Körperpsychotherapie

Fragen und Gedanken rund um Spiritualität und Religionen, alternative Behandlungsmethoden, den üppigen Garten sonstiger "Therapie"-Formen, Esoterik ... und ihre Berührungspunkte mit Psychotherapie bzw. psychologischen Problemen.
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abendrot79
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Beitrag Mi., 09.01.2013, 18:43

Vincent hat geschrieben:Ich glaube, von solch einer Therapie könnte jeder profitieren; und vor allem jeder, der wegen jedem Kinkerlitzchen eine von den Kassen anerkannte Therapie beginnt.
Generell sehe ich es auch so, dass gerade "alternative Heilmethoden" (zu denen eine Körpertherapie sicher genauso zählt wie andere kreative Therapien) gerade bei "Kinkerlitzchen" helfen können, aber da muss man auch vorsichtig sein. Man kann den Leuten nur vor den Kopf gucken und ob das Kinkerlitzchen was nach aussen hin sichtbar wird evtl. nur die Spitze vom Eisberg ist, weiss nur der Patient selber. Würdest du mich auf der Strasse treffen, würdest du dir sicher auch an den Kopf fassen und dich fragen was in aller Namen ich in einer TfP mache (bin halt ein Meister im Verstellen und es geht nichts über eine perfekte Fassade!).
Vincent hat geschrieben:Und wenn ich z. B. hier im Forum mitbekomme, wie wenig effektiv mitunter langjährige kassenfinanzierte Therapien sind, frage ich mich, warum ausgerechnet die Körpertherapie nicht auch offiziell anerkannt wird.
Vielleicht weil der Begriff viel zu schwammig ist und kein Mensch so richtig definieren kann was eine Körpertherapie ist. Es gibt ja "hunderte" Körpertherapien und alle haben ein "nach" im Namen ... Körpertherapie nach x, Körpertherapie nach y ..... Bevor ich meine Körpertherapie begonnen habe, habe ich mir monatelang einen Wolf gesucht um überhaupt einige Wenige zu finden die sowas anbieten. Und dann bieten sie ein Misch-Masch aus verschiedenen Methoden an und einer solls verstehen? Ich glaube bis zur Kassenfinanzierung einer Körpertherapie ist es noch ein langer wenn nicht endloser Weg ... aber zum Glück gibt es ja einzelne Kassentherapeuten die sich dahingehend weitergebildet haben und ihre Patienten davon profitieren lassen.

Vincent hat geschrieben:Nee, ich nicht. Du denn? Das würde ich auch eher nicht wollen.
Nee, ich auch noch nicht ... aber ehrlich gesagt habe ich mir hier die Homepage einer Kuschelparty hier in der nähe mal angeschaut und bin ganz schön neugierig . Da Neulinge auch erstmal nur gucken dürfen, spiele ich schon mit dem Gedanken mal hinzugehen ... werde ich aber trotzdem nicht tun, bin zu feige Aber die Idee finde ich genial und wenn die Regeln streng eingehalten werden, kann es für einsame und nähe-unterversorgten Menschen bestimmt ein tolles Erlebnis sein.
ENA hat geschrieben:..und nein, ich war noch nie bei ner Kuschelparty, aber wenn Du da warst, sag Bescheid!
Wird noch was dauern ...
Weil Kakao an Bäumen wächst, ist Schokolade irgendwie auch Obst! (gelesen auf einem Frühstücksbrettchen)

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ENA
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Beitrag Mi., 09.01.2013, 18:54

abendrot79 hat geschrieben:Wird noch was dauern ...
Macht nichts !!!


Vincent
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Beitrag Mi., 09.01.2013, 19:22

abendrot79 hat geschrieben:Würdest du mich auf der Strasse treffen, würdest du dir sicher auch an den Kopf fassen und dich fragen was in aller Namen ich in einer TfP mache (bin halt ein Meister im Verstellen und es geht nichts über eine perfekte Fassade!).
Ja, ich weiß. Viele tragen 'perfekte' Masken. Allerdings lasse ich mich da nicht sehr lange täuschen.
Mir so eine Maske anzueignen, ist mir nicht gelungen; d. h., mir war das auch nie wichtig. Soll man doch ruhig sehen, dass ich schwermütig bin. Wenn es nichts zu Lachen gibt, lache ich auch nicht.
abendrot79 hat geschrieben:Bevor ich meine Körpertherapie begonnen habe, habe ich mir monatelang einen Wolf gesucht um überhaupt einige Wenige zu finden die sowas anbieten. Und dann bieten sie ein Misch-Masch aus verschiedenen Methoden an und einer solls verstehen?
Bei dem facettenreichen Angebot kenne ich mich nun überhaupt nicht aus. Aber es geht eben um Berührung, Sensibilisierung, und um einen "ganzheitlicheren" Ansatz, als bei solchen Therapieformen, die den Körper im Grunde völlig außer Acht lassen, so wie dem genusshaft Körperlichen ohnehin kaum noch ein hoher Stellenwert in der Leistungsgesellschaft zukommt.
abendrot79 hat geschrieben:aber ehrlich gesagt habe ich mir hier die Homepage einer Kuschelparty hier in der nähe mal angeschaut und bin ganz schön neugierig . Da Neulinge auch erstmal nur gucken dürfen, spiele ich schon mit dem Gedanken mal hinzugehen ... werde ich aber trotzdem nicht tun, bin zu feige Aber die Idee finde ich genial und wenn die Regeln streng eingehalten werden, kann es für einsame und nähe-unterversorgten Menschen bestimmt ein tolles Erlebnis sein.
Mit völlig fremden Menschen kuscheln?!? Gar noch mit mehreren gleichzeitig?!? Das kann ich mir auch wirklich gar nicht gut vorstellen. Da finde ich lieber einen Menschen (vorzugsweise eine Frau ), mit der ich mich vorsichtig und "regeleinhaltend" herantaste. Dabei müßte man sich allerdings wohl mit einem gegenseitigen Vertrauensvorschuß aufeinander einlassen. Ach, ob das klappen würde...
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Blaubaum
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Beitrag Mi., 09.01.2013, 21:47

Vincent hat geschrieben:@Blaubaum
Du setztest ja das therapeutische Prinzip in Bezug auf 'Körpertherapie' und 'verbal-kognitiven Tiefen-Therapien' in etwa gleich.
nach meiner erinnerung schrieb ich lediglich, dass man sich auch in einer tfP verstellen kann.

wie kognitive therapeuten mit diesem problem, das für mich keins ist, umgehen, müssen diese selbst wissen (lass mich raten: sie nennen es entweder widerstand oder abspaltung, und diese tautologie gibt ihnen immer recht ).

ich weiss jedoch, dass das faken, das so tun als ob, in der auch körperlich stattfindenden anamnese 1. kaum möglich ist, weil die beobachtungs-und erkenntnisbereiche einfach von niemandem derart umfassend geschauspielert werden können (nicht einmal von einem profi-schauspieler, der reichlich körpererfahrung hat), und dass 2. das faken auch kein problem in der gesamtschau darstellt, weil Du nur das faken kannst, was Du beherrschst und was Dir bewusst ist, und MUSTER sind in aller regel unbewusst.
wer also eine blockade verbergen kann, hat sie bereits "auf dem schirm", und das ist doch wunderbar. da fängt bereits die heilung an.

und hier schliesst sich der kreis: die psychoanalyse will, dass die muster, abspaltungen etc. BEWUSST werden.
der weg von der kognitiven (selbst)erkenntnis in den körper ist allerdings meist ein sehr langer, weshalb (nicht nur) psychosomatische symptome oft jahre brauchen, um gelöst und integriert werden zu können. u.a. ein KOSTENFAKTOR, den wir alle mitbezahlen müssen.

die körperpsychotherapie will auch, dass die muster, verdrängungen, abspaltungen etc. bewusst werden, und sucht den weg (auch) direkt über den körper. das geht viel schneller und kostet weniger. überdies sind die ergebnisse langlebiger.

habe gerade gehört (weiss noch nichts genaues), dass körperpsychotherapeutische verfahren in Grossbritannien die EINZIGEN allgemein anerkannten und vom nationalen gesundheitssystem voll finanzierten nicht-pharmakologischen therapieformen bei der klinischen therapie schizophrener psychosen darstellen.

wenn man bedenkt, dass schizophrenien, als frühe störungen eingestuft, genau das als früh erlebtes manko zur grundlage haben, was körperpsychotherapeuten u.a. zu bieten haben, nämlich geborgenheit, angenommen sein und die brüchig gewordenen ich-grenzen auch taktil erfahrbar zu machen, dann wundert mich das nicht.

allemal besser, als die leute dauerhaft mit neuroleptika vollzustopfen (wenn das auch manchmal zu anfang notwendig ist, um den schlimmsten horror nebst eigen-und fremdgefährdung zu beseitigen).


@Abendrot--nee, mit wildfremden menschen kuscheln ist nichts für mich. ich kuschel ansonsten sehr sehr gerne, aber nur mit vertrauten personen. geschmacksache.
aber beim tai chi habe ich viel körperkontakt, was aber mit kuscheln nun gar nichts zu tun hat, mit fühlen dagegen schon. sehr sogar...
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Blaubaum
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Beitrag Mi., 09.01.2013, 22:19

abendrot79 hat geschrieben:Ich glaube bis zur Kassenfinanzierung einer Körpertherapie ist es noch ein langer wenn nicht endloser Weg ...
da bin ich mir nicht so sicher, sofern es irgendwann einflussreiche politiker gibt, denen vernunft über lobbyismus geht
aber zum Glück gibt es ja einzelne Kassentherapeuten die sich dahingehend weitergebildet haben und ihre Patienten davon profitieren lassen.
...und die ihre tatsächlich praktizierte körperpsychotherapie als z.b.verhaltenstherapie abrechnen (was mE ein straftatbestand ist).
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Vincent
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Beitrag Fr., 11.01.2013, 13:23

Blaubaum hat geschrieben:die körperpsychotherapie will auch, dass die muster, verdrängungen, abspaltungen etc. bewusst werden, und sucht den weg (auch) direkt über den körper.
Blaubaum hat geschrieben:weil die beobachtungs-und erkenntnisbereiche einfach von niemandem derart umfassend geschauspielert werden können (nicht einmal von einem profi-schauspieler, der reichlich körpererfahrung hat)
A propos Schauspieler(n): Gestern habe ich mit einem alten Freund telefoniert, der gerade eine Theaterausbildung macht, deren fester Bestandteil eine Körper(psycho)-"Therapie" in Form einer Workshop-Reihe ist. Dabei geht es wohl auch um das Aufdecken und Lösen von "Energieblockaden", auch durch viel Körperkontakt mit anderen.
Ich bin erstaunt darüber, was er erzählte - und vor allem ist ihm der Effekt deutlich anzumerken. Er wirkt freier, selbstbewußter und in seiner Stimme wesentlich fester, als noch vor ein paar Monaten, als ich zuletzt mit ihm sprach.

Das freut mich für ihn, da er offenbar nach so vielen Jahren endlich etwas gefunden hat, das ihm aus seiner "Starre" verhilft.
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ENA
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Beitrag Fr., 11.01.2013, 19:26

Das ist ein Ziel bzw. eine Methode in der Körperpsychotherapie: von der Starre in die Bewegung kommen!!!
(...und natürlich auch in der Tanz- und Bewegungstherapie)

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Blaubaum
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Beitrag Fr., 11.01.2013, 20:25

Vincent hat geschrieben:Das freut mich für ihn, da er offenbar nach so vielen Jahren endlich etwas gefunden hat, das ihm aus seiner "Starre" verhilft.
das passt sogar ganz gut zu meiner neuen (zugegebenermassen etwas sperrig wirkenden) signatur .

mittlerweile weiss "man", dass lernen (z.b. schulisches wissen oder endlose texte als schauspieler oder "sich geliebt fühlen" oder "warum stösst mir immer und immer wieder dieses oder jenes zu, was ist mein anteil daran, was kann ich ändern"......) viel schneller, tiefer und dauerhafter funktioniert, wenn es mit körperlichen erfahrungen verbunden, verknüpft ist.

das weiss man als erfahrungswissen genaugenommen schon seit ewigen zeiten, weshalb in der schwarzen pädagogik prügel als besonders wertvoll angesehen wurden. konditionierung at it's best sozusagen.

aber was im bösen, im einprägen von neurosen und sachdienlichen, weil herrschaftsstützenden verhaltens- und befindlichkeitsstörungen funktioniert, funktioniert eben auch im guten und in umgekehrter richtung.

und empathie und zärtlichkeit in form von worten ist sicher schon viel wert, aber körperlich erfahrbar wiegen sie (mehr als) doppelt.

welches liebespaar gibt sich z.b. auf dauer mit lieben worten und blicken zufrieden?

ich persönlich finde es faszinierend, wie durch berührungen ausgewählter körperzonen in einer besonderen athmosphäre erinnerungen, bilder, gefühle aus uralter zeit hochkommen, gestalt annehmen und die damit verbundenen emotionen noch einmal erlebt werden, und es erinnert mich an eine art inneres photoalbum, an das zumindest ich persönlich auf rein kognitivem wege, auch mit hilfe von hypnosetechniken, niemals oder erst nach vielen jahren therapie herangekommen wäre.

dieses betrifft sogar perinatale erfahrungen, und je dichter diese bis zu meiner geburt zurückreichen, desto plastischer und ausdrucksstärker sind die inneren bilder (und desto hilfloser das damit verbundene gefühl).

mich in dieser elementaren erfahrung gestützt, verstanden und gehalten zu fühlen, so sein zu dürfen, wie ich eben bin, ohne maske, ohne zurückhaltung von irgendetwas, ist für mich eine unschätzbar wertvolle erfahrung.

die emotionen können zwar heftig sein, aber der schutz, den ich geniesse, ist ebenso stark, weil er mir auf mannigfaltig wahrnehmbare art und weise vermittelt wird, eben auch und besonders körperlich spürbar ist, und einen therapeuten, der mitweint und mitspürt und gleichzeitig den überblick behält, der seine kraft, seine kompetenz und seinen schutz auch körperlich ausdrücken kann, möchte ich persönlich gegen nichts auf der welt tauschen müssen.
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Vincent
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Beitrag Fr., 11.01.2013, 23:22

Blaubaum hat geschrieben:
Vincent hat geschrieben:Das freut mich für ihn, da er offenbar nach so vielen Jahren endlich etwas gefunden hat, das ihm aus seiner "Starre" verhilft.
das passt sogar ganz gut zu meiner neuen (zugegebenermassen etwas sperrig wirkenden) signatur .
Die war mir auch schon aufgefallen. Und wie man erkennen kann: Hitler läßt sich mitunter gut zitieren. Aber sein Denken und Reden ist ergänzbar.

Das Lernen durch körperliche Erfahrung...
Der Freund, den ich oben erwähnte, hatte jahrelang und immer weniger körperlich überhaupt noch etwas empfunden. Ihm selbst kam es vor wie eine völlige Abspaltung des Körperlichen, das ihm fast fremd war, von sämtlichen 'metaphysischen' Instanzen. Jetzt, wo der Körper wieder ins Spiel kommt, scheint sich Einiges (zusammenzu-)fügen.
Blaubaum hat geschrieben:das weiss man als erfahrungswissen genaugenommen schon seit ewigen zeiten
Wissen tue ich das auch. Vor allem dann, wenn ich wieder einmal so eine Erfahrung gemacht habe (z. B. einen Baum hochklettern... und möglicherweise von ihm herunterfallen).
Es geht ja nicht um Extremsport, der in der Moderne die einstmals natürlichen Bewegungen und Erfühlungen, inklusive der dadurch ermöglichten (und eigentlich selbstverständlich ganzheitlichen) Erfahrbarkeit kompensieren soll. (Interessant, welch Wandel Körperlichkeit bis heute erfahren hat)

Die Fitness-Center sind voll. Man kommt ständig an einem vorbei. Warum gehen die Leute nicht in den Wald, um sich dort zu erfahren? Warum strampeln sie sich in steriler Atmosphäre auf Fahrrädern ohne Räder ab - immer den Monitor im Blick: "Wie ist meine Leistung?" Das hat zwar auch mit körperlicher Erfahrung zu tun. Aber jenseits der sinnlichen. Und auch jenseits der sich mit dem Spiritus zu einer Einheit verbindenden.

Heutzutage scheint entweder nur Körper zu sein, oder nur "Geist". Doch beides zusammen und in einem scheint nicht mehr zu passen.
Blaubaum hat geschrieben:empathie und zärtlichkeit in form von worten ist sicher schon viel wert, aber körperlich erfahrbar wiegen sie (mehr als) doppelt.
'Mehr als doppelt' ist noch knapp bemessen. Körperliche Einbindung wiegt das 'Virtuelle' wohl völlig auf.

Berührungen ausgewählter Körperzonen in einer besonderen Atmosphäre...
Blaubaum hat geschrieben:dieses betrifft sogar perinatale erfahrungen, und je dichter diese bis zu meiner geburt zurückreichen, desto plastischer und ausdrucksstärker sind die inneren bilder (und desto hilfloser das damit verbundene gefühl).
Das muß eine ganz besondere Erfahrung sein, die ich so leider nicht kenne.
Allerdings halte ich es von meinem jetzigen Standpunkt aus (fast) für unmöglich, zu vorgeburtlichen Erfahrungen zurückzukehren, sich an diese erinnern zu können.
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Blaubaum
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Beitrag Sa., 12.01.2013, 21:22

Vincent hat geschrieben:Das muß eine ganz besondere Erfahrung sein, die ich so leider nicht kenne. Allerdings halte ich es von meinem jetzigen Standpunkt aus (fast) für unmöglich, zu vorgeburtlichen Erfahrungen zurückzukehren, sich an diese erinnern zu können.
ich weiss nicht, was erinnern für Dich bedeutet...normalerweise sehen wir klare bilder vor uns, die wie mit der filmkamera festgehalten zu sein scheinen und nennen dies erinnern. das damit verbundene gefühl ist entweder im hintergrund, entsteht sekundär oder ist scheinbar gar nicht vorhanden.

es gibt aber auch erinnerungen, deren gefühlsanteil sich zuerst erschliesst, und an die sich klare, jedoch abstrakte bilder mit einem tiefen symbolgehalt anschliessen, also die umgekehrte reihenfolge.

die emotion liefert also die bilder, und diese sind desto abstrakter, je länger die erinnerte erfahrung zurückreicht.
abstrakt bedeutet jedoch nicht, dass sie kühl einen sachverhalt beschreiben.
es scheint sich um eine art archetypen zu handeln, die voller gefühle sind...

wenn Du sie empfängst, weisst Du genau, was sie für Dich bedeuten, und wenn Du sie jemandem mitteilst, kann auch der andere etwas damit anfangen. diese bilder haben anscheinend eine kollektive relevanz.
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Vincent
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Beitrag So., 13.01.2013, 18:36

Blaubaum hat geschrieben: ich weiss nicht, was erinnern für Dich bedeutet...normalerweise sehen wir klare bilder vor uns, die wie mit der filmkamera festgehalten zu sein scheinen und nennen dies erinnern. das damit verbundene gefühl ist entweder im hintergrund, entsteht sekundär oder ist scheinbar gar nicht vorhanden.
Meine persönlichen Erinnerungen bestehen nicht nur aus Bildern. Sie sind auch immer mit einem bestimmten Gefühl verbunden, das während des vergangenen Ereignisses präsent war. Du stellst es ein wenig so dar, als sei dies außergewöhnlich. Für mich ist das aber sehr selbstverständlich.

Auch z. B. Gerüche, grundsätzliche Befindlichkeiten bzw. das Bewußtseins von einst, werden durch die Erinnerung in der Gegenwart wieder präsent.

Das abstrakte, "archetypisierte" Erinnern ist (für mich) ein anderes, als die Erinnerung an konkret Erlebtes.
Blaubaum hat geschrieben:diese bilder haben anscheinend eine kollektive relevanz.
Ja, ich weiß was du meinst. Das geht dann aber nicht auf individuell erlebte (konkrete) Ereignisse zurück, sondern beschreibt schon auf viel höherer Ebene ein vermeintlich gemeinsam Erlebtes, eher als ein universelles Erleben/Empfinden. Die Erinnerung daran wird dann sozusagen aus einem (bzw. aus dem) kollektiven Gedächtnis schlechthin gewonnen... und geteilt.
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Blaubaum
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Beitrag Mo., 14.01.2013, 19:54

Vincent hat geschrieben:Du stellst es ein wenig so dar, als sei dies außergewöhnlich. Für mich ist das aber sehr selbstverständlich.
ich glaube, da interpretierst Du nach eigenem gusto, denn ich schrieb unter anderem: entsteht sekundär.... , damit meinte ich: das bild, also die optische erinnerung zieht die mit dem life-event verbundenen gefühle nach sich.
je nach charakterstruktur des sich erinnernden können jedoch auch konkrete bilder erinnert werden, ohne dass damit intensiv erlebte gefühle verbunden wären. die bilder sind also sozusagen affektiv leer oder zumindest nicht gerade zum bersten voll.
Das abstrakte, "archetypisierte" Erinnern ist (für mich) ein anderes, als die Erinnerung an konkret Erlebtes.
ich schrieb in diesem zusammenhang allerdings nichts von abstraktem erinnern, sondern von abstrakten bildern, die aus konkret erlebtem und später erinnertem entstehen bzw. dieses erinnern und die damit verbundenen gefühle repräsentieren und ausdrücken. abstrakt sind die bilder mE deshalb, weil in frühen bis sehr frühen entwicklungsphasen keine konkreten bilder entstehen können. ein fötus oder ein neugeborenes kind speichert keine konkreten bilder, an die es sich später erinnern könnte. gefühle werden jedoch gespeichert und können später erinnert werden. dann zieht das erinnerte gefühl das die gefühle repräsentierende bild nach sich, es handelt sich also um die umgekehrte reihenfolge.
siehst Du das anders?
Das geht dann aber nicht auf individuell erlebte (konkrete) Ereignisse zurück, sondern beschreibt schon auf viel höherer Ebene ein vermeintlich gemeinsam Erlebtes, eher als ein universelles Erleben/Empfinden. Die Erinnerung daran wird dann sozusagen aus einem (bzw. aus dem) kollektiven Gedächtnis schlechthin gewonnen... und geteilt.
warum meinst Du denn, dass 1. individuell erlebtes und 2. (vermeintlich) gemeinsam erlebtes einander ausschliessen?
kannst Du Dich nicht mit der vorstellung anfreunden, dass viele, viele menschen individuelle erlebnisse haben, die einander so ähnlich sind, dass sie, sozusagen als kollektives abziehbild, in form von archetypischen bildern in der erinnerung erscheinen können?
worin unterscheiden sich z.b. die (potentiellen) erinnerungen von 100 neugeborenen, die zur selben zeit in der selben klinik mit den selben methoden zur welt gebracht worden sind?
oder was versteht bzw. assoziiert ein mensch, wenn ein anderer mensch ihm von erlebnissen wie "hunger" oder "liebeskummer", "erstem verliebt sein" oder "prüfungsangst" erzählt?
reden diese menschen dann komplett aneinander vorbei?
sind diese erlebnisse nicht sowohl individuell als auch kollektiv (sehr sehr ähnlich, und desto ähnlicher, je ähnlicher die beteiligten, erlebenden personen sich sind)?

wenn ich noch eine andere frage an Dich richten darf: kannst Du Dich an den früher hier aktiven user Passat erinnern?
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Vincent
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Beitrag Mo., 14.01.2013, 21:35

Danke für deine Richtigstellung. Da hatte ich dich wohl mißverstanden.
Blaubaum hat geschrieben:warum meinst Du denn, dass 1. individuell erlebtes und 2. (vermeintlich) gemeinsam erlebtes einander ausschliessen?
Das meine ich gar nicht.
Man könnte sagen: Alles individuell Erlebte ist gleichsam in allem gemeinsam Erlebten vorhanden - irgendwie, irgendwo, ganz abstrakt auf einer, nennen wir sie, 'Archetypen-Ebene'. Da kommt dann auch die Empathie ins Spiel, mit der man auf einer gewissen Ebene sein Gegenüber verstehend nachvollzieht; da, wo die ureigenste Erfahrung beinahe mit der Fremderfahrung gleichgesetzt wird - und das damit verbundene, aber trügerische Gefühl, gar die gleiche Erfahrung gemacht zu haben. Aber die Einzelerfahrung ist und bleibt höchstindividuell. Da kommt kein Gegenüber tatsächlich heran.
Blaubaum hat geschrieben:kannst Du Dich nicht mit der vorstellung anfreunden, dass viele, viele menschen individuelle erlebnisse haben, die einander so ähnlich sind, dass sie, sozusagen als kollektives abziehbild, in form von archetypischen bildern in der erinnerung erscheinen können?
Siehe oben!
Ein Archetyp ist ja, wenn man den ganzen esoterischen Kram drumherum mal wegläßt, eine (unhistorische) kollektive Einigung einer 'universellen' Idee. Ein Übereinkommen von Prinzipien-Semantiken, wenn du so willst. Ein Archetyp mag "die Mutter" sein. Mit der habe ich jedoch grundlegend andere Erfahrungen als jeder andere Mensch gemacht. Vom Archetyp "Mutter" mag dann vielleicht (unter anderem) ein 'Subarchetyp', z. B. "mütterliche Liebe", ausgehen bzw. wird durch ihn impliziert.
Und so können Archetypen, strenggenommen, eigentlich keine Gemeinsamkeiten beinhalten. Vielleicht nur eine Gemeinsamkeit, nämlich die Mutter. Aber die Beziehung zur Mutter ist dort nicht enthalten.
Blaubaum hat geschrieben:worin unterscheiden sich z.b. die (potentiellen) erinnerungen von 100 neugeborenen, die zur selben zeit in der selben klinik mit den selben methoden zur welt gebracht worden sind?
In so vielem können sich die Erinnerungen der 100 Neugeborenen bereits unterscheiden. Sie kommen ja schon mit unterschiedlichen Voraussetzungen zur Welt. Sie alle haben, mal abgesehen von ihren Genen, mindestens doch verschiedene pränatale Prägungen, also auch im Mutterleib schon andere Berührungen erlebt, andere Stimmen gehört, andere Musik gehört, andere Nährstoffe zu sich genommen, mit mehr oder weniger Giftstoffen in Berührung gekommen usw. usf. ...
Blaubaum hat geschrieben:wenn ich noch eine andere frage an Dich richten darf: kannst Du Dich an den früher hier aktiven user Passat erinnern?
Da war Vincent zwar noch nicht aktiv, aber der User Passat hat ja seine Spuren hinterlassen. Warum fragst du?
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Blaubaum
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Beitrag Mi., 16.01.2013, 23:01

Blaubaum hat geschrieben:kannst Du Dich nicht mit der vorstellung anfreunden, dass viele, viele menschen individuelle erlebnisse haben, die einander so ähnlich sind...
Vincent hat geschrieben:...Und so können Archetypen, strenggenommen, eigentlich keine Gemeinsamkeiten beinhalten. Vielleicht nur eine Gemeinsamkeit, nämlich die Mutter. Aber die Beziehung zur Mutter ist dort nicht enthalten.
ja klar, wenn Du Deinen fokus auf die unterschiede fixierst, fallen Dir keine gemeinsamkeiten ein, und umgekehrt. ein archetypus oder z.b. ein morphogenetisches feld befasst sich aber nun mal eher mit gemeinsamkeiten, und um diese ging es mir hier.
der hinweis, dass es auch viele unterschiede gibt, ist da mE eher ein witziges argument.
Da war Vincent zwar noch nicht aktiv, aber der User Passat hat ja seine Spuren hinterlassen. Warum fragst du?
willst Du das wirklich wissen? auch hier haben wir es offensichtlich mit gewissen gemeinsamkeiten zu tun .

wusstest Du, dass bei menschen, die sich z.b. bei einem schweren verkehrsunfall in einem gewissen umkreis aufgehalten haben (z.b. radius 50 km), erhöhte adrenalinwerte und körperliche angst/stressäquivalente (tachykardie, obstipation...) festgestellt werden, und zwar auch dann, wenn sie vom unfall weder etwas gesehen noch (z.b. im radio) davon gehört haben?

wäre diese feststellung nun dadurch in frage zu stellen, dass man z.b. ebenso feststellt, dass diese werte oder symptome zwar bei allen verstärkt auftreten, jedoch nicht bei allen gleich stark bzw. in unterschiedlicher gewichtung? was meinst Du?

worauf lenkst Du bei diesem beispiel Deinen fokus?

auf die unterschiede zwischen den menschen und ihrer unbewussten wahrnehmung? oder auf das gemeinsame (schwingen)?

falls ersteres, warum?
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Beitrag Do., 17.01.2013, 01:15

[Kurzes Danke-OT:
Ah: V <--> P. Der Sieger der Wind!
Danke, lieber Blaubaum! (Das hätte ich selbst nicht gesehen, dazu bin ich zu jung, zu alt oder zu witwesk.)
Und wieder wech mit meinem OT, Verzeihung an die anderen hier dafür.]

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