Über den Wunsch von dieser Welt zu gehen sprechen?

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RoboCat
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Über den Wunsch von dieser Welt zu gehen sprechen?

Beitrag Do., 21.02.2019, 06:31

(Thema s. Oben)

Kann man das in einer Therapie machen? Ich bin sehr unsicher. Mir geht es nicht um konkrete Selbstmordabsichten, sondern einfach nur um den Wunsch, nicht mehr auf dieser Welt sein zu wollen.

Wenn darauf die Frage käme "wollen Sie sterben?" wäre meine Antwort, dass ich zu große Angst habe, es während dem Prozedere zu bereuen und dann nicht mehr zurückzukönnen. Wenn mir aber jemand einen Knopf gebe und sagte, da kannst du drücken und alles ist vorbei, es anders aussähe .

Mit solchen Aussagen stößt man den Leuten ja schon vor den Kopf, glaube ich. Da fühlt sich dann vielleicht jemand in Verantwortung, mir zu helfen. Das stört mich daran. Vielleicht will ich auch genau das. Ich weiß es nicht.

In der Therapie habe ich gelernt, dass ich mir letzten Endes nur mehr selbst helfen kann. Wenn ich dazu nicht mehr in der Lage bin, ist es mein Problem. Warum ist Suizid ein so großes Tabu? Überall wird einem gesagt, man ist selbst schuld und verantwortlich für sein dasein. Wenn man dieses beenden möchte weil man es nicht länger erträgt, wird das als falsch bewertet. Ich verstehe das nicht.

Ich habe Angst in der Therapie davon zu erzählen. Kann man jemandem so etwas zumuten? Was wird dann passieren?
:axt:

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Blume1973
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Beitrag Do., 21.02.2019, 07:02

Hallo Cat!

Ich finde schon, dass du den Gedanken in Therapie ansprechen kannst. Ich glaube, dass das Thema so heikel ist, weil der jenige, der davon erfährt, sich verantwortlich fühlt, aufzupassen, dass sich der Betroffene nicht suiziert.

Ich habe gehört, dass nichts passiert, solange du nicht wirklich beabsichtigst, es zu tun. Dann würde man dich wohl zu deinem Schutz einweisen wollen.

Warum das so ein Tabuthema ist, vlt aus religiösen Gründen, da man als Gläubiger ja an eine Hölle glaubt, wenn man sich selbst das Leben nimmt.

Ich allerdings denke, dass man an Suizid denkt, wenn man depressiv ist und eine Depression eine Krankheit ist. Ein gesunder Mensch verspürt meiner Meinung nicht das Bedürfnis zu sterben. Deshalb versucht man zu helfen die Krankheit weg zu bekommen und somit wäre der Lebenswille wieder da. So sind meine Gedanken dazu. Vlt irre ich?!

Selbst als ich schlimme Depressionen hatte, hatte ich nie das Bedürfnis sterben zu wollen. Ich hatte immer das Bedürfnis wieder gesund werden zu wollen.

Alles Gute
Blume
Die einzigen wirklichen Feinde des Menschen, sind seine negativen Gedanken.

Albert Einstein

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RoboCat
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Beitrag Do., 21.02.2019, 07:14

Hallo Blume, danke für deine Gedanken!

Hmm, einen guten Hinweis hast du mir da gegeben: dass die Gedanken, vom der Welt gehen zu wollen, Teil einer depressiven Erkrankung sind.

Die Therapeutin ist bestimmt enttäuscht, wenn sie erfährt, dass ihre heilversuche nicht erfolgreich waren. Denn dann hätte ich ja diese Gedanken nicht. Es nicht zu schaffen, zu schwach für diese Welt zu sein. Nichts wert zu sein. Ich würde nie einem Menschen seinen Wert absprechen, außer mir selbst. Ich weiß sehr sicher aus Gesprächen mit anderen, dass es anderen auch sehr schlecht gehen kann und die viel auszustehen haben. Aber da ist ein Wille, es trotzdem zu schaffen. Ich frage mich nur noch, wozu ich mich anstrengen soll. Ich habe versagt im Leben und keine Kraft, es zu ändern.

Ich weiß auch schon, was die Therapeutin dann sagt: dass das Teil der Depression ist. Nach dem Motto, akzeptieren Sie das, dann geht's ihnen doch bestimmt gleich besser. Leider ändert es praktisch gar nichts, das zu wissen. Das Leben bleibt dadurch genauso sinnlos, wie ohne diese Erkenntnis.

Die Depression ist sehr hartnäckig und kommt immer wieder. Ich gehe nicht mehr davon aus, dass es eine Heilung geben kann. Punktuelle Verbesserung, ja, aber keine Aussicht darauf, dass sie eines Tages verschwindet. Das ist ein anstrengender Gedanke.

Ich hoffe es war ok das hier aufzuschreiben. Ich weiß schon, dass ich das in der Therapie besprechen muss. Das hilft mir jetzt hoffentlich dabei.
:axt:

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candle.
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Beitrag Do., 21.02.2019, 07:25

Zu diesem Thema gibt es doch schon einige Threads?

candle
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Philosophia
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Beitrag Do., 21.02.2019, 07:39

Für mich gehört es jetzt zu meinem Leben dazu, dass der Todeswunsch da ist. Und ich seh es nicht als Teil von ner Depression. Ich fühl mich einfach nur sehr, sehr alt, so dass ich oft denke: Es reicht jetzt, ich habe genug gelebt. Ich seh es auch nicht als krank an, denn es hat sich aus meiner Geschichte ergeben. Als ich einst in der Analyse drüber sprach, und das recht unaufgeregt, konnte die Analytikerin es nachvollziehen. Sie wusste ja, dass ich mich nicht umbringen würde - ich war/bin nur des Lebens müde. Möglicherweise sind manche Menschen auch nicht darauf ausgelegt hornalt zu werden. Kann auch auch sein.
Robocat, woran machst du dein Versagen im Leben fest? Ich stell mir übrigens schwer vor, von der Welt zu gehen, wenn ich das Gefühl hätte, ich hätte im Leben versagt - weil dann hätte ich ja gar nicht richtig gelebt. Bei mir ist es so, dass ich sterben wollte, nachdem ich das, was ich unbedingt fühlen, verstehen und erleben wollte, gefühlt, verstanden und erlebt hatte.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer


GuterGeist2019
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Beitrag Do., 21.02.2019, 08:03

Hallo RoboCat,

klar ist es okay, dass du es hier aufschreibst. Auch wenn du weißt, dass du das Thema in der Therapie ansprechen solltest, hilft es manchmal, es zuvor schriftlich zu formulieren.

Wieso nimmst du die Reaktion deiner Therapeutin gedanklich schon vorweg? Was macht dich so sicher, dass sie SO reagiert?

Ich kenne diese Gedanken, wie du sie beschreibst. Inzwischen habe Ich sie zum Glück nur noch sehr selten. Auch ich hatte Skrupel, meinem derzeitigen Therapeuten davon zu erzählen, gerade auch, weil ich mit Therapie zuvor keine guten Erfahrungen gemacht hatte. im Nachhinein war ich froh, dass ich mich getraut habe. Die Reaktion fiel ganz anders aus als erwartet bzw. von mir befürchtet. Diese Gedanken durften "da sein" und Raum haben, wurden nicht bewertet oder verurteilt, sondern ernst genommen. Auch bei mir war es so, dass es (bis auf wenige Momente) keine konkreten Suizidgedanken waren. Trotzdem haben wir in dieser Zeit vereinbart, dass ich mich melden darf und sogar soll, wenn meine Gedanken ungut "ausufern". Schon allein diese Sicherheit hat gut getan.

Du hast nicht aufgegeben, machst Therapie und arbeitest an deinen Problemen. Für mich ist das kein Versagen, sondern ganz viel Positives!!

Deshalb: Nur Mut, vielleicht erlebst auch du eine positive Überraschung, wenn du dich deiner Therapeutin anvertraust.

LG
GuterGeist2019


shesmovedon
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Beitrag Do., 21.02.2019, 08:13

Ich sehe da kein Problem, dass in der Therapie anzusprechen. Ein Problem wäre es, wenn du sagst "ich suizidiere mich später".

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Gedankentanz
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Beitrag Do., 21.02.2019, 09:06

Hi RoboCat,

ich glaube du darfst über das Thema mit deiner Therapeutin reden.
Warum glaubst du dass sie enttäuscht sein könnte? Wie lange arbeitet ihr mitteindander? Und wie viele Stunden habt ihr noch?

Projizierst du vielleicht deine Empfindungen in die Therapeutin? Sprichst du vielleicht über die Enttäuschung über dich selbst?

Ich finde es sehr wichtig darüber zu reden, was in dir vorgeht, denn dadurch wird es vielleicht weniger "unheimlich/größer" als es eigentlich ist.

Vielleicht liegt es an einer Depression, vielleicht ist es auch eine Sinnfrage?

Meine subjektiven Gedanken dazu...
Wenn sich meine tanzenden Gedanken zanken, gerate ich schon mal ins wanken, finde ich dann keinen Halt, lande ich unsanft auf die Planken ::?

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RoboCat
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Beitrag Do., 21.02.2019, 10:04

Philosophia hat geschrieben: Do., 21.02.2019, 07:39 Ich seh es auch nicht als krank an, denn es hat sich aus meiner Geschichte ergeben.


Das stelle ich mir als, hm. Befreiend vor, das so sehen zu können. Für mich ist es eher so, wie Blume schrieb: Es ist krank, nicht leben zu wollen. Gut, vielleicht ist es in Anbetracht dieser Welt sogar eher ganz gesund.
Robocat, woran machst du dein Versagen im Leben fest? Ich stell mir übrigens schwer vor, von der Welt zu gehen, wenn ich das Gefühl hätte, ich hätte im Leben versagt - weil dann hätte ich ja gar nicht richtig gelebt. Bei mir ist es so, dass ich sterben wollte, nachdem ich das, was ich unbedingt fühlen, verstehen und erleben wollte, gefühlt, verstanden und erlebt hatte.
Ich habe nichts erreicht in meinen Augen und bin bald Mitte 30. Ich wollte immer ein freies Leben führen können und bin jetzt wieder abhängig von irgendwelchen Leuten und deren Wohlwollen mir gegenüber. Das fühlt sich alles so schrecklich an, ich fühle mich wie ein Kind, bin aber erwachsen. Daraus schlussfolgere ich, dass ich keine Daseinsberechtigung habe. Ich weiß , dass das alles wirr ist, rational kann ich das alles sehen. Aber ich fühle mich eben genauso. Außerdem habe ich eine Beziehung verloren, jedenfalls glaube ich das, weil sie sich bald extrem verändern wird. Ich denke, ich konnte einfach nicht das bieten, was sie gewollt hätte. Sie weiß aber auch nicht was sie will, zumindest aber nicht mich als absolute Priorität.

Ich habe mich noch nie irgendwo wirklich dazugehörig gefühlt und weiß einfach nicht mehr, wofür ich überhaupt kämpfen soll. Jeder Tag ist ein Kampf. Wenn ich wenigstens etwas hätte, dass diesem kämpfen Sinn gibt, aber da ist nichts.
:axt:

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Beitrag Do., 21.02.2019, 10:08

GuterGeist2019 hat geschrieben: Do., 21.02.2019, 08:03 vielleicht erlebst auch du eine positive Überraschung, wenn du dich deiner Therapeutin anvertraust.
Danke für deinen Erfahrungsbericht! Du hast Recht, ich nehme da auch etwas vorweg, das ich nicht wissen kann. Ich habe einfach ein bisschen Angst, mich so zu zeigen, glaube ich. Andererseits fühle ich mich auch komisch bei dem Gedanken ihr etwas vorzuenthalten, was sie vielleicht wissen sollte als meine Therapeutin. Wenn nicht sie, wer denn dann? Hm. Alles etwas schwierig.
:axt:

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Blume1973
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Beitrag Do., 21.02.2019, 10:13

Liebe Cat!

Da ich selbst schlimme Depressionen hatte, weiß ich, wie es ist, wenn man keine Freude und keinen Sinn mehr sieht und fühlt. Daher weiß ich nicht, ob es dir jetzt gerade etwas bringt, wenn ich dir sage:

versuch mal, beim Spazieren gehen, die Luft zu riechen, die Blumen anzusehen, die Natur, wie sie gerade langsam erwacht.
Wenn du etwas schönes liest oder hörst, versuche es zu fühlen.
Jedes ganz, ganz kleine „schöne“ Erlebnis bewusst zu erleben.

Versuche es mit Bewegung, Sport, Unterhaltungen, überall, wo es geht etwas wahrzunehmen, dass du für gut erachtest.

Ich hab es versucht damals und da war nur eine einzige Sache, die ich gut empfunden habe, nämlich der Moment, mir vorzustellen, alles wäre gut und ich komm da wieder raus. Ich konnte Hoffnung haben und das half mir.

Alles Gute
Blume
Die einzigen wirklichen Feinde des Menschen, sind seine negativen Gedanken.

Albert Einstein

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RoboCat
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Beitrag Do., 21.02.2019, 10:14

Gedankentanz hat geschrieben: Do., 21.02.2019, 09:06 Warum glaubst du dass sie enttäuscht sein könnte?
Ich habe Angst dass sie meinen könnte, dass ihre Arbeit mit mir wohl doch nicht so recht gefruchtet hat. Wir arbeiten schon etwas länger miteinander und da könnte sie enttäuscht sein, dass ich jetzt solche gedanken habe. War denn dann nicht alles umsonst?
:axt:


GuterGeist2019
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Beitrag Do., 21.02.2019, 11:44

Du machst dir Gedanken, aus dieser Welt zu gehen - das heißt aber auch, du machst die Gedanken über das Leben, über DEIN Leben! Sich deshalb sollte deine Therapeutin diese Gedanken kennen, um dich noch besser verstehen zu können.

Ich hoffe, du bekommst eine GUTE Reaktion! Viel Glück!

LG

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RoboCat
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Beitrag Do., 21.02.2019, 12:40

GuterGeist2019 hat geschrieben: Do., 21.02.2019, 11:44
Ich hoffe, du bekommst eine GUTE Reaktion! Viel Glück!
Danke guter Geist! Ich glaube schon, dass sie gut reagiert. Sie hat mir schon so oft aus meinen wirren Ideen herausgeholfen, Dinge entzerrt und einfach ne alternative Denkweise mitgegeben.

Vielleicht muss ich den Gedanken zulassen, wohl doch wieder in die Depression gerutscht zu sein. Die Symptome sind schon recht eindeutig. Hoffentlich habe ich den Mut, mein Thema anzusprechen.
:axt:

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CrazyChild
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Beitrag Do., 21.02.2019, 13:03

Ich denke, dass man das auf jeden Fall in der Therapie ansprechen kann. Wenn die Thera das auf sich bezieht, tut mir leid, aber dann ist man an der falschen Stelle.
Ich habe mehrmals schon das in meiner Therapie angesprochen und auch warum das so ist. Meine Thera hat zunächst abgeklopft ob ich aktuelle Suizidpläne habe oder ob es mir um das Thema im allgemeinen geht. Letzteres war der Fall.
LG, CrazyChild

***stay strong***

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