Zweifel am Therapeuten

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Nora Stein
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Zweifel am Therapeuten

Beitrag Fr., 20.01.2012, 23:52

Hallo, ich mache seit nun fast drei Jahren eine Therapie (einmal wöchentlich; ich würde es "Gesprächstherapie" nennen). Es ist in der Zeit schon einiges mit mir passiert. Ich war meinem Therapeuten sehr oft sehr dankbar. Ich habe viel über mich gelernt. Ich habe mich in meinen Therapeuten verliebt, ihn idealisiert.... Aber immer wieder, wenn ich etwas über ihn erfahre (nicht von ihm, da ist er sehr professionell!) dann bin ich manchmal schockiert, weil er so total esoterische Tendenzen hat und manchmal auch eine ziemlich schlechte Art sich auszudrücken. Ich bin Wissenschaftlerin und manchmal finde ich es einfach nur dumm und trivial was er sagt. Und manchmal habe ich auch in der Therapie das Gefühl, dass ich in einer Diskussion wirklich die besseren Argumente, die bessere Rhetorik, den gebildeteren Background habe. Ich habe wirklich ein Problem damit, mit dieser Idealisierung auf der einen Seite, und dann wieder finde ich ihn sooo ja was soll ich sagen: quacksalbermäßig.... Kennt ihr das auch? Hinzu kommt, dass sich an meinen eigentlichen Problemen weshalb ich zu ihm kam, nicht wirklich etwas geänder hat. Ich überlege die Therapie abzubrechen, aber ich habe mich so an ihn gewöhnt, denke auch dauernd an ihn, dass ich mir das gar nicht wirklich vorstellen kann, ohne ihn das Leben zu bewältigen.

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candle.
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Beitrag Fr., 20.01.2012, 23:57

Hallo Nora Stein!

Ich kenne es nicht, vermute aber mal, dass du irgendwo zutiefst verunsichert bist auch wenn du sonst einen Bildungsweg genossen hast, der sehr rational ist. An Emotionen zu kommen kann wirklich einfach nur unwissenschaftlich sein, es ist so. Was wäre denn dein Weg für eine gelungene Therapie.

Und wie kommt es, dass du so lange beim Quacksalber aushälst?

Viele Grüße!
candle
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Nora Stein
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 00:00

hallo Candle, vielen Dank für diese schnelle Antwort. Ich habe ja nur Phasen, in denen ich ihn als Quacksalber sehe. Ansonsten habe ich Phasen, in denen ich ihn total idealisiere. Und weil ich ihn mittlerweile als feste Stütze in meinem Leben intergriert habe, irritiert es mich selbst total und stürzt mich echt in Depressionen, wenn ich mal wieder denke, dass alles was er macht trivial ist!
LG
Nora

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candle.
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 00:03

Hast du die Borderline Diagnose? Ich persönlich kenne mich damit gar nicht aus mit diesen Idealisierungsgeschichten, aber du müßtest schon dringend dran arbeiten, wenn es für dich sehr problematisch ist.

Und was bedeutet "als feste Stütze im Leben integriert". Das kann ja theoretisch so nicht sein, darf nicht sein.

candle
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Hamna
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 00:07

Hallo Nora und herzlich willkommen hier

Mit dem, was du beschreibst, hätte ich auch ein Problem. Ich würde dir raten, dir einen anderen Therapeuten zu suchen, bei dem du die Therapie weiterführen kannst, dann stehst du nicht allein da und könntest auch über die Trennung besser hinwegkommen.

Weißt du denn, was für Qualifikationen dein Therapeut hat? Ich würde mir einen Dipl.-Psych. suchen. Hast du eine Diagnose? In Österreich läuft das ja alles etwas anders als in Deutschland, darum kann ich das nicht so gut beurteilen, was Kassenzulassung und Therpieformen angeht. Ich nehme an, dein Thera ist nicht kassenzugelassen und du zahlst selbst?

LG, Rilke

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Nora Stein
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 00:11

zu Candle: mmm das ist auch so eine Sache. Ich weiß nicht welche "Diagnose" er bei mir gestellt hat. Sollte es Borderline sein (habe ich manchmal vermutet, dass er das denkt), wäre ich verärgert. Ich glaube nicht, dass ich eine Persönlichkeitsstörung habe. Jedenfalls fände ich es ganz schön anmaßend, sollte ER mich in eine Kategorisierungsschublade gesteckt haben. Manchmal hört er so gut zu, manchmal merkt er sich die kleinsten Kleinigkeiten und dann hat er (in meinen Augen) bedeutsame Sachen total vergessen, ODER verdrängt, weil sie nicht in seine Schublade passen.

und zu Rilke: vielen Dank für die Antwort und das Willkommenheißen. Mein Therapeut hat (glaube ich, genau weiß ich es nicht) eine Kassenzulassung (zahle trotzdem selbst).


Ja, zu dem was du noch geschrieben hast: Manchmal denke ich, dass er sich als Guru versteht. Manchmal denke ich, er könnte gut ein Sektenführer sein. Dann hat er aber wieder seine total seriösen Seiten
Zuletzt geändert von Nora Stein am Sa., 21.01.2012, 00:30, insgesamt 4-mal geändert.


Hamna
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 00:13

candle. hat geschrieben:Und was bedeutet "als feste Stütze im Leben integriert". Das kann ja theoretisch so nicht sein, darf nicht sein.
Doch das kann und darf in Krisenzeiten und während der Therapie schon sein, muss nur rechtzeitig vor Therapieende wieder aufgelöst werden, aber dann ist der Patient im Normalfall auch stabil genug, auf diese Stütze zu verzichten. Wenn der Thera aber so esoterisch angehaucht ist, hätte ich Bedenken, dass er das auch wirklich hinkriegt, oder ob er sich vielleicht sogar als Guru versteht und an der Auflösung gar kein Interesse hat.

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candle.
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 00:16

Sag mal, hast du diese Dinge bei ihm jemals angesprochen?

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Nora Stein
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 00:18

nein, das traue ich mich nicht. Dazu ist er glaub ich zu narzistisch veranlagt. Er würde die Kritik auch niemals annehmen, das weiß ich. Ich könnte dies also nur sagen, wenn ich schon vorhabe die Therapie abzubrechen

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candle.
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 00:24

Das ist doch keine Kritik! Wenn du dir selber einen guten gefallen tun willst, sprichst du mit ihm besser drüber.

candle
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Hamna
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 00:29

Also, so richtig vertraust du ihm (oder seinen Fähigkeiten) aber nicht, und das ist meiner Meinung nach für eine gute Therapie das Wichtigste. Und wenn ich das Gefühl hätte, mein Therapeut kann mir intellektuell nicht das Wasser reichen, dann könnte ich mich auch nicht richtig einlassen. Wie soll mir jemand helfen können, der nichtmal klüger ist als ich?

Spricht für dich denn was dagegen, dir (parallel) einen anderen Therapeuten zu suchen? Also, hängst du dafür zu sehr an ihm? Er fördert das aber hoffentlich nicht?

Und Therapeut + Narzissmus passt gar nicht gut zusammen, das Thema hatten wir hier kürzlich auch schon mal.

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candle.
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 00:35

Einem Therapeuten Narzissmus zu unterstellen finde ich genauso schlimm wie die Befürchtung vom Therapeuten in eine Diagnoseschublade gesteckt zu werden, also das sind ja kopfgemachte Vorwürfe. Ich meine nur sie will nicht in die Schublade gezwängt werden, tut es aber mit dem Therapeuten.

Leider fällt mir dieses Schlagwort allzu oft im Moment.

candle
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Nora Stein
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 00:37

ich vertraue ihm (für meine Verhältnisse) schon ziemlich. Ich glaube auch nicht, dass mein Therapeut klüger sein muß als ich. Ich möchte auch gar nicht in die Rolle des Dummchens kommen, welches andächtig dem klugen Therapeuten lauscht. Er sollte aber natürlich in seinem Fachgebiet gebildeter sein als ich; Wege kennen, die mir Helfen; Verhaltensmuster aufdecken (bzw. mir helfen sie aufzudecken), mit denen ich mir selbst im Weg stehe.
Also ich liebe ihn schon sehr. Ich will auch nach ihm keinen anderen Therapeuten mehr. Ich habe dann genug davon. Ich habe keine Lust noch jemand anderem alles zu erzählen, das Vertrauen aufzubauen... Ich würde die Therapie dann einfach abbrechen und versuchen aus eigener Kraft mein Leben zu bewältigen.

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candle.
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 00:41

Hach je, jetzt tun mir glatt wieder die Augen weh. Ich hoffe inständig, dass du eine neue Userin bist. Das Thema Therapeutenliebe gab es aber einfach gerade zu oft....

Wenn du Wissenschaftlerin bist, dann versuche doch diese Vernunft in der Therapie einzusetzen.

candle
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Beitrag Sa., 21.01.2012, 00:48

ja, mit meiner Liebe gehe ich sehr vernünftig um. Sie erhoft nichts, sie fordert nichts, sie sitzt einfach nur still da. Es geht mir hier ja auch gar nicht um die Liebe, sondern um Zweifel am Therapeuten. Auf jeden Fall vielen Dank für die Nachrichten und gute Nacht! Meine Vernunft sagt mir, dass ich nun weiterarbeiten sollte.
Nora

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