Sozialphobie

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Phobien, Zwängen, Panikattacken und verwandten Beschwerden.
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Christine28
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Sozialphobie

Beitrag Do., 17.01.2013, 21:13

Hallo, ich habe ein Problem mit mir selbst. Ich habe Angst vor Menschen weil ich von klein auf Mobbing erlebt habe. Ich kann mich an alles was vor meinen zehnten Lebensjahr war gar nicht mehr erinnern, auch nicht, dass ich bei einem Psychologen gewesen sein soll, und dabei war ich damals bereits acht. Die Seele verdrängt was sie nicht erträgt. Mir wurde nur erzählt, dass mein Bruder in die Wohnung gerannt kam weil er die Gemeinheiten gegen mich im Hof nicht mehr ertrug. Er hat mich aber auch gemobbt wenn andere dabei waren. Er schlug mich viel weil meine Eltern mich wegen meiner Probleme mehr beachteten. Leider war er auch mit demjenigen befreundet, der beim Mobbing gegen mich den Ton angab. Er hieß Gerald und ich bin mit ihm in denselben Kindergarten, Volksschule und Hauptschule gegangen. Obendrein wohnte er in der Nachbarschaft. Also hat er dafür gesorgt, dass sich mein Bruder gegen mich gestelllt hat. Ich kann es sogar verstehen. Jeder möchte beliebt sein und wenn man so jung und selbst unsicher ist, distanziert man sich von denen, die es nicht sind. Für mich wurde es besonders brutal als meine beste Freundin ins Gymnasium kam und ich in die Hauptschule. Plötzlich wollte sie nicht mehr mit mir befreundet sein weil sie was Besseres gefunden hatte. Eine andere Freundin. Ich war abserviert und wurde still, wo ich früher extrovertiert und fröhlich gewesen war. Als ich vierzehn war fing Gerald an mich als geistig behindert hinzustellen. Er zog das richtig groß auf und sorgte dafür, dass ich mich weder in der Schule, noch im Hof, noch zu Hause mehr wohl fühlen konnte, denn nach wie vor mischte mein Bruder mit. Ich war so verunsichert, dass ich es zu glauben begann. Für mich bekam mein Problem mit Reaktionen und Wahrnehmungen plötzlich einen Sinn und ich glaubte, dass ich wertlos sei, dass mich niemand lieb haben könne, dass ich Dreck bin. Ich wurde auffällig und fing zu ritzen an. Dann wurde ich auf offener Straße von einem erwachsenen Mann belästigt. Er griff mich von oben bis unten aus. Von da an hatte ich auch eine Phobie Männern gegenüber. Während der ganzen Teenagerzeit war ich nicht in der Lage zu flirten, wie es andere Mädchen taten. Natürlich hatte ich keinen Freund bis ich achtzehn war und der erste, der auf mich reagierte, war ein Homosexueller, der ein Alibi suchte. Das hab ich nach sechs Wochen Kontakt mit ihm zufällig herausgefunden und es hat mich tief getroffen. So nahm ich künftig von allen Menschen nur das Schlechteste an und bekam immer mehr das Problem nicht zu wissen was ich mit anderen Leuten reden soll. Dann hatte ich wieder einen Freund. Drei Monate waren wir zusammen und es waren meine Minderwertigkeitskomplexe, meine Eifersucht, meine Unsicherheit, die ihn weggestoßen haben. Ich landete danach in der Psychiatrie, wollte sterben. Ein paar Monate später wurde ich von einem Kerl vergewaltigt, der meine Bedürftigkeit gespürt haben musste. Ich habe Jahre gebraucht, um wieder einen halbwegs normalen Kontakt zu Männern zulassen zu können. Dann lernte ich meinen letzten Freund kennen und hatte endlich jemanden, der mich respektiert und akzeptiert, doch das war nur von kurzer Dauer. Er war faul, wollte an der Beziehung nicht arbeiten, war mit seinem Diabetes und seiner schizoaffektiven Psychose verheiratet und daher nicht in der Lage auf mich oder auf seinen zwölfjährigen Sohn Eric einzugehen. Eric hatte ein gewaltiges Autoritätsproblem Frauen gegenüber. Nachdem ich mich nun zweieinhalb Jahre aufgerieben hatte, bin ich also wieder Single. Inzwischen hab ich sämtliche Freunde verloren, die ich vor der Beziehung hatte. Eine hat mich fallenlassen weil ich wegen meinem Exfreund zu viel gejammert habe, eine hat sich das Leben genommen und eine ist nach Deutschland gezogen wegen ihres Studiums. Ich verbringe meine ganze Zeit vor dem Fernseher, bin einsam und unglücklich, habe nur meinen Hund um mich herum, was zwar sehr schön ist, aber keinen menschlichen Kontakt ersetzt, und fühle mich unfähiger als je zuvor mit anderen Menschen umzugehen. Mir ist völlig klar, dass es nicht an anderen Menschen liegt, sondern ausschließlich an mir selbst. Ich habe zwölf Jahre Therapie hinter mir, bin nach wie vor in Betreuung und komme einfach nicht weiter, denn theoretisch weiß ich so manches, aber umsetzen ist verdammt schwer. Was kann ich bloß tun? Wegen meiner Wahrnehmungsstörung hab ich auch Angst zu arbeiten. Hab gerade erst eine Lehre abgebrochen, die sogar im geschützten psychosozialen Rahmen war, weil ich es einfach nicht gepackt hab. Immer schwebt es wie ein Damoklesschwert über mir als gestört, behindert, minderwertig angesehen zu werden. Folglich passiert mir natürlich genau das immer wieder. Was kann ich bloß tun? Wie bringe ich mich dazu in den Spiegel zu sehen und die Person, die ich dort sehe nicht bis aufs Blut zu hassen?

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Rubeus Darko
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Beitrag Fr., 18.01.2013, 01:23

Hallo Christine,

schön dass du den Weg hier ins Forum gefunden hast. Du hast ja eine Menge negativer Erfahrungen hinter dir. So viele, dass es nicht verwunderlich ist, dass du ängstlich auf deinem Lebenspfad gehst. Und so viele, dass du hoffentlich noch immer auf eine Therapeuten zugreifen kannst, denn ich behaupte mal wir Laien hier im Forum können dir Anregungen geben, aber da müsste wohl schon ein Profi, also Therapeut, ran.

Dass man an allem selbst Schuld ist, was einem Leben widerfährt, stimmt natürlich nicht. Ab einem gewissen Alter sollte man aber zunehemnd Kontrolle über das eigene Leben übernehmen und hat dann auch zunehmen Verantwortung dafür. Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern, aber die Gegenwart und die Zukunft.

Man kann auch schlecht an allen Problemen gleichzeitig arbeiten. Welches Problem möchtest du den konkret angehen?


PS: Bei längeren Texten erhöhen Absätze die Lesefreundlichkeit

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Christine28
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Beitrag Fr., 18.01.2013, 10:58

Danke, Rubeus. Mein größtes Problem ist, dass ich eben sämtliche Freunde nahezu gleichzeitig verloren habe, und jetzt finde ich irgendwie keinen Anschluss mehr. Ich gebe mir Mühe, aber es läuft immer so ab: Ich fühle mich unwohl unter Menschen. Eine überfüllte Straßenbahn raubt mir sämtliche Nerven. Ich kann anderen Leuten kaum in die Augen schauen. Finde ich aber dann doch jemanden, dann ist dieser jemand eine ähnliche Großbaustelle wie ich. Also Komplexbeladen bis zum geht nicht mehr. Weil ich grundsätzlich nie weiß was ich mit anderen reden soll versuche ich eben an den Problemen, die der andere sichtlich hat, anzuknüpfen und biete mich als Helfer an, was bisher immer dazu geführt hat ausgenutzt worden zu sein. Irgendwann lässt man mich dann fallen weil nichts mehr zu holen ist oder ich löse den Kontakt auf weil ich nicht mehr kann. Ich weiß, dass es an meinem Minderwertigkeitsgefühl liegt weil ich mich ständig anbiete, um ausgenutzt zu werden. Ich hab einfach das Gefühl sonst nichts zu bieten zu haben und dieses Gefühl wird mir auch ständig bestätigt, denn wenn ich einmal jemanden brauche, der für mich da ist, sind die meisten Leute plötzlich meilenweit weg. Die einzige Ausnahme ist meine Freundin, die nach Deutschland gezogen ist, aber die ist eben räumlich gesehen meilenweit weg. Ich blühe auf wenn sie mal auf Urlaub kommt und sinke wieder zusammen, sobald sie weg ist. Es ist schlecht von einem Menschen abhängig zu sein, das will ich auch gar nicht, aber offenbar bleibt mir nichts anderes übrig weil sich einfach keine Gelegenheiten ergeben. Der Fernseher verblödet mich langsam. Ich erlebe nichts, kann also auch nichts erzählen, und Anekdoten über meinen süßen Hund beim Gassigehen wollen sich auch nicht alle Leute anhören.

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Rubeus Darko
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Beitrag Fr., 18.01.2013, 11:43

Hallo Christine,

die magische Formel, die Lösung in Freundschaften habe ich auch noch nicht gefunden. Aber ich mache Fortschritte und erlange zu immer neuen Erkenntnissen.

Leztens hat mir ein Bekannter erzählt, dass er sich bewußt von negativen Kontaken trennen will, viele machen es vllt. auch eher unbewußt. Negative Kontakte solllte man vermeiden und nicht selber zu einem negativen Kontakt werden. Also jemand der nur jammert, der nur über Krisen und Probleme erzählt. Natürlich kann man das in einer guten Freundschaft auch mal, aber man muss das Gleichgewicht finden. Sonst fühlen sich andere Leute überfordert oder runtergezogen, weil Stimmungen können sich übertragen. Selbstkritisch muss sich sagen, dass ich vllt. auch zu oft gejammert habe.

Versetz dich in die Lage einer Personen die mehrere Freunde hat und die was unternehmen will. Sie fragt sich, rufe ich jetzt Person A an, die wird mir ihre Probleme schildern und danach bin ich auch schlecht drauf oder Person B, die erzählt mit interesante und lustige Dinge, danach fühle ich mich besser. Unbewußt würden wohl die meisten Person B wählen.
Es ist schlecht von einem Menschen abhängig zu sein
Ja, das ist es. So eine Person kann immer wegfallen, stell dir vor sie zieht plötzlich nach Japan und kommte alle paar Jahre mal nach Europa. Deshalb ist sehr wichtig, immer mehrere Menschen zu haben (und nicht nur eine beste Freundin oder noch schlimmer nur den Partner).
Ich erlebe nichts, kann also auch nichts erzählen, und Anekdoten über meinen süßen Hund beim Gassigehen wollen sich auch nicht alle Leute anhören.
In der Tat. So wirst du zur Langweilerin. Niemand wird so Interesse haben sich länger mit dir zu unterhalten oder dich kennenzulernen.
- Lies Zeitung (evlt. auch Online), das bildet und du weisst was in der Welt vorgeht, evlt. auch Gesprächsstoff
- geh in einen Verein oder mach ein Ehrenamt (Sportverein, Greenpeace, amnesty oder was auch immer), da lernst du Leute kennen, lernst was über die Welt, machst was sinnvolles, das gibt auch Selbstwert
- mach Sport

Alles was du im Überfluss hast, ist Zeit. Nutze diese! Setz dir (realtische Ziele), lies mal Bücher über Selbstoptimierung, Selbstvertrauen, Freundschaften machen usw. Wer sich keine Ziele, Aufgaben setzte ist in Jahren noch genau da, wo er heute ist.

PS: du hast meine Frage nicht beanwortet. Bist du immer noch in Therapie? Ansonsten solltest du dir noch einmal eine Therapie suchen. Und es gilt noch immer: Absätze erhönen die Lesefreundlichkeit.

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Christine28
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Beitrag Fr., 18.01.2013, 12:02

Danke für deine vielen guten Anregungen

Ja, bin in Therapie. Einmal wöchentlich.

Ich lese viel, vor allem deshalb weil ich Plasmaspenden gehe, und da immer Lesestoff brauche

Versuche auch in Kontakten über gute Filme, aktuelle Medien und Bücher zu reden, nur hab ich das Gefühl, dass ich die Leute trotzdem langweile. Wenn ich ein Gespräch in einer Runde anzufangen versuche wird mir selten richtig zugehört, so hab ich halt irgendwann angefangen zur Zuhörerin zu werden.

Mir wurde auch deutlich gezeigt, dass meine Begeisterung für gewisse Dinge (Malen, Lesen, Hund, Schreiben) eher nicht so interessant ist. Meine Hobbies sind anscheinend nicht mainstream genug. Ich bin sehr vorsichtig geworden mich zu öffnen und leidenschaftliche Begeisterung zu zeigen, denn die kalte Dusche kam oft genug.

Das merke ich sogar in dem Zeichenkurs, den ich gerade mache. Meine Hoffnungen dort Freunde zu finden waren sehr hoch. Die Leute sind zwar alle nett, aber mehr als freundliche Höflichkeit wird mir nicht entgegengebracht. Die Eckpunkte fehlen, wahrscheinlich auch deshalb weil die anderen wirklich wesentlich älter sind als ich.

Ich würde sehr gern in einen weiteren Kurs gehen, vielleicht Fremdsprachen, aber das geht nicht so einfach. Gerade gestern hat man mir mitgeteilt, dass mein Hund lautstark bellt wenn ich nicht da bin. Das wusste ich bisher gar nicht. Ich habe sie seit zweieinhalb Jahren und es hat nie Beschwerden gegeben. Jetzt muss ich schauen, dass ich zu einer Lösung komme, denn ich kann sehr gut verstehen, dass es die Nachbarn nervt. Erst wenn ich meine Kleine getrost allein lassen kann, kann ich darüber nachdenken öfter ohne sie wegzugehen.

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Rubeus Darko
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Beitrag Fr., 18.01.2013, 15:53

Mir wurde auch deutlich gezeigt, dass meine Begeisterung für gewisse Dinge (Malen, Lesen, Hund, Schreiben) eher nicht so interessant ist. Meine Hobbies sind anscheinend nicht mainstream genug. Ich bin sehr vorsichtig geworden mich zu öffnen und leidenschaftliche Begeisterung zu zeigen, denn die kalte Dusche kam oft genug.
Na das hört sich mal besser an, als nur vor der Kiste zu sitzen. Es ist natürlich so, dass sich meistens nur Leute für etwas interessieren, dass sie selbst machen oder machen wollen. Deshalb kann es schon mal sein, dasss man Bekannte hat, aber anscheinend die Falschen, zumindest um sich über gewisse Themen zu unterhalten.

Malen, Lesen, Schreiben sind zwar schöne Hobbies, diese betreibt man aber eher allein. Es gibt aber auch da Anknpüpfungspunkte: beim Malen, Austauschen über Techniken (das erschöpft sich aber irgendwann auch), gemeinsamer Besuch von Kunstaustellungen, Vernissagen. Beim Lesen/Schreiben besuch von Lesungen, Buchmessen, Literaturzirkeln, Schreibwerkstätten (wenn man wirklich produktiv ist). Ich behaupte mal, das sind aber alles eher Sachen, die nur sehr wenige, sehr interessierte und meistens gebildete Menschen besuchen. Evtl. musst du diejenige sein, die sowas initiiert, dich dann aber evlt. nicht wundern, wenn das Intresse nicht so groß ist.

Ich habe z. B. einige Hobbies, die man mit anderen Menschen gemeinsam erleben und teilen kann: Pen&Paper Rollenspiel, Brettspiele, zeitweise ehrenamtliche Tätigkeiten. Zu "einsamen" Hobbies (Gitarre, Klavier, Kreatives Schreiben, Lesen, u.v.m) komme ich deshalb nur noch selten, weil ich Zeit lieber mit anderen Menschen verbringe.

Ja, das mit dem Hund ist natürlich ein Hindernis. Deshalb immer zu Hause bleiben würde ich aber auch nicht. Wer nicht raugeht, macht auch nicht viel Fortschritte. Komisch das den Leuten das erste nach 2 Jahren auffällt bzw. sie sich melden. Ich kenn mich nicht wirklich gut mit Hunden aus, aber vllt. kann es dem Hund abtrainieren. Das wäre schonmal ein Thema, dass du andere Hundebesitzer fragen kannst.

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Christine28
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Beitrag Fr., 18.01.2013, 17:51

Dass es nach zweieinhalb Jahren zum Problem wird, dass mein Hund bellt, kann ich mir schon vorstellen. Vorher hatte ich einen Freund, jetzt seit einigen Monaten nicht mehr. In diesen Monaten musste sich mein Liebling darauf umstellen, dass sie sie nur noch mich hat, und auch, dass sie plötzlich häufiger allein gelassen wird als früher.

Ich habe mich entschieden, dass ich mir eine Hundeschule suchen werde. Damit schlage ich drei Fliegen mit einer Klappe. Ich lerne Leute kennen, die ähnliche Interessen haben, trainiere meinem Hund, damit sie das Bellen einstellt, und wenn ich sie dann allein lassen kann, dann kann ich auch andere Dinge wie Kino, usw. unternehmen.

Hoffentlich geht die Rechnung auf. Ich brauche es dringend irgendwas zu finden was mich aus der Isolation holt. Möglicherweise passiert mir das mit der Ruhestörung durch die Nachbarn deshalb gerade jetzt. Man könnte es als Tritt in den Hintern verstehen. )

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Rubeus Darko
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Beitrag Sa., 19.01.2013, 02:10

Klingt nach einer guten Idee.

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______________
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Beitrag Sa., 19.01.2013, 22:18

kann mich mit einigem, was du schreibst recht gut identifizieren...
ein erster schritt in die 'richtige' richtung wäre wohl, dass man seine isolation durch regelmäßige konfrontation mit den gefürchteten situationen zu durchbrechen versucht. dadurch können - im idealfall - immerhin die angstsymptome abgebaut werden, um anschließend konstruktiv und möglichst angstfrei sowas wie normalität und sozialkompetenz aufzubauen. wie diese zweite phase aber genau aussehen könnte, davon habe ich leider selbst noch keine genaue vorstellung...befinde mich derzeit selbst noch in stadium 1 und rückschläge sind leider an der tagesordnung
Zuletzt geändert von ______________ am Sa., 19.01.2013, 22:42, insgesamt 1-mal geändert.

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Christine28
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Beitrag Sa., 19.01.2013, 22:40

Das Problem dabei ist nur, dass ich zwar versuche mich äußerlich zu verändern (hübsch zu machen), weil ich hoffe mit mehr Ausstrahlung andere Menschen besser anzusprechen, doch wenn ich dann zum Beispiel neben meinem lebenslustigen Cousin und seinem aufgeweckten dreijährigen Buben sitze, dann bringe ich die ganze Zeit kein Wort heraus, überlege mir krampfhaft eine Konversation und mir fällt nichts Positives oder Anregendes ein was ich beisteuern könnte. Dabei ist das genau die Sorte Mensch, die ich gern zum Freund hätte, denn ich hatte erst eine langjährige Beziehung mit einem Energievampir.

Ist nur ein Beispiel von vielen, aber so war es vorgestern und das war auch der Auslöser für meinen Beitrag. Ich bin schon so weit, dass ich mir ausschließlich positive, fröhliche und unbeschwerte Kontakte wünsche, mit denen man eben nicht die ganze Zeit Probleme wälzt, aber außer, dass ich das erkenne und versuche meine Helfersyndrom-Thematik und mein eigenes, nach außen reflektiertes Selbstmitleid abzustellen, habe ich eben überhaupt keine Ahnung wie das "andere" Leben funktioniert.

Gesprächsthemen: Wie wird man vom Langweiler zum Unterhalter? Keine Ahnung. Ich bin es gewohnt, dass ich eher nicht ernst genommen und respektiert werde. Liegt auch daran, dass ich ständig versuche es anderen recht zu machen. :-O

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Rubeus Darko
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Beitrag So., 20.01.2013, 00:37

Wenn man sich wohl fühlt, dann läuft ein Gespräch von alleine. Wenn man krampfhaft ist fühlt man sich nicht wohl und dann blockiert man gedanklich. Dann fällt einem gar nichts mehr ein. Hast du dich mit deinem Cosuin wohlgerfühlt? Wie alt ist der?

Je nach dem wo man ist, kann man die Umgebung zum Thema machen. Du könnst auch mal in dich gehen, was waren die interessantesten Erlebnisse in deinem Leben, in den vergangengen Tagen. Wenn es da überhaupt nicht gibt, machst du was falsch in deinem Leben. Und dann ist es nicht verwunderlich, wenn man als Langweiler wahrgenommen wird, weil dann es tatsächlich so. Aber man kann auch weniger spannende Erlebnisse interessanter darstellen. So funktioniert ja die Medienwelt, Romane usw. Die Kunst manch großer Autoren ist es, selbst banalste Dinge spannend oder unterhaltsam darzustellen. Dazu kann auch ein Tagebuch ganz hilfreich sein.

Leih dir doch mal in der Bibliothek ein paar Bücher zu Small Talk, Kommunikation usw. aus. Und allgemein heist es üben, üben, üben. Und dabei auch mal auf die Nase fallen.

Vor einiger Zeit, bin ich ins Kino in den neuen Jamesbondfilm gegangen, allein, weil meine anderen Bekannten den schon gesehen hatten. Statt mich allein irgendwo hinzuhocken, frag ich zwei gleichaltrige völlig fremde Typen, ob neben ihnen noch frei ist und fang ein Gespräch über James-Bond-Filme an. Das Gespräch lief gut nd ich habe mir so die Zeit bis zum Filmanfang überbrückt und fühlte mich nicht allein. Das fühlt sich alles für mich sehr natürlich an und ich hatte keine Hemmungen. Früher und an schlechten Tagen, den Kopf voller Zweifel, hätte ich niemals zwei wildfremde Menschen einfach so angesprochen.

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Rubeus Darko
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Beitrag So., 20.01.2013, 00:48

@______________ :
Du hast dir ja einen kuriosen Namen ausgesucht, immerhin verleihst du dieser Leere Worte (im Gegensatz zu leeren Worten).
Machst du das Konfrontationstraining unter Anleitung, innerhalb einer (Verhaltens)therapie? Du weist ja hoffentlich, dass man erstmal mit leichten Sachen anfangen soll und sich dann bei schwierigeren Situationen steigern. Wenn du zu schnell zu schwierige Situationen wählst, hat das sonst eher den gegenteiligen Effekt.

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Christine28
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Beitrag So., 20.01.2013, 01:04

Das ist ja das Problem. Ich hab generell immer Hemmungen, bei jedem. Mein Cousin ist Ende dreißig, Biologe und Weltreisender. Er hält sich an keine Konventionen, ist unternehmungslustig, spontan und hat viel zu erzählen. Als ich mit ihm und meinem Vater zusammengesessen bin hat er von sich aus viel erzählt und da ja schon ein Gespräch in Gang kam war ich lockerer. Wir hatten ein Treffen für Dienstag vereinbart und er hat mich versetzt. Er hat viel zu tun, sein Leben ist so chaotisch, dass man ihm das nicht so übel nehmen kann, und im Gegensatz zu anderen Leuten, mit denen ich Erfahrungen gemacht habe, wollte er es am Donnerstag wiedergutmachen und mich zum Essen einladen. Schon bevor wir einen Tisch gefunden haben hat er sich eine Zeitung geschnappt und diese dann während des Wartens auf die Pizza studiert was mich irgendwie getroffen und noch unsicherer gemacht hat als ich sowieso schon bin. Gleich nach dem Essen musste er dann auch schon wieder weiter.

Spricht mich ein Fremder an, beispielsweise eine alte Dame im Bus, dann bin ich auch total verkrampft im Gespräch, kann nicht in die Augen schauen, antworte auf Fragen, aber wenn das Wesentliche geklärt ist, dann ist es auch schon vorbei. Mit jüngeren Leuten ist es noch viel schlimmer. Vor allem bei solchen, die ein sonniges Gemüt haben und eine lebenslustige Einstellung. Da weiß ich überhaupt nicht was ich reden soll.

Man hat mich in allen vergangenen Freundschaften immer als Mülleimer benutzt, denn zum Probleme aufladen bin ich gut. Da weiß ich auch ganz genau was ich sage und wie man das Gespräch in Gang hält. Ich kenne nur diese Welt. Eine normale Jugend hatte ich nicht. Ich war seit meinem Knacks in der Hauptschule immer so sehr von Problemen überfordert, dass ich gar keine Kraft und Energie gefunden habe, um mich für Teenagersachen zu interessieren. Ausgelebt hab ich mich nie und jetzt finde ich den Anschluss nicht mehr.

Das mit der Hundeschule werde ich auf jeden Fall versuchen, aber es macht mir auch große Angst weil ich mich dann völlig Fremden stellen muss und nicht weiß wie diese auf mich reagieren. Der Umgang mit gesunden Menschen ist für mich so schwer, dass ich regelrecht Panikattacken habe wenn ich denke, dass ich jetzt eigentlich offener sein und Leute ansprechen sollte. Ich weiß auch, dass es schlecht ist sich zu verkampfen. Die Theorie ist mir bekannt, aber die Praxis fällt schwer. Bücher hab ich gelesen, aber das ist mir als Therapieform einfach zu lasch. Bei einer handfesten Persönlichkeitsstörung wie der meinen braucht es viel mehr an Konfrontation und Tiefenpsychologie.

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Rubeus Darko
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Beitrag So., 20.01.2013, 10:33

Christine28 hat geschrieben:Bücher hab ich gelesen, aber das ist mir als Therapieform einfach zu lasch. Bei einer handfesten Persönlichkeitsstörung wie der meinen braucht es viel mehr an Konfrontation und Tiefenpsychologie.
Du bist ja in Therapie, so weit ich mich erinnern kann. Und Verhaltenstherapie mit Konfrontation scheint mir auch sinnvoll. Denn was nützt dir alles theoretische Wissen, wenn man es nicht umsetzen kann und wenn du nicht mal mit einem Verwandeten sprechen kannst.

Dein Cousin hat sich zwar sehr unhöflich verhalten, aber vllt. ist er mit der Situation überfordert und/oder hat sich darauf eingestellt, dass sich kein Gespräch mit dir ergeben wird.
Ein selbstsicherer Mensch, sagt ihm evlt. dass das unhöflch ist oder die Zeitung kannnste zu Hause legen, du hast dich ja jetzt mit mir verabredet. Oder noch geschickter, bringt ihn durch ständige Fragen vom Lesen ab. Bei so einem Menschen reicht es ja eigentlich, ihn durch ein paar Fragen zum Erzählen zu bringen (z. B. über seine Reisen), da muss man ja selber nicht mehr so viel beitragen.



Manche Therapie kann man auch etwas aktiver gestalten. Also nicht einfach hingehen und sich bespaßen lassen und der Therapeut wird das schon machen, sondern sich vorher überlegen worüber man reden möchte und selbst etwas steuern (am besten aufschreiben). Aktiv sein und nicht passiv alles über sich ergehen lassen.

Bücher können in der Regel nur eine Ergänzung sein und natürlich muss man dann auch was umsetzen. Eine Therapie ist aber zeitlich auch begrenzt, evlt. nur einmal pro Woche oder noch seltener. Wenn man viel Zeit, kann man schon noch was lesen. Wenn du in der Theorie weist, wie man miteinander kommuniziert, wie Anziehung funktioniert, wie man Grenzen setzt, sich nicht ausnutzen lässt, sich behauptet usw., dann kannst du dir vermutlich tatsächlich erstmal weitere Bücher sparen.

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Faith_
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Beitrag Sa., 09.11.2013, 11:15

Hallo alle zusammen,

ich leide schon seit meinem Kindergartenalter an einer Form der Sozialphobie- und zwar fällt es mir schwer vor mehreren Menschen zu reden, zb. Referate zu halten, entspannt zu sein, wenn ich mit anderen Menschen in Kontakt trete. Auch Ubahn fahren finde ich sehr kräfteraubend. An manchen Tagen fällt es mir auch schwer nur mit einer Person entspannt etwas zu unternehmen.
Meine Angst äußert sich wie eine Schockstarre- ich spüre die Angst, aber ich lebe sie nicht aus. Nervösen oder ängstlichen Menschen sieht man das ja meist an- aber ich wirke von außen ganz ruhig, in mir brodelt es aber.
Die Ursache liegt daran, dass ich mehrere Traumas erfahren habe, als ich ein Kind war. Meine Mutter ist psychisch krank- und mein Vater ist relativ früh verstorben. Ich bin bei meinen Großeltern aufgewachsen- aber selbst da gab es oft Streit und keine Liebe.

Ich war schon bei einigen Therapeuten, aber leider ist es heutzutage schwer einen richtig guten Therapeuten zu finden. Bin nun seit 3 Monaten bei einer sehr guten Therapeutin, mit der ich auch Konfrontationsübungen mache (also nicht nur Gesprächstherapie).

Vor allem habe ich sehr starke Angst davor, Präsentationen zu halten. In der Uni hätte ich nun ein Referat vor 200 Leuten halten sollen- mein Wille war sehr stark, ich habe mit der Therapeutin daraufhin gearbeitet, aber meine Angst hat mich fast wie in Besitz genommen- habe seit Tagen nicht mehr gut geschlafen, hatte Albträume, und die Angstsymptome waren einfach zu stark.
Hatte jetzt keine andere Wahl als auf mein Gefühl zu hören- und habe dem Professor ehrlich per Mail geschildert, was mein Problem ist.
Ich bin sehr enttäuscht von mir selber, andererseits weiß ich, dass ich nicht so viel von mir selbst hätte erwarten sollen.
Vor 200 Leuten zu reden wäre mein Endziel der Therapie gewesen. Ich will lernen mal kleine Schritte zu fassen. Trotzdem habe ich in den letzten Tagen alles von diesem Referat abhängig gemacht und dachte, wenn ich das schaffe, wird meine Angst völlig besiegt sein (was vollkommener Schwachsinn ist).

Ich schäme mich sehr dafür, dieses Problem zu haben und ich kenne niemanden, der ein ähnliches Problem hat- das gibt mir ein Gefühl der Einsamkeit. Ich habe zwar Freunde, aber sie verstehen mich nicht.

Gibt es jemanden in dem Forum, der auch soziale Ängste hat? Bitte meldet euch. Würde mich sehr gerne austauschen.

LG Angy

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