Zwang, Nahrungsaufnahme zu vergleichen

Bulimie, Anorexie, Adipositas, EDNOS (mehr zur Unterscheidung finden Sie in meinen themenbezogenen Artikeln im Archiv, darüber hinaus finden Sie auf der Website auch Selbsttests zum Thema)
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Momo1987
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Zwang, Nahrungsaufnahme zu vergleichen

Beitrag Fr., 07.09.2018, 21:31

Hallo zusammen,
Eine kleine Vorwarnung, dieser Beitrag ist etwas lang und vielleicht teilweise schwer zu verstehen, weil meine Probleme wohl recht speziell sind. Aber vielleicht kann mich jemand verstehen... :roll:
erst mal zu mir... Ich bin Momo, 31 Jahre alt und habe eher mit den „Überbleibseln“ meiner Essstörung zu tun. Mit 15 war ich das erste Mal wegen akuter Anorexie in der Klinik. Seit dem habe ich immer wieder abgenommen, bin aber seit ca. 5 Jahren relativ stabil.
Allerdings hatte bzw. habe ein restriktives Essverhalten mit vielen Regeln, die mitunter zu sozialen aber auch körperlichen Problemen führen. (z.B. Uhrzeiten wann gegessen werden darf. Dabei esse ich eher später als frühe, auch wenn das für andere Menschen jeglicher Logik entbehrt.) In den letzten Monaten bin ich jedoch immer lockerer geworden und kann mich teilweise auch auf Ausnahmen einlassen.
Seit fast fünf Monaten habe ich einen festen Freund. Ich hatte davor oberflächliche Beziehungen, aber es war mir nie wirklich ernst. Er ist wie auch ich Lehrer, allerdings kommt er ursprünglich aus dem handwerklichen Bereich und hat sich dann noch studiert. Eigentlich hatte ich aufgrund meiner Essstörung und Zwänge (putzen, sehr hohes Lernpensum, Vermeidung von Krankheiten durch übertriebene Hygiene) keine “Kapazität“ für eine Beziehung bzw. ich habe mich überhaupt nicht eingelassen. Dieses Mal habe ich mich das erste Mal richtig verliebt. :red: Dass mein jetziger Freund erst mal sehr verschlossen war, hat mich umso mehr gereizt.
Nun ist die Phase der Verliebtheit vorbei, was nicht heißt , dass ich keine Gefühle mehr habe. Aber es kommen immer wieder tiefe Zweifel auf. Ich möchte mich in diesem Betrag auf einen Aspekt beschränken, da es sonst einfach zu unübersichtlich wird. (Er at auch diverse Schwierigkeiten, sich einzulassen, aber es soll jetzt um mich gehen.)
Mein Freund ist ein sehr pflichtbewusster Mensch und neigt dazu, viel zu viel zu arbeiten. Er musste sich lange Zeit bewähren, damit begründet er das. Ich glaube aber das Problem liegt tiefer und er räumt das auch teilweise ein. Nun ist es so, dass ich mir das erste Mal seit lange Freizeit erlaube und die Arbeit nicht mehr das Zentrum der Welt ist. Ich fühle mich aber einfach schlecht, wenn mein Freund derart viel arbeitet und seine körperlichen Grenzen dabei missachte. (E geht nicht nur um Arbeit für die Schule, sondern auch um handwerkliche Arbeiten am Haus seiner Mutter, mit denen er mehr oder weniger die Ferien verbracht hat.) Dazu finde ich, dass er relativ wenig isst. Ich schäme mich dafür, dass ich darauf so extrem achte, aber es ist so. :-( Ich habe Schwierigkeiten zu sagen, dass ich etwas essen möchte. Ja ich weiß, mein Problem. Er kann scheinbar den ganzen Tag mit einem kleinen Eis auskommen. Ich wünsche mir so sehr, dass die Menschen, die mir wichtig sind möglichst regelmäßig und genussvoll essen. Dann bin ich diesbezüglich auch entspannter. Ich finde das blöd, aber für mich ist das ehrlich gesagt ein existentielles Thema.
Ich glaube übrigens nicht, dass mein Freund selbst eine Essstörung hat. Dafür sind seine Reaktionen auf meine Erzählungen einfach viel zu oberflächlich. Auch würde ich sagen, dass ich das durch meine Erfahrung eigentlich spüre.
Mein Problem ist, dass ich immer wieder sehr stark an der Beziehung zweifle. Mit Sicherheit habe ich auch Bindungsängste. Aber die beschriebenen Befürchtungen sind für mich ebenfalls bedenkenswert. Ich hoffe, so sehr, dass mich hier jemand verstehen kann. Denn meine Freundinnen können mir nur bedingt folgen...

Dankee, falls ihr das zuende gelesen habt! :-)

(Hinweis Admin: Betreffzeile etwas verkürzt)

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spirit-cologne
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Beitrag Sa., 08.09.2018, 00:53

Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob ich das richtig verstanden habe, was du sagen willst, was ist denn der Inhalt der Befürchtungen, dass er in eine Essstörung rutschen bzw. Gesundheitliche Schäden davontragen könnte, oder dass du durch sein unregelmäßiges Essverhalten in deiner eigenen Essstörung getriggert werden könntest?
It is better to have tried in vain, than never tried at all...


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Momo1987
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Beitrag Sa., 08.09.2018, 09:37

Im Allgemeinen habe ich den starken Wunsch, endlich nicht mehr nur über die ganzen Themen nachzudenken, die mich in den letzen Jahren beeinträchtigt haben. Die Stimme in mir, für die es das Ideal ist, so viel wie möglich zu arbeiten, wenig und kontrolliert zu essen, ist aber noch präsent. Wenn andere Menschen weniger essen als ich, fühle ich mich schlecht. Weniger Probleme bereitet mir da, wenn ich keine enge Beziehung zu den Menschen habe.
Auf der anderen Seite ist es schon so, dass mein Freund seine persönlichen Grezen nur selten beachtet und von der Arbeit teilweise regelrecht besessen ist.
Ich merke einfachauch, wie sehr ich mich verantwortlich fühle. Zudem denke ich viel häufiger über Essen nach, als noch vor einem halben Jahr. Zudem empfinde ich das Essen mit meinem Freund als eher belastend. Für mich ist gemeinsames Essen und auch Genießen sehr wichtig, aber leider geht die Entspannung nicht unbedingt von mir aus.

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Carpincha
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Beitrag Sa., 08.09.2018, 11:12

Momo1987 hat geschrieben: Sa., 08.09.2018, 09:37 Zudem empfinde ich das Essen mit meinem Freund als eher belastend. Für mich ist gemeinsames Essen und auch Genießen sehr wichtig, aber leider geht die Entspannung nicht unbedingt von mir aus.
Warum empfindest du das gemeinsame Essen denn als belastend? Weil er diesem Ereignis nicht so viel Bedeutung beimisst wie du? Oder weil er in deinen Augen zu wenig isst und du deshalb das Gefühl hast, selbst nicht so viel essen zu dürfen, wie du gerne würdest? Oder aus einem ganz anderen Grund? Ich habe eine ähnliche Essstörungskarriere hinter mir wie du, aber bei mir ist/war es eher immer so, dass ich mich beim Essen mit Menschen unwohl fühle, mit denen ich locker befreundet oder bekannt bin. Essen unter völlig Fremden sowie mit sehr nahen Personen fand ich hingegen unproblematisch.
Momo1987 hat geschrieben: Fr., 07.09.2018, 21:31 Er kann scheinbar den ganzen Tag mit einem kleinen Eis auskommen.
Ich weiß nicht, wie es mit deinem Gewicht aussieht, aber falls du im Untergewicht bist, ist es völlig normal, dass du das nicht so einfach kannst. Ich stelle das immer wieder fest, wenn mein Freund und ich gemeinsam körperlichen Aktivitäten nachgehen (wandern z.B.). Er kann dann stundenlang ohne Essen auskommen, während ich regelmäßig meine Energiereserven auffüllen muss, um leistungsfähig zu bleiben. Wir haben darüber schon oft geredet, und er meint dazu, dass er halt Fettreserven hat, auf die er dann zurückgreifen kann. Er ist keineswegs dick, aber hat eben Normalgewicht und außerdem keine Essstörungsvergangenheit.

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Momo1987
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Beitrag Sa., 08.09.2018, 11:30

Warum empfindest du das gemeinsame Essen denn als belastend? Weil er diesem Ereignis nicht so viel Bedeutung beimisst wie du? Oder weil er in deinen Augen zu wenig isst und du deshalb das Gefühl hast, selbst nicht so viel essen zu dürfen, wie du gerne würdest? Oder aus einem ganz anderen Grund? Ich habe eine ähnliche Essstörungskarriere hinter mir wie du, aber bei mir ist/war es eher immer so, dass ich mich beim Essen mit Menschen unwohl fühle, mit denen ich locker befreundet oder bekannt bin. Essen unter völlig Fremden sowie mit sehr nahen Personen fand ich hingegen unproblematisch.
Das kommt mir sehr bekannt vor. Am liebsten sind mir große Gruppen, aber es gibt auch Personen mit denen es besser funktioniert... Zum Beispiel kann ich mit meinem Vater wunderbar essen, obwohl ich weiß, dass er - zumindest früher- erhebliche Essprobleme hatte und diese auch auf die Familie übertragen hat: Viele meiner Denkmuster wie z.B. "Essen muss man sich verdienen." stammen von ihm. Aber ich sehe, dass er das jetzt im Griff hat und regelmäßig isst.
Und ja, ich habe das Gefühl, dass ich weniger essen will als mein Gegenüber. Und wenn das Gegenüber ein Mann ist, erst recht.

Ich weiß nicht, wie es mit deinem Gewicht aussieht, aber falls du im Untergewicht bist, ist es völlig normal, dass du das nicht so einfach kannst. Ich stelle das immer wieder fest, wenn mein Freund und ich gemeinsam körperlichen Aktivitäten nachgehen (wandern z.B.). Er kann dann stundenlang ohne Essen auskommen, während ich regelmäßig meine Energiereserven auffüllen muss, um leistungsfähig zu bleiben. Wir haben darüber schon oft geredet, und er meint dazu, dass er halt Fettreserven hat, auf die er dann zurückgreifen kann. Er ist keineswegs dick, aber hat eben Normalgewicht und außerdem keine Essstörungsvergangenheit.
Ja da triffst du einen sehr interessanten Punkt. Ich habe tagsüber auch sehr lange Hungerphasen, aber wenn es Zeit ist zu essen, dann wird es bei mir teilweise richtig eng. Dazu habe ich dann auch Ansätze von Heißhungerattacken (Mein Essverhalten ist alles andere als ideal, aber für mich die Art und Weise eingermaßen klar zu kommen, zumal vieles eher besser klappt als früher. Ich wiege mich gar nicht mehr, lasse aber meine Werte kontrollieren und bin in Therapie. Untergewicht habe ich nicht mehr, aber die Jahre haben Spuren hinterlassen und ich merke, dass mein Körper immer noch "Angst hat", zu wenig zu bekommen.
Bei meinem Freund ist es aber ehr das "Gesamtpaket", das mich so sehr an das zwanghafte Verhalen meines Vaters erinnert. Zudem geht er ja über Grenzen, das räumt er ja teiliwese selbst ein. Er ist deswegen auch bei einer Heipraktikerin. Ich bin sekeptisch, denn wenn er die zugrundeliegenden Probleme nicht berarbeitet, wird es nicht besser.

Aber ich bin so zerrissen. Auf der einen Seite versucht er mir gegenüber sehr viel Verständnis zu zeigen, ist gerade auch was Intimität angeht hochgradig sensibel. Er traut mir so viel zu, macht mir Mut.
Aber diese andere Seite macht mir Angst. Ich weiß, meine Ansprüche sind hoch, wahrscheinlich zu hoch. Aber ich habe da eine Vergangenheit und diese gehört zu mir.

Davon abgesehen hat auch er Bindungsängste. Auf der einen Seite ist es gut, weil wir uns so Freiraum gewähren können und uns gut verstehen. Aber auf der anderen Seite befürchte ich, dass es soauch zu wenig Fortschritte gibt. Ich wollte das einfach nur erwähnen, es soll jetzt aber nicht das Haupthema sein.

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Carpincha
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Beitrag Sa., 08.09.2018, 12:19

Also ist dein Freund eine Art Trigger? Weil es dich so sehr an deinen Vater erinnert? Das stelle ich mir schwierig vor... Bei mir kommt das gestörte Essverhalten auf jeden Fall eher von mütterlicher Seite.
Momo1987 hat geschrieben: Sa., 08.09.2018, 11:30 Und ja, ich habe das Gefühl, dass ich weniger essen will als mein Gegenüber. Und wenn das Gegenüber ein Mann ist, erst recht.
Das kann ich nachvollziehen, hab das aber zumindest bei meinem Freund zum Glück nicht mehr... Wie ist das denn, wenn dein Freund und du normal zusammen esst? Isst er denn immer auffallend wenig? Oder ist da sonst irgendwas Zwanghaftes an seinem Verhalten? Tut mir leid, aber ich kann mir das nicht so gut vorstellen, weil ich bei den meisten Männern den Eindruck habe, dass sie generell mit dem Thema Essen viel lockerer umgehen als viele Frauen (vor allem natürlich essgestörte Frauen).
Momo1987 hat geschrieben: Sa., 08.09.2018, 11:30 Untergewicht habe ich nicht mehr, aber die Jahre haben Spuren hinterlassen und ich merke, dass mein Körper immer noch "Angst hat", zu wenig zu bekommen.
Das kann ich mir gut vorstellen. Der Körper hält viel aus, aber vergisst auch nicht. :-((
Momo1987 hat geschrieben: Sa., 08.09.2018, 11:30 Aber ich bin so zerrissen. Auf der einen Seite versucht er mir gegenüber sehr viel Verständnis zu zeigen, ist gerade auch was Intimität angeht hochgradig sensibel. Er traut mir so viel zu, macht mir Mut.
Aber diese andere Seite macht mir Angst. Ich weiß, meine Ansprüche sind hoch, wahrscheinlich zu hoch. Aber ich habe da eine Vergangenheit und diese gehört zu mir.
Ich habe auch lange gebraucht, um mir sicher zu sein, dass ich die Beziehung, die ich führe, wirklich will. Inzwischen sind es 10 Jahre, und ich bin froh, dass ich trotz anfänglicher Zweifel geblieben bin. Das sagt jetzt natürlich nichts über deine Beziehung aus, ich will nur sagen, dass die anfängliche Unsicherheit nicht bedeuten muss, dass das nichts wird.

Es klingt ja so, als wäre dein Freund sehr verständnisvoll. Deshalb würde ich dir raten, mit deinen Sorgen bzgl. Essen offen umzugehen. Und da du ja in Therapie bist, würde ich das Thema auch dort mal ansprechen (sofern du das noch nicht hast).

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