'saubere Gewalt' - Trauma durch medizinische Massnahmen

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Pianolullaby
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Beitrag So., 03.09.2017, 22:26

also mir hat es meine Mutter gesagt, ihr hat man es direkt nach der Operation gesagt.
Es ist so Mianonna dass dies heute weitaus seltener geschieht.
1. weil es andere Narkosemöglichkeiten,
2. andere Narkosemedikamente, und
3. viel bessere "Überwachung" gibt. Mittlerweile werden die Hirnströme gemessen,
und die zeigen an, wie es um den Patienten steht.

Ich hatte keinen Schmerz. Ich weiss einfach, dass ich in das Gesicht von etwa 5 Personen geschaut habe.
Die haben das total schnell gemerkt, und eben dann Narkose hinterher
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mio
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Beitrag So., 03.09.2017, 22:43

Pianolullaby hat geschrieben: So., 03.09.2017, 22:26 Ich hatte keinen Schmerz.
Dann ist es ja auch nicht so schlimm. Ich bin von dem "Schmerz" "aufgewacht". Ich spüre das bis heute manchmal, wie mir tief ins Bein geschnitten wird und kann seitdem sowas nicht mal mehr im Fernsehen sehen ohne dass es mich schüttelt und es mir "weh" tut. Bei mir haben sie es eben "gemerkt" weil ich Schmerzen hatte. Sonst wäre ich wahrscheinlich auch gar nicht "aufgewacht"... Ich habs damals nachgelesen nachdem ich es sicher wusste und bei einer OP Dauer von voraussichtlich 6-7h ist so eine Form der Narkose absolut nicht angezeigt, da die allenfalls 2-3h Stunden wirkt.

Das war auch nicht das einzige, was da damals "schief" lief.

Da liefen auch so Sachen schief wie ne falsch konservierte Eigenblutspende, die ich dann zweimal machen musste, weil die erste eben falsch konserviert worden war...also wieder auf der einen Seite rein und auf der anderen neu raus, um es richtig zu konservieren.

Dann war sie am Tag vor der OP erst nicht auffindbar, dann war unklar, ob sie denn jetzt richtig konserviert war oder nicht...und ich bekam sie nicht während der OP sondern schon am Tag vorher (nachdem sie dann aufgetaucht war) besser direkt, falls es "Komplikationen" dadurch geben würde....

Dann wurden Fäden falsch gezogen, so dass der "Knoten" der mittig auf der Naht war in die Wunde gezogen wurde und mit dem Skalpell "rausoperiert" werden musste.

Bei der spinalen Anästhesie haben sie mich auf die Seite legen lassen, wo die Wunde von der PE war, anstatt mich auf die andere Seite legen zu lassen.

Eine "Eigenknochenmarkstransplantation" aus der Hüfte wurde erst am "nicht zu operierenden Bein" geplant (da hab ich zum Glück - trotz jung und dumm - meinen Mund aufgemacht, was DAS denn jetzt bitte schön soll? Ich brauch doch nicht zwei aufgeschnittene Beine wenn es nicht Not tut...).

Und es war eine renommierte und auf solche OPs spezialisierte Klinik.

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Pianolullaby
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Beitrag So., 03.09.2017, 22:50

mio hat geschrieben: So., 03.09.2017, 22:43
Pianolullaby hat geschrieben: So., 03.09.2017, 22:26 Ich hatte keinen Schmerz.
Dann ist es ja auch nicht so schlimm.
Das empfinde ich ehrlich gesagt gerade ziemlich abwertend.
Ich war 5, und es war trotz allem ein Trauma, welches ich heute noch mit mir rum schleppe,
und jedes Mal Angst vor einer Narkose habe.

Ich konnte mich weder mitteilen, noch bewegen, noch sonst was.

Also tut mir leid Mio, aber der Satz tut mir echt weh.
Ich denke eigentlich dass man bei solchen Sachen nicht vergleichen sollte.

Ich sage Dir auch nicht, dein ungewollter Kuss ist weniger schlimm, als mein ritueller Missbrauch !
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mio
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Beitrag So., 03.09.2017, 22:53

Sorry Piano, für mich lass es sich so, als ob Du selbst das gar nicht so schlimm fandest... Ich wollte es auf alle Fälle nicht abwerten, hatte allerdings den Eindruck, Du selbst hast dass als "harmlosen Vorgang" verbucht, weil es ja kommuniziert wurde, heute eh alles anders ist etc.

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Pianolullaby
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Beitrag So., 03.09.2017, 22:58

ok, ja kann ich verstehen, dass es sich so lesen kann.
Nein, ich habe nach wie vor Probleme damit,
mittlerweile weiss ich einfach dass es heute nicht mehr oft geschieht, weil ich aus meiner Arbeit heraus ein AnästhesiePraktikum gemacht habe. Und ich habe Gott sei Dank schon auch korrigierende Erfahrungen machen dürfen.
Es hat sich deshalb sicherlich abgeschwächt, und ich kann mittlerweile wieder vertrauen-
Aber dafür habe ich 25 Jahr gebraucht, bis zu meiner 2. Rückenoperation. Da habe ich das 1. Mal der Anästhesie auch klar gemacht was das Problem ist, und es wurde darauf eingegangen.

Das würde ich jedem Menschen wünschen.

Angst habe ich aber nach wie vor. Habe ja grad vor 10 Tagen eine grössere OP gehabt, und bin vorher auch an der Panik dran gewesen.

Nix für ungut Mio, tut mir leid
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mianonna1
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Beitrag So., 10.09.2017, 15:20

Pianolullaby hat geschrieben: So., 03.09.2017, 22:26 also mir hat es meine Mutter gesagt, ihr hat man es direkt nach der Operation gesagt.
Es ist so Mianonna dass dies heute weitaus seltener geschieht.
1. weil es andere Narkosemöglichkeiten,
2. andere Narkosemedikamente, und
3. viel bessere "Überwachung" gibt. Mittlerweile werden die Hirnströme gemessen,
und die zeigen an, wie es um den Patienten steht.

Ich hatte keinen Schmerz. Ich weiss einfach, dass ich in das Gesicht von etwa 5 Personen geschaut habe.
Die haben das total schnell gemerkt, und eben dann Narkose hinterher
Hallo.

Bei mir war es nicht wegen der Narkose. ES ging nicht um eine O.P. Bevor ich jetzt weiterfahre. Ich weiss nicht ob du diese Antwort bekommst. Ob ich das hier richtig abschicke :-)

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mianonna1
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Beitrag So., 10.09.2017, 15:36

Ich lese hier sehr viel von Trauma durch "Narkose" ...

Meine Sorge aktuell ist der nicht beabsichtigte Umgang mit chronisch kranken Kindern und die wiederholten Eingriffe über Jahre hinweg während den etlichen Krankenhausaufenthalten.

Vielleicht sollte ich das durch eine Rollenspiel veranschaulichen. Man kann sich das so vorstellen: als Erwachsener in einem Krankenbett. Plötzlich ohne Vorwarnung treten eine, dann mehrere Personen in dein Lebensraum ein. Er ist 5 Köpfe grösser als du, so hoch wie breit, weisser Kittel. Jeder hat einen anderen Körpergeruch, Behaarung, Lächeln usw. Manchen traust du nicht. Scheinen vieles witzig zu finden. Du sollst / musst mit ihnen gehen. Hilflosigkeit. OHmancht. Deine Frau (Mutter des Kindes) schaut dabei zu. Legt ihr ganzes Vertrauen, dein ganzes Leben in deren Hände. Du wirst auf ein Brett gelegt oder kriechst dich irgendwie rauf. DAnn wollen die irgendetwas von dir. Keiner hat mit dir geredet, dich vorgewarnt. Die Beziehung zu deiner Frau (Mutter) ist nicht gut, nicht stabil. Sie selber emotional unstabil, ängstlich, hilflos zuschauend. Du fühlst dich verraten. Liegst da. 5 Typen halten dich fest. Zwei an der linken SEite am Arm. Einer unten an den Füssen. Einer oben am Kopf. Noch ein bis 2 rechts von dir. Du schreist dir die Seele aus dem Leib. Manchmal schaffen sie es in dich einzudringen. Manchmal warst du stärker. über Jahre hinweg sagt man dir es sei alles nur zu deinem Besten, dieser Vorgang, dieses Eindringen in dich, in deine kleine Welt. Irgendwann ist alles vorbei. Sie lächeln. DU hast das dich verloren, das VErtrauen, die Bindung. So manches ist da zu schnell, zu oft, zu viel passiert.

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kaputtesLeben
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Beitrag Mo., 03.09.2018, 22:55

Liebe alle hier

ich habe mir eben den ganzen Thread einverleibt, nachdem ich zu diesem Thema gesucht habe. Er landete sogar ziemlich auf der ersten Google-Seite.

Erstmal eine grosse Würdigung, das schambesetzte Thema auf den Tisch zu bringen, und sich mutig allen Bagatellisierungsversuchen entgegenzusetzen. Grossen Respekt dafür, das bedingt viel Stärke!

Danke also, dass es den Thread gibt, und ich mich nicht auch noch durch Fetischisten-Foren wühlen muss *würg*. Er ist aber schon alt, und ihr seid wohl alle wieder unterwegs und dabei hoffentlich ein Stück heiler geworden. Warum ihn also nochmal ausgraben?

Mich juckt und beschäftigt die Frage:
„... und was machen wir jetzt draus?“
„... wie geht es weiter?“

Nur für mich persönlich gesprochen finde ich, der Erfahrungsaustausch unter Betroffenen kann nicht alles gewesen sein - tut es auch noch so gut, endlich gehört und verstanden zu werden, und in der Angemessenheit all der schlimmen Gefühle endlich bestätigt zu werden. Aber ein schaler, hilfloser Nachgeschmack bleibt für mich immer. Die Peer-Group ist für mich nur ein Teil des grossen Projekts der Bewältigung. Therapie ist ein weiterer Teil, und ein ganz wichtiger Teil ist auch: die (rechtliche) Aufarbeitung unter der Einbezug der damaligen Beteiligten. Das kann in verschiedenen Abstufungen und Facetten vom anonym veröffentlichten Erfahrungsbericht bis hin zur offiziellen gerichtlichen Klage gehen.

Ich möchte meine (ziemlich enttäuschenden) Erfahrungen diesbezüglich schildern, und fragen:
Was kann man besser machen / hätte man besser machen können?

Doch zuerst mal, was ist eigentlich danach in therapeutischer Hinsicht passiert? Ich habe da bzgl. meiner ähnlich gelagerten Erlebnisse 'sauberer' ärztlicher Gewalt leider auch sehr enttäuschende Erfahrungen gemacht.

Sei es das Ansprechen an sich:
die grosse Hürde der Scham (man hat es doch 5, 10, 15 Jahre erfolgreich verdrängt, warum jetzt auspacken? Okay, es drängen sich im Alltag Bilder auf. Aber ich kriege jetzt einfach den Mund nicht auf :/ )
Zweifel, ob man von einer medizinisch/psychologischen Fachperson, die einem gegenüber sitzt, denn überhaupt 'gehört' und ernst genommen wird.
die Angst vor voreiligen Interpretationen und Bagatellisierungen

Seien es die Reaktionen nach dem Ansprechen:
„Oh mein Gott, da wurden Sie ja quasi vergewaltigt!“ (ich hatte noch nicht mal die ganze Story erzählt, und nein, für das grosse V-Word war ich definitiv emotional noch nicht bereit ...)
Therapeutin kommen die Tränen (auch für diese Gefühle war ich noch nicht bereit)
verständnislose Blicke und Kommentare, die am Thema vorbei zielen.

Ganz viel Hilflosigkeit, was man denn therapeutisch tun soll. Also keine Stärke, keine Wegweisung, sondern ganz viel Miteidpudding mit Hundeaugen. „Das muss für Sie ganz schlimm gewesen sein!“ - no shit, sherlock!! Ohne Scheiss jetzt, Psychotante?! *Ironie*

Ernüchterung: „... und jetzt? War's das, oder wie? Ist das alles, was mir 'Therapie' bieten kann?“
Besonders bei sehr schambesetzten Themen sehe ich die Gefahr, dass mit viel (gut gemeintem) Mitleid und Anteilnahme auch noch die ganze Beschämung wieder und wieder mitaufgekocht wird.

„Aber Ihre Eltern waren doch auch in einer ganz verzwickten Situation, das müssen Sie auch sehen ...!“
Schön, aber es interessiert mich nicht! Und das Opfer WAR ICH, VERDAMMT NOCHMAL! Und sie haben TATENLOS ZUGESEHEN, DANEBENGESTANDEN!

Thema wird vom Therapeuten in den folgenden Sitzungen nicht mehr angesprochen (=totgeschwiegen, da ich wohl in seiner Wahrnehmung eine Bagatelle erzählt habe)

Seien es die schlicht sehr eng(stirnig)en Rahmenbedingungen personeller, zeitlicher, räumlicher und lebensweltlicher Art.

(Ende Teil 1, es folgt Teil 2)

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ina_rei
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Beitrag Mi., 14.11.2018, 14:27

Hallo!
Ich bin neu hier und durch Zufall auf den Thread gestoßen.
TE, auch wenn es ewig her ist, DANKE für dieses Thema. Ich fühle mich, vielleicht das erste Mal (abgesehen von Therapeuten), verstanden und gesehen. Und ich finde mich in deinen Beiträgen sehr wieder.

Auch ich hatte lange damit zu tun, dass ich eine Berechtigung habe, viele Dinge als Trauma betiteln zu dürfen. Lange hatte ich so gut wie keine Erinnerungen an "Untersuchungen" oder "Behandlungen" und dachte, es muss doch alles ok gewesen sein, weil rechtens und ärztlich.
Nein, so ist es eben nicht. Ganz klar aus vielschichtigen Gründen.

Ich hatte mit einem Jahr einen Verbrennungsunfall. Ich kam in ein Allgemeinkrankenhaus, wurde falsch behandelt und zu schnell entlassen mit der offenen Wunde von 30 % der Körperoberfläche. Ich bekam eine Sepsis nach 2 Tagen Zuhause und wurde in ein entfernteres Krankenhaus geflogen, welches eine Station für Schwerstbrandverletzte hatte.

Die Behandlung von Verbrennungsopfern war von 30 Jahren noch um einiges anders. Meine Mutter durfte nicht zu mir (3 Wochen lang, Infektionsgefahr). Heute wird man bei diesem Ausmaß ins künstliche Koma gelegt, da es sonst zu traumatisch ist. Früher war das nicht so. Heute wird bei Verbandswechseln dieses Ausmaßen eine Narkose eingeleitet weil es sonst zu viel Schmerz für ein Menschenleben wäre, früher passierte das nicht, es geschah bei vollem Bewusstsein.
Später, nach der Lebensgefahr, wurde ich ans Bett fixiert, damit ich mich nicht aufkratze. Das ging ein paar Wochen so, auch nach Entlassung Zuhause geschah dies noch.
Ich wurde entlassen, musste aber regelmäßig alle paar Wochen zur Kontrolle. von einem Jahr an bis zum 17ten Lebensjahr. Diese "Untersuchungen" liefen wie folgt ab: Eine Mutter und ein Kind gehen zu diesem Arzt. Das Kind muss sich ausziehen, nackt. Das Kind wird beglotzt, von der Mutter, dem Arzt, selten auch mehrere Studenten. Die Mutter heult beim Anblick ihres Kindes. Der Arzt redet nie mit dem Kind, kümmert sich eher um die Mutter. Der Arzt fässt das Kind an, immer und immer wieder, hört nicht auf, macht dies auch viel zu lange und viel länger als nötig gewesen wäre. Warum das Kind nackt sein musste, wenn es doch um den Oberkörper ging, und nicht mal die Unterhose behalten durfte, ist wohl auch fraglich. Manchmal machte der Arzt Fotos von dem nackten Kind.
Mutter und Kind gehen wieder. Und kommen nach ein Paar Wochen erneut. Bis das Kind 17 ist und bis es versteht, dass es selbst entscheiden kann, dass nie wieder solche "Untersuchungen" stattfinden werden, und auch nicht müssen (medizinisch gesehen).
Immer wenn die Mutter ihr Kind mit der Verletzten Haut sah, weinte sie. Das Kind tröstete die Mutter und lernte von nun an, dass sein Erscheinungsbild lieber versteckt werden sollte, wenn es so grausam anzuschauen ist. Seitdem verhüllte das Kind seinen Körper in immer langer Kleidung. auch im Urlaub, auch bei 34 Grad, immer. Weil es sonst der Mama ja schlecht geht.

Ich hatte mit 17 eine letzte OP. Zu kosmetischen Zwecken. Die Prozedur ging über Wochen. Das Ergebnis ist schlimmer, als es vorher war. Wer weiß, was dieser Arzt im OP gepfuscht hatte, vielleicht war er alkoholisiert (wie oft).


Mit 14 Jahren entwickelte ich eine Essstörung, mit 17 Jahren fing ich an mich selbst zu verletzen, mit 23 ging ich zur Therapie, wurde gleich in die Klinik geschickt. Dort es "kam es raus", dass ich eine komplexe PTBS habe. Durch den Unfall, durch die "Behandlungen", durch die Mutter, vielschichtig.
Das Thema wurde in meiner Familie schon immer tabuisiert, zu belastend waren die Erinnerungen daran. Mit Mitte 20 forderte ich von dem damaligen Krankenhaus meine Akte an. Mit sagte man, es gäbe nur Dokumente von der OP mit 17. Die Behandlung als Kleinkind (die Akte) gab es nicht mehr, da schon vernichtet (damals mussten die nur 20 Jahre aufbewahrt werden). Die ganzen "Untersuchungen", von 1-17 Jahren, keine Dokumente. Es lief also nicht über die Krankenkasse. Warum nicht? Weshalb hat der Arzt dann Fotos von mir gemacht? Was geschah mit den Fotos des nackten Kindes? Was war seine Intention, mich trotzdem zu "behandeln"?

Fragen, auf die ich niemals eine Antwort bekommen werde. Hingespinste gibt es unzählige in meinem Kopf. Alles war Grenzüberschreitend. Nichts war angemessen. Vieles hätte so nie passieren dürfen.

Ich mache nun seit 9 Jahren Therapie, stationär und ambulant. Und es holt mich immer noch ein. Jeden Tag.
Flashbacks, Intrusionen, Erinnerungen, Dissoziationen. Das ist Alltag.

Und es gibt niemanden, der dafür noch zur Rechenschaft gezogen werden kann.



Das Thema in diesem Thread berührt mich sehr. Es wird soviel weggeschaut. Es passieren schlimme Dinge mit "vermeintlich guter Absicht". Es gibt Täter, die mit dem Deckmantel ihres Berufes nichts zu befürchten haben. Kinder merken, wenn Fakten nicht mit ihren Gefühlen und ihrer Wahrnehmung übereinstimmen.

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crazyvampire24
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Beitrag Sa., 16.03.2019, 10:07

Blume1973 hat geschrieben: Sa., 26.08.2017, 05:34 Hallo Crazyvampire!

Auch ich gebe meiner Mutter bis heute irgendwie die Schuld, dass ich das alles erleben musste. Obwohl einige der OP's wirklich sein mussten, andere hätte ich mir sparen können. Mama war die, die darauf bestand. Heute kann ich sagen, es ist eben gewesen, damals war es ein Weltuntergang.


Wie bitte dein VATER hat dir ..also echt.War das denn kein Problem für dich?Also nicht nur der Eingriff selber,aber dass er als männliches Individuum das auch noch gemacht hat?Ich zumindest hatte da auch gegenüber beiden Elternteilen sehr früh ein Schamgefühl.Gegenüber Fremden erst recht.Ich habe früh keine männlichen Ärzte an mich heranlassen wollen.Gut,wurde halt nicht besonders respektiert.
Also in deinem konkreten Fall hätte ich KH und eine Frau bevorzugt.Wie alt warst du denn da wenn ich fragen darf?
Und auch bei Verstopfungen gibts Dauermedikationen die sinnvoller und weniger invasiv sind.Lactulose,Olivenöl,Magnesium hochdosiert..also da müsste einiges passieren bevor ich zum Einlauf greifen würde.Wenn überhaupt .
In meiner Kindheit war meine"Mutter " dafür verantwortlich.Mein Vater hatte da die Finger von mir gelassen.Gott sei dank wenigstens das.Das hätte diese "Missbrauchsgefühle" noch verstärkt.
Mir reichte es schon dass er ins Bad kam und mich -logischerweise nackt- aus der Dusche zog weil ich einen Heulkrampf hatte.Nicht auszudenken wenn er mir da was... den Gedanken möchte ich nicht zu Ende denken.
Zuletzt geändert von Pauline am Sa., 16.03.2019, 12:55, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Fullquoten sind zu vermeiden. Bitte an die Netiquette halten.

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Beitrag Sa., 16.03.2019, 10:14

Hallo!

Nein, ich erinnere mich nicht daran, mich geschämt zu haben, sondern nur an die Angst der bevorstehenden Prozedur.

Lg Blume

P.s. Ich war ca. 3 Jahre oder 4
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Beitrag Sa., 16.03.2019, 10:16

dann hattest du also ein gutes Vertrauensverhältnis zu deinen Eltern?Vllt hat das bei mir den Unterschied ausgemacht.Was hatte denn deine Mutter dazu gesagt?Warum hat sie das nicht gemacht als Frau?Wäre sicher angenehmer gewesen?

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Blume1973
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Beitrag Sa., 16.03.2019, 10:20

Ja, ich hatte und habe ein sehr gutes Vertrauensverhältnis zu meinen Eltern.

Vlt. wollte mir meine Mutter nicht absichtlich so etwas antun und es diese Aufgabe meinem Vater zugeschoben? Ehrlich gesagt mir war es egal, wer das macht, der gesamte Zustand war einfach sehr schrecklich für mich als Kind und ich hatte geheult und mich gewehrt.
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Albert Einstein

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Beitrag Sa., 16.03.2019, 10:31

Ja das ist ja was ich meine.Dein vater hatte es vllt gut gemeint aber gut gemeint heißt nicht gut gemacht.Er hätte deine Gefühle und deine Ablehnung respektieren müssen.Es gibt ja schlißelich andere Abführmethoden als Einläufe.Auch im KH wird das erst als letztes Mittel gemacht.Grade weil die Patienten da meist nicht mitspielen.Und das kann ich gut verstehen.Ist dein Vater medizinisch ausgebildet?Grade wenn der Patient sich wehrt kann man da ernsthafte Verletzungen hervorrufen.Das hätte ich als Mutter nie zugelassen.NIcht falsch verstehen ich finde es gut dass du trotz allem ein gutes Verhältnis zu deinen Eltern hast.Aber ich weiß nicht ob ich das noch hätte,wenn sie da bei mir getan hätten ich fand den Rest schon ätzend genug.Das wollte ich damit sagen.Hast du das mal angesprochen wie du dich da gefühlt hast?

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Blume1973
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Beitrag Sa., 16.03.2019, 10:42

Also das ist in einer Zeit gewesen, muss 1977 gewesen sein, da hat man leider noch keine Alternativen verwendet. Da gab‘s Einlauf und aus.
Auch wurde damals nicht auf die Wünsche der Kinder eingegangen. Das war so und Punkt. Jeder Widerspruch war zwecklos. Und hab ich nicht gefolgt, gab‘s emotionale Gewalt.

Versteh mich bitte nicht falsch. Aus heutiger Sicht, ist das natürlich unglaublich und bei meinem Kind hätte ich so etwas nie getan, aber damals war es so. Zumindest bei uns.

Ich bin über diese Dinge von damals hinweg. Weder denke ich noch daran, noch stört es mich im Nachhinein. Damals schon, heute nicht.

Ich lebe im Jetzt und habe meine Vergangenheit gut aufgearbeitet. Sorry, das wirkt vlt hart auf dich, aber so ist es jetzt.

Ich wünsche dir alles Gute!
Die einzigen wirklichen Feinde des Menschen, sind seine negativen Gedanken.

Albert Einstein

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