Chaos im Kopf bei großen Entscheidungen

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inga007
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Chaos im Kopf bei großen Entscheidungen

Beitrag So., 11.10.2020, 06:02

Liebe Leute,
Ich habe große Schwierigkeiten mit großen Entscheidungen.
Ich werde es Euch mit einem Beispiel schildern.
Ich bin 51 Jahre alt, seit mehr als 20 Jahren bin ich immer wieder in Therapien und nehme auch Psychopharmaka: Cipralex 15mg, Duloxetin 30mg, Pregabalin 25mg.
Meine vermutliche Diagnose ist: posttraumatische Belastungsstörungen ...

Ich wohne seit 20 Jahren in einer 39qm Altbau Wohnung in Wien mit Dusche in der Küche ... die Wohnung ist günstig, sehr ruhig und die Lage ist sehr gut.
Seit ca. 2 Jahren habe ich mich entschieden, dass ich in dieser Wohnung nicht alt werden möchte; selbst durch einen entsprechenden Umbau, bleiben es nur 39 qm .... also habe ich angefangen eine Genossenschaftswohnung zu suchen ...
Ich habe jetzt nach 2 Jahren Suche eine gefunden, war sie besichtigen, habe mich danach gleich beworben und ich habe sie tatsächlich bekommen. Umziehen kann ich erst ab Februar 2021.
Die Wohnung hat 52qm mit Balkon, sie liegt ca. 7km weiter weg von Zentrum und von meiner jetzigen Wohnung, Dachgeschoß.

Nachdem ich erfahren habe, dass ich die Wohnung bekomme, habe ich mich sehr gefreut ... 1-2 Tage lang ...
Dann grüble ich nach, habe Angst- bis Panikzustände, meine Hände schwitzen, meine Beine und Hände fühlen sich schwach ...
Ich hasse es umzuziehen ... ich habe Angst meine gewohnte Umgebung zu verlassen ... den Halt, den Fixpunkt, den Boden unter den Füßen zu verlieren ... Die Gründe warum ich umziehen wollte verschwimmen, das Negative relativiert sich, das Positive scheint nicht mehr so positiv zu sein ...

Diesen Verlauf kenn ich schon von früheren grossen Entscheidungen wie Jobwechsel .. die deswegen nicht zustande gekommen sind ...

Ich werde jetzt also mit der Panik und Angst bis zur Vertragsunterschreibung existieren ... und wenn der Tag kommt ... wird sich das alles noch verchlimmern und ich werde nur noch Chaos im Kopf haben ... und nicht wissen was ich tun soll ... früher habe ich dann auch noch versucht meine Entscheidung zurückzunehmen, oder sich gar nicht mehr melden.
WENN es dann aber dazukommt dass die Entscheidung wirklich endgültig vom Tisch ist und Verträge gekündigt sind ...
kommt der nächste Umschwung und ich will das dann DOCH !!!! und die nächste Panik kommt ...
Ich habe dann erlebt dass der ganze Chaos in einem Nervenzusammenbruch geendet ist ..........

Was soll ich nun tun? in Therapie gibt es jetzt 4 Wochen Pause ...
Hat jemand von Euch was ähnliches ? Was hat Euch geholfen?

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Jenny Doe
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Beitrag So., 11.10.2020, 07:06

Hallo inga007
ich habe Angst meine gewohnte Umgebung zu verlassen ... den Halt, den Fixpunkt, den Boden unter den Füßen zu verlieren
Ich kenne das von dir beschriebene Problem nur allzu gut. Ich musste mehrere umziehen und lernte dadurch, was ich am besten tun kann.
Vier Dinge sellten sich als hilfreich raus.
Zum einen so früh wie möglich und so oft wie möglich mit Ausflügen zum neuen Wohnort beginnen, mir das Haus von Außen angucken, mich bei meinen neuen zukünftigen Nachbarn vorstellen und mir das Haus von Innen angucken, mir die Umgebung angucken, Parks ausfindig machen, Geschäfte suchen, Fahrpläne für die neue Wohnung raussuchen, die entsprechenden Wege mehrfach laufen, ... So kann sich mein Gehirn so langsam aber sicher an die neue Umgebung gewöhnen und bekommt keinen Schock, wenn plötzlich alles neu ist, es alles suchen muss und mit all dem Neuem völlig überfordert ist.
Dazu gehört für mich auch, dass ich mir geistig meine neue Wohnung einrichte und mir diese Bilder immer wieder vorstelle.
Zum anderen: Entspannungsübungen machen, mich auch mal mit anderen schönen Dingen beschäftigen, als nur Umzug, ... damit es nicht zum völligen Zusammenbruch kommt.
Und zu guter Letzt: Den Umzug Schritt für Schritt planen und bewusst durchführen, um zum einen völlige Überforderung zu verhindern. Und zum anderen um meinem Gehirn die Gelegenheit zu geben Schitt für Schritt loslassen zu können und Abschied nehmen zu können. Es also langsam auf die Veränderung vorbereiten.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).


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inga007
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Beitrag So., 11.10.2020, 07:26

Liebe Jenny, danke für Deine Worte, in denen auch Wahrheit steckt ...
Genau diese Strategie habe ich vorbereitet ... ich muss es nur öfters wiederholen ... ich bin von der Arbeit hingefahren, wie lange die Strecke dauert, habe Geschäfte und Parks geschaut. Haus von aussen beobachtet. Im Kopf bereite ich den Umzugsplan. Plane mit Grundrissen die Einrichtung, die genauen Masse fehlen mir noch.
Trotzdem: ich empfinde so viel Angst, Unruhe, Nervosität - es ist nicht zum Aushalten ....
Bin ein zu nervöser Typ .... und meine Nervenstruktur ist nicht grad gut ... Deswegen halte ich auch diverse Entspannungsübungen nicht gut aus ... eher beruhigt mich die Natur und Wasser (Schwimmen, das Meer) ... ich lasse mich jetzt auch öfters massieren, eventuell noch B-Vitamine? ... und ich muss immer wieder andere Leute fragen, warum muss ich eigentlich umziehen? Andere müssen mich bestätigen, mir zusprechen ... wenn ich das ganze nicht doch wieder absage, werde ich mich wahrscheinlich von Bekannten durch Ihre Anwesenheit unterstützen lassen müssen, die das von mir Wissen ....


Jenny Doe
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Beitrag So., 11.10.2020, 07:38

Hallo Inga,
und ich muss immer wieder andere Leute fragen, warum muss ich eigentlich umziehen?
Aufschreiben, hilft mir da sehr. Dann brauche ich nicht mehr andere zu fragen, sondern kann zu meinem Zettel greifen.
Bin ein zu nervöser Typ .... und meine Nervenstruktur ist nicht grad gut ... Deswegen halte ich auch diverse Entspannungsübungen nicht gut aus
Ah, verstehe. Dann braucht das natürlich eine Weile, bis Du wieder an den Punkt angelangst, bei Entspannungsübungen auch wirklich entspannen zu können. Das braucht Übung, ist somit ein eher langfristiges Projekt.
eher beruhigt mich die Natur und Wasser (Schwimmen, das Meer)
Leider ist ein schönes Meer nicht gleich um die Ecke und im Winter auch etwas kalt ;)
Was hilft Dir zu Hause zum Entspannen, außer Massage? Etwas, was Du spontan und unabhängig von anderen machen kannst, wie z.B. Malen, Spazierengehen, ...? Einfach mal etwas Schönes machen, was Dich auf andere Gedanken bringt und dich zugleich auch entspannt?
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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inga007
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Beitrag So., 11.10.2020, 08:00

In den panischen Momenten und bei Angst hilft mir nicht viel - da ich mich da auf nichts konzentrieren kann, wie zbs. Malen ... da herrscht nur Chaos, Angst, Zittern, Schwitzen ...
und da hilft auch keine pro- und kontra Liste von früher ... verstehst Du? ... da geht eben gar nichts ...
das sind "kranke" Momente ...
da fühle ich mich als wäre ich das nicht ich ... eine fremde Person, wie depersonalisiert ...
deswegen kann ich da auch nicht auf das zurückgreifen, was ich noch "bei Sinnen" überlegt habe ...
deswegen müssen mich dann andere daran erinnern ...

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Candykills
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Beitrag So., 11.10.2020, 09:38

Was du machen kannst, ist halt alles organisieren. Helfer für den Umzug, langsam anfangen zu packen.
Umzuge bedeuten immer Stress. Ich kann das ganz gut nachempfinden, was du da bezüglich allem Neuen gegenüber empfindest.
Mir half immer zu organisieren. Und ganz weg geht die Angst nicht, das kann ich dir jetzt schon sagen. Aber man gewöhnt sich an die neue Gegend. Und dann fühlt man sich meist doch recht schnell auch wohl. Und wenn du angekommen bist, dann geht auch die Angst.
Mein letzter Umzug war gezwungenermaßen und auch ein Schock für mich. Aber nach kurzer Zeit war ich einfach nur froh, dass es so gekommen war, weil die neue Wohnung und alles drum herum so viel besser ist.
Wie gesagt, arbeite schon mal langsam vor. Dabei fängst du auch an dich an den neuen Gedanken zu gewöhnen.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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