Wie ich lernte zu Fühlen

Alle Themen, die in keines der obigen Foren zum Thema "Psychische Leiden und Beschwerden" passen.
Antworten
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Grow
sporadischer Gast
sporadischer Gast
männlich/male, 39
Beiträge: 18

Wie ich lernte zu Fühlen

Beitrag Di., 27.10.2020, 08:21

Guten Morgen zusammen

Vorab, ich schätze dieses Forum sehr. Im Gegensatz zu einem deutschen Pendant herrscht hier eine tolle und vor allem sachliche Stimmung. Vielen Dank.

Nun zu meinem Thema:

Es gibt hier im Forum etliche Menschen die Erinnerungen oftmals abgespalten haben, so geht es mir auch. Ich habe dieses Abspalten in meiner Jugend um die 13/14 Jahre gelernt als ich durch meine dannzumal persönliche Hölle ging zu Hause. Dieses Abspalten habe ich dann immer wieder bei schwierigen Situationen vor allem im Zusammenhang mit nahen Beziehungen unbewusst zur Hand genommen. Zum einen ist das ja gut und Recht aber so konnte ich nicht wirklich verarbeiten.

Nach der ersten 4 Jährigen Beziehung welche Ende 2005 geendet hat und ich wieder alles weggeschoben habe, ging der tolle Kreislauf mit Ängsten los. Bei jeder neuen Beziehung herrschte Panik und Dissoziation. 2 Beziehungen scheiterten und in der Dritten blieb ich und stellte mich den Dingen die da sind.

Im Laufe meines Prozesses in dem ich noch mitten drin bin konnte ich mich langsam meinen Gefühlen nähern. Ich war doch emotional sehr sehr abgestumpft, auch ohne nahe Beziehung. Es war ein schleichender Prozess dieses "zulassen" von Gefühlen. Es war mir neu, dass Bilder im Kopf auch mit Gefühlen verknüpft sind. Nun bin ich heute, da ich doch immer mehr Zugang finde, teilweise mit den Gefühlen überfordert. Es scheint so als ob ich durch dieses "Türe öffnen" langsam viele alte Situationen gefühlsmässig verarbeite. Das ist so unglaublich anstrengend.

Ausschlaggebend in letzter Zeit war, dass ich Zugang zu dieser schlimmen Trennung 2005 gefunden hatte durch einen Post hier im Forum. Ich durchlebte die Trennung noch einmal (ja nach 15 Jahren!) mit allen Gefühlen von Verlustangst, Trennung, bodenloses Fallen, Verlassenheitsgefühl, Einsamkeit. Ich konnte meine Gefühle stehen lassen und einfach nur in mich gehen und beobachten. Durch dieses Ereignis platzen immer mehr Situationen auf. Ich habe irgendwie keine Bremse...Es ist nicht so dass ich instabil bin, im Gegenteil...es ist einfach ermüdend.

Nun meine Frage: Kann das jemand nachvollziehen? Wird es mit der Zeit einfacher für mich? Lohnt sich das? (gut es ist nicht so dass ich das verhindern kann).

Ich hoffe Ihr könnt meinem Text folgen. Er ist sehr analytisch.. das liegt daran, dass ich mich sehr selbst reflektiere...vielleicht manchmal zu sehr...

Gruss Grow und danke vorab für eure Antworten.

Werbung

Benutzeravatar

Fairness
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 1515

Beitrag Di., 27.10.2020, 09:34

Lieber Grow,

ich finde es schwierig so auf die Distanz zu sagen, aber ich würde meinen, dass es der Situation entsprechend normal ist, wie du dich gerade fühlst.. Bist du noch in einer Therapie? Ich kenne den Verlauf deiner damaligen Trennung nicht, doch bekomme den Eindruck, dass die Art und Weise belastend und ausweglos für dich war und du die Emotionen unverarbeitet ließt.

Bei solchen Umständen hilft manchmal ein professioneller Blick von Außen, um neue Sicht auf die Situation zu bekommen und somit auch die Gefühle zusätzlich noch anders einsortieren zu können..

Diesen Aspekt kenne ich, da ich selbst auch solche lang anhaltende Situation hatte, in welcher ich mit meinen Gefühlen allein kaum fertig werden konnte. Zu dem Zeitpunkt damals sah ich noch nie eine ähnliche Situation gut, verantwortungsvoll gelöst und so gab es auch keine gute Lösung, welche von mir aus kommen konnte. Mein Gegenüber bat leider auch keine an. Es war für mich einzige Verwirrung und Komplikation.

Basiert darauf, was du hier schreibst, habe ich eine Ähnlichkeit erkannt und es scheint mir, dass das möglicherweise auch solche konkreten Situationen sind, mit konkreten Gefühlen verbunden, welche betrachtet werden könnten, mit welchen man konkret arbeiten könnte.. das ist dann greifbarer, lösbarer, als diffuse Ängste und meiner Erfahrung nach lohnt es sich, das einzugehen. Weil so viele Menschen etwas Ähnliches durchmachen und es wurde auch schon gelöst, würde es meiner Erwartung nach auch für dich eine stimmige Lösung geben, welche es dir ermöglichen könnte, solche Gefühle ruhiger anzuschauen und da sein lassen, ohne dass sie dich dabei so herausfordern.

Lieben Gruß,
Fairness
Man sieht, was man am besten aus sich sehen kann. (C.G.Jung)

Grief is just love with no place to go. (Jamie Anderson)

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Grow
sporadischer Gast
sporadischer Gast
männlich/male, 39
Beiträge: 18

Beitrag Di., 27.10.2020, 11:28

Liebe Fairness

Danke für deine Worte. Ich tue mich ganz ehrlich schwer mit noch einer Therapie, da ich ganz ehrlich gesagt nicht weiss, was ich denn dort noch besprechen soll. Ich habe bestimmt 6 Jahre Therapie hinter mir mit 2 verschiedenen Therapeuten. Und ich habe dort, viel viel gelernt. Nur Gefühlsmässig bin ich nie an die alten Dinge herangekommen. Wenn dann, nur sehr kurz und schwach.

Und nun platzt vieles auf. Vielleicht könnte ich unter dieser Voraussetzung einige Stunden beanspruchen, ich muss mir das überlegen. Hier in der Schweiz geht das ja fix.

Meinst du dass diese Konfrontation auf emotionaler Ebene mir helfen wird meinen Platz in der Welt besser zu finden? Sprich wenn ich diese teilweise Überflutungen zulasse, diese nicht mehr so stark auftreten in meinem Leben? Ich habe, so meine ich als Laie, die Erfahrung gemacht, dass das erste Mal das Gefühl, welches lange unterdrückt wurde, eine enorme Kraft hat. Nach dem Abklingen und das kann einige Tage dauern, ist es verschwunden und kommt auch nicht mehr so in dieser starken Form vor.

Was ich möchte ist keine Heilung im eigentlichen Sinn, sondern Linderung. Schmerz gehört zum Leben dazu, aber Leid muss nicht sein. Ich muss dazu sagen, ich Leide nicht mehr wirklich, ich spüre alten Schmerz.

Benutzeravatar

Fairness
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 1515

Beitrag Di., 27.10.2020, 22:56

Grow, ich glaube, für mich klangen manche deine Worte vielleicht ernsthafter, als du sie gemeint hast.. mit meinen Augen las ich da Leid raus, und du schreibst, dass es keins ist, das wird so sein. Und das bestätigt auch, dass man selber am besten spüren kann, wie sich das mit der Zeit entwickelt.. Ob du das so lassen möchtest wie es ist, oder ob du etwas verändern brauchen würdest und wie.. Zu dem, was dir helfen könnte, deinen Platz besser zu finden, habe ich keine Meinung, aber glaube, du wirst das für dich herausfinden..
🌸
Man sieht, was man am besten aus sich sehen kann. (C.G.Jung)

Grief is just love with no place to go. (Jamie Anderson)

Werbung

Benutzeravatar

Airo
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 42
Beiträge: 35

Beitrag Di., 17.11.2020, 00:29

Hey Grow

Dirse Überflutung ist normal nach jahrelangem Abspalten. Ich würde Therapie in Anspruch nehmen, am besten bei jemandem, der sich mit Dissoziationen auskennt und dir gezielt helfen kann.

Das Problem in der Schweiz ist bloss, dass die (guten) Traumatherapeuten übervoll sind.

Viel Glück und lieben Gruss
Airo

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Grow
sporadischer Gast
sporadischer Gast
männlich/male, 39
Beiträge: 18

Beitrag Di., 17.11.2020, 08:09

Hey Airo, hast du Erfahrungen mit deinem Erzählten? Am eigenen Leib, oder wie man das so schön sagt. :-)

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag