Grenzen des Psychotherapeuten

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Antworten

Thread-EröffnerIn
qwerta
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 37
Beiträge: 1

Grenzen des Psychotherapeuten

Beitrag So., 24.01.2016, 21:48

Hallo in die Runde,

mich interessiert, wie weit der Psychotherapeut gehen darf, wenn der Zweck dahinter gut ist.

Beispiel: Der Therapeut möchte, dass der Patient frühzeitiger lernt, Grenzen zu setzen. Daraufhin macht er den Patienten regelrecht an, wie man so eine lange Mail schreiben konnte, mit Frage wie alt man sei...etc. Nur Konfrontation über eine Therapieeinheit.

Das würde doch den Grundpfeiler einer GUTEN THERAPIE völlig widersprechen???? Die Grundpfeiler habe ich aus einem Beitrag von Schneerose kopiert, hoffe, ist ok:

Grundpfeiler einer GUTEN THERAPIE sollten sein:
- absolut SICHERES GEFÜHL im therapeutischem Rahmen
- WÜRDEVOLLER UMGANG
- STABILISIEREND (positive Psychologie)
- dem Patienten ERKLÄREN WAS DER THERAPEUTISCHE PROZESS bezwecken will

Sollte Konfrontation nicht immer auch würdevoll ausgedrückt werden?
Haben sich Psychtherapeuten nicht auch an so eine Art Ehrenkodex zu halten?

LG

Werbung

Benutzeravatar

bröselgourmet
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 37
Beiträge: 9

Beitrag So., 24.01.2016, 22:01

Hallo Qwerta!
Ich denke auf jeden Fall, daß ein Therapeut gute Umgangsformen beibehalten sollte. Respekt ist eine der wichtigsten Pfeiler. Wie sollte sonst eine Vertrauensbasis entstehen. Wenn ein Thetapeut überfordert ist, sollte er das zugeben den Klienten notfalls abgeben natürlich mit eingehender Erklärung denke ich.

Benutzeravatar

Lockenkopf
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 52
Beiträge: 2400

Beitrag So., 24.01.2016, 22:46

Geht es dir um deine Grenzen, oder die des Psychotherapeuten?

Ich habe übrigens mal die Hand meines Psychotherapeuten zum Abschied 2 Sek. zu lang festgehalten und dachte, "was für eine schöne Hand". Er zog sie erschrocken zurück. Ich hatte seine Grenze verletzt.


Und was die Grundpfeiler einer guten Therapie angehen, treffen die auf eine guten Teil der Psychotherapie nicht zu. Sollen das jetzt alles schlechte Therapien sein?

Beispiel:
Mein Psychotherapeut arbeitet nicht stabilisierend mit mir
und würde mir auch niemals erklären, was der therapeutische Prozess bezweckt.
Zuletzt geändert von Lockenkopf am So., 24.01.2016, 22:52, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
Lockenkopf

Benutzeravatar

Alienia
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 28
Beiträge: 241

Beitrag So., 24.01.2016, 22:48

qwerta hat geschrieben:Sollte Konfrontation nicht immer auch würdevoll ausgedrückt werden?
Haben sich Psychtherapeuten nicht auch an so eine Art Ehrenkodex zu halten?
Kommt glaube ich auch auf den Patienten an. Daran sollte sich ja der Therapeut auch ein bisschen anpassen.
Immer wenn mir ein Therapeut aggressiv gegenüber trat, konnte ich mich danach nicht mehr öffnen und wollte es auch nicht.
Ich hatte dann immer so ein extremes Gefühl, dass mir dieser Therapeut schaden wollte, eben wegen seiner Agression. Ich habe dann auch versucht das anzusprechen usw. Aber irgendwie war dann eben kein konstruktiver Austausch darüber möglich. Ich bin dann in der Therapie auch gar nicht mehr vorangekommen. Bei zweiten Mal habe ich sofort gewechselt. Dann habe ich eine Therapeutin ohne diese "Aggression" gefunden.
Damit komme ich halt besser zurecht. Also ob das nun irgendwas wie einem Ehrenkodex widerspricht, wäre mir erst mal egal.

Wichtig ist ja, ob du damit zurecht kommst, ob du meinst es wird dir weiterhelfen.
Falls nicht würde ich das sagen und ein konstruktives Gespräch darüber kann ja auch weiterhelfen.

Trotzdem denke ich, dass es einem nicht immer weiter hilft, wenn man nur nett und freundlich behandelt wird und der Therapeut für alles Verständnis ist und immer nur so Weicheimäßig unterwegs ist.

Zu dem konkreten Beispiel: Grenzen setzen sollte man eher anhand eines andere Beispiels trainieren.
Das Beispiel war wohl einfach unglücklich gewählt. Aber nicht gleich ein Grund den ganzen Therapeuten in Frage zu stellen.

Also ich finde es sollte eher einer Beispiel aus dem Alltag des Patienten sein, wo er keine Grenzen setzen kann.

Ich meine als Patient macht man sich ja eh schon Gedanken, ob die Mail nicht zu lang war usw. und dann wird man das als wirklichen persönlichen Angriff sehen...
Allerdings wenn der Therapeut dann erklärt, dass es absolut nicht seine Sichtweise ist und das es eben nur ein Rollenspiel ist, fände ich das ok.
Es riecht nach Heldentaten und Kerosin
Bären erwürgen, Metall verbiegen
Mehr Kerben im Colt, genug Risse im Riemen
Flanke, Dropkick, aufgestiegen.

Werbung

Benutzeravatar

bröselgourmet
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 37
Beiträge: 9

Beitrag So., 24.01.2016, 22:54

Hallo nochmal!
Ich denke auf jeden Fall, da§ Therapie auf eine würdevolle Art vor sich gehen sollte. Der Klient lernt ja bis zu einem gewissen Grad den Umgang in der Therapie. Nur weil jemand ein Problem hat, oder so, ist das noch lange kein Grund jemandem ungut zu kommen.

Benutzeravatar

Lockenkopf
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 52
Beiträge: 2400

Beitrag So., 24.01.2016, 22:57

qwerta hat geschrieben:Hallo in die Runde,

mich interessiert, wie weit der Psychotherapeut gehen darf, wenn der Zweck dahinter gut ist.

LG
Der Psychotherapeut sollte Deine Grenzen achten!

Und Du solltest Die Grenzen des Psychotherapeuten achten!

Die Beschwerde über die Mißachtung deiner Grenzen gehört übrigens dem Psychotherapeuten mitgeteilt. Daraus kann sich ein wertvolles Gespräch entwickeln. Und ich vermute, das genau das hier vom Therapeuten bezweckt wird.

Du bist am Zug!!!
Zuletzt geändert von Lockenkopf am So., 24.01.2016, 23:05, insgesamt 3-mal geändert.
Liebe Grüße
Lockenkopf


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag So., 24.01.2016, 22:59

Hallo Qwerta,
qwerta hat geschrieben: Beispiel: Der Therapeut möchte, dass der Patient frühzeitiger lernt, Grenzen zu setzen. Daraufhin macht er den Patienten regelrecht an, wie man so eine lange Mail schreiben konnte, mit Frage wie alt man sei...etc. Nur Konfrontation über eine Therapieeinheit.
mich irritiert Dein Beispiel ein wenig? Geht es da nicht mehr um die Achtung von Grenzen anderer? Weniger um das Setzen selbiger für sich selbst? So wie ich Dein Beispiel verstehe hat der Patient in dem Fall die Grenzen des Therapeuten/der therapeutischen Situation nicht ausreichend geachtet und das wird kritisiert und als grenzüberschreitendes Verhalten benannt. Nicht umgekehrt.

Vielleicht magst Du das noch mal etwas ausführlicher erklären, für mich ist so zumindest nicht ganz verständlich, worauf Du genau hinaus möchtest.

Lieben Gruss,

mio

Benutzeravatar

rafiki
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 37
Beiträge: 162

Beitrag So., 24.01.2016, 23:16

qwerta hat geschrieben:Grundpfeiler einer GUTEN THERAPIE sollten sein:
- WÜRDEVOLLER UMGANG
Absolutes Muss.
qwerta hat geschrieben: - absolut SICHERES GEFÜHL im therapeutischem Rahmen
Solange der Pat. Angst vor seinen eigenen Gefühlen hat, wird er sich nicht wirklich sicher fühlen - ist also nicht nur vom Therapeuten abhängig.
qwerta hat geschrieben:- STABILISIEREND (positive Psychologie)
Teilweise. Zu viel Stabilisierung bzw. zum falschen Zeitpunkt wirkt kontraproduktiv (also abhängig vom Zustand des Pat.)
qwerta hat geschrieben:- dem Patienten ERKLÄREN WAS DER THERAPEUTISCHE PROZESS bezwecken will
Mag für VT gelten, für psychodynamische Prozesse sehr ungünstig, da Förderung von Abwehrmechanismen.
Achtung! Feind liest mit!

Benutzeravatar

Lockenkopf
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 52
Beiträge: 2400

Beitrag So., 24.01.2016, 23:18

Alienia hat geschrieben:
Zu dem konkreten Beispiel: Grenzen setzen sollte man eher anhand eines andere Beispiels trainieren.
Das Beispiel war wohl einfach unglücklich gewählt. Aber nicht gleich ein Grund den ganzen Therapeuten in Frage zu stellen.

Also ich finde es sollte eher einer Beispiel aus dem Alltag des Patienten sein, wo er keine Grenzen setzen kann.
.
Es gibt Psychotherapeuten welche die Probleme des Pat. in der therapeutischen Beziehung bearbeiten und zwar grundsätzlich.

Schau hier: thorwart-online.de/Seite_Psychotherapie.htm
"...das konflikthafte Erleben der prägenden Beziehungen und dessen (unbewußte) Übertragung auf aktuelle Beziehungen zu Angehörigen, PartnerInnen, ArbeitskollegInnen etc. zu untersuchen. Die Übertragung ist auch in der Beziehung zu Ihrem Psychotherapeuten (also zu mir) wirksam, weshalb das Erforschen der Prozesse in der therapeutischen Beziehung von besonderem Interesse ist."
Liebe Grüße
Lockenkopf

Benutzeravatar

Schneerose
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 1134

Beitrag Di., 26.01.2016, 18:57

Hallo qwerta, hab zufällig deinen Thread entdeckt und möchte dir gern dazu antworten. Mittlerweile habe ich auch dazu gelernt dass es tatsächlich mit der Therapierichtung zu tun hat, ob "die Grundpfeiler " so gehandhabt werden. In meiner ersten integrativen Gestaltherapie war ich völlig überfordert als Traumapatientin. Durch Zufall und Glück kam ich nun zu einem Schematherapeut en und bekomme genau da was ich damals als Grundpfeiler schrieb. Es kommt sicher auch auf die Person des Theras an, aber es hat sehr viel mit der Richtung zu tun. Das Dilemma ist, dass genau das meist kein FrischlingsPatient weiß oder weder erahnen kann, der einfach Hilfe sucht oder sogar nicht mal die Wahl hat. LG Schneerose
"Der Einzige, der sich wirklich vernünftig benimmt ist mein Schneider, er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich sieht" :->

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 24449

Beitrag Di., 26.01.2016, 19:33

Nun, einen Ehrenkodex in dem Sinne gibt es nicht... sehr wohl aber eine Berufsordnung als auch ethische Regeln. Manches davon ist expliziter-konkreter formuliert... manches schwammiger-auslegungsbedürftiger. Willkür geht also nicht, aber es ist auch nicht alles punktgenau festgehalten, was geht und was nicht.

Zwar glaube ich durchaus, dass ein Therapeut auch als Modell fungieren kann... aber Grenzsetzungen sollten m.M.n. angemessen sein. Wie groß der Lerneffekt ist, wenn ein Therapeut seinerseits den Patienten "anmacht" (sic!) und nach dem Alter fragt, weiß ich nicht. Eine Grenze kann man auch klar und "sachlich" äußern... das würde ich jedenfalls als Modell für zweckmäßiger erachten.

Ich bin auch niemand, der sagt, ein Zweck heiligt in jedem Fall die Mittel. Und ich finde es ferner heikel, jedes therapeutische Verhalten als bezweckt zu interpretieren... hier würde ich dann eher nachfragen.

Etwas unterscheiden würde ich vielleicht noch, wie häufig Mails geschrieben wurden und ob es vorher eine Vereinbarung gab. Wenn nein, so fände ich es angemessener, wenn zunächst der Rahmen abgesteckt und so eine Grenze festgelegt wird.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

Mitzi
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 30
Beiträge: 163

Beitrag Mi., 27.01.2016, 09:42

qwerta hat geschrieben: - dem Patienten ERKLÄREN WAS DER THERAPEUTISCHE PROZESS bezwecken will
Ich mache Systemische Therapie, und das passiert bei mir überhaupt nicht, also mir wird der Prozess hinter dem Gesagten überhaupt nicht erklärt, ihn von mir aus anzusprechen bringt auch nicht viel .... was bedeutet das jetzt? Für mich war das Gefühl eher so, dass ich mich auf den Prozess einlassen muss, und selbst herausfinden, wie es für mich weitergeht.
Wenn ich wüßt, wo das ist, ging ich in die Welt hinein ...
There’s some good in this world, Mr. Frodo. And it’s worth fighting for.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag