Was ist psychosomatische/psychogene Müdigkeit?

Die Psyche spielt eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung des körpereigenen Abwehrsystems: immer mehr Krankheiten werden heute als 'psychosomatisch' und damit ggf. psychotherapeutisch relevant betrachtet.
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Kimba&Blacky
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Was ist psychosomatische/psychogene Müdigkeit?

Beitrag So., 22.01.2017, 22:33

Gibt es das wirklich und kann sich das ein ganzes Leben lang durchziehen?

Können schon vergleichsweise harmlose Gründe wie ein Elternteil, das ihr Kind nicht richtig liebt, ein Auslöser dafür sein?

Und gibt es einen Unterschied zur Neurasthenie?

Ich freue mich auf eine Diskussion mit Euch.

Kimba&Blacky

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Krang2
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Beitrag Di., 24.01.2017, 00:10

Hallo,
ja, ich kann mir vorstellen, daß sich auch bei harmlosen Auslösern diese Form der Reaktion ein ganzes Leben lang durchziehen kann, aber nur, wenn zusätzlich körperliche Ursachen oder zumindest passende Bedingungen bestehen.
Ich habe einen interessanten Artikel gefunden:
http://www.psychosoziale-gesundheit.net ... gkeit.html
Ich denke, daß sich zunehmende, chronisch werdende Müdigkeit/Antriebslosigkeit auch bei lang andauernder Arbeitslosigkeit und/oder fehlender Tagesstruktur einstellen kann. In abgeschwächter Form kennen das sicher viele, auch in diesem Forum.
Neurasthenie wird bei Wikipedia als etwas diffuses Krankheitsbild beschrieben, so daß mir der Begriff in der Überschrift als bessere Definitionsgrundlage erscheint.

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Kimba&Blacky
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Beitrag Di., 24.01.2017, 02:38

Danke Krang2 für die Antwort.
Ich denke auch, dass bei dieser Schwere gleichzeitig eine körperliche Grundlage da sein muss.
Wäre jetzt nur die Frage, wie überzeugt man die Therapeuten davon und wie lässt sich der seelisch bedingte Anteil therapieren?
Vor allem, wenn man es wirklich verinnerlicht hat, ein nicht-liebenswerter Mensch zu sein?

Kimba&Blacky

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Krang2
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Beitrag So., 05.02.2017, 00:05

Ich denke, man sollte zunächst alle möglichen körperlichen Daten abklären lassen, z.B. Schilddrüse, Immunsystem, Blutdruck, Blutbild, Zucker, Hormone, Leber, VitD, Krankheiten (Krebs, Alzheimer, Borreliose...)... blabla... Bei großer Schwere könnten auch körperliche Befunde nachweisbar sein, was den Therapeuten eher überzeugen wird.
Einen Therapieplan für den seelisch bedingten Anteil würde ich erst nach Abklärung des körperlichen Status aufstellen.
Vielleicht hilft es schon weiter, für sich zu analysieren, inwiefern die Müdigkeit mit dem Nicht-liebenswert-sein zu tun hat (es gibt genug Selbsthasser, die putzmunter sind). Mehr fällt mir beim besten Willen nicht ein, außer es wird esoterisch

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werve
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Beitrag So., 05.02.2017, 18:30

Kimba&Blacky hat geschrieben: vergleichsweise harmlose Gründe wie ein Elternteil, das ihr Kind nicht richtig liebt,
Meinst du das ernst???
Kimba&Blacky hat geschrieben:Und gibt es einen Unterschied zur Neurasthenie?
Wie alle F-Diagnosen ist diese lediglich eine Symptombeschreibung und meint soviel wie "Nervenschwäche" oder "psychische Schwäche", worunter man sich eine Menge vorstellen darf. Ein an sich veralteter Begriff, der es bis in die neueste Klassifikation geschafft hat. Über Ursachen und Auslöser sagt er nichts aus.


Speechless
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Beitrag So., 05.02.2017, 18:32

werve hat geschrieben:
Kimba&Blacky hat geschrieben: vergleichsweise harmlose Gründe wie ein Elternteil, das ihr Kind nicht richtig liebt,
Meinst du das ernst???
Das ist wirklich mit Abstand das Dümmste, dass ich hier jemals in dem Forum gelesen habe.

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Kimba&Blacky
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Beitrag So., 05.02.2017, 21:43

Speechless hat geschrieben:Meinst du das ernst???
Ich meine das im Vergleich zu schwerem Missbrauch.
Da man Liebe nicht objektiv messen kann, ist das eh Ermessenssache. Ich meinte damit eigentlich "ein Kind das sich nicht ausreichend geliebt fühlt".

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Angelus Noctis
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Beitrag So., 05.02.2017, 22:11

Vielleicht kann ich helfen. Ich leide seit 10 Jahren an chronischer Müdigkeit, welche laut den meisten Ärzten psychosomatisch ist. Einen Beweis dafür konnte mir bislang aber noch keiner liefern.

Den genauen Auslöser kann ich nicht benennen, bei mir war es aber so: Ich bemerkte ca. 6 Monate nach Studienbeginn eine schleichende Müdigkeit, welche immer stärke wurde. Etwas Besonderes war da nicht passiert. Zunächst schob ich das auf den Stress, da mir mein Hausarzt auch erklärte, dass ich beim Check-Up bestens abgeschnitten habe.

Die Müdigkeit wurde aber schlimmer und ich nahm mir vor dies in den Ferien noch mal gründlicher untersuchen zu lassen. Doch so weit kam ich nicht. 1 Tag vor den Ferien wachte ich plötzlich mit extremen Kopfschmerzen, extremen Harndrang, extremen Hunger, einem extremen Verlangen nach Sex und einer extremen Müdigkeit auf. Diese Symptome hatte ich rund 2 Wochen lang.

Danach besserte sich die Müdigkeit über Jahre langsam bis sie sich irgendwann auf dem heutigen Level einpendelte.

Das interessante an der Sache ist, dass ich überhaupt keine Müdigkeit verspüre, wenn ich nicht arbeite, nicht studiere und auch sonst keinen anstrengenden Terminen/Tätigkeiten nachgehe und so lange schlafen kann wie ich will.

Auch die Diagnose Neurasthenie wurde mir sehr oft genannt.

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Kimba&Blacky
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Beitrag So., 05.02.2017, 23:39

Hallo Angelus Noctis. Danke für deine Antwort.


Alyssa
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 19:58

Angelus Noctis hat geschrieben: Das interessante an der Sache ist, dass ich überhaupt keine Müdigkeit verspüre, wenn ich nicht arbeite, nicht studiere und auch sonst keinen anstrengenden Terminen/Tätigkeiten nachgehe und so lange schlafen kann wie ich will.
Das geht mir genauso.

Mir fällt bei chron. Müdigkeit noch das Pfeiffersch. Drüsenfieber ein. Das kann unerkannt und unbehandelt zu lebenslangen Einschränkungen führen. u.a. auch zu solcher Müdigkeit. Das wäre dann eine organische Ursache.

Kimba&Blacky, ich stolpere etwas über die Wortwahl in einem deiner Beiträge: "Wäre jetzt nur die Frage, wie überzeugt man die Therapeuten davon..." Liest sich ein wenig so, als wenn man unbedingt diese eine Diagnose gestellt bekommen möchte, weil sich nur darauf eine dem Patienten genehme Therapie erstellen lässt.

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Krang2
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Beitrag Di., 07.02.2017, 23:12

@Alyssa, ich habe das Überzeugen eher so verstanden, daß die Therapeuten das nicht für Täuschung/Hypochondrie halten, sondern ernst nehmen sollen.

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Kimba&Blacky
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Beitrag Mi., 08.02.2017, 01:56

@Alyssa und Krang2:

Ich meinte damit, dass der Therapeut einem den körperlich bedingten Anteil glaubt, aber trotzdem mit dem Klienten an der zusätzlichen seelisch bedingten Antriebshemmung arbeitet.
Also, wenn jemand z.B. Angst vor eigenen Entscheidungen hat, weil er in der Kindheit kleingehalten wurde, dass er dahingehend Hilfe bekommt.

Leider erlebte ich Therapeuten, die entweder den körperlich bedingten Anteil leugnen und alle Symptome psychologisieren oder welche, die einen nicht behandeln wollen, weil eben eine körperliche Diagnose vorliegt. Die also nicht differenzieren können.
Zugegebenermaßen ist das auch wirklich nicht einfach.

Hat hier überhaupt jemand positive Therapieerfahrungen bei psychogener Müdigkeit (ob mit oder ohne körperlicher Zusatzdiagnose) gemacht? Hat es jemand geschafft, seine negativen Denkmuster und Angst vor dem Leben abzulegen?

Gruß, Kimba&Blacky

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Chancen
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Beitrag Mi., 08.02.2017, 10:04

Bei mir war es so, dass ich ein paar Monate lang unter extremer Müdigkeit und Schlappheit litt... körperlich wurde ein Eisenmangel, Vitamin D-Mangel und Vitamin B12-Mangel festgestellt, außerdem eine latente Schilddrüsenunterfunktion und ich habe es zunächst allein darauf geschoben und zumindest die Vitamine und Eisen fleissig supplementiert; Schilddrüsenhormone jedoch nicht.
Während dieser Zeit war ich allerdings gleichzeitig in einer Beziehung, im Rahmen welcher ich das Gefühl hatte, nicht wirklich ich sein zu können und viele meiner Gedanken und Gefühle hinuntergeschlucken zu müssen und nicht zum Ausdruck bringen zu können, aus Angst vor Ablehnung durch meinen Partner. Weder positive noch negative Gefühle. Gleichzeitig war ich auch in Therapie und die Therapeutin hat immer vermutet, dass ich mich in dieser Beziehung aus Angst selbst unterdrücke und dass dieser Aspekt großen Anteil an der argen Müdigkeit hat. Ich wollte das aber zu diesem Zeitpunkt nicht wahrhaben und hab den Gedanken weggedrückt.

Doch als die Beziehung für mich plötzlich sehr unerwartet in die Brüche ging, bin ich von heute auf morgen "aufgewacht". Ich konnte plötzlich wieder Treppensteigen und ausgedehnte Spaziergänge, ja sogar Wanderungen und kleine Reisen unternehmen, wo ich vorher monatelang nur auf dem Sofa herumgelegen bin. Ich bin damals nach der Trennung dann zwar in eine große emotionale Krise geschlittert, aber körperlich ging es mir sofort besser.

Im Grunde war es also nicht direkt die Therapie, die mir hier geholfen hat, die Müdigkeit zu überwinden, sondern mehr oder weniger ein Schicksalsschlag, wenn man so will. Aber die Therapie hat mir dann auf jeden Fall geholfen, das ganze rückblickend zu verstehen, zu spüren und mich zu trauen, mehr ich selbst zu sein, auch auf die Gefahr hin, dann vielleicht abgelehnt zu werden.

Seither hat sich diese Müdigkeit zum Glück nicht mehr gezeigt. Sollte sie jedoch wiederkommen, würde ich zuerst die o.g. Vitaminspiegel checken lassen und gleichzeitig im Rahmen der Therapie schauen, wo ich eventuell schon wieder am Runterschlucken bin.

Vielleicht hilft das ja jemandem hier...

Chancen

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Kimba&Blacky
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Beitrag Mi., 08.02.2017, 15:08

Hallo Chancen

Meinst du, sowas ist auch möglich, wenn so ein Erlebnis länger zurückliegt, also, wenn Eltern einen nicht ausreichend geliebt haben? Kann einen das derart schwächen, dass man sich grundsätzlich für nicht-liebenswert hält und Angst vor Menschen bekommt?

Kimba&Blacky

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Chancen
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Beitrag Mi., 08.02.2017, 16:26

Hallo Kimba&Blacky!

Ich meine, dass wenn man Grund zur Annahme hat, dass man von seinen Eltern nicht geliebt wurde, man wahrscheinlich von frühester Kindheit an, Erfahrungen gemacht hat, die in einem Kind Angst oder andere schwer aushaltbare Gefühle verursachen. Solche Erfahrungen und daraus entstandene Ängste haben ganz sicher Einfluss auf das weitere Leben. Die Kindheit ist nun mal das erste, was wir hier auf der Welt erleben und entsprechend unseren ersten Erfahrungen werden wir unseren Blick auf die Welt aus diesen Erfahrungen heraus lenken.
Aber solche Effekte sind m.E. niemals linear. D.h. die Gleichung "Als Kind nicht geliebt = Angst vor Menschen" oder "Als Kind nicht geliebt = Müdigkeit" kann daraus nicht abgeleitet werden.

Wenn man als Kind nicht geliebt wurde, dann hinterlässt das natürlich Spuren. Aber welche anderen Faktoren da noch mitreinspielen, seien es begünstigende oder erschwerende, und wie ein Mensch mit den Karten, die ihm das Leben ausgeteilt hat, umgeht, das ist eine höchst individuelle Angelegenheit.

So gibt es Kinder, die von ihren Eltern nicht geliebt wurden, die sich "ganz normal" entwickeln konnten, weil es vielleicht liebende Großeltern oder Freunde gab oder sonstige Umstände, die ihnen geholfen haben. Andere haben sich mit Hilfe von Therapie gut über Krisen hinwegretten können. Andere wurden vielleicht zunächst depressiv oder süchtig oder zwanghaft oder was es sonst noch alles an Schwierigkeiten gibt.

Ich denke schon, dass es möglich ist, bestimmte Erfahrungen als Kind gemacht zu haben und bis ins Erwachsenenleben mitgeschleppt zu haben, wo es dann scheinbar plötzlich zu Erscheinungen wie überbordender Müdigkeit (u.ä.) kommen kann.

Chancen

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