Einsichtnahme in die Patientenakte (Psychotherapie)

Hier können Sie Ihre Fragen rund um die Rahmenbedingungen von Psychotherapie (Methoden, Ablauf usw.) anbringen.
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Mia Wallace
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Beitrag Do., 25.12.2014, 14:03

stern hat geschrieben: Das heißt aber nicht zwingend, dass Macht/Ohnmacht das Motiv des Patienten ist... und auch nicht, dass der Patient das mit "Macht" (des Rechtes, das ihm gesetzlich und durch die Rechtsprechung zugebilligt ist) durchsetzen muss.
Nein, natürlich muss es nicht zwingend ein Motiv sein.
Ja, natürlich ist es das gute Recht des Patienten
puh Stern, ich finde Deine Art der Kommunikation extrem anstrengend. Mal irgendein Detail unkommentiert stehen lassen ist nicht Deine Stärke, oder?

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pandas
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Beitrag Do., 25.12.2014, 16:14

Was wäre denn daran schlimm, wenn der Patient sich aus einem Ohnmachtsgefühl, welches durch die Therapie evoziert* wurde, enthebt, indem er ein Recht, welches ihm innerhalb der Gesellschaft, in der er lebt, zusteht, nutzt?
Das tun Therapeuten doch gegebenfalls auch, insofern sie nicht vollkommen privat arbeiten.
Allein die Finanzierung einer Therapie durch die Krankenkasse ist bereits ein Recht. Warum sollte kk-Kontigent-Therapie zwar durch die KK finanziert werden, ansonsten aber auf einer rechtsfreien Scholle schweben. Es ist schon rechtlich ambivalent genug, dass keine Zeugenschaft darüber besteht, was der Therapeut wirklich gesagt hat und sich der Therapeut stetig darauf berufen kann, dass er das "gar nicht so gesagt habe" und der "psychisch kranke" Patient nur alles falsch verstanden habe, welches vor allem für den hart arbeitenden Therapeuten Stress sei. Wieso sollte dies dann keine Ohnmachtsgefühle beim Patienten auslösen?
Und was ist daran nicht gerecht, wenn der Gesetzgeber zur mangelnden Zeugenschaft einen Ausgleich geschaffen hat, indem er den Patienten berechtigt, Einsicht in die Verschriftlichung der Therapie zu nehmen? Und der Patient dies folgerichtig dann in Anspruch nimmt, wenn er sich sicher ist, dass der Therapeut nicht ehrlich ist, in dem was er veräussert oder aus anderen Gründen ...

* Ich habe hier evoziert gewählt, um herauszustellen, dass dies durchaus auch darauf beruhen kann, dass im Patienten ähnliche Konstellationen seiner Vergangenheit angetriggert wurden. Gut ist, wenn er sich ermächtigt, dann in der therapeutischen Situation sein Recht in Anspruch zu nehmen.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


LynnCard
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Beitrag Do., 25.12.2014, 16:21

Ich finde eigentlich sterns Haltung gut nachvollziehbar. Sie bleibt auch sachlich in der Diskussion, was ich gut finde. Also manchmal gewinne ich den Eindruck, als hätten einige Patienten irgendwie Angst, den Therapeuten von einem Podest runterzustoßen, nur weil sie berechtigte Fragen und Wünsche haben, die auch bei jedem Arzt absolut selbstverständlich herangetragen werden können. Wenn Ohnmacht, dann eher eine solche, sich da auf einmal nicht zu trauen und es irgendwie als ungehörig zu empfinden.
LG Lynn

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Mia Wallace
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 13:04

Nichts ist "schlimm" oder "verwerflich" daran, von einem Recht Gebrauch zu machen.

Menschen haben ja noch viel mehr Rechte, von denen sie Gebrauch machen können, oder eben auch nicht, weil sie mit irgendeiner Sache zB gar kein Problem haben und sie einfach so stehen lassen wollen und können.


Ich bin fest davon überzeugt, dass es am weiterbringendsten ist, Schicht für Schicht tiefer zu gucken und genau zu verstehen, was hinter Bedürfnissen in Beziehungen steht.
Was das mit der eigenen Geschichte, mit den eigenen Erfahrungen, mit sich sich daraus ergebenden immer wiederkehrenden Mustern in Beziehungen auf sich hat.
Ohne jede Wertung und erst recht ohne jede Schuldzuweiseung.

Wer das nicht tut und die Situation nicht hierzu nutzt, schadet nur einem Menschen: sich selbst.
Die alten Muster werden sich wieder und wieder neu inszenieren, wenn man nicht versteht.

Dem Therapeuten wird's jedenfalls egal sein, sobald er -höchstens leicht genervt- die Kopien zur Post gebracht hat.

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sandrin
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 13:32

Mia Wallace hat geschrieben: Ich bin fest davon überzeugt, dass es am weiterbringendsten ist, Schicht für Schicht tiefer zu gucken und genau zu verstehen, was hinter Bedürfnissen in Beziehungen steht.
Was das mit der eigenen Geschichte, mit den eigenen Erfahrungen, mit sich sich daraus ergebenden immer wiederkehrenden Mustern in Beziehungen auf sich hat.
Ohne jede Wertung und erst recht ohne jede Schuldzuweiseung.
Bloß Mia, das, was du beschreibst, das ist idealtypisch. Es gibt leider Therapeuten, die so professionell nicht arbeiten, den Patienten bewusst anlügen/angelogen haben, wie in meinem Fall. Und natürlich macht es Sinn, das alles in Beziehung zur eigenen Geschichte zu setzen, nur gehören dann zwei Menschen dazu, die sich das fair und möglichst neutral anschauen. Sonst funktioniert das nicht.

Und wenn ich angelogen werde (was ich ja immer vermutet habe), dann erlaube ich mir durchaus Schuldzuweisungen, denn dann sind sie ja wohl auch mehr als angebracht, oder siehst du das anders?


pandas
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 14:45

Manche denken, Therapeuten seien Götter. Und Götter sind nicht anzugreifen Vor allem, wenn man in Aussicht hat, selbst aufzusteigen.

Um dem zu widersprechen, wird gerne darauf hingewiesen, dass schon Freud sehr kritisch gegen Religion eingestellt gewesen sei.
Klar ist man das, wenn man selbst den Platz der Religion anzustreben trachtet.

Es geht durchaus darum, es in Verbindung zu setzen mit bereits in Beziehung erlebten. Und genau da liegt die Chance, aus der Ohnmachtsspirale auszusteigen, indem man selbstbewusst die Patientenrechte einfordert.
Als abhängiges Kind konnte man das oftmals nicht, sich gegen Sich-Bemächtigende erheben, da man von diesen real abhängig war. Auch der Kinderschutz greift leider viel zu selten und ist für das Kind selbst nicht erreichbar.

Die Krux liegt ja darin, dass man dann zunächst unbewusste Muster entwickelt, dem Anderen in Beziehungen zu viel Macht zu geben, es schwillt eine unbewusste Angst als auch Verlassenheitsängste, wenn man den Machtsitzer vom Thron schubst.
Daraus entwickeln sich oft auch schlechte Partnerbeziehungen.

So kann in Therapie gelernt werden, sich zu behaupten, und zwar auch in dem man den Anderen hinterfragt und nicht blind glaubt, wenn dieser behauptet, er habe dies und das nicht gesagt, nicht gemeint, "wolle doch nur das Beste" etc. Und wenn man merkt, das führt ja zu nichts. Und sich dann Hilfe holt. Bei der Göttin Justizia Bild

Ansonsten wäre ja die Aussage des Rückbezuges von Therapiekonflikten auf frühere Konflikte: Der Fehler war, dass man als Kind die Eltern nicht bedingungslos liebte, auch wenn sie ihren Willen aufzwangen, Entscheidungen über den Kopf trafen, das Kind quälten etc.
Bedingungslos glauben, was der Andere behauptet, auch wenn es die psychischen Symptome verstärkt? Das kann doch nicht der Auftrag der Leistungsträger sein.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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Mia Wallace
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 15:47

sandrin hat geschrieben:
Bloß Mia, das, was du beschreibst, das ist idealtypisch. Es gibt leider Therapeuten, die so professionell nicht arbeiten, den Patienten bewusst anlügen/angelogen haben, wie in meinem Fall. Und natürlich macht es Sinn, das alles in Beziehung zur eigenen Geschichte zu setzen, nur gehören dann zwei Menschen dazu, die sich das fair und möglichst neutral anschauen. Sonst funktioniert das nicht.

Und wenn ich angelogen werde (was ich ja immer vermutet habe), dann erlaube ich mir durchaus Schuldzuweisungen, denn dann sind sie ja wohl auch mehr als angebracht, oder siehst du das anders?

Liebe Sandrin, das sehe ich ganz genauso wie Du.
(Allerdings glaube ich, dass nicht unbedingt zwei Menschen zum Angucken nötig sind. Und nicht unbedingt zwingend derjenige, mit dem es schief gegangen ist. Du bist ja schon auf der Suche nach einem neuen Therapeuten....-mit dem/der neuen kannst Du ja auch nochmals schauen.)

Mit der Neutralität ist es so eine Sache...
Ich glaube, dass in der therapeutischen Beziehung Übertragung und Gegenübertragung ein wichtiger Bestandteil des Prozesses sind. Nicht nur der Patient, auch der Therapeut spürt etwas.
Wichtig ist nur, dass der Therapeut das, was er spürt nur wahrnimmt (und dem Patienten spiegelt und ihm damit hilft, zu verstehen)
und keinesfalls das Gespürte ausagiert.
Ich kann mir vorstellen Sandrin, dass Du an einen Therapeuten geraten bist, der so unprofessionell war, nicht nur zu spüren, sondern auch auszuagieren, weshalb das Ganze so schief gelaufen ist?
Angucken lohnt sich trotzdem. Genau zu verstehen, was da passiert ist, warum Du das so lange ausgehalten hast, ehe Du gingst und warum es jetzt für die Verarbeitung so wichtig war, die Akte zu lesen usw.

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Mia Wallace
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 15:54

pandas hat geschrieben:Manche denken, Therapeuten seien Götter. Und Götter sind nicht anzugreifen Vor allem, wenn man in Aussicht hat, selbst aufzusteigen.
ja.
ja und?
da könnte ich jetzt antworten : und manche leiden an einem Konflikt um Kontrolle und UNterwerfung und müssen aufgrund dieses Konfliktes in Beziehungen immer wieder mögliche Autoritäten bekämpfen-
und was würde uns das sagen?
Nichts.

pandas hat geschrieben:Bedingungslos glauben, was der Andere behauptet, auch wenn es die psychischen Symptome verstärkt? Das kann doch nicht der Auftrag der Leistungsträger sein.
den Satz versteh ich nicht.

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sandrin
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 16:37

Natürlich ist es wichtig, hinzuschauen. Es stellt gerade in meinem Fall ja auch die Frage, weshalb ich so lange geblieben bin, wo ich doch von Anfang an spürte, dass mit meinem Gegenüber irgendetwas nicht stimmt.

Und da greift meines Erachtens schon das Muster, das Pandas beschrieb. Man glaubt, der Therapeut wisse schon, was er tue. Dann versucht man vorsichtig, eine Kritik anzubringen. Und was ist das Ende des Liedes? Der Therapeut ist alles andere als konfliktfähig. Ein gesunder Mensch würde sich jetzt auf die Hinterbeine stellen und sagen: "So nicht!". Um das hinzukriegen, muss man aber realisieren, dass Therapeuten auch ziemlich daneben liegen und sich ziemlich daneben benehmen können. Und man muss in Betracht ziehen, dass das eigene Gespür das Richtige ist und nicht automatisch das des Therapeuten. Von daher bereue ich es keine Sekunde, dass ich die Akte angefordert habe, weil ich jetzt nämlich alles, was ich als belastend und entwertend erlebe, besprechen kann. Ansonsten wäre das immer wie ein Damoklesschwert über mein Leben gehangen. Ich wusste ja, wie der Thera über mich denkt und konnte erahnen, was da alles im Argen lag. Nein, das war schon ganz richtig so.


pandas
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 16:49

@ Mia

Mal irgendein Detail unkommentiert stehen lassen ist nicht Deine Stärke, oder?
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kaja
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 17:01

Nicht jeder Kunde der seine Akte lesen will, macht es weil er mit dem Therapeuten unzufrieden ist.
Ich verstehe überhaupt nicht warum das immer in einen Topf geworfen wird. Deshalb ist es auch vollkommen egal ob es für den Therapeuten mit dem Gang zur Post erledigt ist oder nicht. Es liest doch nicht jeder seine Akte um dem Therapeuten auf den Keks zu gehen und ihn zu zwingen sich mit einem zu beschäftigen.
Wer schon während der Therapie dauernd um sich selbst und die Beziehung zum Therapeuten kreist, wird wahrscheinlich auch nach der Therapie die Fusseln im eigenen Bauchnabel weiter betrachten. Wer das nicht getan hat wird wohl eher selten damit anfangen nach der Therapie an den Therapeuten zu kletten und aufmerksamkeitsheischendes Verhalten an den Tag legen. .
After all this time ? Always.

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sandrin
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 17:42

Ich gebe dir Recht, kaja. Es gibt in der Tat viele verschiedene Gründe, weshalb jemand seine Akte lesen möchte. Das steht außer Frage.


pandas
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 19:29

Zudem es sich um eine rechtliche Angelegenheit handelt. Es zeugt nicht gerade von therapeutischer Kompetenz, wenn in einer solchen Angelegenheit "negative Beweggründe" zugeschrieben werden anstatt einfach der rechtlichen Verpflichtung nachzukommen und dem Patienten die Kopien zukommen zu lassen.

Wenn man einen Fahrkartenkontrolleur, anstelle des Vorzeigens der Fahrkarte fragen würde, warum er nicht die Ubahn vorher kontrolliert habe, sondern diese, in der man selbst sitze, würde dieser die Polizei rufen (wenn man es nicht nur als Scherz sagt und die Fahrkarte gleich anschließend vorzeigt).
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Tränen-reich
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 19:43

pandas hat geschrieben:anstatt einfach der rechtlichen Verpflichtung nachzukommen und dem Patienten die Kopien zukommen zu lassen.
Ich nehme das als allgemeine Formulierung hier an. Mir ist immer noch schleierhaft, was das Gesetz genau aussagt. Einerseits, dass dem Patienten Akteneinsicht zu gewähren ist und andererseits, der Behandelnde aus bestimmten therapeutischen Gründen die Einsicht ablehnen kann. Ja wat denn nu? Wenn der/die Therapeut/in alle möglichen therapeutische Gründe aus dem Ärmel zu zotteln und auch - nehmen wir mal an - dabei noch ziemlich ausgefuchst wäre, gegen die ich als Laie nicht gegen ankäme. Das ist der Punkt, den ich nicht raffen will....
Zumal, als das mal bei meiner Thera und mir zwischen Tür und Angel am Stundenende kurz angesprochen wurde, sagte sie, sie würde keinem ihrer Patienten das anraten und das Therapeuten das verweigern können.

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sandrin
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 19:51

Können sie nicht. Wieder ein Therapeut, der dreist lügt. Unglaublich...

Sollte es da auch nur ein Schlupfloch geben, dann hätte es mein Therapeut genutzt, glaubt mir! Aber da gibt es keine Chance, nicht wenn du nicht enorm selbstmordgefährdet bist und man fürchten muss, dass du dich aus dem nächsten Fenster stürzt.

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