Identitätsprobleme in der Herkunftsfamilie

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jakob2017
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Identitätsprobleme in der Herkunftsfamilie

Beitrag Mi., 16.11.2016, 19:26

Vor kurzem gab es in meiner Familie ein Gespräch mit allen über die Hofübergabe. Ich bin auf einem Bauernhof mit 2 Brüdern aufgewachsen. Dabei forderte mein Bruder der nicht der potentielle Hofübernehmer, dass er neben einem Baugrund, ein ##ha großes Stück Wald haben möchte und er möchte eine größere Werkstätte am Hof haben, da er da wo er wohnt nicht die Maschinen für seine Bekannten herrichten kann. Mein Bruder am Hof sagte darauf, dass er dass mit der Garage nicht wolle und meine Eltern dass das mit dem Wald nicht gehe, da der zum Hof gehöre. Meine Mutter meinte dann noch, dass es ihr sehr sehr wichtig sei dass alle gleichberechtigt werden. Ich versuchte in der Diskussion herauszuarbeiten, was denn als Abfindung an die weichenden Kinder so üblich ist. Wenn man in der Gegend andere Bauernhöfe oder die Generationen davor betrachtet, dann ist ein Baugrund üblich und eventuell noch eine Kleinigkeit wie Bauholz oder Mithilfe beim Haus bauen oder was auch immer. Außerdem merkte ich an dass auch mir wichtig sei, dass ich nicht benachteiligt werde. Mein Papa nickte.
Nach dem Gespräch war mir klar, dass sicher noch viele weitere Gespräche notwendig sind, aber für den Anfang ist es ja nicht alle zu schlecht gelaufen. Ich war froh dass es endlich zu einem Gespräch gekommen ist, hatte aber irgendwie Angst davor.
Tage später als ich wieder zu Hause war, wurde ein Gespräch mit mir gestartet und dass sie den Vorschlag haben dass ich dafür dass ich den Baugrund bekomme, meinem anderen Bruder der ebenfalls einen Baugrund bekommt einen Geldbetrag (##### Euro) geben soll damit er sich einen Wald kaufen kann. Ursprünglich wollten sie mir eh gar nicht einen vollen Baugrund geben. Auf die Frage wieso ich um einiges weniger erhalten solle als mein Bruder meinte mein Vater: "Weil du nicht vom Haus bist"
Als ich 1# war erfuhr ich dass mein Papa gar nicht mein leiblicher Vater ist, sondern dass das der Schwager meiner Mutter ist, der bis dato immer nur als Onkel in meiner Welt existierte. Ich erfuhr dass ich das Ergebnis eines Ausrutschers meiner Mutter mit ihrem Schwager bin. Meine Mutter lebte vor meiner Geburt ein komplett anderes Leben, dass sie dann wegen meiner Geburt aufgeben musste. Sie war Nonne in einem Kloster. Noch in der Schwangerschaft mit mir lernte sie meinen sozialen Vater kennen und zwei Monate nach dem ich geboren wurde zogen wir auf den Bauernhof wo ich aufgewachsen bin. Drei Monate darauf wurde Hochzeit gefeiert. Eigentlich sollte ich adoptiert werden, da stimmte aber der Onkel (mein leiblicher Vater) nicht zu. In den folgenden Jahren wurden meine beiden Brüder geboren.
Es brach eine Welt für mich zusammen als ich dass alles mit 1# erfuhr, doch leider schluckte ich alles hinunter anstatt auch mal meinen Schmerz darüber zu artikulieren. Nachdem ich dass alles in einem kurzen Gespräch erfuhr, wurde wieder der Mantel des Schweigens über die Geschichte gelegt. Ich hatte nie die Möglichkeit mit jemandem darüber zu sprechen und merkte schnell dass sich meine Eltern sehr sehr schämten für das wie ich entstanden bin. Auch meine Brüder erfuhren es erst viel später, dass ich nicht ihr 100%iger Bruder bin. Ich lebte und arbeitete genau wie meine Brüder am Hof mit und mir fehlte es an nichts. Irgendwann beschloss ich dann ab und zu Kontakt zu meinem leiblichen Vater zu haben, um auch meine dortigen Wurzeln zu suchen, aber es war immer nur sehr oberflächlich und ich merkte zunehmend dass es da zwischen meinen Eltern und dem leiblichen Vater und der Schwester meiner Mutter sehr große Hassgefühle gibt, welche von beiden Seiten auf mich projiziert wurden. Ich habe es öfters versucht etwas Normalität in die Zwischenmenschlichen Verhältnisse zu bringen, bin aber immer jegliche gescheitert.
Seit einigen Jahren spüre ich, dass ich mich nicht wohl fühle in meiner Haut und mit Identitätsproblemen kämpfe. Nach der Geschichte mit der Hofübergabe fühle ich mich noch schlechter und brauche eine Meinung von Außen, daher habe ich das hier reingeschrieben. Ich fühle mich depressiv und weiß nicht wer und was ich bin. Ich hatte diese Gefühle der Wertlosigkeit bereits sehr stark im Sommer (noch vor dem Gespräch über die Hofübergabe) und bin dann intensiv auf Spurensuche meiner Entstehung gegangen. Das hat natürlich nicht allen in meiner Umgebung gefallen.
In unserer Familie herrscht leider ein Gesprächsklima mit wenig Offenheit und Toleranz und jeder hat seine eigene ganz perönliche Wahrheit, was die faire Lösung für die Übergabe wäre. Was denkt ihr wäre angebracht in unserer Situation? Wie kann ich mich persönlich wieder aufbauen unabhängig von der Geschichte mit der Hofübergabe und meine Lebensfreude wieder finden? Bin um jeder Meinung dankbar.

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Candykills
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Beitrag Mo., 21.11.2016, 07:27

Ich würd's wohl mit einer Therapie an deiner Stelle probieren. Allein schon, weil es sehr schwierig sein kann das jetzt aushalten zu müssen, dass du benachteiligt wirst. Dadurch werden deine eh schon bestehenden Identitätswirrungen ja auch noch von außen bestätigt. Quasi "du hast sie zurecht".
Angebracht fände ich, euch alle 3 gleich zu behandeln.
Du kannst jetzt entweder für dich einstehen und kommunizieren, dass du genauso dort aufgewachsen bist, ihn genauso Papa nennst und im Grunde genommen genauso vom Hof abstammst (eigentlich kennst du ja auch gar keine andere Realität). Oder du nimmst es hin, dass du ein kleineres Stück vom Kuchen bekommst.
Aber egal wie du dich entscheidest, ich würde mir therapeutischen Beistand holen, um mich emotional etwas unabhängiger zu machen, Abstand zu gewinnen und deinen Platz in der Welt zu finden. Sonst wird wahrscheinlich zunehmender Groll in dir wachsen, der zwar auch durchaus seine Berechtigung hat, aber unerträglich werden kann.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)


sine.nomine
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Beitrag Mo., 21.11.2016, 12:28

Wenn in der Familie irgendwas nicht stimmt, kann das leicht psychische Probleme auslösen. Du hast sicher das Recht, zu erfahren, wie du entstanden bist. Das zu verheimlichen bringt ja nichts, früher oder später kommt es eh heraus, denke ich.
Was wäre denn deine Meinung was gerecht wäre, was die Aufteilung des Hofes oder des Erbes betrifft?
Ja, und wenn du Depressionen hast, wäre eine Psychotherapie der richtig Weg. Dort könntest du alles ansprechen, was dich beschäftigt.

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petrapan
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Beitrag Di., 24.01.2017, 21:47

Die Situation ist wirklich schrecklich und es tut mir unendlich leid für Dich. Ich finde, dass Deine Eltern sich sehr grausam verhalten, indem sie Dir sagen Du seist ja "nicht vom Haus". Das heißt ja quasi: Du gehörst nicht wirklich zu uns. Ich finde das sehr grausam. Dein Vater hat Deine Mutter kennengelernt als sie mit Dir schwanger war, sie sind zusammen gezogen, Deine Mutter hat Dich bekommen und Dein Vater hat sie mit dem Kind geheiratet. Er kennt Dich seit Deiner Geburt und hat Dich großgezogen. Und jetzt wird Dir gesagt, dass Du ja eigenlich nicht dazu gehörst. Wie alt warst Du als Du erfahren hast, dass Du einen anderen leiblichen Vater hast?
Wie verstehst Du Dich mit Deinen Brüdern? Könnten Sie den Anspruch gestellt haben, dass Du beim Erbe nicht "gleichwertig" behandelst wirst, weil Du einen anderen leiblichen Vater hast? Wenn dem so ist, müsste Dein Vater eigenlich ein "Machtwort" sprechen und klar machen, dass er Dich genauso als seinen Sohn aufgezogen hat und ihr alle 3 gleich behandelt werdet. Aber anscheinend unterscheidet er zwischen Dir und Deinen leiblichen Söhnen. Was sagt denn Deine Mutter dazu? Das muss ihr doch eigentlich auch weh tun, zu sehen, dass Du als "nicht vom Haus" anders behandelt und benachteiligt wirst.
Ich könnte mir allerdings auch vorstellen, dass sie sich immer noch schämt mit dem Mann ihrer Schwester ein Kind gezeugt zu haben und akzeptiert, dass Ihr beide dafür "bestraft" werded.
Vielleicht könnte Dir auch eine "Familienaufstellung" helfen um Deine Gefühle zu ordnen?
Ich sage Dir ganz ehrlich, dass ich zum Thema Erbe die Einstellung habe, dass (meine) Eltern, solange sie leben am besten alles für sich selbst ausgeben und es sich so schön machen wie es geht, damit nach ihrem Tod am besten gar nichts mehr da ist, worüber die Kinder sich streiten können. Das kommt u.a. daher, weil ich einen sehr materiell eingestellen, zänkischen Bruder habe, der mit 45 Jahren immer noch neidisch ist, wenn z.B. bei einem gemeinsamen Einkauf meine Mutter z.B. schnell mein Brot/ Shampoo oder so mitbezahlt. Er hat sich für einen erwachsenen Mann schon einige Male extrem lächerlich und eifersüchtig aufgeführt. Und so eine Situation möchte ich nach dem Tod unserer Eltern auf keinen Fall. Am liebsten wäre mir, wenn gar nichts zum vererben da ist oder er meinetwegen alles nimmt.
Bei uns gibt es auch 3 Halbgeschwister, die mein Vater mit seiner ersten Frau hat, die dann verstorben ist. Wir sagen aber nie, dass wir Halbgeschwister sind, wir sind einfach Geschwister. Aber das ist natürlich auch eine ganz andere Situation.

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SüßSauer
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Beitrag So., 20.01.2019, 21:17

Hallo petrapan,

ich habe deine Beiträge gelesen und wollte dir eine PN schicken. Das kann ich leider noch nicht, weil ich hier neu bin. Wie geht es dir und bist du hier noch gelegentlich?

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