Bekomme meine Essattacken nicht in den Griff

Bulimie, Anorexie, Adipositas, EDNOS (mehr zur Unterscheidung finden Sie in meinen themenbezogenen Artikeln im Archiv, darüber hinaus finden Sie auf der Website auch Selbsttests zum Thema)
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90Florian90
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Bekomme meine Essattacken nicht in den Griff

Beitrag Mi., 08.04.2020, 19:25

Hallo, kurz zu meiner Person, ich bin Florian, 29 Jahre alt und wiege derzeit 160 Kilo. Ich leide bereits seit etwa 15 Jahren Übergewicht. Derzeit habe ich mein Höchstgewicht erreicht. Ich bin nun an einem Punkt angekommen, an dem ich einfach nicht mehr weiter weiß. Ich bekomme mein Essverhalten trotz unzähliger Diäten, versuche Sport zu machen und Kuren nicht in den Griff. Mein Problem ist einfach, dass ich zum einen regelmäßige Fressattacken habe, Bei denen ich etwa die Mahlzeiten von drei normalen Tagen esse. Zum anderen ist mein normales Essverhalten einfach viel zu ungesund, ich bekomme aber beides selbstständig nicht geregelt. Ich habe das Gefühl, ich bin beim Essen wie fremd gesteuert, ich nehme mir zuerst vor, Etwas vernünftiges zu essen und wenn ich aus dieser draus aufwache habe ich fettiges oder Süßes quasi verschlungen.

Wenn ich große Motivation habe geht eine Diät mal eine Zeit lang gut, aber egal ob es in der Vergangenheit eine Woche oder mehrere Wochen gut gegangen ist, es holt mich immer wieder ein und bringt mich zu meinem Höchstgewicht zurück.

Ich bin inzwischen einfach verzweifelt und einfach nur noch traurig nachdem ich so viel gegessen habe. Was mich quasi verrückt macht ist, Dass ich alle anderen Ziele in meinem Leben erreiche, die ich mir vorgenommen habe und auch kein introvertierter Typ bin. Nur eben beim Essen bin ich total hilflos.

Ich habe bereits sämtliche Apps durch, mit denen man Kalorien zählen kann, auch wenn ich etwas gesundes zuvor esse hindert das mich nicht daran übertrieben viel schlechtes zu essen, wenn ich zum Beispiel viel sättigendes esse wie zum Beispiel Quark oder Obst, esse ich danach noch mal weil mich das einfach nicht befriedigt. Ich habe bereits über mehrere Monate einen Trainer zum Sport gehabt, das war leider auch nicht von Erfolg gekrönt, da ich zwar dann regelmäßig Sport gemacht habe, aber durch das falsche Essen keinerlei Erfolge erzielen konnte.

Ich habe bereits vor vier Jahren mir einen Magen Ballon einsetzen lassen, dann musst du allerdings nach einer Woche wieder entfernt werden, da ich diese nicht vertragen habe. Nun überlege ich mir den Magen verkleinern zu lassen, was natürlich echt ein Riesen Eingriff ist und ich habe etwas Angst davor und schäme mich auch total dafür, das nicht selbst hin zu bekommen.
Zuletzt geändert von Tristezza am Mi., 08.04.2020, 20:24, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Betreffzeile "Ich weiß einfach nicht mehr weiter" zum besseren Verständnis präzisiert.

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Malia
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Beitrag Do., 09.04.2020, 09:29

Ich habe auch viele Jahre wegen meiner Esssucht gelitten.
Zwar konnte ich mein Gewicht noch teilweise regulieren, indem ich nur abends aß, war aber trotzdem weit im Übergewicht.
Dann hab ich eine hilfreiche stationäre Therapie gemacht, in der auch das Essverhalten mit einbezogen war.

Esssucht ist ein Symptom.

Was für mich wichtig ist, um nicht (oder seltener) rückfällig zu werden:
- keine Diäten ! - wenn man mit Übergewicht regelmäßig 3 normale Mahlzeiten am Tag mit 2 kleinen Zwischenmahlzeiten (Obst, Joghurt) isst, dann nimmt man automatisch ab
- nicht hungern! - damit verliere ich die Kontrolle durch Heißhungerattacken
- mich so akzeptieren, wie ich bin
- das Essen erlauben, auch kleine "Sünden" zwischendurch
- Bewegung, aber keine Überforderung - soll Spaß/zufrieden machen, es geht nicht um Leistung
- möglichst nicht essen, wenn ich Kummer habe
- für Kontakte sorgen (das ist für mich aber eher eine Lebensaufgabe)
- den Tag strukturieren
- Probleme bewusst machen, nicht "schlucken"
und einiges mehr

Jedenfalls: ohne Unterstützung ist es schwer, neue Verhaltensweisen einzuüben.
Bei meiner Krankenkasse gibt es online-Begleitung für verschiedene gesundheitliche Probleme, auch für gestörtes Essverhalten.
Vielleicht gibt es so etwas auch in deiner KK?
Es gibt auch Selbsthilfegruppen für Esssüchtige.

Esssucht ist keine Schwäche, sondern der Versuch, sich selbst zu retten.
„Moralisten sind Menschen, die sich dort kratzen, wo es andere juckt.“
Samuel Beckett


Bluemoon123
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Beitrag Do., 09.04.2020, 11:33

Seit ich gestern Deinen Beitrag gelesen habe, war es mir ein Bedürfnis Dir zu antworten und seitdem überlege ich mir die richtigen Worte, die ich Dir antworten kann. Ich weiß immer noch nicht ob ich die richtigen Worte finden werde, aber vielleicht erzähle ich Dir einfach mal meinen Weg, den ich gerade gehe.

Ich kann Dich gut verstehen, denn ich war/bin in einer ähnlichen Situation. Mein Höchstgewicht lag bei knapp 140 kg und vor ca. 1 1/2 Jahren war ich an einem Punkt an dem ich nicht mehr weiter wusste und mir eingestehen musste, dass ich es ohne Hilfe nicht schaffen werde. Ich habe dann lange gesucht, welche Hilfe ich brauche. Denn mir war klar die 100.000ste Diät (auch WW oder ähnliches) wird nicht helfen. Je mehr ich über professionelle Hilfe gelesen habe, desto öfter musste ich lesen, dass laut ärztlicher Meinung bei einem bestimmten BMI nur eine OP die geeignete Therapie ist. Das wollte ich nicht glauben. Und so habe ich weiter gesucht. Meine erste Ansprechpartnerin war meine Hausärztin. Ich werde nicht vergessen, wie ich wie eine Häufchen Elend vor ihr gesessen habe und ihr sagte, dass ich an einem Punkt bin, wo ich es ohne Hilfe nicht mehr schaffe. Sie war sehr verständnisvoll und wir haben gemeinsam überlegt, was mir helfen kann. Da das Problem Adipositas/Essanfälle vielschichtig ist, muss man es meiner Meinung nach auch auf mehreren Ebenen "bearbeiten" und es gibt keine Patentlösung. Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, dass man gut reflektiert, was man wirklich braucht und was nicht.

Mir war klar, dass ich sowohl was an meiner Ernährung als auch am Bewegungsverhalten etwas ändern muss und als dritter (vielleicht wichtigster) Punkt ich mir psychotherapeutische Hilfe suchen muss. Und zwar um herauszufinden, warum ich esse und warum ich es nicht schaffe mich diesbezüglich unter Kontrolle zu halten bzw. warum ich in dieser Beziehung so "selbstzerstörerisch" bin. Es liegt ja nicht daran, dass ich nichts über gesunde Ernährung weiß (im Gegenteil, ich behaupte mal, jede/r Adipöse weiß mehr über gesunde Ernährung als Nicht-Adipöse) sondern es muss eine andere Ursache haben. Um diese Ursache herauszufinden habe ich eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie angefangen. Wir sind noch ganz am Anfang, deshalb kann ich noch keine Erfolge, oder Resultate formulieren. Aber eines ist mir aufgefallen. Seit ich die Therapie Anfang diesen Jahres angefangen habe, nehme ich ab, obwohl ich mich genauso ernähre und bewege wir vor der Therapie. Ob da ein direkter Zusammenhang besteht weiß ich nicht, aber ich nehme es gerade positiv zur Kenntnis. :)

Was meine Ernährung angeht, so bin ich bei einer super Ernährungsberatung gelandet. Sie hat mich am Anfang gefragt, was das schlimmste wäre, was bei ihr so passieren kann und was dazu führen würde, dass ich nicht mehr wieder komme. Und meine Antwort war, dass es für mich das Schlimmste wäre, wenn ich jetzt von ihr einen Plan über wasweissich wie viele Kalorien bekomme und ich ständig Essprotokolle führen müsste und Kalorien oder Punkte oder sonstwas zählen muss. Mein Ziel ist es "normal" zu essen und nicht mich ständig zu kontrollieren. Wir haben dann tatsächlich Schritt für Schritt mein Essverhalten vorgenommen, geschaut was ich finde, dass "nicht gut" ist, und zusammen probiert dafür alternative Verhalten zu finden, die zu mir passen. Ein kleines Beispiel: ich arbeite in einem kleinen Büro und wir haben keine Kantine oder ähnliches. D.h. ich hab mir Mittags immer irgendwas von irgendeinem Bäcker, Metzger oder Imbiss aus der Umgebung geholt. Natürlich waren das nie irgendwelche gesunden Dinge, sondern eher sowas wie Leberkäs-Brötchen (und dann natürlich nicht nur eines!) und irgendwelche süßen Teilchen zum Nachtisch. Nach und nach haben wir zusammen überlegt, was denn eine Alternative für dieses Mittagessen wäre. Heute nutze ich den Kühlschrank in unserer Teeküche um dort meine Lebensmittel zu lagern und um mir Mittags selbst was zu zu bereiten. Und wenn es nur ein lecker belegtes Brötchen ist, das ich mir dann einzeln frisch beim Bäcker kaufe und selbst belege. Ich habe mir schon ewig mittags nichts mehr "auswärts" gekauft. Dies ist nur eines der vielen kleinen Beispiele, die ich mit der Ernährungsberatung "erarbeitet" habe. Wichtig hierbei ist aber, dass das für Dich jetzt nicht unbedingt die Lösung sein muss. Die kann für Dich ganz anders aussehen. Wichtig ist, dass Du vielleicht jemanden findest, der mit dir zusammen die für Dich passende Strategie findet, die keine Diät sondern eine wirkliche Ernährungsumstellung ist. (alles was sonst so unter dem Label "Ernährungsumstellung" propagiert wird - wie z.B. WW oder ähnliches - ist im Grunde doch eine Diät ... und da ist hinterher der Jojo-Effekt vorprogrammiert).

(mein Beitrag wird zu lang ... Teil 2 folgt) ,-)


Bluemoon123
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Beitrag Do., 09.04.2020, 11:36

... und hier die Fortsetzung ,-)

Und zu guter letzt zum Thema Bewegung. Das war bei mir der "übelste" Punkt. Du machst ja schon Sport, von daher ist das für Dich vielleicht nicht so wild, aber ich war die typische Couch-potatoe. Und ich habe keine Ahnung gehabt, wie ich da den Anfang finde. Was mir geholfen hat, war dann eine Adipositas-Reha, die ich zusammen mit meiner Hausärztin beantragt habe, und die glücklicherweise auch sofort von der Krankenkasse bewilligt wurde. Für mich selbst war für den Erfolg der Reha wichtig, dass ich mir vorher klar gemacht habe, für was ich die Reha nutzen will. Und das war eindeutig um einen Anfang beim Punkt "Bewegung/Sport" zu finden. Natürlich hat die Reha auch das Thema Ernährung und Psychologie beinhaltet, aber da muss ich zugeben, dass ich die Termine nur "abgesessen" habe, weil ich - wie oben schon erklärt - beim Thema Ernährung einfach auf meine Super-Ernährungsberaterin vertraut habe, und ich wusste, dass ich mit ihr auch nach der Reha weiter arbeiten werde. Somit hab ich mich bei der Reha auf die Bewegung konzentriert und vor allem dann auch nach der Reha mir gleich einen Ort gesucht, wo ich damit weiter machen kann. Für mich war das eine Physio-/Sporttherapie-Praxis, die auch individuelles Training anbietet. Das mache ich seitdem mit sehr viel Freude. Der Unterschied zum klassischen Fitness-Studio ist, dass dort Sporttherapeuten arbeiten und einen wirklich individuell betreuen. Für mich ist das perfekt. Daneben gehe ich noch Schwimmen und mache Yoga in einer Gruppe für Übergewichtige. Auch da haben wir eine Lehrerin, die nicht unmögliche Verrenkungen von uns verlangt, sondern die verschiedenen Yoga-Haltungen an unsere körperlichen Möglichkeiten anpasst.

Alles in Allem habe ich seit Anfang letzten Jahres - also seit ich angefangen habe, meinen "Hilfeplan" zu erstellen und umzusetzen - ganz ohne Diät 18 kg abgenommen habe. Das ist jetzt erst ein kleiner Schritt und es liegt noch viel vor mir. Aber der Unterschied zu allen anderen Diäten vorher ist, dass so wie ich jetzt lebe, also wie ich esse und wie ich mich bewege, ich ohne große Anstrengung/Disziplin oder Kontrolle weiter leben kann. Denn es ist für mich zur Normalität geworden. Und das ist mein großes Ziel. Nicht xy kg abzunehmen, sondern "normal" zu leben, was das Thema Essen und Bewegung angeht.

Puhh, das ist jetzt länger geworden, als ich es geplant habe. Aber ich hoffe, dass es Dir hilft zu lesen, dass Du nicht allein bist. Und dass es unbedingt notwendig ist, seinen eigenen Weg zu finden. Das ist nicht leicht aber möglich. Dein Weg muss auch nicht so sein wie meiner. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass der anders aussehen wird. Aber vielleicht wäre ein erster Schritt, dir dabei Hilfe zu suchen. Und da Du ja schon den Weg in dieses Psychotherapie-Forum gefunden hast, ist es vielleicht auch nur noch ein kleiner Schritt Dir auch selbst psychologische Hilfe zu suchen. Das ist kein Scheitern, sondern das kostet viel Kraft und Mut!

P.S.: Auch wenn Dein Weg am Ende eine OP ist, so ist das kein Scheitern, sondern ebenso ok. Auch eine OP ist kein Zuckerschlecken. Ich bin in einer Adipositas-Selbsthilfegruppe in der viele Operierte sind und deren Weg ist auch kein leichter! Die landläufige Meinung, dass man es sich "leicht macht" wenn man sich operieren lässt ist jedenfalls falsch!

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Kaonashi
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Beitrag Fr., 10.04.2020, 09:52

Malia hat geschrieben: Do., 09.04.2020, 09:29Dann hab ich eine hilfreiche stationäre Therapie gemacht, in der auch das Essverhalten mit einbezogen war
Sowas würde ich eventuell auch mal gerne machen. Wo war das denn?
90Florian90 hat geschrieben: Mi., 08.04.2020, 19:25Ich leide bereits seit etwa 15 Jahren Übergewicht. Derzeit habe ich mein Höchstgewicht erreicht. Ich bin nun an einem Punkt angekommen, an dem ich einfach nicht mehr weiter weiß.
Ich kann leider nicht viel weiterhelfen, weil ich am gleichen Punkt bin und auch noch nach der Lösung suche.
Derzeit denke ich darüber nach, Intervallfasten zu beginnen, mit einem Fastentag in der Woche. Aber kann sein, dass das genauso schief geht wie andere Versuche zuvor.
Das zweite ist eine Ernährungstherapie bei einer Ernährungsberaterin in der Nähe. Leider zahlt voraussichtlich meine Krankenkasse die Kosten nicht, oder nicht voll, aber vielleicht mache ich es trotzdem. Ich hoffe nur, es läuft dann wirklich nicht so, dass ich wieder mal Ernährungstagebuch führe und mir erzählt wird, dass Gemüse gesünder ist als Schokolade. Das habe ich ja alles schon durch.

Ansonsten denke ich, dass die Ursachen vielleicht manchmal in der frühen Kindheit liegen.
Ich hatte z.B. das Problem, dass meine Mutter schon eine Art Essstörung hatte, weil ihr Gewicht permanent im Mittelpunkt stand. Selbst heute, wo sie fast 80 ist, kann ich sie nicht ein einziges Mal besuchen, ohne dass sie an irgendeiner Stelle ihr Gewicht erwähnt. Das Thema Essen war deshalb schon immer schwierig. Sie hat oft versucht, alle in der Familie in ihre Abnehmversuche mit einzubeziehen, sodass ich schon früh das Gefühl hatte, dass mir das Essen verboten wird. Auf der anderen Seite wurde Essen als Symbol für Ruhe und Entspannung benutzt, und als Belohnung. Meine Mutter strahlte dann besonders viel gute Laune aus in diesen Momenten.
Leider ist es bisher nicht so, dass mir diese Erkenntnisse allein reichen, um an meinem jetzigen Essverhalten etwas zu verändern.

Hast du eine Idee, was in deiner Kindheit den Grundstein für dein Problem gelegt haben könnte?
Falls du dort eine Ursache vermutest, wäre eine tiefenpsychologische Therapie vielleicht wirklich eine gute Idee, um dem weiter auf den Grund zu gehen. Mit Verhaltenstherapeuten habe ich in der Hinsicht nicht so gute Erfahrungen gemacht, oder man müsste zu einem gehen, der darauf spezialisiert ist.

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Malia
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Beitrag Fr., 10.04.2020, 10:01

Malia hat geschrieben: ↑
Do., 09.04.2020, 10:29
Dann hab ich eine hilfreiche stationäre Therapie gemacht, in der auch das Essverhalten mit einbezogen war
Sowas würde ich eventuell auch mal gerne machen. Wo war das denn?
Diese Therapie gibt es so nicht mehr.
Das war von 1986 bis 1990 (mit Unterbrechung, währenddessen dann dort ambulant) in der Cathexis-Gruppe in Bad Grönenbach.
Aber sicher gibt es einige andere Kliniken, in denen Essstörungen behandelt werden (Prien am See z.B. hat einen sehr guten Ruf)
„Moralisten sind Menschen, die sich dort kratzen, wo es andere juckt.“
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Kreativus50
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Beitrag Mo., 13.04.2020, 15:25

Lieber Florian,

Deine Zeilen haben mich sehr berührt, weil ich Deine heftige Verzweiflung spüre.

Das mit dem " Aufwachen " nach dem Fressanfall und den vorher so guten Vorsätzen und dem Gefühl des Fremdgesteuertseins kenne ich sehr gut. Ich habe bei mir herausgefunden, dass ich dies habe, wenn ich psychisch unter
Druck stehe und als Abwehr esse. Dann dissoziere ich und nehme mich nicht mehr wahr, komme erst danach wieder zu mir.

Neben dem, was bereits geschrieben wurde, möchte ich meine Ansätze/ Ideen dazu noch mit Dir teilen.

Disziplin beim Essen, Diäten, Ernährungspläne, Bewegungsprogramme, Apps , Magenverkleinerung etc. sind m.E. nicht sinnlos, können bestenfalls helfen, die entgleiste und für Dich sehr schädliche Situation mit dem erheblichen Übergewicht zu entschärfen.
Aber das Übergewicht ist ein Folgeproblem von ETWAS.
Das Übergewicht ist der Überlebensschutz, der Panzer der vor etwas bedrohlichem schützt. Das kann etwas bedrohliches von früher sein und / oder im aktuellen Leben .
Aber ich sehe alle diese Therapien auch mit großer Skepsis. Da wird der Mensch reduziert auf Körperform und Kilozahl.
Wenn dann der Erfolg ausbleibt, entsteht die gefährliche Spirale mit den Versagensgefühlen - Scham - Isolierung - noch mehr Panzern ...

Was ich Dir wünsche, ist, eine professionelle therapeutische Begleitung zu finden, die DICH sieht - den Menschen der innendrin in diesem Panzer ist, der lebt und fühlt und leidet, der etwas erlebt haben mag, was für ihn diesen Schutzpanzer aufzubauen notwendig machte. Ich wünsche Dir jemanden, der vorsichtig anklopft, Dich mitnimmt, um nach dem Menschen hinter der Panzerung zu schauen. Niemanden, der den Panzer mit Gewalt einreißen will bzw. Dich dazu bringen will.
Es kann m.E. nur durch ganz vorsichtiges Abtragen Schicht für Schicht gehen. Dafür wünsche ich Dir einen hilfreichen Menschen an Deiner Seite.
Nach meiner Erfahrung braucht es nicht mal einen ausgewiesenen Spezialisten für Ess- Störungen - eher einen ausgewiesenen Spezialisten für Empathie, Akzeptanz und einen ganzheitlichen Therapieansatz - und zwar praktisch gelebt.

Ich hoffe, für Dich sind einige Anregungen dabei und wünsche Dir Alles Gute!

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