Essstörung - keine Besserung trotz Krankheitseinsicht

Bulimie, Anorexie, Adipositas, EDNOS (mehr zur Unterscheidung finden Sie in meinen themenbezogenen Artikeln im Archiv, darüber hinaus finden Sie auf der Website auch Selbsttests zum Thema)
Antworten
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Zora_
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 114

Essstörung - keine Besserung trotz Krankheitseinsicht

Beitrag Di., 11.06.2019, 16:25

Hallo Zusammen,

mich würde mal interessieren wie hier Betroffene von ihrer Essstörung los gekommen sind. Was der entscheidende Schritt war zur Besserung der ganzen Symptomatik bzw. ob es überhaupt möglich ist eine Essstörung komplett zu heilen. Oder ob manche Gedankengänge vielleicht für immer bleiben.

Bei mir war es so, dass ich vor 10 Jahren schon mal magersüchtig war aber ich hab es wieder raus geschafft weil ich damals unbedingt Kinder wollte und mir klar war, dass das nur geht wenn es mir körperlich gut geht. Mir ging es dann jahrelang relativ gut in der Hinsicht. Bis es mir aus anderen Gründen psychisch immer schlechter ging und ich eine Therapie angefangen habe. Daraus wurde dann eine Traumatherapie und ich habe angefangen meine Vergangenheit "aufzuarbeiten". Während dieser Therapie haben meine Probleme mit dem Essen wieder angefangen. Ich war so beängstigend schnell wieder drin in meinen alten Verhaltensmustern, dass ich es kaum geschafft habe etwas dagegen zu tun. Seither kämpfe ich dagegen an...leider mit mäßigem Erfolg.
Mittlerweile bin ich wieder sehr im Untergewicht und habe dadurch einige körperliche Beschwerden. Vor allem habe ich ständig Probleme mit dem Kreislauf und werde immer wieder ohnmächtig. Das belastet mich am meisten.

Das Problem ist einfach, mir ist total klar, dass das so nicht weiter gehen kann und ich möchte auch eigentlich etwas ändern. Ich möchte fit sein und gesund. Aber ich schaffe es einfach nicht dauerhaft dagegen anzukämpfen. Ich versuche normal zu essen (weil ich es wirklich möchte), nehme 1-2 Kilo zu und dann "muß" ich sofort wieder gegensteuern.
Ich verachte mich dafür, wenn ich nichts esse aber ich verachte mich genau so dafür, wenn ich "normal" esse. Ich kann nicht vor und zurück und ich habe keine Ahnung wie ich diesen Kreislauf unterbrechen kann.

Ein wichtiger Punkt ist bei mir Kontrolle. Das war schon immer so, dass es mir ein Gefühl von Sicherheit gibt wenn ich das Gefühl habe mein Gewicht und das Essen unter Kontrolle zu haben. Vom Kopf her ist mir klar wie blöd das ist. Aber ich habe in den letzten zwei Jahren in anderen Bereichen schon so viel Kontrolle abgegeben und das war schwer aber es ist möglich. Nur in dem Punkt schaffe ich es nicht.

Der andere Punkt ist, dass es sich für mich "richtig" anfühlt klein und dünn zu sein. Ich fühl mich damit "sicherer" weil ich denke weniger aufzufallen, keine "Angriffsfläche" zu bieten. Je weniger weibliche Rundungen ich habe umso besser fühle ich mich.
Also vom Kopf her ist mir total klar, wie blöd das klingt und wie dumm das alles ist. Und ich möchte das alles wirklich so gerne ändern, aber ich schaffe es einfach nicht.

Deshalb hätte es mich einfach mal interessiert wie andere das vielleicht geschafft haben...

Werbung

Benutzeravatar

Schnuckmuck
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 49
Beiträge: 1767

Beitrag Di., 11.06.2019, 16:34

Nam du musst ja auch an den ursachen für deine störung arbeiten. Due schwitzt du ja nicht aus.

Und eine solche Störung hört ja nicht von alleine auf.

Selbst wenn du dann Therapie machst, wird es Schritte in beide Richtungen geben. Es geht nicht nur bergauf. Sich arrangieren mit seinen Schwachstellen. Aber nur so weit, wie sie nicht lebensbedrohlich oder ungesund werden, wenn du eine normale gewichtsgrenze ansetzt, die nix mit untergewicht zu tun hat, kannst du ja damit arbeiten.

Bei Kmir ist das kotzen ein Ventil, dass mir hilft, anderes zu ertragen. Aber es ist in einem mit dem Therapeuten abgemachten Rahmen, es gibt eine gewichtsgrenze, es gibt blutkontrollen und es gibt eine Häufigkeit. Damit kann ich arbeiten. Und so ohne Druck in der Richtung kommt es seltener vor, als wenn ich mir deswegen auch noch Druck mache.

Es kommt also auch auf deine problemfelder an. Wo beginnst du, wo ist Priorität. Ist es in eine ungesunden rahmen? Etc.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Zora_
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 114

Beitrag Di., 11.06.2019, 19:13

Danke für deine Antwort, Schnuckmuck.
Dass das nicht von alleine aufhört ist klar. Deswegen arbeite ich ja auch dran...und mir sind die Ursachen auch ziemlich klar. Das ist ja genau das was mich so nervt...dass ich es nicht in den Griff kriege, obwohl mir das alles klar ist.
Aber vielleicht hast du recht und ich sollte mich erstmal mehr damit arrangieren und versuchen es in einem einigermaßen tragbaren Rahmen zu halten...


theweirdeffekt
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
anderes/other, 57
Beiträge: 612

Beitrag Di., 11.06.2019, 19:27

Bin mir beim BingeEating auch vom Kopf her bewusst, was abgeht. Aber mir kommt vor, das Gefühl kommt oft nicht hinterher. Wenn ich dann mehr Zeit für meine "Seele", fürs "hinschauen" investiere, wirds meistens etwas besser.
Kopf hoch... Sonst kannst du die Sterne nicht sehen

Werbung

Benutzeravatar

Schnuckmuck
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 49
Beiträge: 1767

Beitrag Di., 11.06.2019, 19:33

Es löst sich ja nicht, nur weil es dir klar ist, das ist ja nicht die Lösung.

Und die Lösung musst du dir erarbeiten, es gibt ja einen Grund, warum du das mit dir machst. Und solange der da ist, warum sollte dann die verhindernde Komponente aufhören.will meinen, warum willst du aufhören mit würde es, was dir hilft mit etwas klar zu kommen?

Eine solche Störung geht nicht nur weil man sie in der Problematik einordnen kann.

Du musst wissen, wie schwer deine störung ist und dass sie auch einen unschönen gefährlichen Rahmen annehmen kann. Deren musst du etwas tun, Therapie. Oder Selbsthilfe. Oder stationäre Therapie. Nur vom kennen wird dir nicht geholfen. Du verkleinert nur eine Grösse Problematik in ihrer Bedeutung,

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Zora_
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 114

Beitrag Mi., 12.06.2019, 07:40

Schnuckmuck hat geschrieben: Di., 11.06.2019, 19:33 Und die Lösung musst du dir erarbeiten
Das versuche ich ja jetzt schon eine ganze Weile aber egal was ich mache, es wirft mich immer wieder zurück.
Naja, werde weiter dran arbeiten und versuchen eine Lösung zu finden...


Waldschratin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 4199

Beitrag Mi., 12.06.2019, 08:13

Liebe Zora,
kennst du denn die Auslöser, die dich dann immer wieder zurückwerfen?
Kriegst du den "Moment" mit, in dem es kippt?
Da drauf hab ich mich konzentriert bei der Essstörung, das mitbekommen zu können. Und dann erst hab ich mir "Maßnahmen" überlegt, wie ich dann in dem Moment gegensteuern könnte, hab ausprobiert und rumprobiert und mir das aufgeschrieben. Und hatte dann mit der Zeit nen richtigen "Katalog" beisammen, der mir nicht nur in Bezug auf die ES geholfen hat, sondern überhaupt in Bezug auf Gefühlsmanagement und wie ich nicht davon überwältigt werde.

Benutzeravatar

Sinarellas
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 1996

Beitrag Mi., 12.06.2019, 09:02

Für mich ist die Magersucht wie jede psychisch bedingte Essstörung nur ein Symptom eines ganz anderen Problems. Man muss rausfinden, was genau die Wurzel ist. Bei dir sicherlich wie bei vielen Magersüchtigen das Thema Kontrollverlust, warum muss die Kontrolle über die Nahrungszuvur ausgeübt werden, warum so exzessiv, was steckt hinter dem krankhaften Wunsch nach Kontrolle und wie findet man adäquaten Ersatz für das Symptom der ESS?
Dadurch, dass man jahrelang sich eine Autobahn aus krankem, schädlichen, destruktivem verhalten aufgebaut hat, wird es mit jedem Fahren der Strecke schwerer einen Umweg zu fahren.
Deine Autobahn ist mittlerweile geteert, hat eine schöne perfekte Oberfläche auf der es sich super fahren lässt, warum soll dein Hirn also einen hakeligen, beschwerlichen Schotterweg fahren, wo du langsamer zum Ziel kommst (zum Beispiel Ziel Kontrolle) oder sogar das Ziel (normales Essverhalten und keine krankhafte Kontrolle) komplett verfehlst?
Bis der Schotterweg eine schöne, schnelle Autobahn wird ist es ein verflucht langer Weg.

Somit musst du erstmal für dich rausfinden:
Was ist dein Ziel auf deiner Autobahn?
Gibt es bereits einen Schotterweg (scheinbar, den hast du für die Kinder neu gebaut)?
Wie kannst du dein Fahrtziel auf ein gesundes Ziel korrigieren (dafür musst du aber erstmal das aktuelle kennen und verstehen lernen!!)?

usw.

Ich neige immer wieder zur Magersucht, also der Weg ist bei mir nicht komplett zugeschüttet, aber meine Autobahn hat das Ziel beim Thema Essen: Genug um ein normales Gewicht zu haben und noch viel wichtiger: Dem scheiß nicht diese ganze Aufmerksamkeit geben, völlige Zeitverschwendung rückblickend betrachtet.
Essen hat für mich den zweck, dass ich nicht sterbe und soll Spaß machen wenn ich was leckeres zu mir nehme. Mehr nicht.
..:..

Benutzeravatar

Tupsy71
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 1248

Beitrag Mi., 12.06.2019, 10:27

Ich denke a, dass die Essstörung ein Symptom ist. Auch wenn man vom Kopf weiß, dass es nicht gut ist, solange nicht die Aufarbeitung an der Wurzel angegangen wird, wirds nicht besser. Meine Thera sagte mir, dass die ES besser wird, wenn die Vergh. leichter für mich wird. Gib nicht auf. Es braucht einfach Zeit

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Zora_
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 114

Beitrag Mi., 12.06.2019, 10:36

Waldschratin hat geschrieben: Mi., 12.06.2019, 08:13 kennst du denn die Auslöser, die dich dann immer wieder zurückwerfen?
Kriegst du den "Moment" mit, in dem es kippt?
Danke Waldschratin für diese Fragen und deine Erfahrung. Das habe ich mir so direkt noch nicht überlegt, wann/warum es wieder kippt. Aber ich denke es hat etwas mit dem vermeintlichen Sicherheitsgefühl zu tun, das mir die Essstörung gibt (paradoxerweise). Weil es sich für mich wie Kontrollverlust anfühlt wenn ich gegensteuern muß. Ich fang quasi an normal zu essen, weniger Sport zu machen usw. und das klappt auch erstmal. Wenn ich dann aber zunehme (was ja eigentlich vom Kopf her gewollt ist), bekomme ich Panik und habe das Gefühl es läuft etwas aus dem Ruder und ich habs nicht mehr in der Hand. Und die Angst vor Kontrollverlust ist in allen Bereichen eh meine größte. Meine Thera sagt es ist logisch, weil ich damals jahrelang einen kompletten Kontrollverlust erlebt habe. Weil ich über mein Leben und meinen Körper nicht mehr selbst die Kontrolle hatte.
Aber ich denke halt, es ist so lange her...ich müsste doch langsam in der Lage sein, da einen vernünftigen Weg zu gehen. Und mein Kopf weiß auch genau wie das gehen könnte/sollte aber "alles andere in mir" zieht einfach nicht mit...

Was das Gefühlsmanagement betrifft...da habe ich auch schon viel dran gearbeitet und einiges auf meiner Liste was hilft. Aber das funktioniert nicht für die Essstörung. Mein wichtigster Punkt auf der Liste ist nämlich Sport. Damit komm ich aus fast allen emotionalen Ausnahmezuständen usw. wieder raus. Leider ist das ja aber eher kontraproduktiv was meine Essstörung betrifft... :roll:

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Zora_
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 114

Beitrag Mi., 12.06.2019, 10:40

Danke Sinarellas! Du hast das super geschrieben!
Da muss ich erstmal drüber nachdenken wie das bei mir ist mit der Autobahn, dem Schotterweg und vor allem dem Ziel...!

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Zora_
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 114

Beitrag Mi., 12.06.2019, 10:41

Tupsy71, du hast recht und wahrscheinlich brauch ich einfach noch ein bisschen (mehr) Zeit

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag