Eindrücke von Erstgesprächen und was daraus wurde

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Eindrücke von Erstgesprächen und was daraus wurde

Beitrag Sa., 28.01.2017, 09:37

Angeregt durch einen anderen Thread hier nun dieses Thema.

Ich hatte bei den 4 Gesprächen, die ich geführt habe, kein einziges Gespräch, wo ich dachte: hier fühle ich mich wohl, hier bin ich gut aufgehoben. Zum Glück wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass das für eine Therapie nötig ist:

1. Eine Therapeutin war total streng (so oberlehrermäßig)

2. Die andere war extrem aufdringlich und wollte gleich alle Ärzte mit Namen wissen, bei denen ich jemals in Behandlung egal wegen was und war mir unsympathisch.

3. Die andere (bei der ich jetzt Jahre später in der Gruppe bin) war sehr einfühlsam und lieb, gleichzeitig extrem "neugierig" und hat viel zu viel gefragt in der ersten Stunde. Fast meine komplette Lebensgeschichte. Ich ging sehr instabil raus, obwohl sie so nett war. Sie ist mir sehr sympathisch, aber eine Therapie bei ihr könnte ich mir auch heute schwer vorstellen, da sie mich selbst in der Gruppe noch ab und zu triggert und unglaublich viel von sich selbst erzählt. Ich glaube ich hätte ein sehr großes Abhängigkeitsproblem mit ihr bekommen.

4. Meine Thera: ich war dummerweise über 10 min zu früh in der Praxis und sie hat mir nicht unfreundlich, aber relativ gestresst die Tür aufgemacht und mich ins Wartezimmer gesetzt. Die Praxis zuvor hatte einen Empfangsbereich mit einem Organisator, weswegen ich dachte ihre hat das auch, da auch Gemeinschaftspraxis. Ich fand den Raum direkt relativ schrecklich und war etwas abgeschreckt von der Lautstärke und dem Gewusel in der Praxis. Bevor sie mich reingerufen hat, hab ich mir tatsächlich noch kurz überlegt, einfach wieder zu gehen. Das Gespräch war zurück haltend, sehr kognitiv, aber es ging um die Symptome, die ich aktuell hatte. Ich fand sie direkt sehr intelligent und schön . Mir hat die Wärme tatsächlich anfangs gefehlt und ich hätte mir nicht vorstellen können, dass ich davon noch irgendwann regelrecht überrollt werden sollte. Ich fand es gut, dass sie so vorsichtig war, ich hätte was anderes erstmal wahrscheinlich nicht geschafft. Und so haben wir uns direkt am Ende der Stunde geeignet, dass sie die Therapie beantragt und erst ab Stunde 15 oder so wurde mal klar, was das eigentlich behandlungswürdige Thema war. Ich hatte trotzdem ein großes Problem mit Vertrauen. In der ersten Therapie - die bzgl der Ängste sehr erfolgreich war - hab ich es nicht geschafft alles anzusprechen, was passiert war. Das hab ich erst Jahre später bei der zweiten Therapie geschafft, nachdem ich sie schon insgesamt 5 Jahre kannte.

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isabe
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Beitrag Sa., 28.01.2017, 09:59

Ich fand schon die Telefonate sehr warmherzig bzw. ich hatte das Gefühl, es passt: eine Mischung aus Verständnis und Humor. Und das setzte sich dann in der ersten Begegnung fort. Gerade beim zweiten Therapeuten war es so, dass ich gleichzeitig heulend und lachend in der Tür stand, und als ich seine Reaktion darauf gesehen habe, war klar, dass es gut werden würde. War beim ersten Therapeuten nicht ganz so dramatisch, aber eigentlich genauso willkommen-heißend: Die Therapeuten lächeln und schauen interessiert, und es wirkt nicht aufgesetzt, sondern verwirrend "natürlich". Ich erzählte relativ frei und gelegentlich wurde ich etwas gefragt.

Einmal war ich zum Beratungsgespräch bei einem anderen Therapeuten, und der war zwar ein bisschen weniger warmherzig, aber sehr freundlich, und der hat sich damals sofort auf meine Anfrage gemeldet.

Und dann hatte ich mal mehrere Telefonate mit einem Therapeuten, als ich in der ersten Therapie eine Krise hatte. Der hatte nie einen freien Termin, aber er nahm sich am Telefon relativ viel Zeit, um mir Ratschläge zu geben. Wirkte auch sehr kompetent und freundlich.

Ansonsten kenne ich niemanden, da es gar nicht erst zu einem Gespräch kam.

Mir ist die Einrichtung in der Praxis sehr wichtig, wobei es nicht unbedingt MEIN Stil sein muss, aber ich möchte nicht das Gefühl haben, auf einem Rummelplatz oder in einer Bahnhofsgaststätte zu sein.

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lisbeth
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Beitrag Sa., 28.01.2017, 10:40

Klasse Idee, dieser Thread!

Ich versuche mal, mich kurz zu halten. (ähem...)

Bei meiner allerersten Therapie vor über 20 Jahren hatte ich eine Reihe von Vorgesprächen. War total depressiv und total unsicher, wonach ich eigentlich suche.
  • Ein Gespräch ist besonders intensiv hängengeblieben: Ich habe eigentlich "schon immer" nur Liebesbeziehungen mit Frauen. Das war aber für mich nicht der Grund eine Therapeutin zu suchen. Eine Therapeutin (aus einem Frauen-Therapiezentrum!!) brachte dann das Wort "lesbisch" nicht über ihre Lippen. Am Anfang dachte ich noch, das sei ein "Test", wie ich mich selbst bezeichne. Sie wollte stammelnd und stottern wissen, was denn meine Eltern "dazu" gesagt hätten? Ich: Dass ich lesbisch bin? Sie: Läuft knallrot an und nickt nur und sagt minutenlang nix mehr... - Das wars dann auch mit uns.
  • Eine Therapeutin hat offensiv mit mir geflirtet. Ging gar nicht.
  • Die Therapeutin, bei der ich dann gelandet bin, war im Erstgespräch relativ neutral. Es hat dann im Endeffekt nicht so richtig gepasst, weil ich immer wieder bei ihr ins Leere gelaufen bin und weil sie wichtige Themen, obwohl ich sie (wenn auch sehr vorsichtig) angesprochen habe, nicht erkennen konnte oder wollte...
Nächster Anlauf, vor ca. fünf Jahren. Ich hatte beruflich ziemliche Probleme, war (gefühlt) überfordert und unter Druck und konnte mich überhaupt nicht mehr abgrenzen, bis ich dann im Büro weinend zusammen gebrochen bin.
  • Das erste Vorgespräch. die hatte ich aus dem Internet, war ein blinder Versuch. Sie sagte mir auf den Kopf zu: Ich weiß, was Ihr Problem ist - sie können und wollen sich nicht in die organisatorischen Strukturen bei Ihrem Arbeitgeber einordnen (ich war noch relativ neu in diesem Job) Und am Ende des Gesprächs lehnte sie sich lasziv zurück in ihrem Sessel, Arme hinterm Kopf und ein Bein quer über das andere und fragte: "Und, wie war ich??!" Ich war dann mal weg...
  • Ich hatte dann von einer Freundin, die Psychotherapeutin ist, eine Liste mit Empfehlungen bekommen. Das waren alles Therapeutinnen, die sie aus ihrer Ausbildung, Supervision, Weiterbildung usw. kannte, und von denen sie wusste, dass sie was taugen. Eine von dieser Liste war dann auch die bei der ich dann geblieben bin: Das Erstgespräch war empathisch, sie hat die "richtigen" Fragen gestellt, ohne zuviel zu fragen. Sie hat mich zum Nachdenken angeregt, und wir haben auch zusammen gelacht (was ich persönlich sehr wichtig finde). Dass mir ihr Praxisraum auf Anhieb gut gefallen hat war noch ein Bonuspunkt. Sie hat mich außerdem nicht unter Druck gesetzt, als ich sagte, dass ich mir noch andere Therapeuten anschaue. War völlig ok, wir haben vereinbart, bis wann ich mich bei ihr zurückmelde. Anfangs erschien sie mir ein wenig verhalten, so als ob sie sich zügeln müsste. Das hat sich dann im Therapieverlauf bestätigt. Ich hatte sie nach 2 Jahren dann mal darauf angesprochen (was ihr erster Eindruck war usw.) Da hat sie dann zugegeben, dass sie manchmal sehr forsch sein kann (wusste ich inzwischen auch so), und dass ihr aber klar war, dass sie mich damit möglicherweise abschrecken könnte...
Meine Kliniktherapeutin: zählt wahrscheinlich nicht wirklich, weil nicht frei ausgesucht. Sie war ärztliche Psychotherapeutin. Und damit auch für meine körperlichen Gebrechen zuständig. Ich hatte bei ihr die Eingangsuntersuchung (körperlich) und direkt im Anschluss das Aufnahmegespräch. Fand diese Vermischung irgendwie nicht hilfreich und befremdlich. Sie wollte dann auch, als ich mal im (Therapie-)Gespräch erwähnte, dass ich erkältet bin mir gleich in den Hals schauen. Und war dann beleidigt, als ich sagte, dass ich das jetzt schräg finde.

Aktuell: Hatte viele Vorgespräche, fast alle waren "irgendwie" ok. Aber ich wusste auch wesentlich genauer, was ich brauche und was mir hilft und konnte so genauer nachfragen. Was dann jeweils den Ausschlag gegeben hat, waren z.T. Nebensächlichkeiten. Bei einer (die inhaltlich echt in Ordnung war)fühlte ich mich im Praxisraum extrem unwohl, weil der so extrem lieblos eingerichtet und gestaltet war. Eine reagierte extrem empfindlich als ich sie fragte, ob sie gläubig sei (die Frage ist aus dem biografischen Kontext wichtig für mich und sollte daher auch für eine Therapeutin nachvollziehbar sein... Habe auch erklärt warum ich das wissen möchte. Sie machte total dicht). Mehrere wollten mich sehr gerne in ihren Gruppen haben (ja, kann ich mir vorstellen, weil ich erstmal als extrem "gruppenkompatibel" rüberkomme). Mehrere wollten mit mir unbedingt nur analytisch arbeiten, obwohl ich von Anfang an gesagt hatte, dass ich eine TfP suche und es bei mir außerdem auch Kontraindikationen gibt, die stark gegen eine Analyse sprechen. Verschiedene hatten ein Problem damit, dass ich parallel eine Kunst/Gestaltungstherapie mache.

Bei meiner jetzigen Therapeutin hat es eigentlich (erstmal) gleich gepasst. Sie hat in ihrem Praxisraum viieeeele kleine Figuren rumstehen, weil sie auch imaginativ arbeitet und die Figuren da ein gutes Hilfsmittel sind. Irgendwie hat mein "inneres Kind" sich davon gleich angezogen gefühlt, war ziemlich neugierig und wollte am liebsten gleich alles anschauen und auch damit spielen (was eigentlich ungewöhnlich ist für die kleine lisbeth... ). Wir hatten dann direkt nach den Probestunden (noch vor dem Antrag) eine größere Verwerfung, der zu großen Teilen ihre Schuld war, weil sie mich (krankheitsbedingt) in der Luft hängen ließ und mir auch keine Info zukommen ließ was los ist. Irgendwie bin ich durchs Raster gerutscht, weil wir noch keine laufende Therapie hatten. Gibt auch irgendwo noch einen alten Thread dazu... Als ich dann einen Termin mit ihr hatte (nach über 3 Monaten), hat sie sich zwar entschuldigt und auch die Verantwortung übernommen, aber für mich war erstmal klar, dass das nicht geht, dass da kein Vertrauen mehr da ist.
Weitere Suche war aber nicht so prickelnd. Habe mir dann nach mehreren Monaten nochmal einen Ruck gegeben und bei ihr angerufen. Habe ihr dann gesagt, wie es ist: Dass ich sie gut und hilfreich fand, aber dass ich ihr aktuell nicht vertrauen kann. Ob es eine Möglichkeit gibt, ob ich mit ihr zusammen schauen kann, ob es nicht doch gehen kann. Sie hat mir dann die Quartalsstunden angeboten. Hat mir auch den Raum gegeben, den ich brauchte, ohne mich unter Druck zu setzen. Hat mich quasi dazu ermutigt, auch mal wütend auf sie zu sein... Diese drei Stunden haben die Luft dann so weit geklärt, dass eine Therapie mit ihr für mich wieder vorstellbar war. Und insgesamt war dieser ganze verfahrene Start sogar ein "blessing in disguise" wie der Engländer so schön sagt, weil es mich sehr viel weiter nach vorn gebracht hat...

Soweit meine Erstgesprächserfahrungen. Und was damit alles zusammenhängt. Bin selbst ein wenig geschockt, wie umfangreich das ist... Therapie-Junkie?!?
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― Anne Lamott


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Beitrag Sa., 28.01.2017, 11:17

Ich bin eher geschockt, was für ein Glücksfall es ist, gute Therapeuten zu finden und wieviele schwarze Schafe es doch gibt.

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lisbeth
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Beitrag Sa., 28.01.2017, 12:14

Ja, es gibt viele schwarze Schafe.
Ich hab mir auch schon viel Gedanken darüber gemacht, wie man die schnell erkennt?!
Ein Handbuch wäre hilfreich...

Was mir aber auch klar geworden ist im Laufe der Jahre:
Therapeuten sind auch "nur" Menschen. Machen Fehler. Liegen auch mal daneben. Für mich entscheidend ist, wie sie damit umgehen. Stehen sie dazu und können sie die Verantwortung übernehmen? Oder weisen sie alle Schuld von sich und wälzen sie auf den Patienten ab?

Habe im Zuge der Verlängerung bei meiner aktuellen Therapeutin auch nochmal überlegt, warum ich nach dem verkorksten Anfang nochmal einen Anlauf unternommen habe. Obwohl ich totale Angst hatte, dass das auch daneben gehen kann.
Irgendwie war da noch was offen für mich. Vielleicht übten die Figuren eine zu große Anziehung auf meine "Kleine" aus. Wobei es auch die "Kleine" war, die so extrem darauf reagiert hat, dass sie mich hat hängen lassen. Dadurch war dann aber auch die Ahnung da, dass ich mit ihr vielleicht "besser" an diese Themen rankomme, aber gleichzeitig auch eine Ahnung von Gefahr und Bedrohung... Vielleicht hat den Ausschlag gegeben, dass sie ohne wenn und aber gesagt hatte: Ich habe Mist gebaut und sich dafür entschuldigt hat. Und auch, dass sie mich nicht unter Druck gesetzt hat. Dass sie mich hat gehen lassen, als ich gesagt habe: Ich gehe. Aber auch, dass sie (ohne blöden Kommentar oder so) auch wieder offen und gesprächsbereit war, als ich nach ein paar Monaten mich nochmal bei ihr gemeldet habe. Letzten Endes war es ein Versuch und eine Bauchentscheidung. Mir ist klar, dass das auch nach hinten hätte losgehen können. Dass das trotz dieses chaotischen Starts mit uns gut funktioniert, empfinde ich als Glücksfall und als Geschenk (wobei sie immer wieder sagt, dass ich mir selbst dieses Geschenk gemacht habe).

Und selbst die Kliniktherapeutin, die ich irgendwie zwar mochte, mit der es immer wieder schwierig und kompliziert war, konnte mir an ein paar entscheidenden Punkten weiterhelfen....
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― Anne Lamott


isabe
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Beitrag Sa., 28.01.2017, 12:17

Ich bin mir gar nicht sicher, ob das eigentliche Problem die schwarzen Schafe sind; die erkennt man ja eigentlich recht schnell. Schwieriger stelle ich es mir vor, wenn man jemandem begegnet, den man nicht einschätzen kann.


Jenny Doe
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Beitrag Sa., 28.01.2017, 13:00

- Ich habe mal eine Therapeutin "kennengelernt", die starrte das ganze Erstgespräch über nur an die Decke, stellte keine Fragen, redete kein Wort. Als sich das beim Zweitgespräch wiederholte war diese Therapeutin für mich Vergangenheit. Eine Weile später lernte ich sie privat kennen. Sie lief jeden Morgen, nur in einem Bademantel bekleidet, ca. ein Kilometer durch die Straßen um bei uns Brötchen zu kaufen.

- Bei einer anderen Therapeutin musste ich vor dem Erstgespräch ihre Toilette benutzen. Ich staunte nicht schlecht als ich ihr Badezimmer betrat. In der Badewanne stand eine Wäscheleine mit ihren Unterhosen drauf. sie präferiert bei der Wahl ihrer Unterwäsche die Farbe grün.

- Als eine andere Therapeutin die Türe öffnet gab ich ihr freundlich lächelnd die Hand. Das musste dann natürlich erst mal analysiert werden. Sie fand es unangemessen, dass ich wildfremden Menschen freundlich mit einem begrüßenden Lächeln begrüße. Und dazu auch noch einen Psychotherapeuten. Ich hatte halt völllig vergessen, dass man, wenn man zu einem Therapeuten geht, nicht fröhlich sein darf, sondern in Tränen ausbrechen muss.

- Eine weitere Therapeutin bestand darauf, dass ich ihr alle Therapeutennamen nenne, bei denen ich je in Therapie war. Ihr war es wichtig, erst mal mit allen zu reden, bevor sie die Therapie mit mir beginnt. Wie es weiterging? Ich suchte mir lieber eine Therapeutin, die in der Lage ist sich ein eigenes Bild vom Klienten zu machen.

...
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).


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Beitrag Sa., 28.01.2017, 13:28

Omg Jenny..die Unterhosen Geschichte ist der Hammer und auch, dass man immer traurig sein müsste. So ein Schwachsinn, als hätte man sich nur dann Therapie verdient. Meine Thera freut sich immer total, wenn es mir gut geht. Und ich muss keine Angst haben, dann keinen neuen Termin mehr zu bekommen.

Lisbeth: dass Therapeuten menschlich sind und Fehler machen war für mich auch eine wichtige Erkenntnis und auch heilsam.


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Beitrag Sa., 28.01.2017, 13:37

isabe hat geschrieben:Ich bin mir gar nicht sicher, ob das eigentliche Problem die schwarzen Schafe sind; die erkennt man ja eigentlich recht schnell. Schwieriger stelle ich es mir vor, wenn man jemandem begegnet, den man nicht einschätzen kann.
Das stimmt. Ich habe mir zum Bsp den Lebenslauf und die Websites jeweils genau angesehen und auf Therapie.de wie die Theras sich selbst oder ihre Arbeit beschrieben hatten. Das hat bei mir noch am besten funktioniert. Kann natürlich auch schief gehen, aber sich gut zu informieren ist wahrscheinlich das einzige, was man tun kann. Theras, die keine Website haben, kämen für mich schon mal gar nicht in Frage


isabe
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Beitrag Sa., 28.01.2017, 13:44

Ich denke bei diesem Thema gar nicht so sehr an Kuriositäten und vermute eher, dass die meisten dieser Erstgespräche relativ unspektakulär ablaufen, was allerdings an und für sich schon durchaus interessant ist: Der Patient dürfte IMMER bestimmte Erwartungen mitbringen, so eine Mischung aus Hoffnung, Misstrauen, Angst, Neugier, Anspannung und dem Versuch, nichts falsch zu machen. Und da jeder Therapeut das weiß, wird er seinerseits versuchen, die Anspannung zu reduzieren, indem er ausstrahlt: "Du darfst dich hier wohlfühlen", wobei er gleichzeitig möglichst unauffällig checkt, ob man miteinander klarkommt und ob er sich eine gemeinsame Arbeit vorstellen kann.

Vermutlich macht das tatsächlich zum Thema bzw. zum Problem Gesagte nur einen Bruchteil der relevanten Informationen aus, die auf anderen Kanälen ausgetauscht werden.

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Kaonashi
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Beitrag Sa., 28.01.2017, 13:52

Ich hatte nur zwei Erstgespräche bisher. Das erste verlief seltsam, weil mir gar keine Fragen gestellt wurden. Der Therapeut redete die ganze Stunde über verschiedene psychiatrische Krankheitsbilder, sagte mir aber nicht, wozu er das macht und was er von mir erwartet. Ich wusste also nicht, ob und wann ich irgendwas sagen sollte. Beim zweiten Termin war es nicht besser, und am Ende sagte er, er sei nicht der richtige Therapeut für mich, und ich solle mir lieber einen weiblichen Therapeuten suchen. Ich hatte in den zwei Stunden kaum was gesagt, was aber nicht an fehlendem Willen oder Abneigung gegen Männer lag, sondern daran, dass ich einfach nicht wusste, wann und wie.

Das zweite war das bei meinem jetzigen Therapeuten (durch Zufall auch wieder ein Mann).
Das Gespräch war so, dass er mir sympathisch war, aber es war jetzt nicht so, dass ich mich gleich geborgen gefühlt hätte. Es lief eher distanziert und sachlich ab. Ich war ja auch nach den 5 probatorischen Sitzungen noch unsicher, ob ich ihn nehmen soll. Inzwischen bin ich zuversichtlicher, vor allem wenn ich sehe, was man sonst so alles erwischen kann. Mein Therapeut scheint nett und relativ professionell zu sein. Er stellt sich auf mich ein und passt seine Methoden an, wenn etwas nicht gut funktioniert.
Aber endgültig kann ich es wahrscheinlich erst beurteilen, wenn die Therapie beendet ist oder wenigstens weiter fortgeschritten als jetzt. Bin noch relativ am Anfang. Derzeit aber Daumen hoch.

Der erste Therapeut würde sich wundern, wieviel ich beim zweiten Therapeuten reden kann. Man muss mich nur fragen...


MariJane
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Beitrag Sa., 28.01.2017, 14:11

isabe hat geschrieben:Ich denke bei diesem Thema gar nicht so sehr an Kuriositäten und vermute eher, dass die meisten dieser Erstgespräche relativ unspektakulär ablaufen, was allerdings an und für sich schon durchaus interessant ist: Der Patient dürfte IMMER bestimmte Erwartungen mitbringen, so eine Mischung aus Hoffnung, Misstrauen, Angst, Neugier, Anspannung und dem Versuch, nichts falsch zu machen. Und da jeder Therapeut das weiß, wird er seinerseits versuchen, die Anspannung zu reduzieren, indem er ausstrahlt: "Du darfst dich hier wohlfühlen", wobei er gleichzeitig möglichst unauffällig checkt, ob man miteinander klarkommt und ob er sich eine gemeinsame Arbeit vorstellen kann.

Vermutlich macht das tatsächlich zum Thema bzw. zum Problem Gesagte nur einen Bruchteil der relevanten Informationen aus, die auf anderen Kanälen ausgetauscht werden.
Ähm also mein letzter Therapeut, bei dem ich tatsächlich ne Therapie angefangen habe, hat mir nach einem 15 min Gespräch einen Gruppentherapieplatz angeboten. Das Gespräch war krass; nichts mit Wohlfühlen. Er fragte mich stakktohaft ab und bewertete alles, was ich sagte. Mein Leben? Da hätte er Panikattacken. Lustigerweise war das der erste Therapeut, den ich unproblematisch fand, recht stark in der Realität verwurzelt. Und so sehr von sich selber überzeugt, dass ich das nötige Vertrauen gefasst habe: Der kann mir helfen. War ein Trugschluss... Im Laufe der Therapie gewann ich den Eindruck, dass der gerade in einer fetten Midlifecrisis steckt und ein unoptimales Sexleben hat. Und sein Lehrtherapeut meinte wohl mal zu ihm, er hätte ein Problem mit Frauen- sah er anders, das heißt, das haben sie nie bearbeitet. Ich fand, das merkt man...
Fazit: Der erste Eindruck kann täuschen.

Ansonsten habe ich ziemlich oft das Gefühl gehabt, dass die Menschen einem Klischee entsprechen. Die Esotante, der Freudianer mit Woody Allen Style Praxis... Da hatte ich einfach ein Problem diese Leute ernst zu nehmen und deshalb wäre Therapie nichts geworden. Ich hab mich trotz Depression teilweise innerlich amüsiert, was zwar einen heilsamen Kurzzeiteffekt hat, aber der Zusammenarbeit wohl doch eher im Weg gestanden hätte.
Fazit: Andere Menschen hätten vielleicht mit denen arbeiten können. Ich fand sie komisch.

Im anderen Thread habe ich schon zwei Situationen mit Therapeuten in den probatorischen Sitzungen zum Besten gegeben. Die schienen auch erstmal normal und sympathisch und es erschloss sich dann doch recht schnell, dass die auch große Probleme haben.
Fazit: Probatorische Sitzungen machen durchaus Sinn.

Mein jetziger Therapeut ist eher alternativ, was auch in seiner Praxis auffällt. Alles zusammengewürfelt. Aber er ist einfach angenehm, war es schon am Telefon und über Einrichtungsgeschmack lässt sich eben streiten und wenn er so gerne arbeitet, dann nehme ich diese Praxiseinrichtung gerne in Kauf. Wenigstens ist seine Praxis nicht klischeemäßig. Als ich ihn kennengelernt habe, hat er mir gleich gesagt, ich solle aber ruhig viele Therapeuten anschauen, weil er den Eindruck hat, dass für mich die Beziehung zum Therapeuten sehr wichtig sein könnte, damit man Erfolge erzielt. Interessanterweise wusste ich da dann zu 100%, dass ich mit ihm arbeiten möchte, weil er sich nicht aufgedrängt hat, mir alle Freiheiten ließ und es für ihn um mein Bestes ging. Und genau so verläuft auch die Therapie mit ihm irgendwie. Ich hab also gar nicht mehr weiter gesucht.
Fazit: Man achte darauf, ob der Therapeut das Wohl des Patienten in den Vordergrund stellt. Das könnte jemand sein, mit dem man prima arbeiten kann.


isabe
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Beitrag Sa., 28.01.2017, 14:17

Was ich wirklich witzig - aber nicht durchführbar - fände, wäre, wenn mehrere Patienten / User zufällig beim selben Therapeuten aufschlagen und dann berichten, nicht wissend, dass die Anderen denselben Therapeuten aufgesucht haben. Ob sich da dieselben Dinge abspielen? Ob dieselben Dinge gleich wahrgenommen werden? Ob derselbe Therapeut einmal als herzlich empfunden wird und einmal als schluffig, ist dieselbe Praxis einmal liebevoll eingerichtet und für den anderen kitschig usw.? - Ich stelle mir das spannend vor, weil die Menschen ja unterschiedlich wahrnehmen und auf verschiedene Dinge achten.

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lisbeth
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Beitrag Sa., 28.01.2017, 14:48

isabe,

wegen "Notizen vergleichen": Haben wir in der Klinik natürlich ausführlichst gemacht
Das war oft amüsant. Half auch bei manchen Problemen mit der Therapeutin: Zu sehen, dass nicht nur ich alleine dieses Problem habe, sondern andere auch. Dass das Problem also eher bei ihr liegt als bei mir.

Meine Kliniktherapeutin war sich auch völlig im Klaren darüber, dass wir uns austauschen. Manchmal - wenn ich mich aufregte - kam auch ein Spruch von ihr, ob ich das jetzt in meine Frau-XY-Selbsthilfe-Gruppe trage? ... Wir hatten schon eine interessante Dynamik, stelle ich immer wieder fest. Sie hat bei mir etwas Impulsives und Explosives zum Vorschein gebracht, das ich sonst selten zeige. In der "freien Wildbahn" wäre ich bestimmt nicht bei ihr hängen geblieben.

Manchmal war es auch ernüchternd. Wenn man merkt, dass bestimmte Interventionen oder Sprüche bei allen eingebracht werden, das man also eine von Vielen ist.
Sie hatte zum Glück auch darauf geachtet, dass sie keinen ihrer Patienten offensichtlich bevorzugt: z.B durch mehr Zeit, Zuwendung, Gespräche zwischen den Terminen usw. Darüber war ich froh, weil ich bei anderen Patienten sehen konnte, was das auslöst, wenn die Therapeuten es damit nicht so genau nehmen...
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― Anne Lamott


Tränen-reich
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Beitrag Sa., 28.01.2017, 14:55

Also, ich hab ja Bewertungen über meinen Ex-Thera gefunden.
Und da hatte die Mehrheit die gleiche Wahrnehmung seiner Macken wie ich.

Bei dem hatte ich schon am Telefon ein Missverständnis.
Er bot mir Samstag 8 Uhr und da meinte ich, nee, lieber nachmittags. Dabei dachte ich an den folgenden Montag.
Und da reagierte er patzig "Nein, also irgendwann hab ich auch mal Feierabend."

Ich zuckte schon da zurück. Warum ich trotzdem zum Erstgespräch hingegangen bin? Keine Ahnung.
Im Internet hatte ich ihn gefunden und war völlig hin und weg vom seiner äußerlichen Erscheinung.

Als ich dann da ankam, erschrak ich fast. Mann, der ist ja viel älter. Aber begrüßte mich nett und stellte nur eine Frage: "Was ist in Ihrem Leben passiert." Naja, und dann erzählte ich wild durcheinander.
Am Ende der Stunde dann ironisch "gut, schön negativ."

Nach drei Stunden war es dann um mich geschehen. Ich war total verliebt. Und das einzige, was ich im Sinn hatte: ich wollte den haben. Nichts mit Themen aus meinem Leben. Wie peinlich ist DAS denn?

Nach 10 Stunden war alles vorbei und endete in einem Desaster. Er war fachlich wirklich gut. Aber die Chemie stimmte von vorn herein nicht. Das wollte ich damals nur nicht wahrhaben.
Zuletzt geändert von Tränen-reich am Sa., 28.01.2017, 15:04, insgesamt 1-mal geändert.

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