Beschneidung:

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Passat
Forums-Gruftie
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Beitrag Do., 16.08.2012, 12:36

FreudsLeiden hat geschrieben:Die werden jetzt noch 20 Jahre herumdiskutieren, oder 10, dank elektronischer Medien geht alles schneller und dann ist die Sache abgeschafft.
Vielleicht war auch die Absicht der Kölner Richter, mit ihrem Urteil eine Debatte anzustoßen, in der Hoffnung, dass die jüdische und muslimische Gemeinde im Angesicht der Moderne ihre Traditionen einmal gründlich hinterfragt.

Wenn das Urteil von einem höheren Gericht auch wieder relativiert oder gar aufgehoben würde (was wohl auch so kommen wird), hat es aber bis dahin immerhin Raum für Reflexionen gegeben. Vielleicht haben im Zuge dieser Debatte gar nicht so wenige Traditionalisten eingesehen, dass es eigentlich unmöglich ist, gerade die Tradition der Beschneidung logisch zu rechtfertigen. Vielleicht sind, und werden künftig, sogar jene Religionen durch dieses Ereignis ein Stückweit moderner, weltoffener.

Aber 'abgeschafft' wird diese Tradition vermutlich in den kommenden 2.000 Jahren eher nicht.
"Alles entsteht durch den Konflikt" (Heraklit)

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per aspera...
Helferlein
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Beitrag Fr., 31.08.2012, 07:58

Es gibt nun auch eine Gerichtsverhandlung wegen einem Ohrlochstechen bei einem 3-jährigen Kind...

Meine Meinung: Jeglicher chirurgischer Eingriff an einem Kind - außer er ist gesundheitlich notwendig - ist Körperverletzung. Körperverletzung ist auf der ganzen Welt (in gewissen Teilen davon zumindest auf dem Papier) ein Straftatbestand. Ganz genau so wie jeder zwangsweise chirurgische Eingriff an einem Erwachsenen.
Religiöse Vorstellungen - und seien sie noch so alt, "traditionell" oder kulturell verwurzelt - haben auf diese Tatsache keinen rechtlichen Einfluss.

In dieser Sache geht es auch nicht um das hygienischere Ergebnis oder um Schmerzfreiheit während des Eingriffs.

Jeder Mensch, egal, welchen Alters, hat ein recht auf körperliche Unversehrtheit.

Ich verstehe nicht, warum hier in Deutschland, wo Religion (GsD) vom Staat getrennt ist, überhaupt angedacht wird, für religiöse Beschneidungen eine Ausnahme zu machen.

LG

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TwoFace
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Beiträge: 1859

Beitrag Fr., 31.08.2012, 17:22

per aspera... hat geschrieben:...

Ich verstehe nicht, warum hier in Deutschland, wo Religion (GsD) vom Staat getrennt ist, überhaupt angedacht wird, für religiöse Beschneidungen eine Ausnahme zu machen.

LG
Hier liegt die Antwort. Eine Republik, die everybodies best friend auf der Welt sein will.
Ich verlass´ mich auf meine Sinne!
Irrsinn
Blödsinn
Wahnsinn

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per aspera...
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Beiträge: 64

Beitrag Sa., 01.09.2012, 08:14

TwoFace hat geschrieben:
per aspera... hat geschrieben:...

Ich verstehe nicht, warum hier in Deutschland, wo Religion (GsD) vom Staat getrennt ist, überhaupt angedacht wird, für religiöse Beschneidungen eine Ausnahme zu machen.

LG
Hier liegt die Antwort. Eine Republik, die everybodies best friend auf der Welt sein will.
Sicher auch (und das ist angesichts unserer Geschichte auch - und immer noch - verständlich), aber da gibt es eben auch den (sicher kleineren) hochreligiösen Prozentsatz der Bevölkerung, der die Säkularisierung eher als Entchristlichung und somit negativ sieht; plus die Immigranten und Asylanten, die aus Ländern zu uns kommen, in denen religiöse Rechte der weltlichen Rechtssprechung gleichgestellt oder sogar übergeordnet sind.

Die Frage der Zulassung von Beschneidung ist also ein Thema der Integration bei gleichzeitiger Achtung fremder Kulturen?
Aber auch das ergibt bei mir kein großes Fragezeichen: Wer sich entschieden hat, dauerhaft in Deutschland zu leben, erkennt an, dass er in einem säkularisierten Staat lebt, und unterwirft sich damit automatisch der deutschen Rechtssprechung.
Da kann die Einstellung, es jedermann-und-frau rechtzumachen, keinen Platz haben, da dies zur Aufweichung unserer Gesetzgebung führt.

Es ist also wohl eher die Frage, ob die Würde des Menschen (die ja bei uns unantastbar ist), die Facetten seiner jeweiligen Religion mit einschließt, die die Unversehrtheit eines anderen Menschen verletzen...

Ich beneide die deutschen Gerichte + Entscheider in dieser Sache nicht...

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Sinarellas
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Beiträge: 2016

Beitrag Do., 11.10.2012, 09:26

per aspera... hat geschrieben: Jeder Mensch, egal, welchen Alters, hat ein recht auf körperliche Unversehrtheit.
Ich verstehe nicht, warum hier in Deutschland, wo Religion (GsD) vom Staat getrennt ist, überhaupt angedacht wird, für religiöse Beschneidungen eine Ausnahme zu machen.
BINGO.
Und ja das Thema ist ganz einfach. Extrem einfach.
Das Recht auf körperliche Unversehrtheit gehört zu den Grundrechten eines Menschen im Geltungsbereich des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Es wird zusammen mit dem Recht auf Leben und dem Recht auf Freiheit der Person in Art. 2 Abs. 2 GG garantiert
@wiki

So einfach ist das. Vor dem Gesetz ist jeder gleich, egal welche Spiritualität, Religion etc. er angehört, das wollen die Religiösen (und ja ich trenn mich von diesen ab) doch auch vor dem Gesetz und wenn es aber um sie geht, soll eine Ausnahme gemacht werden!? Bitte, das ist schlichtweg dumm.
Es gibt keinen einzigen Grund dieses Recht zu verändern. Egal wer da angewatschelt kommt. Und egal was für alberne Argumente sich ausgedacht werden, dass die Religion nicht mehr ausgeübt werden kann (und überhaupt Religionsfreiheit! mimi) etcpp.
Alles was einem Menschen unfreiwillig Schaden zufügt oder er nicht darüber entscheiden kann gehört vors Gericht.
..:..


Eremit
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Beiträge: 8876

Beitrag Do., 11.10.2012, 09:55

Übrigens, kleines Update:

Beschneidung bleibt erlaubt, es soll nur - angeblich - größeres Augenmerk auf korrekte Durchführung im medizinischen Sinne gelegt werden. Es blaibt also alles beim Alten.

Das war's dann, damit ist die Sache eigentlich gegessen.

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miriam71
sporadischer Gast
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Beiträge: 8

Beitrag Do., 03.12.2020, 10:07

Ich krame ungern alte Geschichten vor, aber in diesem Fall konnte ich nicht anders. Ich bin deiner Meinung und unterschreibe vorallem deine Aussage "Meiner Meinung nach wird die Religionsfreiheit viel zu oft entgegen jeglicher Vernunft mehr Raum eingeräumt als für ein vernünftiges Miteinander förderlich ist." Mit mehr Vernunft und einem respektvollen Miteinander - statt Gegeneinander - würde man so viel mehr bewirken. Gerade in der heutigen Zeit mit all den Krisen und Problemen ...
Zuletzt geändert von Pauline am Do., 03.12.2020, 16:48, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: bitte keine Fullquoten, siehe Netiquette, danke!

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