Einen inneren Anteil bewusst gehen/sterben lassen.

Alle Themen, die in keines der obigen Foren zum Thema "Psychische Leiden und Beschwerden" passen.
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stern
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Beitrag Mi., 22.12.2010, 18:03

MrN hat geschrieben:Dazu möchte ich jetzt mal unkommentiert und vielleicht sogar ein wenig provokativ folgende These in den Raum stellen:
Claudio Naranjo stellt fest:
..., wie der Schamane als einen Teil des Initiationsprozesses etwas auf sich nimmt, was wir normalerweise als einen psychotischen Zustand diagnostizieren würden. Er wird deswegen aber nicht eingesperrt und behandelt, sondern ganz im Gegenteil: Sein Zustand wird respektiert, und es wird ihm zugestanden, seinen normalen Verlauf zu nehmen. Die konsequente Frage lautet deswegen: Sind einige der Syndrome, die wir als schizophren bezeichnen und sie als solche behandeln, nicht einfach stürmische, ja sogar zusammenbruchartige Stufen einer Entwicklung, die wir aus Mangel an Vertrauen unterbrechen, anstatt ihnen zu erlauben, einen positiven Verlauf zu nehmen?«

aus: Dr. Hiroshi Motoyama / Rande Brown - CHAKRA-PHYSIOLOGIE
Wenn man Erfahrungen machen musste, wie jemand in akut psychotischen Phasen einer Sch. so entfremdet (gelinde gesagt) ist, dass Zwangseinweisungen unumgänglich sind bzw. Suizid begangen wurde, so ist Provokation nicht nicht das erste, was mir dazu einfällt . Der normale Verlauf führt wohin? Suizid wird in Kauf genommen, ...hauptsache alles seinen Lauf nehmen lassen, denn es könnte ja vielleicht positiv ausgehen... und sich dabei auch noch folgendes erschließen:
... Psychose ..., sondern auch ein Reservoir an Möglichkeiten, daß weit größer ist als bei normalen Zuständen. (Quelle s.o.)
Schizophrene Psychose als Reservoire an Möglichkeiten? Für einen Betroffenen (nicht ich selbst) kann es auch die Hölle sein - was man nur erahnen kann, wenn man mal jemanden persönlich (chancenlos) versucht hat zu erreichen (falls man überhaupt noch verstehen kann, was gemeint ist).

Nee... ich versuche für vieles offen zu sein, aber für alles kann ich es "einfach" nicht... und bleibe dabei: Vertrauen ist gut, Vorsicht kann besser sein... auch in dem Fall.

Btw. O.g. steht (für mich) weder in unmittelbaren noch mittelbaren Zusammenhang mit "inneren Anteilen", sondern ist eine vom bisherigen Thread völlig losgelöste Meinung/Erfahrung zu og These.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

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MrN
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Beitrag Di., 11.01.2011, 19:45

Hallo Stern,
Deinen Einwand kann ich verstehen. Das sind sehr ernste Geschichten. Ich habe das genannte Buch vor über 10 Jahren gelesen, konnte mir aber mangels Erfahrung damals auf vieles keinen Reim machen. Ich hab jetzt noch einmal nachgeblättert.
  1. Zwei Thesen fand ich bemerkenswert, die möchte ich der Vollständigkeit halber ergänzen:
  2. Voraussetzung, daß so etwas wie eine "Erleuchtung" überhaupt möglich ist, ist ein mit "Beobachter" bezeichneter autonomer Bewußtseinsanteil, welcher sich selbst als unpersönlich wahrnimmt.
  3. Bei untersuchten Adepten lassen sich mit Hilfe von physiologischen Messungen bei pseudopsychotischen Zuständen Muster erkennen, welche bei echten Psychotikern fehlen.
Daraus komme ich nun zu dem Schluß, daß dissoziierte Bewußtseinsanteile eine reale Voraussetzung für eine spirituelle Bewußtseinserweiterung sein müssen und insbesondere fortgeschrittene Meditationpraktiken speziell darauf ausgerichtet sein müssen, solche auch bewirken zu können!
Auf der anderen Seite ist in allen von mir untersuchten spirituellen Wegen von tiefen existenziellen Krisen die Rede, welche meist ziemlich direkt als "Tod" oder "Sterben" - und nach der vorangegangen Erkenntnis möchte ich ergänzen: eines oder mehrerer Persönlichkeitsanteile - bezeichnet werden. Also, worum es in diesem Thema ja schließlich geht.
So, nur das noch, um abzurunden, was ich zulezt noch aufgewirbelt habe...

@münchnerkindl
Danke für Deine Schilderung. Das hat mich brennend interessiert. Ich hatte Dir auch noch eine PM geschickt, die aber bisher ungeöffnet geblieben ist...

Daher denke ich jetzt nicht mehr, daß hier im Moment noch großer Diskussionsbedarf zu diesem heiklen Thema herrscht.
Oder?!
LG
MrN

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münchnerkindl
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Beiträge: 9598

Beitrag Di., 11.01.2011, 20:26

MrN hat geschrieben:
Daraus komme ich nun zu dem Schluß, daß dissoziierte Bewußtseinsanteile eine reale Voraussetzung für eine spirituelle Bewußtseinserweiterung sein müssen und insbesondere fortgeschrittene Meditationpraktiken speziell darauf ausgerichtet sein müssen, solche auch bewirken zu können!
Also zumindest nicht im Buddhismus, und auch nicht im tantrischen Buddhismus wo sehr viel mit Visualisation gearbeitet wird.

Weil "dissoziierte" Bewusstseinsanteile sind genauso verblendet wie im normalen Alltagsbewusstsein vorhandene. Solche Meditationsmethoden bewirken allerdings, daß unbewusste Anteile an die Oberfläche kommen. Das hat mit Karma zu tun, das dabei getriggert und durchgearbeitet wird, aber das werden hier einige Leute etwas zu esoterisch finden als Erklärung.

Einfach unbewusste mentale Inhalte an die Oberfläche bringen alleine hat null "erleuchtende" Wirkung.

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MrN
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Beiträge: 1368

Beitrag Di., 11.01.2011, 21:27

... sie an die Oberfläche zu bringen, um davon die Illusionen "sterben" zu lassen. Oder nicht?!*

Und gerade auch im Buddhismus und ganz besonders im tantrischen Buddhismus!
Dazu hätte ich noch eine gute Lektüre, welche ich (an anderer Stelle) bereits im Forum genannt hatte:
Terry Clifford: Tibetische Heilkunst.* Dort wird darüber äußerst anschaulich und explizit referiert.


Aber, münchnerkindl, entschuldige.
Ich möchte nicht darüber streiten müssen. Falls Du meine Vorstellungen völlig fehl am Platz findest, ist es sicher nicht meine Aufgabe, Dich vom Gegenteil zu überzeugen.

Dennoch sollte ich hier vielleicht noch anführen, warum diese Kenntnisse und auch die Erfahrungen von Dir und jennyfer so überaus wichtig für mich waren:
Ich kann mich nämlich (real, also in diesem Leben, wenn Du so willst) an keine Zeit erinnern, ohne daß ich einen inneren "Beobachter" gehabt hätte (der seine Gedanken aus einer unpersönlichen "man"-Perspektive äußert und zuweilen auch Befehle aus "höherer" Einsicht gibt)!!! Die Abspaltung muß also spontan und extrem früh erfolgt sein. Ich kann dem bisher auch kein wirklich gravierend traumatisches Erlebnis zuordnen, außer das es für mich immer schon schmerzhaft war "irgendwie anders" zu sein. Ich fühlte mich Alterkameraden manchmal haushoch überlegen, weil der "Beobachter" jede "Schlechtigkeit" von mir bemerkt hat und strikt von mir verlangt hat, aus diesen Fehlern zu lernen. Ich habe mich deshalb immer wie ein Tropfen Öl im Wasser gefühlt und nie einen anderen als abstrakten Zugang zu politischen und religiösen Ritualen und zu sozialen Gemeinschaften überhaupt* gefunden. Stattdessen habe ich mich ständig und intensiv darum bemüht, meine Gedanken und Eindrücke einzuordnen, vielleicht könnte man es auch "Geist pflegen" nennen. Erst, als ich, aufgrund steigender privater und beruflicher Belastung, nicht mehr ausreichend Muße dafür fand, begannen meine Probleme damit.

Für mich bestand der Knackpunkt meiner aktuellen Erkenntnis vor allem darin, endlich einzusehen, daß genau dieser "Beobachter" von Anfang an den Unterschied ausgemacht hat und daß ich früher rein intuitiv auch damit umgehen konnte*.


Ich hatte wohl kaum eine andere Wahl, als es so anzufangen, wie ich es schließlich auch getan habe.
Für mich sind die aktuellen Erkenntnisse ein wesentlicher und dazu ganz persönlicher Fortschritt.

Ich möchte also wirklich hier niemanden hier von irgendetwas überzeugen.

Also, dann nochmals LG
MrN

Beitrag gekürzt
* ergänzt

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Gärtnerin
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weiblich/female, 41
Beiträge: 1162

Beitrag So., 30.01.2011, 19:37

Auch ich habe heute einen Anteil von mir ganz bewusst gehen lassen.

Ich habe diesen Anteil in mir als schwarzen Wolf gesehen. Er war nicht böse. Im Gegenteil, er hatte mich bei meiner Ankunft auf dieser Erde beschützt und gewärmt, damals nach meiner Geburt, als sonst keiner da gewesen ist. Danach ist er nie mehr verschwunden. Er nahm seine Beschützeraufgabe sehr ernst. Immer wenn er die Situation für gefährlich hielt, knurrte er und ließ nichts und niemanden an mich heran: keine Menschen und ganz besonders keine Gefühle. Auch die schönen Gefühle nicht. Der Wolf schützte mich vor Gefahr und trennte mich zugleich vom Leben ab.

Vor zwei Wochen riet mir in weiser Mensch, den inneren Wolf nicht länger zu nähren. Heute war ich dann endlich so weit, das treue Tier gehen zu lassen. Aber nicht in den Tod, sondern in die Freiheit. Voller Dankbarkeit für seine 41-jährige Fürsorge habe ich Abschied genommen, habe ein letztes Mal in seine bernsteinfarbenen Augen geblickt, ein letztes Mal sein Fell an meiner Wange gespürt und ihn dann im Wald verschwinden sehen. Mann, was hab ich geheult!!! Nun fühle ich mich frei und leer zugleich. In meinem Herzen ist eine leere Stelle zurückgeblieben, die sich erst wieder neu füllen muss.

Ich hoffe, dass der Wolf dort, wo immer er nun sein mag, endlich sein eigenes Leben führen kann und glücklich wird. Ich werde ihn nicht vergessen.
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

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Aditi
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weiblich/female, 53
Beiträge: 1089

Beitrag So., 30.01.2011, 19:55

liebe gärtnerin,

ein ganz berührendes bild, an dem du uns da teilhaben lässt. danke!

aditi


alvina
sporadischer Gast
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weiblich/female, 22
Beiträge: 7

Beitrag Di., 02.10.2018, 14:50

Jennyfer, ich empfinde deinen Beitrag äußerst hilfreich und sehr bewundernswert das du so offen bist.
Ich selbst habe innere Anteile und bin nun auf der Suche nach einer Möglichkeit mich von ihnen zu trennen.
Sind alle deine Anteile mit dieser Methode verschwunden oder spürst du sie noch?
Wie gehst du mit ihnen um , damit sie eben gehen?

Hallo Alvina
Dieser Thread ist von 2011; einige dieser User sind mittlerweile nicht mehr anwesend. Ich bitte dich, einen eigenen Thread zu eröffnen zu diesem Thema. Diesen Thread werde ich schliessen.
Danke,
liebe Grüsse
Elfchen

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