Ich traue meiner Wahrnehmung nicht

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Silencia
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Ich traue meiner Wahrnehmung nicht

Beitrag Fr., 29.11.2013, 09:44

Liebes Forum!

Ich weiss nicht ob ich mit meinem Thema hier wirklich richtig bin und da ich im Moment ein großes Talent für falsche Entscheidungen habe, bitte ich im voraus schon mal um Entschuldigung.

Also es geht insgeheim um meine Therapie und da ich im Alltag meiner Wahrnehmung nicht vertraue/vertrauen kann habe ich mich immer sehr auf meinem Thera verlassen. Jetzt glaub ich es war ein Fehler, nicht nur ihm "blind" zu vertrauen, sondern auch meine Verantwortung "abzugeben". So zumindest fühle ich seit der gestrigen Therapiestunde.

Gestern war alles anders als sonst und ich kann es gar nicht richtig in Worte fassen. In der Stunde ging es vor allem darum, dass ich mir sehr schwer tue mich gegen Übergriffe etc. zu wehren. Mein Thera hat mir Tipps usw. gegeben, welche ich mir noch sehr schwer tue umzusetzten teilweise hab ich es geschafft, hab aber letztens große "Rückschläge" erlitten. Und ich hatte in der Therastunde das Gefühl, das mein Thera glaubt ich würde es gar nicht wollen

Es ist vermutlich schwer für euch zu verstehen warum ich mich schlecht wehren kann. Darum möchte ich euch ein bisschen was erzählen (ganz kurz in Zusammenfassung):

Ich habe in meinem Leben immer wieder Gewalt erlebt (sexuelle, physische, psychische) in Familie, Freundeskreis und flüchtige Bekannte.
Die Folge waren Magersucht, Ritzen und ein stationärer Aufenthalt in der Psychiatrie.
Ich habe viele Theras besucht bis ich zu meinem jetzigen Thera gekommen bin, bei IHM bin ich seit über 2 Jahren. Seit ich von meiner Heimat weggezogen bin, hab ich online Therapie mit besagtem Thera (weil ich in meiner Umgebung keinen gefunden habe der zu mir passt).


Die Therapie gestern sah so aus: Ich war am weinen und hab nichts mehr gesagt --> ich konnte einfach nicht mehr, aber ich weiss nicht warum. Es war scho schrecklich schwer was zu sagen. Je länger ich wartete, desto unmöglicher wurde es. Mein Thera fragte was los sei und das er jetzt nicht mehr mitkomme, ob er mich verletzt hätte und dass er mich so noch nie erlebt hat.
Zwar war die Stunde schon vorbei aber wir schwiegen uns immer noch an ... irgendwann bekam ich ein "Wann machen wir den nächsten Termin" heraus.

Das Problem: Meine Familie hat mich lange und oft sehr verletzt, ausgenutzt und waren übergriffig. Ich hab das lange nicht erkannt. Obwohl es mir deshalb oft schlecht ging, dachte ich immer "so schlimm ist es ja nicht und es ist immerhin meine Familie". Mein Thera hat mir geraten Abstand von meiner Famlie zu nehmen, da er bemerkt hat, dass es mir deshalb oft schlecht ging. Die gleiche Geschichte wiederholt sich mit Freunden etc.

In meiner neuen Heimat lebe ich sehr isoliert (aufgrund von oberen Absatz und weil ich mir momentan schwer mit neuen Kontakten tue). Und ich habe das Gefühl ich kann niemanden mehr vertrauen. Ich bin so schrecklich durcheinander. Ich habe Angst bekommen meinem Thera zu vertrauen, weil er mir immer mehr klar macht, dass ich mich auf meine Wahrnehmung nicht verlassen kann. Woher weiss ich ob meine Wahrnehmung ihm gegenüber "korrekt" ist?

Sorry für den langen Text....Kennt jemand von euch solche Gefühle und Gedanken?

Liebe Grüße und danke für euren tollen Threads

Silencia
Wie knüpft man an, an ein früheres Leben? Wie macht man weiter, wenn man tief im Herzen zu verstehen beginnt, dass man nicht mehr zurück kann? Manche Dinge kann auch die Zeit nicht heilen, manchen Schmerz der zu tief sitzt und einen fest umklammert.

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leapy
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Beitrag Fr., 29.11.2013, 10:59

Hallo silencia,
bis auf wenige Erleuchtete, wissen die Menschen nicht, was sie sind. Wir denken und glauben, das, was wir denken, sind wir. Das ist der größte Irrtum.
Der Thera versucht, dir neues Denken zu vermitteln.
Wenn du jetzt an deiner neuen Wahrnehmung zweifelst, scheint das eine Abkehr von altem, ungeeignetem Verhalten zu sein, und das neue Verhalten hat sich noch nicht genügend etabliert.
Vertraue deinen Sinnen. Dann geschieht schon das Richtige.
Gruß
leapy

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Silencia
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Beitrag Fr., 29.11.2013, 22:52

Hallo leapy!

Das gefällt mir sehr gut wie du das beschreibst ... danke

die zweifel und das gefühl eine falsche Wahrenehmung zu haben ist immer noch sehr stark und belastend ... kennst du das?

und ich meine jetzt nicht dass es nur eine Wahrnehmung gibt die richtig ist .. ich meine es in einer recht naiven art und weise wobei ich mich nicht selten schon in Gefahr gebracht hab ...


glg
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Fundevogel
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Beitrag Sa., 30.11.2013, 00:22

Liebe Silencia,

willkommen hier im Forum.
Und gerne möchte ich hinzufügen - willkommen im Club der wahrnehmungsverunsicherten Therapiepatienten.

Du sprichst hier meiner Meinung nach eine sehr grundsätzliche Frage jeglicher Psychotherapie an:
wenn wir uns unserer Wahrnehmungen so sicher wären, dann bräuchten wir wohl keine Therapie.
Und diese Therapie machen wir, also ich zumindest, um neue Blickwinkel, Perspektiven oder eben eine erweiterte Wahrnehmung oder erweitertes Bewußtsein zu fördern.

Wenn du über negative Erfahrungen in der Vergangenheit schreibst und über eine gewisse Offenheit/Naivität, dann finde ich es eigentlich sehr gut, dass du eben nicht mehr
blind vertraust, sondern kritisch bist. Die momentane Unsicherheit kann deshalb auch ein Zeichen einer beginnenden Veränderung sein.

Wenn du nicht weißt, ob du deinem Thera vertrauen sollst oder nicht -
Reden hilft. Fragen, Nachfragen und nochmal Fragen. Mal nein sagen. Oder eine andere Meinung haben. Reden kommt vor Handeln. Und wenn du nicht sicher bist, ob du seinen Tipps vertrauen sollst - frage nach.

Lieben Gruß
Fundevogel

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Silencia
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Beitrag Sa., 30.11.2013, 10:09

Liebe Fundevogel!

hihi wahrnehmungsversunsicherten Therapiepatienten ... jap das triffts ziemlich genau

Danke für deine Sichtweise .... so hab ich das noch gar nicht gesehen .... wenn man es von dieser Wahrnehmung her betrachtet dann brauch ich mich auch nicht mehr so den Kopf darüber zerbrechen ...

Ich nehme an er wird nächste Stunde ohnehin mit mir über diese recht seltsame Therapieeinheit sprechen wollen ...

Das Problem ist nur, dass mein Thera auf der einen Seite für mich eine gr. Autoritätsperson ist (auch wenn das jetzt vl. bissl komisch klingt) und ich mich da immer vor "kritischen" Aussagen fürchte ...

liebe grüße <3
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Eremit
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Beitrag Sa., 30.11.2013, 13:25

Silencia hat geschrieben:Das Problem ist nur, dass mein Thera auf der einen Seite für mich eine gr. Autoritätsperson ist (...)
...wenn Du ihn dazu machst. Warum tust Du das?

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Silencia
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Beitrag Sa., 30.11.2013, 15:41

Hallo Eremit (schöner Name übrigens)

Zu deiner Frage: mhm ich fand sie recht schwer zu beantworten ... nach langer Überlegung hab ich für mich festgestellt, dass der Grund vermutlich der ist, dass mein Thera mir zuhört, sich bemüht, mir hilft, sich sorgt (und dass war in meinem Leben stehts Mangelware auch bei andere Thera's)

Ich glaube deshalb hab ich so viel Respekt vor ihm und zu dem ist er auch ein dominanter Mensch

Naütrlich hast du Recht .. ich hab ihn dazu "gemacht" (und ich mach kein Geheimnis draus dass ich gerne andere Menschen idealisiere) ... aber mich gegenüber einen dominanten Menschen "wehren"/"durchsetzten" ist für mich im Moment genauso unwahrscheinlich wie die Tatsache das die Erde eine Scheibe sein soll ...

Lg
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Eremit
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Beitrag So., 01.12.2013, 00:10

Silencia hat geschrieben:aber mich gegenüber einen dominanten Menschen "wehren"/"durchsetzten" ist für mich im Moment genauso unwahrscheinlich wie die Tatsache das die Erde eine Scheibe sein soll ...
Na ja, das Eine ist (vielleicht) unwahrscheinlich, das Andere ist (vollkommen) unmöglich. Da ist schon ein großer Unterschied, findest Du nicht? Unwahrscheinlich bedeutet in Deinem Fall auch nur schwierig, aufwändig, anstrengend, aber es ist prinzipiell möglich.

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Silencia
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Beitrag So., 01.12.2013, 10:44

Hallo Eremit!

Man sollte sich ja nicht an irgendwelchen Wörtern aufhängen, aber zur Erklärung:

Ich spreche/schreibe gerne in Bildern weil ich finde, dass das die Gefühle besser ausdrückt als es Wörter können. Das Bild sollte nur zeigen, wie unmöglich dass im Moment für mich ist. Natürlich arbeite ich daran (und ich weiss nicht was in einem Jahr ist, vl. sieht es dann ganz anders auch - wie du selbst gesagt hast), aber im hier und jetzt wäre es mir nicht möglich. Das wollte ich damit zum Ausdruck bringen.

Lg
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