Schizoide Persönlichkeitsstörung und Sexualität

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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Möbius
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Schizoide Persönlichkeitsstörung und Sexualität

Beitrag Mo., 03.08.2015, 23:05

Meine aktuelle Diagnose lautet: "Schizoide Persönlichkeitsstörung mit sexueller Deviation" - ich bin damit auch durchaus einverstanden, nach meiner eigenen Einschätzung liegen nahezu sämtliche Kriterien der schizoiden Störung nach ICD-10 bei mir vor. Die Diagnose wurde November 2013 von meinem Therapeuten gestellt, der mich seit Juni 2013 im Beritt hat. Er ist ein Spezialist für Psychosomatik der Haut (ich habe eine schwere psychosomatische Akne Inversa - somatisierte Autoaggression) und sexuelle Störungen.

Was mich jedoch immer noch ein wenig irritiert: ICD-10 wie DSM nennen als ein Merkmal eben auch, daß der Betreffende kein oder wenig Interesse hätte mit "sexuellen Erfahrungen mit einer anderen Person".

Nun bin ich zwar sehr autoerotisch-exhibitionistisch, aber habe auch die letzten 25 Jahre meines Lebens eine sehr aktive Sexualität mit sehr vielen Anderen gehabt, und so ist das eigentlich heute noch. Ich nenne mich immer noch "bisexuell-promiskuitiv", bin "Szenegänger" und dürfte "pi mal Schnauze" meine standesgemäßen 1000 Sexualkontakte (davon maximal 50-70 Frauen) eigentlich erreicht haben (eine Strichliste habe ich nie geführt). Viele würden mich hypersexuell oder sexsüchtig nennen wollen, das kann man hier mal dahingestellt lassen. Ich selbst bejahe meine Sexualität so, wie sie ist - ich komme sehr gut damit zurecht, weiß sie sogar heute mitunter therapeutisch einzusetzen. In jedem Falle reduziert sie meine recht hohen innerpsychischen Spannungen, erhöht auch meine Lebensqualität ganz erheblich, erst recht seit meiner Verarmung. Man könnte witzigerweise sagen: viel Sex ist für mich nur eine Ersatzbefriedigung für fehlende materielle Konsummöglichkeiten.

Mich interessiert hier indessen die Frage, wie es sich bei anderen Menschen, denen die gleiche Diagnose - schizoide Störung - gestellt wurde oder die sich selbst als schizoid empfinden:

Ist es vielleicht so, daß der "normale" Schizoide generell sexuelle Kontakte zu anderen Menschen meidet, sich vornehmlich autoerotisch betätigt, oder doch eher so, daß es nur darum geht, daß "sexuelle Erfahrungen mit EINEM anderen" gemieden werden, also "monogame Verhältnisse", promiskuitive oder polygame Sexualität eben wegen der geringen oder völlig fehlenden emotionalen Befrachtung und Verbindlichkeit bevorzugt wird? Oder - als dritte Alternative - lebt der Schizoide seine Sexualität vornehmlich in seiner Parallelwelt im Kopf aus, ist nach aussen eher asexuell ?

Oder können alle diese Möglichkeiten häufiger vorkommen, lässt sich eine generelle Regel eigentlich garnicht aufstellen ?


leberblümchen
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Beitrag Mo., 03.08.2015, 23:11

Hi,
ich habe diese PS nicht, kenne aber "das Schizoide". Ich vermute, des Rätsels Lösung besteht darin, dass die Diagnostiker unter "Interesse an Sexualität mit Anderen" keine flüchtigen "rein-raus-orgasmus-weg"-Praktiken meinen, in denen mehr oder weniger zufällig und wahllos ein Geschlechtsteil vor deiner Nase baumelt (sorry, ich übertreibe dezent, um es zu verdeutlichen), sondern dass damit so was Ähnliches wie "Beziehungen" gemeint ist, in denen Sexualität eine Rolle spielt: dass da ein "Anderer" ist, den man wirklich begehrt, so als Menschen. Das, was du praktizierst (ist nicht wertend!), ist ja eher Autoerotik mit fremden Geschlechtsteilen. Es geht vermutlich nicht um ausdrücklich monogame Dauerbeziehungen, sondern einfach um das akutelle Gefühl: "Ich hab gerade eine Beziehung mit einem Menschen, der mich erregt und den ich errege".

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SoundOfSilence
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Beitrag Di., 04.08.2015, 06:30

Oder darum: ich habe eben KEINE Beziehung zu dem, der mich da gerade erregt. Ich trenne Erregung und Bindung. (nur so ein Gedanke zu Leberblümchens Schluss -Satz)

Möbius, hat du ihn mal gefragt?

Und dann bin ich gestolpert: Beritt??? So fühlt sich das für dich an? <kicherhusthust>

Könnte sich das nicht auf deine Vorliebe beziehen, keine Penetration stattfinden zu lassen beim Sex? Gilt das als Deviation?
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Möbius
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Beitrag Mi., 05.08.2015, 08:18

Der Begriff "Deviation" wird heute, soweit ich weiß, allgemein anstelle und synonym zu "Perversion" oder "Paraphilie" verwendet. "Paraphilie" ist zudem ausserhalb der psychoanalytischen Terminologie recht ungebräuchlich geworden, und "deviat" hört sich wohl etwas weniger abwertend (und weniger lüstern) an, als "pervers". Gemein ist auch den ursprünglichen und früheren Bedeutungen allerdings in der Tat, daß die Penetration in ihrer Bedeutung zurücktritt, eventuell sogar völlig entfällt. Da meine Sexualität vor allem exhibitionistisch geprägt ist, und beim "zeigen" ja noch nicht einmal eine Berühung der Sexualpartner - der Zuschauer nämlich - stattfindet, bin ich auch mit dieser Kathegorisierung durchaus einverstanden. Im Kern steht natürlich erkennbar eine biologische Auffassung vom "Sinn" der Sexualität, den man in der Fortpflanzung sehen will. Manche reduzieren ihn sogar darauf. Diese Kathegorisierung wird aber auch zB unter Promiskuitiven verwendet: auch in der Szene wird unter "Sex" oftmals Penetration (vaginal oder anal) verstanden, andere Praktiken als "sexeln", "rummachen" usw. bezeichnet.

Promiskuität an sich wird heute meist nicht mehr als "Deviation" angesehen oder pathologisiert.

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aeffchen
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Beitrag Do., 10.09.2015, 19:46

Möbius, hast Du versucht Dein "Problem" mal von der narzisstischen Ecke her anzupacken? Also NPS mit "schizoider Lösung"? Weil, ganz ehrlich, so wie ich das lese ist Narzissmus der Kern Deines "Problems".

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