Ordnungstick oder die Angst vor Abnutzung - Stressfaktor pur

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nevs1981
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Ordnungstick oder die Angst vor Abnutzung - Stressfaktor pur

Beitrag Mo., 27.08.2018, 10:11

Hallo zusammen,

ich wende mich an dieses Forum, weil ich ein Problem habe.
Vielleicht kein schlimmes, mich macht es aber mehr und mehr wahnsinnig.

Ich denke, ich habe einen Orndungstick. Problem dabei ist, dass ich immer mehr unter Stress gerate um alles irgendwie noch zu schaffen.

Bei mir zuhause muss alles immer ordentlich sein, alles hat seinen festen Platz. Wenn die Kissen auf dem Sofa am morgen vom Abend durcheinander liegen, dann müssen diese geordnet werden. In der Küche darf nichts rumstehen, der Küchentisch sieht immer gleich aus...
Krümmel auf dem Boden sind mein Todfeind, ich gehe teilweise durch meine Wohnung und sammle diese per Hand ein.

Das Badezimmer wische ich fast jeden Tag, also den Staub auf den Ablagen. Den Boden wischen tu ich nur einmal pro Woche, wie auch den Rest der Wohnung, aber immer mal wieder zwischendurch muss ich saugen und alles abwischen.
Wenn ich die Wohnung putze, dauert das 5 Stunden. Soviel Zeit habe ich nur alle 4 Wochen am Wochenende.

Ähnlich geht es mir auch bei meinem Auto. Dieses ist gerade zwei Monate alt, ich muss es jeden Tag auswischen, der Staub auf dem Klavierlack macht mich wahnsinnig.
Bei dem Auto ist mir dann auch was unangenehmes aufgefallen: Ich möchte niemanden mitnehmen, da diese ja Dreck hineinbringen.
Ich habe bislang nur eine fremde Person einmal mitgenommen, eine Freundin meiner Freundin. Danach konnte ich einen halben Strand hinten wegsaugen.
Meine Freundin darf mitfahren, aber auch hier macht es mich irgendwie unglücklich, da sie dann den Teppich einsaut und die Seitenverkleidungen, beim Aussteigen kommt man da manchmal mit dem Schuh gegen, das stört mich.

Total irre, ich sage mir immer wieder, keep cool aber dann habe ich schon wieder Staubsauger und Lappen in der Hand.

Dauerhaft die Wohnung sauber zuhalten stresst.
Ich arbeite meistens von 8 - 18.30 Uhr, habe sehr viel Verantwortung und verdiene auch sehr gut. Theoretisch könnte ich mir eine Putzfrau leisten, aber bei der Suche danach habe ich immer wieder abgeblockt, da diese es ja dann nicht richtig sauber macht und oder etwas verkratzt/kaputt machen könnte. Das würde mir aber enormen Stress nehmen.
Ich wohne alleine, meine Freundin und ich pendeln immer im Wechsel zwischen unseren Wohnungen, das sind 40km eine Strecke. Dazu gehen wir beide zweimal die Woche getrennt zum Sport, viel Zeit ist also nicht für den Haushalt.
Ich frage mich immer, wie andere das bloß schaffen, jeden Tag das Bad zu wischen, zu saugen und alles ordentlich zu halten.
Also sitze ich sonntags vor meinem Kalender und grübel, wie ich den verdammten Haushalt und das Autowaschen unterbringe.
Wenn ich fertig bin, habe ich erstmal ein gutes Gefühl, wenn ich dann aber die Staubkörnern im Badezimmer oder im Auto sehe, dann werde ich wieder total nervös und würde am liebsten neu planen und alles JETZT machen.

Wie gesagt, im Auto möchte ich eigentlich niemanden mitnehmen.
In meine Wohnung lasse ich Leute, aber zB einen Geburtstag würde ich bei mir niemals feiern, da alle alles abnutzen und dreckig machen.
Ein wenig leidet auch meine Beziehung darunter. Ich bin sehr penibel, meine Freundin ist da eher "normal". Wenn mal beim frühstücken etwas auf den Boden fällt, na und... mich macht der nervös.

Wenn ich bei ihr bin, ist es auch alles sauber, aber dort fühle ich mich viel wohler. Dort ist es ok, wenn man mal etwas krümmelt oder man mit Schuhen durch die Wohnung geht und das erst am nächsten Tag sauber macht... bei mir unvorstellbar. Deswegen bin ich dort wohl auch so gerne, weil ich dann total stressfrei bin.

Wie kann man so einen Ordnungstick beenden?
Ich habe immer im Kopf, wenn ich mir jetzt sage, scheiß mal drauf und lass es liegen, genau in diesem Moment muss ich dann jemanden mitnehmen oder genau in diesem Moment kommt mich jemand besuchen und denkt "wie lebt der denn hier im Dreck, schonmal was von Staubwischen gehört...?"

Vielleicht ist es aber auch gar nicht der Schmutz, der mich stört, sondern eher das Abnutzen.
Ich habe ein Problem damit, wenn irgendwo ein Kratzer ist. Ich hatte mal einen Kratzer in meinem macbook, dieses habe ich danach verkauft und ein neues gekauft, weil es mich störte.
Ich benutze teilweise Hemden, die ich für 100 Euro gekauft habe, nicht, da sie ja dreckig werden können und durch waschen gehen alle Klamotten nach und nach kaputt.
Ich parke immer weit ab vom Schuss, weil ich Angst habe, dass mir jemand mit seiner Tür einen Kratzer ins Auto haut.
Ich benutze mein macbook ungern, da es danach Fingerabdrücke von mir hat.
Ich benutze meine Küche ungern, da sie ja dreckig werden könnte und das Ceranfeld sich abnutzt oder es an den Schranktüren fettig wird.


Was stimmt nicht mit mir!?

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spirit-cologne
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Beitrag Mo., 27.08.2018, 18:27

Wenn du darunter leidest, solltest du dir eine Therapeutin oder einen Therapeuten suchen. Das geht ja schon in Richtung Zwang, die Gegenstände dienen nicht mehr dem Zweck, für den sie gedacht sind, z.B. der Herd, der nicht benutzt wird. Ich könnte natürlich jetzt mal ein wenig rumspekulieren, dass das eine Form der psychischen Abwehr ist, bei der der Wunsch nach Kontrollierbarkeit von Bereichen des Lebens, die nicht kontrollierbar sind (Thema Verlust?) auf die Ordnung und die Gegenstände verschoben wird. Diese Dinge sind dann kontrollierbar, was die Ohnmachtsgefühle etwas beruhigt. Das wäre jetzt so eine Standard-Interpretation zum Thema Zwang, aber ob dir das was nützt, weiß ich nicht. Es muss für dich nicht zutreffen. Keiner von uns kennt dich, deshalb wird dir auch keiner auf dem Silbertablett die Lösung deines Problems präsentieren können. Da hilft m.E. nur harte, mühsame, therapeutische Arbeit daran. Dabei wünsche ich dir viel Erfolg! ;)
It is better to have tried in vain, than never tried at all...

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Malia
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Beitrag Mo., 27.08.2018, 18:29

Ich würde mir ein paar Fragen stellen, wenn ich dieses Problem hätte:
Was bedeuteten Schmutz und Unordnung für mich?
Welcher Gedanke verursacht den Stress, wenn es nicht so sauber ist, wie ich es brauche?
Was gibt es in meinem Leben, in meiner Persönlichkeit, das "nicht in Ordnung" ist?
„Moralisten sind Menschen, die sich dort kratzen, wo es andere juckt.“
Samuel Beckett

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