An was/wen glaubt eigentlich Gott?

Fragen und Gedanken rund um Spiritualität und Religionen, alternative Behandlungsmethoden, den üppigen Garten sonstiger "Therapie"-Formen, Esoterik ... und ihre Berührungspunkte mit Psychotherapie bzw. psychologischen Problemen.
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sino
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Beitrag Do., 06.03.2008, 08:14

Das seltsame an dieser Frage nach Gott ist, dass sie immer wieder gestellt wird. Und nachdem Jesus am Kreus als Mensch starb hat er sich wohl mit auch dieser verzweifelte Frage konfrontiert gesehen, verlassen zu sein.

Die Evangelien haben das durch die Hintertür gelöst und den göttlichen Aspekt mit der Auferstehung eines Gottes wieder ins Spiel gebracht. Hätte man ihn sterben lassen wär das Ganze gegessen gewesen. Aber so. Bis zu den großen Reformatoren, die diesen Widerspruch auch nicht auflösen konnten, sehen wir eine Religion der Liebe mit teilweise gar nicht lieben Proponenten.

Ein Mensch stirbt und ein Gott kommt zurück. Dostojewski hat in seinem Großinquisitor dieses Thema aufgegriffen und kann das Ende auch nur in der Liebe Jesu auflösen, die selbst den mit allen Wassern gewaschenen Kirchenfürst alt aussehen läßt in seinem Hass auf die Menschen.

Für mich wird die Geschichte um den Mann aus Nazareth schlüssiger wenn ich ihn sterben lasse und ihn ohne dieses Wunder einreihe unter die anderen großen Weisen wie Buddha, Lao Tse usw.

Vor diesem Hintergrund erschließen sich mir die wenigen überlieferten Handlungen und Aussagen, die das Leben der Menschen untereinander zum Inhalt haben ohne Bezug zu einer höheren Macht an die wir die Verantwortung für unser Tun abgeben können.

Er hat sich am Kreuz seiner Verantwortung gestellt und wurde verlassen. Reicht doch, oder.

Dass man ihn in eine Himmelsfamilie hinaufprojiziert macht alles nur unnötig kompliziert.
You were born. And so you're free. So happy birthday. Laurie Anderson

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expat
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Beitrag Do., 06.03.2008, 08:30

sino hat geschrieben: Hätte man ihn sterben lassen wär das Ganze gegessen gewesen.
Das wäre auch so unweigerlich geschehen, hätten nicht die Römer die Lehren dieser Sekte zur Staatsreligion erklärt und in ihrem Hoheitsgebiet mit Gewalt und Zwang verbreitet.
Das war's
Wo jeder Widerspruch gelöscht wird, scheint alles klar.

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Nachtvogel
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Beitrag Do., 06.03.2008, 10:15

Moin!
Für mich wird die Geschichte um den Mann aus Nazareth schlüssiger wenn ich ihn sterben lasse und ihn ohne dieses Wunder einreihe unter die anderen großen Weisen wie Buddha, Lao Tse usw.
Das wäre auch so unweigerlich geschehen, hätten nicht die Römer die Lehren dieser Sekte zur Staatsreligion erklärt und in ihrem Hoheitsgebiet mit Gewalt und Zwang verbreitet.
Tja, auch für mich persönlich sind die Knackpunkte der christlichen Religion genau dieser Hokuspokus und der mit ihrer Verbreitung verbundene Zwang in der Vergangenheit. Eine Religion, die mit Zwang verbreitet wird und so vielen Völkern ihre eigene Religion und damit auch ein Teil ihrer Kultur und Identität geraubt hat, ist nichts Gutes. Die Kreuzzüge haben viel Leid gebracht und waren meist auch der Anfang von Kolonalisierung von Ländern in der ganzen Welt von "zivilisierten, christlichen" Ländern. Religion/"Befreiung" als Entschuldigung ..
Ich finde, auch heutzutage mischt Religion noch bei weitem zu viel in die Politik mit rein. Auch in die Bildung. In meiner Schulzeit gab es z.B. das Fach "Religion" in der Schule. Da wurde allerdings nicht allgemein etwas über die verschiedenen Religionen der Welt gelernt, sondern nur über die christliche. Und das so, als ob der Pastor es prädigen würde (also als die einzige Wahrheit), nicht objektiv gesehen. Ich hatte damals keine Lust, mich "bekehren" zu lassen und bin dann mit Einverständnis meiner Eltern aus dem Religionsunterricht befreit geworden. Dabei hätte mich "Religion" als solches schon interessiert .. nur halt objektiv gelehrt und mit einem Rundumblick über alles, was es so auf der Welt an Richtungen gibt.

Später habe ich mich dann für den Buddhismus interessiert. Wobei ja anscheinend strittig ist, ob es sich um eine Religion oder Lebensweise handelt. In den Lehren und Meditationen sind viele Lebensweisheiten enthalten - und alles ist eigentlich Arbeit an einem selbst. Wobei diese Arbeit an einem selbst dann zu gutem Verhalten nach aussenhin (Mitmenschen) führt. Ich denke, wenn ich mal was in Sachen Religion usw. brauchen werde, würde es in Richtung Buddhismus gehen. Jetzt fehlt mir allerdings kein Glaube - ich bin ganz zufrieden mit meiner naturwissenschaftlichen Vorstellung von der Welt. Die Natur regiert Dinge, alles und jeder ist in einem ewigen Kreislauf der Elemente .. das ist doch irgendwie beruhigend, oder?

LG, Nachtvogel

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Beitrag Do., 06.03.2008, 10:25

Hallo Irrlicht,
Als Gedankenspielerei @Nachtvogel:
Ich spiel mal mit, wenn ich darf?
Wenn ich glauben würde, ginge ich nicht davon aus, dass Gott Menschen vor schlimmen Erfahrungen oder Krankheiten schützt oder bewahrt.
Dass er das nicht tut, hat er Hiob unmissverständlich bestätigt.

Es gibt ja noch die Ansicht, Leid sei Sündenstrafe oder ein auf die Probe stellen des Glaubens. Das kann wohl als "antiquiert" gelten. Hans Jonas kommt nach Auschwitz zum Schluss, Gott habe nach Erschaffung der Welt auf seine Allmacht verzichtet und sein Schicksal von den Menschen, wie sie ihre Freiheit nutzen, abhängig gemacht. Eine, wie ich finde, interessante Denkfigur (Gedankenspielerei). Wir hätten dann Verantwortung für uns, die anderen, die Welt - und auch für Gott. - Was würde sich für mich ändern, wenn ich das glaubte?
Mit dem Sündenfall (Auszug aus dem Paradis) hat er den Menschen Selbstbestimmung und Verantwortung zugesprochen.
Oooh, da stichst du in ein Wespennest der Theologie. Gemein Der bis heute (nicht nur) in konservativen Kreisen einflussreiche Hl. Augustinus (nicht Anastasius! ) meint, dem Menschen bliebe nur die Freiheit der "Sündenwahl" (um Mißverständnisse zu vermeiden, falls jemand googelt , nicht seine sondern meine Bezeichnung). Wirkliche Freiheit (dem teleolgischen Modell nach: Erlösung) gibt es nur durch Gottes Gnade. Da stritten sich die Gelehrten. Sein damals einflussreicher Kontrahent Pelagius betonte viel stärker die menschliche Freiheit. Definitiv entschieden ist bis heute nichts.

Nebenbei, und gefällt mir: Elegant zieht sich der Konstruktivist H. v. Foerster beim Dilemma "determiniert oder frei" sinngemäß aus der Affaire. Seine Überzeugung, die Entscheidung zu glauben, er sei frei, sei erste Manifestation seiner Freiheit. (Eine Lösung, bei der ich lachen kann, gefällt mir immer gut.)

Was die Vorherbestimmung betrifft. Die ergibt sich für manche folgerichtig aus Gottes Vorhersehung. (Wenn Gott jetzt weiß, was ich in 5 Jahren tun und denken werde, kann ich daran nichts ändern. Sonst hätte sich Gott ja geirrt.) Dagegen steht die Ansicht anderer, Gott stehe außerhalb menschlicher Kategorien (Raum, Zeit, Kausalzusammenhang) und kann deshalb nicht mit diesen Kategorien begriffen werden.
Ich nutze für mein Leben die psychologische Annahme,
Annahme oder Glaube?
dass jedes Ereignis und sei es noch so blöd, für mich einen Sinn ergibt.
Ein Spruch, der mir sehr gefällt: Life makes sense, and who could doubt it, if you have no doubt about it.
ein religiöses "vorherbestimmt" würde mir psychologisch kein Gefühl der Selbstverantwortlichkeit (siehe oben Sündenfall) lassen.
Ich kann es grad nicht besser ausdrücken. Nehmen wir mal an, es sei alles vorherbestimmt. Könnte es sein, dass das Gefühl von Freiheit dadurch entsteht, dass du nicht weißt, was vorherbestimmt ist? D. h., dass deine Wahl schon entschieden "ist", enthebt dich dennoch nicht der Problematik zu wählen. Könntest du damit "psychologisch leben"? Ich glaub,`ich schon, - aber nur ein gaaanz klein bißchen.

LG
Anastasius

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today
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Beitrag Do., 06.03.2008, 17:13

mal son Einwurf:

Ich halte Religion(en) und Naturwissenschaft(en) für Modelle, mit Hilfe derer versucht wird, zu leben bzw. sich das Leben zu erklären.
Ein Modell kann lediglich der Wahrheit nahekommen, es ist jedoch nicht die Wahrheit.
Sicherlich gibt es bessere und schlechtere Modelle, schlüssigere und widersprüchlichere. Aber es bleiben Modelle, Erklärungsversuche.
Basierend vielleicht auf Angst vor dem Unerklärbaren.

Insofern geht es für mich gar nicht um die Frage, ob es Gott (in welcher Form auch immer) wirklich gibt.

Ich glaube nur gern.
Am liebsten an irgendwas Schönes.
(mein Therapeut nörgelt was von Realitätsprüfung und ich frage, was ist denn das - Realität bin ich das - wer bin ich, wer sind denn Sie, vielleicht gibts Sie gar nicht und ich hab ferngesteuerte Bildchen im Köpfchen weia ...... )
und tschüss, das ist mir zu viel wortzensur hier

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expat
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Beitrag Do., 06.03.2008, 17:33

today hat geschrieben: Ich halte Religion(en) und Naturwissenschaft(en) für Modelle, mit Hilfe derer versucht wird, zu leben bzw. sich das Leben zu erklären.
Wie kannst du diese beiden in einen Topf werfen? Die Naturwissenschaften untersuchen die Gesetzmäßigkeiten innerhalb unserer erfahrbaren Welt. Religionen leben von reinen Spekulationen und Fantastereien außerhalb der erfahrbaren Welt.
Das war's
Wo jeder Widerspruch gelöscht wird, scheint alles klar.

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UncleK
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Beitrag Do., 06.03.2008, 17:41

today hat geschrieben:(mein Therapeut nörgelt was von Realitätsprüfung und ich frage, was ist denn das - Realität bin ich das - wer bin ich, wer sind denn Sie, vielleicht gibts Sie gar nicht und ich hab ferngesteuerte Bildchen im Köpfchen weia ...... )
Empfiehl Deinem Therapeuten Literatur von Paul Watzlawick, etwa Wie wirklich ist die Wirklichkeit, Romane von Philip K. Dick oder Filme wie Matrix oder Welt am Draht.Vielleicht auch Bücher über Quantenphysik, aber Vorsicht: am Ende braucht er selbst einen Therapeuten.

LG
UncleK

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Nachtvogel
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Beitrag Do., 06.03.2008, 18:04

Hans Jonas kommt nach Auschwitz zum Schluss, Gott habe nach Erschaffung der Welt auf seine Allmacht verzichtet und sein Schicksal von den Menschen, wie sie ihre Freiheit nutzen, abhängig gemacht. Eine, wie ich finde, interessante Denkfigur (Gedankenspielerei). Wir hätten dann Verantwortung für uns, die anderen, die Welt - und auch für Gott. - Was würde sich für mich ändern, wenn ich das glaubte?
Da kommt die Frage auf, wozu man einen Gott ohne Macht braucht. Trägt man selbst für alles die Verantwortung, greift niemand "von oben" ins eigene Leben ein, haben Handlungen keine "überirdischen" Konsequenzen und spricht kein Gott zu einem (und man weiss auch nicht, ob man "erhört" wird, wenn man betet) - wozu glaubt man dann? Ist dann doch völlig gleich, ob es einen Gott gibt oder nicht.

Die Entwicklung ging doch von Gottesfurcht, Furcht vor der Kirche, Bestimmung vieler Dinge im Leben durch die Kirche und einem Leben streng nach religiös bestimmten Gesetzen (Mittelalter) bis zur heutigen Gesellschaft. In der heutigen Gesellschaft sind wir nun aufgeklärt, hinterfragen Dinge, sind kritisch, sind für uns selbst verantwortlich. Und siehe da, die alten Regeln und Gesetze der Kirche werden geändert. Es gibt plötzlich andere Interpretationen, alles ist lockerer - sogar bis dahin, dass Gott seine Allmacht aufgegeben hat. Hat Gott diese Veränderungen durchgeführt? Oder sind es die Machthaber in den Kirchen, die Angst vor immer grösseren Zahlen von Kirchenaustretern haben?

Ich denke eher letzteres. Die ganze pro-Kirche und pro-Gottargumentation ist zu schwammig. Sie biegt sich mit der Argumentation, ähnlich wie das Märchen vom Weihnachtsmann, wenn die Kinder etwas älter werden und Fragen stellen.

LG, Nachtvogel

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Kleine Fee
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Beitrag Do., 06.03.2008, 20:37

Hallo miteinander,

da ich Theologie studiert habe, mag ich zu einigen Punkten hier etwas sagen:

Zur Trinität: Das ist eine Lehre, die bereits in den ersten Jahrhunderten entwickelt wurde, um sich von sogenannten Irrlehren abzugrenzen. In diesen Irrlehren wurde zum Beispiel behauptet, dass Jesus als Sohn dem Vater ungeordnet werden müsse, und der Geist dem Sohn (genannt Subordinatianismus). Dies widersprach aber der biblischen Überlieferung (wie zum Beispiel Joh 1,1 in Bezug auf die Göttlichkeit des Sohnes). Anders gesagt bedeutet Trinität: Gott ist dreimal anders Gott, er offenbart sich dreimal als Gott. Der Personbegriff ist nicht gleichzusetzen mit der menschlichen Person.

Was den Ausspruch Jesu am Kreuz angeht ("Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen") hat UncleK schon den wichtigen Hinweis gegeben, dass es ein Ausdruck des Leidens ist. Dabei ist zu beachten, dass Jesus ja wahrer Mensch und wahrer Gott gleichsam ist (nachzulesen im Glaubensbekenntnis von Nicäa/Konstantinopel). Hier leiden Gott und Mensch gleichsam, doch nur der Mensch stirbt. Damit wird betont, dass Gott leiden kann. Er erniedrigte sich selbst so sehr, dass er eben Mensch wurde und sich somit kreuzigen ließ, um die Menschen von der Sünde zu befreien.

Mit Sünde ist hier nicht gemeint, dass Menschen Fehler machen oder unmoralisch sind. Sünde ist schlichtweg (nach evangelischer Theologie) die Abkehr/Abwendung von Gott. Die Freiheit besteht darin, dass ein Mensch, der gläubig ist, auch sündigen kann, denn er bleibt ein Mensch und kann daher gar nicht sündenlos sein. Sonst wäre er wie Gott.

Was das Glauben an sich angeht, ist es vergleichbar mit lieben. Entweder man liebt oder man liebt nicht, entweder man glaubt oder eben nicht. Einreden kann man sich beides nicht, außer man versucht sich selbst zu betrügen. Beide gehören zu den Verben, die sich der Kontrolle entziehen. Mit Vernunft kommt man da natürlich nicht viel weiter, denn damit kann man es nicht begründen.

Was die Vorherbestimmtheit betrifft, habe ich so etwas in der Theologie noch nicht gelesen. Vielleicht kann man eher soziologisch begründen, wenn man davon ausgeht, dass der Mensch durch den Verlauf seines Lebens eine gewisse Prägung erfahren hat, die ihn einen bestimmten Weg einschlagen lässt. Durch die Verantwortung des Menschen für sich selbst aber ist dieser Weg auch zu verlassen, wie wir ja auch durch die Möglichkeiten der Therapie wissen. Ich denke schon, dass ein gewisser Sinn dahintersteckt, wie es auch Irrlicht sagte.

Der Mensch hat jedenfalls auch im christlichen Glauben eine Verantwortung, dafür muss man sich nur die Gebote anschauen, wenn es beispielsweise um den Nächsten geht. Ganz so leicht sollte man es sich also nicht machen, dass man alle Verantwortung an Gott abgeben kann. Diese Verantwortung wird schon im ersten Schöpfungsbericht erwähnt, der Mensch soll "bebauen und bewahren", also hat er eine verantwortungsvolle Aufgabe erhalten.

Bei der Verbreitung durch die Römer muss man bedenken, dass genau diese zunächst die Christen verfolgt und gefoltert haben. Sehr viele Christen mussten deswegen sterben.

Im Religionsunterricht heute wird übrigens auch über andere Religionen gesprochen. Eine Bekehrung soll dieser Unterricht nicht bedeuten.

Übrigens sollte man Glaube und Naturwissenschaften tatsächlich nicht in einen Topf werfen, sie gehen beide von zwei verschiedenen Ausgangspunkten aus. Sie beschäftigen sich mit zwei unterschiedlichen Aspekten menschlichen Lebens. Ähnlich wäre es beim Vergleich von Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften. Es sind andere Verfahrensweisen, die einander aber nicht widersprechen, weil sie keine gemeinsame Grundlage haben. Mir wäre es zu wenig, nur die Dinge für existent zu halten, die man beweisen und sehen kann. Man muss sich dazu nur den Gedanken des Konstruktivismus ansehen, der davon ausgeht, dass die Welt von uns nur so erfahrbar ist, wie sie uns erscheint, nicht wie sie objektiv ist.

Lieben Gruß,

Kleine Fee

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Beitrag Do., 06.03.2008, 21:03

@Expat, du siehst ja, dass ich kann. Wenn du es auch mal probierst, dann erfährst du vielleicht, wie man das macht

UncleK - jajaja. Aber ob er das lesen würde? Vielleicht irgendwann als Abschiedsgeschenk, das würde gut passen als "letzte Botschaft".

Und Nachtvogel:
Ich trage nicht für alles die Verantwortung. Wenn ich morgen einen tödlichen Unfall baue, dann trägt sie irgendwer, das kann auch keiner sein. Einen Gott mit so viel Macht will ich gar nicht haben, auch keinen, der mein Leben vorherbestimmt und den ich fürchten muss. Vielleicht einen, der die Zufälle so zusammenmischt, so dass sie einen weiterbringen. Ich muss mich nicht an die Bibel halten, um meinen Gott zu kreieren. Ich bin ein Mensch. Als solcher manchmal ohne Hilfe und mit nur mir selbst mich zu schwach fühlend. Vielleicht ist's dann ganz gut, einen solchen Gott zu haben.
Gibt genügend, die atheistisch leben und mit Gott sterben. Ich bin mir sicher, dass dieser Gott dann keinen Wallebart hat. Sondern so eine Art Idee ist. Die beim Sterben hilft. Sterben muss man allein. Kommt kein Mensch und keine Naturwissenschaft mit und hält Händchen. Aber der Idee-Gott, der kann das.
Und das finde ich schön.

Nur tut er mir irgendwie leid, der Gott, scheint er mir doch so verlassen von allen wie Jesus am Kreuz. Daher mein Ausgangsposting.
Ich habe das noch nicht gelöst für mich, mein eigener Gott zu sein und vielleicht ist das ja dann auch der eigentliche Hintergrund meiner Frage.
Weiß ich aber nicht.
und tschüss, das ist mir zu viel wortzensur hier

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Beitrag Do., 06.03.2008, 21:08

Hier leiden Gott und Mensch gleichsam, doch nur der Mensch stirbt.
Das ist so ein Satz, für den würde ich ne ganze Bibliothek kaufen, um ihn zu lesen.
und tschüss, das ist mir zu viel wortzensur hier

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Beitrag Do., 06.03.2008, 21:43

Hallo Kleine Fee,
Was die Vorherbestimmtheit betrifft, habe ich so etwas in der Theologie noch nicht gelesen.


Na ja, die erst detaillierte und sehr strenge (man kann auch meinen unmenschliche) und sehr einflussreiche Vorherbestimmungslehre ging vom Hl. Augustinus aus. (Stichwort "doppelte Prädestination".Gemeint ist, dass von Beginn schon bestimmt ist, wer erlöst oder verworfen wird.)

Auch Th. v. Aquin damit beschäftgt (summa theologiae.Ergebnis: Letztlich hängt doch alles von Gott ab. Denn, dessen Gnade ist Bedingung der Freiheit. Er versucht zwar, die Freiheit zu retten, am Ende siegt aber die Gnade.)

Dies alles ist einflussreich bis heute. Freilich gibt es auch andere, sozusagen moderne Positionen zu Prädestination. (z. B. Karl Barth etc.)

LG
Anastasius

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Beitrag Do., 06.03.2008, 22:16

expat an today:
Wie kannst du diese beiden in einen Topf werfen? Die Naturwissenschaften untersuchen die Gesetzmäßigkeiten innerhalb unserer erfahrbaren Welt. Religionen leben von reinen Spekulationen und Fantastereien außerhalb der erfahrbaren Welt.
Man kann es auch anders sehen. Naturwissenschaftler erfinden (natürlich nicht völlig losgelöst von der "wirklichen Wirklichkeit") die Welt, und freuen sich am Ende über ihre eigene Erfindung in der Weise, dass sie meinen, Naturgesetze gefunden zu haben. (Damit sei nicht gesagt, ihnen den Spaß nicht gönne.*vorsichtshalber richtig stell*

Ach ja, einer der bedeutendsten Logiker (Wittgenstein; kannte sich auch in Mathematik gut aus von wegen Grundlagenforschung), hat sogar mal die Mathematik zusammen mit der Religion in einen Topf geworfen., indem er behauptete, im Grunde sei Mathematik auch Religion. Der hat noch nicht mal unzulässig vermischt, sondern sogar subsummiert. (Au weia, was der sich traute.)

Kommt der jetzt zusammen mit today, mir und hoffentlich noch vielen andern in die Hölle? Ach Sch***, das geht ja bei dir gar nicht.

Und, also ich bezweifle dass "reine(n) Spekulationen . . . außerhalb der erfahrbaren Welt" möglich sind. Anhaltspunkte in der Welt brauchen Spekulationen immer. Halt, ich hab`s. Es sei denn, der Spekulierende spekuliert außerhalb der erfahrbaren Welt, d. h. er ist nicht mal physisch von/ in dieser Welt. Wer oder was könnte das sein? Gott jedenfalls nicht, denn (m. E.), der spekuliert nicht.

Herrgott, alles nicht so einfach, und schon gar nicht, wie man glaubt.

LG
Anastasius

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Kleine Fee
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Beitrag Do., 06.03.2008, 23:02

Hallo Anastasius,
Anastasius hat geschrieben:Na ja, die erst detaillierte und sehr strenge (man kann auch meinen unmenschliche) und sehr einflussreiche Vorherbestimmungslehre ging vom Hl. Augustinus aus. (Stichwort "doppelte Prädestination".Gemeint ist, dass von Beginn schon bestimmt ist, wer erlöst oder verworfen wird.)
Dann reden wir von zwei verschiedenen Arten von Vorherbestimmung. Die Prädestinationslehre beschäftigt sich ja mit der Erwählung, wem Gottes Gnade zukommen wird vor dem Jüngsten Gericht. Das ist aber vermutlich für einen Menschen, der mit seinem Leben beschäftigt ist, nicht von oberster Bedeutung. Wenn der Mensch sich damit auseinandersetzt, könnte er ja in dem Fall sowieso nichts an der Entscheidung Gottes ändern. So muss man dann zumindest keine Sorgen haben, dass das, was man tut (eventuell Fehler) eine Bedeutung für die Erwählung haben wird. Man muss dann nicht krampfhaft durchs Leben gehen, um die Gnade bei Gott zu "erarbeiten", denn die lässt sich weder erkaufen noch verdienen.

Bei Gottes Gnade geht es dazu nicht nur um die Erwählung für das Jüngste Gericht, sondern auch, ob jemand die Gnade erhält, zu glauben, denn auch das ist nicht verdienbar oder vom Menschen kontrollierbar, wie ich es oben in ähnlicher Form bereits erwähnte. Das klingt auf der einen Seite zwar einschränkend für den Menschen, auf der anderen Seite aber nimmt es den Druck, Zwang oder die Angst, unbedingt etwas dafür tun zu müssen. Verbreitet ist hier der Gedanke an einen angstfreien Glauben. (So ähnlich übrigens auch bei Karl Barth nachzulesen in der KD).

Ich bezog mich auf die Dinge, die einem während des Lebens passieren. Ob diese vorherbestimmt sind und man sowieso nichts dagegen tun könnte. Sich damit also einfach zurücklehnen kann, weil man gar nichts ändern kann, also ob das Haus abbrennt, der Bus einen in fünf Jahren überfahren wird, die nächsten Prüfungen ohnehin nur Zeitverschwendung sind... demnach, ob man sich nicht einfach um nichts mehr kümmern muss, sich ins Bett verkriecht und abwartet, was passiert, denn es passiert ja sowieso.

Das ist jetzt natürlich übertrieben dargestellt, soll aber zeigen, dass der Mensch eben während seines Lebens durchaus eine Verantwortung trägt. Wobei ich nicht absprechen möchte, dass die Dinge, die passieren, einen Sinn (wenn vielleicht auch erst im Nachhinein) ergeben können.

Wegen der Naturwissenschaftler: Es gab und gibt sehr viele von ihnen, die (trotz?) ihrer beruflichen Beschäftigung gläubig sind oder waren. Es muss aber nicht unbedingt so sein, dass sie keinen anderen Urgrund als Gott fanden und ihn deswegen an diese leere Stelle setzten. Es ging ihnen durchaus um die Existenz und um den Glauben an Gott. Darwin und Einstein zum Beispiel.

LG,

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Beitrag Fr., 07.03.2008, 00:50

Hallo Kleine Fee,
Dann reden wir von zwei verschiedenen Arten von Vorherbestimmung.

Ja, so war`s. Sorry, kann passieren.

Nur dazu noch:
Es gab und gibt sehr viele von ihnen (gemeint sind hier Naturwissenschaftler), die (trotz?) ihrer beruflichen Beschäftigung gläubig sind oder waren. Es muss aber nicht unbedingt so sein, dass sie keinen anderen Urgrund als Gott fanden und ihn deswegen an diese leere Stelle setzten.
Ich weiß nicht, ob ich im weitestens Sinne religiös bin. Es drängt mich aber auch nicht, diese Frage zu beantworten. Sollte ich es aber sein, würde ich für mich nicht "trotz" sondern "außerdem" sagen. Weil "trotz" zu sehr einen wenigstens latenten Widerspruch nahelegt, zweier Ebenen, die m. E. letzen Endes nicht "kompatibel" sind.

LG
Anastasius

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