagnosen, die dann auch noch therapiert wurden, obwohl man wohl nicht therapieren muss, wie ich auf irgendeinen Behandler mal reagiere. Ich hab eigentlich mit der Schizophrenie bzw. Psychose genug zu tun und dann wollen die meine "starren Verhaltensmuster" quasi ändern, wo ich offensichtlich einfach reaktiv bin, wenn mir zwei völlig konträre Störungsbilder ans Bein geflickt werden.

Ich war ängstlich-vermeidend und später mal histrionisch; und letzteres ist irgendwie echt hart, weil ich wirklich auf Situationen extrem reagiert habe und überhaupt nicht klar kam, aber mir Drama unterstellt wurde und das ich solche Situationen provozieren würde. Dürfte daran liegen, dass mein Gehirn krasse Sachen kann; totales Gedankenkreisen und völlig reinsteigern und nicht aussteigen; könnte (Achtung Eigendiagnose) aber mit einer traumatischen Verarbeitung mancher Situationen zu tun gehabt haben. Ich habe in einer Klinik versucht meine PTBS-Symptome mal an den Mann zu bringen; ich hab das lange geahnt, aber ich wollte einfach Aufmerksamkeit, weil völlig histerionisch. Und ganz ehrlich, deshalb bin ich langsam soweit, dass ich selbst meine Diagnosen in die HAnd nehmen will. Die PTBS gilt mittlerweile als gesichert, weil ich halt Intrusionen haben kann - selten, aber passiert. Mir hat mal jemand zugehört - gut, der hat auch noch Borderline als Verdacht diagnostiziert. Mir letztlich egal, weil diese Drecksintrusionen mich jahrelang gequält haben und die ist weiterhin unbehandelt, aber als aufmerksamkeitsheischende Histrionikerin keine Chance. Es war so krass krank. Ich rate niemandem zu dieser Persönlichkeitsstörung, der auch noch andere Probleme hat. Es ist jetzt so, dass sich eben diese beiden Störungen eher ausschließen. Änsgtlich vermeidend und histerionisch passen nicht zusammen. Und ja, wenn man fett Probleme hat, ahnt, dass da eine PTBS vorhanden ist, das quält, will man eben dass da mal geguckt wird. Aber ich war histerionisch; eigentlich damals wirklich kurz vor dem Suizid, aber halt histerionisch. Und vermutlich haben die nicht mal meine Psychose ernst genommen, als ich da auflief, meinte, ich habe PSychose und gerade ist schwierig und ich will vermeiden, dass ich wieder eine bekomme. Ich werde diese Behandlung echt nie vergessen. Naja, Borderline dürfte jetzt alles vereinen und total problematisches Verhalten meinen. Vermutlich kann ich mit Borderline ängstlich-vermeidend und histerionisch gleichzeitig sein.

Naja, ich entschuldige mich, dass ich hier mal meiner ganzen Verzweiflung freien Lauf gelassen habe. Es ist einfach so, dass ich wirklich kein Zutrauen in diese ganze Diagnosegeschichte habe, auch nicht richtig in Therapie mittlerweile, vielleicht wird man ja die ä-v PS nur los, indem sie dich zur Histrionikerin machen? Ich will wirklich mal standardisiert diagnostiziert werden. Nase völlig voll. Ich halte meine Diagnosen dieser Art, bis wir wirklich mal standardisiert diagnostiziert haben, für iatrogen. Einfach, weil du Drama machst, wenn du ein Problem hast, und das Problem nicht ernst genommen wird, sondern dahinter dein Hang steckt, Drama zu machen. Ich finde es auch bis heute eindrücklich, wie mein Verhalten, also freundlich-liebenswürdig (das ist realtiv starr, wenn mir Menschen eher unbekannt sind) einmal als scheinbar Schüchternheit und einmal scheinbar als Kokettieren ausgelegt wird. Fakt ist, so gut kenne ich mich; ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt. Völlig unangenehm und purer Stress. Aber ich kann Menschen mit der Zeit an mich ranlassen. Ich denke nicht, dass ich wirklich ängstlich-vermeidend bin, aber das eher. Aber histerionisch erst recht nicht. Außer ich bin in einem Krankenhaus und will das da gefälligst mal jemand seinen Job macht und mir hilft, weil ich fast durchknalle. Ich weiß nicht, ob das jetzt histrionisch ist oder ob ich da auch mal Drama machen darf und Hilfe rufen. Ehrlich, ich sitze auf diesen Störungen und bekomme einen zuviel. Zumal die Psychiaterin gestern meinte, nee, diese Störungen treten nicht zusammen auf, das wäre ihr völlig neu und das geht irgendwie nicht.
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Jenny Doe
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Beitrag Mo., 03.01.2022, 07:25

No Twist: Gibt es standardisierte Tests für Persönlichkeitsstörungen? Ich hatte im Laufe der Zeit einige und ich will ja nicht mal sagen, dass es nicht so ist oder sein könnte - aber ehrlich gesagt: Ich finde sowas ohne standardisierten Test irgendwie daneben; und ich erhalte immer irgendwas neues, das andere wird verworfen.
Es gibt standardisierte Test. Das Problem an diesen ist jedoch, dass sie nicht der Differentialdiagnostik dienen. Ein Test für Persönlichkeitsstörungen erfragt z.B. nicht, welche alternativen Erklärungen es für deine Reizproblematik (oder andere Symptome) gibt. Ein solcher Test fragt z.B. nicht nach PTBS, Hochsensibilität, ADHS, Migräne, Hochbegabung, Autismus, ..., sowie sämtlichen anderen möglichen Diagnosen, bei denen dieses Symptom ebenfalls auftreten kann.

Ich selber wurde unzähligen Tests unterzogen. Kreuzte ich z.B. in einem Test auf Hochsenbilität das Reizproblem-Item an, dann wurde es als "Hochsensibilität" ausgewertet. In ADHS-Test wurde dieselbe Frage als ADHS ausgewertet, im Test für Persönlichkeitsstörungen wurde daraus eine Persönlichkeitsstörung gemacht. Beim Migräne-Fragebogen wurde es als Migränesymptom interpretiert, ... Dasselbe geschah bei den anderen Tests, die Reizfragen beinhalteten.
Der Fragebogen, der mir vorgelegt wurde, wurde so ausgewertet, dass Psychotherapeuten ihre Verdachtsdiagnose bestätigt glaubten. Mit jedem neuen Fragebogen, den man mir vorlegte, erhielt ich eine neue Diagnose und die alte wurde verworfen. Keiner diese ganzen Fragebögen schaute nach links oder rechts. Keiner diese ganzen Fragebögen grenzte alle in Frage kommenden Diagnosen, bei denen das Symptom auftritt, voneinander ab.

Das Ergebnis war, dass ich auf all die Diagnosen behandelt wurde, die die Test vorgeben, messen zu können. Doch dann stellte sich heraus, dass alle Diagnosen falsch waren. Ich habe eine neurologische Erkrankung, die mit Fragebögen auf PTBS, Hochsensibilität, Persönlichkeitsstörung, ADHS, Migräne, Hochbegabung, Autismus, ..., nicht erfragt und nicht gemessen wurde.

Dasselbe geschah mit all meinen anderen Symptomen. Mal wurden meine Halluzinationen als Psychose diagnostiziert, mal als Imaginationsfähigkeit, mal als Aurasymptom bei einer Migräne, mal als Multiple Persönlichkeitsstörung, ... je nachdem, welchen Fragebogen man mir vorlegte.

Wenn Du die Möglichkeit hast, dann guck Dir mal die verschiedenen Fragebogen an und achte mal darauf, wie enorm die Symptomüberlappungen sind. Ein und dieselben Symptome findest Du in sämtlichen Fragebögen. Je nachdem, welchen Fragebogen du ausfüllst, erhältst du die entsprechenden Diagnose des Fragebogens.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 03.01.2022, 12:07

No Twist hat geschrieben: Sa., 01.01.2022, 17:21 Ich habe mal eine zusätzliche Frage: Gibt es standardisierte Tests für Persönlichkeitsstörungen? Ich hatte im Laufe der Zeit einige und ich will ja nicht mal sagen, dass es nicht so ist oder sein könnte - aber ehrlich gesagt: Ich finde sowas ohne standardisierten Test irgendwie daneben; u

Es gibt halt die Diagnosekriterien wo du zB 5 von 9 Punkten erfüllen musst damit die Diagnose gegeben werden kann.

Hier sind zB die für die Borderline Persönlichkeitsstörung:

DSM-5

In dem aktuellen DSM-5 (dem Klassifikationssystem der American Psychiatric Association) ist die Borderline-Persönlichkeitsstörung im Kapitel Persönlichkeitsstörungen verzeichnet.[13]

Es handelt sich um ein tiefgreifendes Muster von Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten sowie von deutlicher Impulsivität. Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter und das Muster zeigt sich in verschiedenen Situationen.

Mindestens fünf der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:

Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden. (Beachte: Hier wird kein suizidales oder selbstverletzendes Verhalten berücksichtigt, das in Kriterium 5 enthalten ist.)
Ein Muster instabiler und intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist.
Störung der Identität: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung.
Impulsivität in mindestens zwei potenziell selbstschädigenden Bereichen, z. B. Geldausgaben, Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, „Essanfälle“. (Beachte: Hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen berücksichtigt, die in Kriterium 5 enthalten sind.)
Wiederholtes suizidales Verhalten, Suizidandeutungen oder -drohungen oder Selbstverletzungsverhalten.
Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung, z. B. hochgradige episodische Misslaunigkeit (Dysphorie), Reizbarkeit oder Angst, wobei diese Verstimmungen gewöhnlich einige Stunden und nur selten mehr als einige Tage andauern.
Chronische Gefühle von Leere.
Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren, z. B. häufige Wutausbrüche, andauernde Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen.
Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome.

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 03.01.2022, 12:09

DSM-5 Alternativ-Modell

Das Alternativ-Modell des DSM-5 in Sektion III schlägt folgende diagnostische Kriterien vor:[13]

A. Mittelgradige oder stärkere Beeinträchtigung im Funktionsniveau der Persönlichkeit, die sich durch typische Schwierigkeiten in mindestens zwei der folgenden Bereiche manifestiert:

Identität: Deutlich verarmtes, wenig entwickeltes oder instabiles Selbstbild, oft mit exzessiver Selbstkritik; chronische Gefühle von innerer Leere; durch Belastung ausgelöste dissoziative Symptome.
Selbststeuerung: Instabilität in Zielsetzungen, Vorlieben, Wertvorstellungen und beruflichen Plänen.
Empathie: Eingeschränkte Fähigkeit, die Gefühle und Bedürfnisse anderer Personen zu erkennen, verbunden mit zwischenmenschlicher Überempfindlichkeit (beispielsweise eine Neigung, sich geringgeschätzt oder beleidigt zu fühlen); die Wahrnehmung anderer fokussiert auf negative Eigenschaften oder Vulnerabilitäten.
Nähe: Intensive, aber instabile und konfliktreiche enge zwischenmenschliche Beziehungen, die durch Misstrauen, Bedürftigkeit und ängstliche Beschäftigung mit tatsächlichem oder vermeintlichem Verlassenwerden gekennzeichnet sind; nahe Beziehungen werden oftmals in Extremen von Idealisierung und Abwertung erlebt und alternieren zwischen Überinvolviertheit und Rückzug.

B. Mindestens vier der folgenden sieben problematischen Persönlichkeitsmerkmale, wenigstens eines davon ist (5) Impulsivität, (6) Neigung zu riskantem Verhalten oder (7) Feindseligkeit.

Emotionale Labilität: Instabiles emotionales Erleben und häufige Stimmungswechsel; heftige Emotionen bzw. Affekte sind leicht stimulierbar, hochgradig intensiv und/oder unangemessen hinsichtlich situativer Auslöser und Umstände.
Ängstlichkeit: Intensive Gefühle von Nervosität, Anspannung oder Panik, oft ausgelöst durch zwischenmenschliche Spannungen; häufige Sorge über negative Auswirkungen vergangener unangenehmer Erlebnisse und über mögliche negative Entwicklungen in der Zukunft; ängstliche Gefühle, Besorgnis oder Bedrohungsgefühl bei Unsicherheit; Angst vor psychischem Zerfall oder Verlust der Kontrolle.
Trennungsangst: Angst vor Zurückweisung und/oder Trennung von wichtigen Bezugspersonen, begleitet von Furcht vor übermäßiger Abhängigkeit und komplettem Autonomieverlust.
Depressivität: Häufige Niedergeschlagenheit, Sich-elend-Fühlen und/oder Hoffnungslosigkeit; Schwierigkeit, sich von solchen Stimmungen zu erholen; Pessimismus hinsichtlich der Zukunft; tiefgreifende Schamgefühle; Gefühl der Minderwertigkeit; Suizidgedanken und suizidales Verhalten.
Impulsivität: Handlungen erfolgen Hals über Kopf als unmittelbare Reaktion auf einen Auslöser, sie sind vom Augenblick bestimmt, ohne Plan oder Berücksichtigung der Folgen; Schwierigkeiten, Pläne zu entwickeln und zu verfolgen; Druckgefühl und selbstschädigendes Verhalten unter emotionalem Stress.
Neigung zu riskantem Verhalten: Ausübung gefährlicher, risikoreicher und potenziell selbstschädigender Handlungen ohne äußere Notwendigkeit und ohne Rücksicht auf mögliche Folgen; Mangel an Bewusstsein für die eigenen Grenzen und Verleugnung realer persönlicher Gefahr.
Feindseligkeit: Anhaltende und häufige Gefühle von Ärger; Ärger oder Gereiztheit bereits bei geringfügigen Kränkungen oder Beleidigungen.




Aber natürlihc muss man auch eine Differntialdiagnostik machen, dass die Symptome zB nicht aufgrund von ADHS vorhanden sind.

Wenn du nach den Kriterien vorgehst kannst du es ja im Grunde selbst feststellen, wenn du reflektiert genug bis um zu sagen ob der Punkt für dich zutrifft.

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