Zwanghaftes Denken - nur ein Tick?

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Zwanghaftes Denken - nur ein Tick?

Beitrag Mi., 14.08.2019, 15:10

Hallo Community!
Ich habe eine Frage, die mich jetzt beim Älterwerden (48) beschäftigt: kann im Laufe der Jahre aus einem Tick eine Psychose entstehen, also aus etwas Harmlosen etwas Krankhaftes?
Ich habe mehrere Baustellen, psychisch und physisch, wird nicht besser, sondern schlimmer - aber ich möchte das jetzt hier nicht lange ausbreiten.
Ich merke seit einiger Zeit, dass mein Zwang, meine Handlungen geistig zu kommentieren, immer größere Ausmaße annimmt. Ich weiß, dass jeder mal zu Selbstgesprächen neigt, aber bei mir ist es so, als ob eine zweite Person (ein zweites Ich) ständig (bzw die meiste Zeit) jeden Schritt, und sei er noch so banal, kommentiert. Das kann beim Abwasch passieren, beim Anziehen, beim Aufräumen. In der Art von: so jetzt hast du das gemacht, jetzt musst du das noch tun, nein, keine Zeit zum Hinsetzen, so macht man das nicht, mach schneller, mach genauer, keine Pause, das ist noch nicht perfekt genug, andere machen das mit links, du hast noch nicht genug geschafft, etc. Also ein großer Anteil an Kritik, Antreiben und auffällig: alles negativ. Als ob mein innerer Kritiker/Antreiber hyperaktiv wäre. Er lässt mir keine Ruhe und wenn ich mich mal bewusst hinsetze und was lesen will, schlafe ich entweder nach einer Seite ein oder ich stehe nach 15 Minuten auf, weil ich lesen seit Neusestem als unproduktiv empfinde. Ständig treibt mich ein Ich-sollte-noch, Ich-müsste-noch.
Ich bin seit meiner Jugend unter psychischem Stress, aber ich komme nicht runter, weil ich mich ständig getrieben fühle. Früher konnte ich noch zB die Natur genießen, aber selbst das lässt mich nicht mehr entspannen. Dzt ist es nun besonders schlimm, ich mache eine Ausbildung im 2. Bildungsweg und tu mir schwer mit dem Stoff, besonders Buchhaltung/Kaufm. Rechnen. Ich verzettele mich, finde keine Struktur und bin extremst unter Druck, weil meine Zukunft davon abhängt. Andererseits habe ich sogar Angst davor, die Abschlussprüfung zu schaffen, weil dann jeder Ansprüche an mich stellt und meint, dass ich dann perfekt bin und alles können müsse in so einem Büro. Habe übrigens gar nicht gewusst, dass es diese Phobie gibt - also nicht nur die Angst vor Nichtbestehen!
Ja, und dieser Druck hat mein Problem anscheinend vergrößert und ich denke schön langsam, dass ich vlt nicht "nur" psychisch ua mit einer Depression/PTBS/Angststörung belastet bin, sondern dass bei mir vlt wirklich eine Schraube locker ist. Aber ein Psychokranker merkt das doch selbst nicht, oder? Solange ich noch über mich und mein Denken nachdenken kann, als Reflexion betreibe, kann ich doch nicht ganz daneben sein? Oder ist der Übergang zu ernsthaft geisteskrank schleichend und man merkt es nicht? In meinen wenigen sozialen Kontakten funktioniere ich, habe mich unter Kontrolle (auch so ein Panikthema), ich würde mir nie verzeihen, wenn jemand merken würde, wie gestört ich bin. Aber manchmal halte ich mich selbst für etwas merkwürdig - andererseits wieder nicht, ich habe eben ein sehr intensives Seelenleben und denke über sehr viele Dinge nach. Aber es nimmt überhand und ich weiß nicht, wie lange ich den Schein noch wahren kann. Ich habe grundsätzlich große Angst vor der Zukunft, weil ich nicht weiß, wie es nach der Ausbildung weitergeht, auch finanziell sehe ich schwarz. Hm, irgendwie habe ich das Gefühl, dass mir alles zu viel wird, das Lernen, die Ungewissheit (nie auch nur den Ansatz eines roten Fadens gehabt), meine gesundheitlichen Probleme, mein Alleinsein, mein ständiges Grübeln, meine Unfähigkeit, was auf die Reihe zu bringen und etliches mehr. Ich habe Panik, dass es irgendwann klescht und mir die Sicherung durchbrennt - dann stürzt alles an Schein zusammen und ich lande in der Klapse (dbzgl bereits Erfahrung).
Ich denke oft, ich bin gar nicht lebensfähig, weil ich meine ganze Kraft dazu brauche, irgendwie die Fassade aufrecht zu erhalten und das Chaos in meinem Kopf nicht explodieren zu lassen. Ich wirke nach außen sehr gelassen, vernünftig und auch nicht dumm, finde in einer Gruppe schnell Anschluß und man kann sich auf mich verlassen. Aber immer öfter denke ich: wenn ihr wüsstet, wie ich wirklich bin...
Deshalb meine Frage: kann man sich von einem Menschen mit harmlosen Ticks wirklich in einen krankhaften Psycho verwandeln?
LG

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Kaonashi
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Beitrag Sa., 17.08.2019, 01:58

Crash-Kurs hat geschrieben: Mi., 14.08.2019, 15:10Ich habe eine Frage, die mich jetzt beim Älterwerden (48) beschäftigt: kann im Laufe der Jahre aus einem Tick eine Psychose entstehen, also aus etwas Harmlosen etwas Krankhaftes?
Ich glaube nicht, dass eine Psychose daraus entstehen kann, es sei denn, es wäre eine Veranlagung dafür vorhanden.
Vielleicht würde es helfen, ganz regelmäßig Entspannungsübungen zu machen, um mal runterzukommen.
Außerdem mal nachforschen, woher diese Gedanken kommen (sind das Dinge, die die Eltern andauernd gesagt haben, oder steckt etwas anderes dahinter?), in einer Therapie. Dann gibt es bestimmt auch Übungen, wie man solche Gedanken unterbrechen kann, denke ich mal.

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