In meiner Brust schlagen zwei Herzen.

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Harry Haller
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In meiner Brust schlagen zwei Herzen.

Beitrag Sa., 03.11.2012, 23:30

Hallo liebes Forum.

Ich habe mich auf dieser Seite angemeldet, weil ich mir ein paar Ratschläge in Bezug auf den Umgang mit meinem Leben holen will. Ich persönlich habe schon längst das Ruder verloren. Mir kommt es so vor, als wäre mein Leben ein Schiff, welches lediglich durch tobende Stürme von außen navigiert wird.

Da ich denke, dass meine Problematiken ein Resultat aus meiner leicht verkorksten Jugend sind, gebe ich hier quasi einen etwas längeren "Rundumschlag" meines Lebens wieder...Ich denke das ist auch für eure Meinungsbildung ganz hilfreich...

Ich denke ich sollte mit dem Zeitpunkt anfangen, in der meiner Meinung nach die Problematiken angefangen haben: Als ich 14 war, haben sich meine Eltern endlich ein Einfamilienhaus gekauft. Meine Mutter war Hausfrau, mein Vater Angestellter in einer Firma. Das Haus an sich war finanziell für unsere Verhältnisse kaum tragbar, weswegen der arbeitstechnische Druck sehr auf meinem Vater lastete. Die Zeit verging, und immerwieder bekam ich mit, wie sehr es mein Vater doch vermisste, die Relikte seiner vergangenen Jugend wieder auferstehen zu lassen. Er ging sich regelmäßig besaufen, nahm (sehr wahrscheinlich) Drogen und wurde immer perplexer. Anfangs wollte er von meiner Mutter, dass sie diesbezüglich mitzieht und sich sexuell wieder öffnete. Meine Mutter hingegen war schon längst mit ihm unglücklich (er war schon immer sehr aggressiv und untreu gewesen), und war nur noch in der Beziehung, um für ihre Kinder da zu sein. Sie war immer sehr überfürsorglich, scheu und unterordnend gewesen...mal abgesehen davon war mein Vater (den sie letztendlich geheiratet hat), ihr erster (und bis jetzt auch einziger) fester Freund gewesen. Wie auch immer: Irgendwann find mein Vater an, ihr zu unterstellen, dass sie ihm fremdgehen würde. Dementsprechend versuchte er, ihr immerwieder etwas nachzuweisen...Immerhin meinte er immerwieder zu sehen, wie Männer ins Haus gingen, meine Mutter anriefen, etc (was nicht der Fall war). Anschließend fing er an, "Fallen" aufzustellen, um meiner Mutter "auf frischer Tat" zu ertappen...beispielsweise versteckte er in der ganzen Wohnung Aufnahmegeräte. Als er eines Tages am Computer saß und er mittels eines Soundprogramms eine bestimmte Audiosequenz immer und immerwieder abspielte und er mit einem Grinsen im Gesicht endlich meinte, etwas gefunden zu haben, bat er mich in sein Computerzimmer. Er spielte mir die Sequenz vor, in der nur sein Schnarchen zu hören war, und meinte zu mir: "14 Jahre bist du alt...du dreckiges Schwein". Mir war klar, worauf er hinauswollte: Er schien der festen Überzeugung zu sein, dass ich (auch noch mutwillig) mit meiner Mutter Sex gehabt hätte. Und das in dem gleichen Bett, während er auf der anderen Bettseite am Schlafen war. In diesem Moment ist meine Welt zusammengebrochen. An diesem Abend gab es natürlich ein Riesentheater, meine Mutter weinte unaufhörlich und rief den Bruder meines Vaters an, damit er endlich zur Vernunft kommen könnte. Er nahm ihn für eine Nacht mit nachhause. Danach hatte meine Mutter versucht ihn zu einem Psychologen zu bringen, jedoch war er der festen Überzeugung, dass meine Mutter und ich sich gegen ihn verschwört hätten. Er terrorisierte uns nächtelang, es gab handgreifliche Kämpfe mit meine Mutter. Er kam besoffen nachhause und drohte, meine Mutter umzubringen. Eines Nachts riefen wir die Polizei und sind abgehauen...

Ich persönlich war nun ein ausländischer Gymnasiast, dessen Mutter kaum Geld zur Verfügung hatte. Das, in Verbindung mit den Erlebnissen mit meinem Vater führte dazu, dass ich mich - trotz größerem Freundeskreis - ständig verlassen und allein fühlte. Dazu kam noch, dass ich Einserschüler war...ich hatte immer das Gefühl, dass ich nicht Teil meiner Familie war (Ich bin der einzige in meiner Familie, der studiert), andererseits auch nicht fester Bestandteil meines Freundeskreises, der hauptsächlich aus deutschen Akademikerkindern besteht. Bis zu diesem Tag hatte ich mit meinem Vater lediglich nur gerichtlich zu tun...

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Harry Haller
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Beitrag Sa., 03.11.2012, 23:34

Teil 2:

Seit den Erlebnissen mit meinem Vater leide ich an einer (auch von mehreren Psychotherapeuten bestätigten) posttraumatischen Belastungsstörung inklusive depressiver Tendenzen, die je nachdem in ihrer Intensität variieren. Ich denke jedoch nicht, dass das die einzige psychosomatische Anormalität in meinem Leben ist...Wie auch immer, es gibt keinen Moment in meinem Leben, in der ich meinen Kopf ausschalten kann. Ich katastrophisiere ständig alles, und über die Jahre hinweg haben sich auch Stimmungsschwankungen herauskristallisiert, die mittlerweile unerträglich sind. Frauenbekanntschaften halten sich bei mir nicht sehr lange. Richtig verliebt war ich bis jetzt nur einmal, jedoch klammerte ich mich sehr an sie, weswegen ich diesbezüglich sehr verletzt wurde. Ich wurde von ihr in der Beziehung beschimpft und auf eine sehr frigide Art lächerlich gemacht, bis sie letztendlich Schluss machte. Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass ich nichtmehr in der Lage bin, Liebe zu empfinden, weswegen nur One-Night-Stands und kurze, langweilige Beziehungen dabei herauskommen, in der ich meist die Frau emotional verletze. Dies war auch der Grund dafür, dass ich einen moralischen Hass auf mich entwickelte: "Warum hast du One Night Stands?! Warum verletzt du Frauen?! Genau das hat dein Vater auch getan! Du bist wie dein Vater!". Ich habe Liebe in meinem Leben bis jetzt hauptsächlich nur als Problemquelle und als Grund für depressive Verstimmungen kennengelernt...

Wie ich der Titel bereits vermuten lässt, bin ich mittlerweile der festen Überzeugung, dass "zwei Herzen" in meiner Brust schlagen: Eine menschliche, freundliche, gütige und spirituelle Seite, und eine destruktive und hedonistische Seite, die in meinem Kopf eine derartig verheerende Wirkung haben, dass ich nichtmehr weiss, wohin mit meinem Leben. Beispielsweise habe ich letzte Woche jeden Tag gebetet, meditiert, mich gesund ernährt, Sport getrieben, Zeit mit meiner Familie verbracht, nur um am Wochenende zu saufen, zu rauchen, wahllos mit Frauen rumzulecken und mein Ego unglaublich aufzuplustern. Das ist auch wiederrum der Moment, in dem der Atheist in mir rausguckt (Was ich ja auch im Nachhinein bin.Nur Bete ich aus reiner Hoffnungslosigkeit einfach)...ich mache mir ständig Gedanken um ethische Richtlinien, nur um sie im Nachhinein zu brechen und mich selbst dafür zu hassen (Nicht das ich der Meinung wäre, dass ethische Richtlinien vom Glauben abhängig sind, aber das ist eine andere Geschichte). Interessanterweise habe ich irgendwie ein zwanghaftes Bestrafungsritual entwickelt: Aufgrund der Geschehnisse habe ich natürlich eine sehr enge Bindung zu meiner super-fürsorglichen Mutter, die mich zu einem "Mr.Nice Guy" erzogen hat. Ich selbst fühle mich nicht als ganzer Mann. Wenn es nun vorkommt, dass ich meine eigenen Richtlinien breche, fange ich an zwanghaft zu masturbieren. Ich bin zwar heterosexuell, jedoch hege ich in diesen Moment eine Neigung zu extrem muskulösen und männlich anmutenden Dominas oder beispielsweise sehr weiblich aussehenden Transsexuellen, wobei ich mir, wenn ich mir dementsprechendes pornographisches Material angucke, ich mir vorstelle, wie sie mich bestrafen und Überhand über mich gewinnen. Aus reiner Introspektion denke ich, das folgender Gedanke hintersteckt: "Du hast Mami verletzt, du bist ein böser Junge! Du bist wie dein Erzeuger! Jetzt bekommst du eine Strafe!". Ich wurde in meiner Kindheit auch hin und wieder geschlagen, was, meiner Meinung nach, auch zu dieser Entwicklung geführt haben könnte.

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Harry Haller
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Beitrag Sa., 03.11.2012, 23:37

Teil 3:
Und als ob das nicht genug wäre, habe ich in den letzten Monaten exzessiv angefangen, Marijuana zu konsumieren. Ich weiss nicht, ob das der Grund dafür ist, jedoch habe ich wie gesagt nun sehr krasse Stimmungsschwankungen und fühle mich von meiner Außenwelt abgekapselt, jedoch in einer Art und Weise, die manchmal auch von Außenstehenden als Egozentrisch und Unsozial abgestempelt wird. Ich fühle mich von der Realität abgekapselt. Der Grund, warum es diesbezüglich bei mir aus dem Ruder läuft, ist die Tatsache, dass die Droge mein Hirn beruhigt. Sobald ich THC zu mir nehme, fühle ich eine angenehme Stille, die mich daran erinnert, wie ich mich vor den Geschehnissen mit meinem Vater gefühlt habe, als quasi "Ying und Yang", "Vater und Mutter", "Gut und Böse", "Penis und Hirn" bei mir Hand in Hand gingen. Dass das wiederum im Nachhinein meine Schuldgefühle verstärkt, schließt den Teufelskreis wieder.

Und nun sitze ich hier, und habe den schlimmsten Tag seit langem hinter mich gebracht, meine Gedanken kreisten und die Schuldgefühle waren auf einem Maximum.

Ich weiss nicht, wie es mit meiner Zukunft weitergehen soll. Diesbezüglich bin auch noch sehr unsicher. Ich bin Psychologiestudent, jedoch finde ich es im nachhinein geradezu grauenvoll mir vorzustellen, anderen Leuten zu helfen, während ich selbst ein emotionales und psychisches Wrack bin. Ich überlege, mich für einige Zeit einweisen zu lassen, und danach meine Zukunft zu überdenken. Was meint ihr, was soll ich tun? Ich weiss es selbst nichtmehr. Wahrscheinlich werde ich gleich wieder fröhlich pfeifend Musik hören, nur um mich Minuten später wieder grässlich zu fühlen...


LG, Harry.

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Mirielle
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Beitrag Sa., 03.11.2012, 23:41

Hi Harry!

Tut mir sehr leid dass du solche Dinge durchgemacht hast... und dass du jetzt nicht weißt wie du zurecht kommen sollst. Was dein Vater mit dir gemacht hat ist wirklich ein starkes Stück!

Ich glaube dein Gedanke mit der Klinik ist keine schlechte Idee. Da hättest du Zeit, Abstand und Therapie. Das könnte helfen.

lg Miri
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"Die größte Macht hat wohl das richtige Wort zur richtigen Zeit..."
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Elfchen
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Beitrag So., 04.11.2012, 09:54

Lieber Harry

Sei herzlich willkommen hier im Forum!

Trotz allem denke ich, dass du eine gute Prognose haben könntest, weil du so jung und so reflektiert bist. Weisst du, ich denke, dass du gerade weil du so viel mitgemacht hast, ein guter Therapeut werden kannst wenn du es schaffst, die Sache zu integrieren und vorwärts zu gehen, anstatt selbstdestrukiv daran zu gehen. Diese Exzesse dienen doch wohl nur dazu, zu vergessen, dich selber zu bestrafen für etwas, wo du nichts dafür kannst, um dein Ego aufzupolieren, obwohl du das nicht nötig hättest.
Ob die Auszeit dir was bringen würde, weiss ich nicht so recht. Du kannst auch mittels einer Supervision nachdenken und deine Dinge ordnen. Tu es bald, bevor die Drogen anfangen, dich kaputt zu machen.
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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Harry Haller
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Beitrag So., 04.11.2012, 18:22

Danke schonmal für die netten Beiträge

Ist hier zufällig ein Psychotherapeut, der mir einigermaßen per Krankheitsbildern eingrenzen kann, was grad bei mir los ist?

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Mirielle
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Beitrag So., 04.11.2012, 18:47

Hallö!

Nein, das geht hier im Forum nicht- ist ein Laienforum und Diagnosen via Internet wären sowieso absolut unverantwortlich.
Wenn du eine Diagnose möchtest musst du face to face zu einem Therapeuten gehen...

lg Miri
*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*

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Mark Twain

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Harry Haller
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Beitrag So., 04.11.2012, 21:24

@ Miri:

Das ist sicherlich richtig! Ich wollte nur eine momentane Einschätzung...ne schnelle, eigene Meinung quasi.


Lg, harry.

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Mirielle
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Beitrag Mo., 05.11.2012, 00:31

Keine gute Idee. Das kann so falsch sein wie die Wettervorhersage für nächsten Juli.

Mit Diagnosen sollte man generell vorsichtig sein. Ich werde mich hüten eine abzugeben, wenn einmal ein gewisses Bild erzeugt ist kann mancher einer sich kaum noch davon trennen.

lg
*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~*

"Die größte Macht hat wohl das richtige Wort zur richtigen Zeit..."
Mark Twain

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