Was von Thera in Krisen erwarten?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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KleineKämpferin
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Was von Thera in Krisen erwarten?

Beitrag Do., 28.03.2019, 11:27

Hallo zusammen,

ich habe schon die Suchfunktion benutzt, aber nichts gefunden, das so richtig zu meinem derzeitigen Dilemma passt.

Ich habe nie erfahren dürfen, wie es ist, wenn man von anderen Menschen Hilfe einfordern kann und darf und deshalb große Schwierigkeiten damit das Angebot meiner Therapeutin zu nutzen und neue Erfahrungen zu machen.
Auch wurde ich so erzogen, dass ich alles alleine schaffen müsse.

Sie bot mir an, mich in Notsituationen bei ihr melden zu dürfen. Ich frage mich jetzt natürlich einerseits, was ich denn überhaupt von ihr in solchen Situationen verlangen kann und darf und auch, was ich mir davon erhoffe?
Ich weiß, dass sie mir nichts abnehmen kann und um meinen Schmerz zu teilen habe ich Freunde oder eben dysfunktionale Bewältigungsstrategien. Um diese abzubauen habe ich diverse Listen, was ich stattdessen machen kann, sodass ich sie auch nicht bräuchte, um zu überlegen, was ich stattdessen tun kann.

Ich bin etwas überfordert mit diesem Angebot und würde gerne von euch wissen, was ihr euch davon versprochen habt, wenn ihr in Notfällen den Kontakt zum Thera gesucht habt...

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Philosophia
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Beitrag Do., 28.03.2019, 11:47

Manchmal brauchts vielleicht einfach nur das Teilen der Not, um sich nicht so allein zu fühlen.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer


shesmovedon
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Beitrag Do., 28.03.2019, 11:52

Das Problem ist, dass eine Therapeutin halt auch wenig machen kann am Telefon, wenn's einem sehr schlecht geht. Diese Erfahrung habe ich selbst gemacht, weshalb meiner Therapeutin auch sehr wichtig war ein Helfernetz für uns aufzubauen, was weitaus nützlicher ist. Also Psychiatrie, in die ich jeder Zeit einchecken kann, wenn's gar nicht mehr geht. Betreutes Wohnen - eine Betreuerin, mit der ich über meine Gefühle und Zustände sprechen kann. Den SPD, an den man sich wenden kann. Und wichtig, ein fester Freundeskreis, der einen unterstütz.

Für mich war es auch sehr schwer diese Hilfen anfangs in Anspruch zu nehmen und auch heute bin ich noch so, dass ich alles eher alleine aushalte, also auch nicht meine Betreuerin kontaktiere, obwohl diese das jedesmal auf's Neue sagt, dass ich sie anrufen kann, wenn wir keinen Termin haben.

Ich denke, dass so ein Helfernetz weitaus sinnvoller ist, als zu wissen, dass man die Thera anrufen kann, denn die kann nur sagen: halten sie durch oder gehen sie in die Klinik.

Vielleicht fragst du deine Thera mal besser direkt, was sie sich vorstellt dir in solchen Situationen anbieten zu können? Weil von außen ist das natürlich schwer zu beurteilen und man kann nur seine eigene Erfahrung wiedergeben.

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Montana
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Beitrag Do., 28.03.2019, 12:02

Sie kann so vieles tun. Der Fantasie sind eigentlich keine Grenzen gesetzt. Hauptsache es ist nicht das, was du bisher erlebt hast und immer noch auch von ihr erwartest. Ich habe mal im Auto auf dem Parkplatz eines schwedischen Möbelhauses gesessen und mit meinem Therapeuten telefoniert. Das war eine Art "Ersatz", weil er eigentlich krank war und nicht in der Praxis. ER hatte angerufen. Das war bekloppt und passte grad gar nicht und es war im Nachhinein wunderbar. Wir haben nichts tiefgründiges besprochen. Aber ich wusste: er ist da.

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candle.
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Beitrag Do., 28.03.2019, 12:14

KleineKämpferin hat geschrieben: Do., 28.03.2019, 11:27
Sie bot mir an, mich in Notsituationen bei ihr melden zu dürfen. Ich frage mich jetzt natürlich einerseits, was ich denn überhaupt von ihr in solchen Situationen verlangen kann und darf und auch, was ich mir davon erhoffe?
Was würdest du denn verlangen wollen? Ich habe über sowas noch gar nicht nachgedacht. Ich war auch jemand, der sich mit Hilfe annehmen schwer tut. ;-)
Um diese abzubauen habe ich diverse Listen, was ich stattdessen machen kann, sodass ich sie auch nicht bräuchte, um zu überlegen, was ich stattdessen tun kann.
Ja das ist doch prima! Und letztlich ist es ja auch ein Therapieziel sich selbst rauszuhelfen, umso besser, dass du an dem Punkt keine Hilfe brauchst!
Ich bin etwas überfordert mit diesem Angebot und würde gerne von euch wissen, was ihr euch davon versprochen habt, wenn ihr in Notfällen den Kontakt zum Thera gesucht habt...
Versprochen nichts. Aber mir ging es wirklich einmal sehr schlecht und da habe ich Hilfe gebraucht und geholt. Du wirst es ja merken, wenn du wirklich Hilfe brauchst.
Ach ja, dazu muß ich sagen, dass das meine erste Therapie war. Inzwischen brauche ich keine Nothilfe mehr. Ich weiß ja nicht, ob es deine erste Therapie ist.

Abgesehen davon muß man Angebote ja auch nicht annehmen. Wieso überfordert dich das? Das wird ja fast in jeder Therapie angeboten- ist also nicht unbedingt etwas außergewöhnliches.

LG candle
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Shukria
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Beitrag Do., 28.03.2019, 13:16

KleineKämpferin hat geschrieben: Sie bot mir an, mich in Notsituationen bei ihr melden zu dürfen. Ich frage mich jetzt natürlich einerseits, was ich denn überhaupt von ihr in solchen Situationen verlangen kann und darf und auch, was ich mir davon erhoffe?
Frag sie genau das.

Bei meiner ersten Therapeutin war ich mit diesem Angebot genauso überfordert wie du und da es nie gesprochen war lief es zunehmend aus dem Ruder.
Bei meiner neuen, die kam auch mit dem Angebot, da hab ichs gleich offen thematisiert, was genau meint sie damit, was sind ihre Grenzen, was sind meine (ich telefoniere zb nicht mit ihr, keine Ad Hoc Hilfe mehr nach der ersten Therapieerfahrung) und was ist das Ziel zb. gedankliche Sortierung für mich oder erstmal trauen ein Thema zu deponieren. Ein Mitdenken wenn ich Gefühle langfristig nicht gut reguliert bekomme mit den bereits besprochenen Strategien. Manchmal Terminabsprache...
Ich mag zb E-Mail für all das, da dann halt Klärung, ob Antwort kommt, wann und was regeln für Antworten sind...

Wichtig sind aus meiner Erfahrung heraus vor allem im Vorfeld klar die Grenzen, beidseitig zu benennen/beleuchten. Es ist trotz allem ja Hilfe zur Selbsthilfe und keine 'Rund um die Uhr Betreuung'. Welche Unterstützung der einzelne braucht, annehmen kann und das Gegenüber geben ist dann so individuell wie das Leben selbst

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Pferdefan
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Beitrag Fr., 29.03.2019, 09:48

Hallo

Meine Thera darf ich in akut Krisen eine SMS schreiben weil schreiben hilft, bzw eine antwort zu bekommen.
Zur Sprechstunde kann ich natürlich immer anrufen.
Manchmal schreibt sie iwas beruhigendes, oder sie sagt das wir dann und dann telefonieren können.
Aber ich schäme mich auch immer wenn ich das brauche bekomme selbst Hass etc.
Sie sagt ich soll meine anhängliche bedürftige seite nicht hassen

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DieTräumende
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Beiträge: 15

Beitrag Fr., 29.03.2019, 22:07

Ich hätte mal in einer Krise anrufen dürfen.
Wenn es mir sehr schlecht geht, bitte ich auch um einen Notfallstermin per Mail. Das kommt sehr selten vor.


montagne
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Beitrag Sa., 30.03.2019, 09:01

Mir hat es in den meisten Fällen geholfen ein paar Minuten mit der Therapeutin zu sprechen. Sie hatte dann auch immer die paar Minuten Zeit. Erwartet habe ich es nicht, bzw. habe eher erwartet, sie gibt mir dafür einen Telefontermin später am Tag, hätte ich auch okay gefunden.

Einige wenige Male bat ich um Zusatz Termin, bzw. sie bot diesen an und ich konnte am selben Tag oder am nächsten Tag in der Stunde Mittagspause kommen.

Selbstverständlich finde ich es nicht. Aber ich bin sehr dankbar. Ich war und bin recht personengebunden, was Vertrauen angeht. Mich woanders hinzuwenden, hätte mir damals nichts gebracht.

Am Ende hat es schon, mit anderen Sachen, dazu geführt, dass ich mich selbst regulieren kann, bzw. solche Notsituationen schon lange nicht mehr auftreten.

So viel zu meiner Erfahrung. Ich habe aber auch immer nur in der Praxis auf dem Festnetz angerufen.
amor fati

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Anna-Luisa
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Beitrag Sa., 30.03.2019, 12:23

KleineKämpferin hat geschrieben: Do., 28.03.2019, 11:27 Ich bin etwas überfordert mit diesem Angebot und würde gerne von euch wissen, was ihr euch davon versprochen habt, wenn ihr in Notfällen den Kontakt zum Thera gesucht habt...
Ich finde dieses Angebot schlecht. Damit wird ja erst einmal unterstellt, dass sie in Notsituationen eine hilfreiche Person ist. Und dir eher nicht zugetraut wird, die Situation ohne ihre "Hilfe" zu meistern.

Nutzen würde ich es unter gar keinen Umständen.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)


montagne
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Beitrag Mi., 03.04.2019, 20:29

Ist auch echt n dickes Ding, einer Therapeutin zu unterstellen, sie könne in seelischen Krisen hilfreich sein. Wo kommen wir hin? Kann man gleich unterstellen, ein Bäcker verkaufe Brötchen.
amor fati

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Anna-Luisa
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Beiträge: 2909

Beitrag Mi., 03.04.2019, 21:09

Klar, von meinem Bäcker erwarte ich auch, dass er außerhalb seiner Öffnungszeiten erreichbar ist. Und auf meinen Wunsch jede Brotsorte frisch bäckt. Wäre ja echt dreist, wenn er seinen Beruf nicht aus purer Leidenschaft ausübt. Und das auch noch an seinen Kunden auslässt.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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~~~
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Beitrag Mi., 03.04.2019, 22:55

KleineKämpferin hat geschrieben: Do., 28.03.2019, 11:27 Sie bot mir an, mich in Notsituationen bei ihr melden zu dürfen. Ich frage mich jetzt natürlich einerseits, was ich denn überhaupt von ihr in solchen Situationen verlangen kann und darf und auch, was ich mir davon erhoffe?
Also erst mal würde ich der Therapeutin natürlich von diesem Dilemma erzählen. Ich denle, sie wird dir Stück für Stück daraus helfen.

Ich hatte auch mal eine Therapeutin mit der ich zwischen den Stunden viel Kontakt hatte.
Mir persönlich hat das extrem viel geholfen.
Also es sollte natürlich immer klar sein, dass man in wirklichem Notfällen in eine Klinik sollte.
Aber in kleineren "Notfällen" hat es mir geholfen weil ich manchmal eine einseitige Sichtweise hatte dann hat mir etwas von Außen geholfen.
Oder einfach etwas Motivation von Außen.
Oder wieder einen etwas anderen Fokus haben.
Gemeinsam Lösungen finden
Eventuell früher wieder einen Termin.
Und einfach das Gefühl, dass man nicht allein dasteht, reicht manchmal auch.
Man muss sich schon darauf einlassen.
Und es führt auch dazu, dass man sich seiner selbst bewusster ist, mehr auf sich achtet und eben lernt auch Hilfe zuzulassen. Das können ja viele nicht. Aber vielleicht willst du das ja lernen?


Ich bin froh, dass ich diese Therapeutin damals hatte, wo ich echt extrem am Boden war.
Ich weiß nicht, was passiert wärel wenn ich damit hätte allein klar kommen müssen.
"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf

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Philosophia
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Beitrag Do., 04.04.2019, 04:43

Anna-Luisa, ich stimme mit dir da so ziemlich überein. Dennoch würde ich mal behaupten, dass es Menschen gibt, deren Beruf für sie in erster Linie eine Berufung ist. Die Analytikerin von mir will zum Beispiel das Rentenalter nicht beachten und so lange Analytikerin sein, wie ihr das Freude macht. Dann natürlich mit weniger Patienten. Und sie selbst arbeitet auch nie mit Stundenüberziehung, außertherap.Kontakten und ist auch außerhalb ihrer Dienstzeiten nicht erreichbar (es sei denn, es ist abgesprochen). Aber ich hatte immer das Gefühl, sie liebt ihren Beruf. Auch ein Bäcker kann sehr hingebungsvoll sein, wenn er nicht gerade für ne Discounterkette arbeiten muss. Eine Freundin von mir ist leidenschaftliche Konditorin. Dennoch: Irgendwann wird auch meine Freundin mal was anderes machen wollen, schlafen zum Beispiel. Ich selbst liebe das, was ich tue auch - und auch ich komme irgendwann an den Punkt am Tag, wo ich einfach damit aufhören muss, weil ich Freizeit brauche. Und dann brauch ich wirklich auch Abstand zur Arbeit und deren Inhalten.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Anna-Luisa
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Beitrag Do., 04.04.2019, 06:34

Philosophia hat geschrieben: Do., 04.04.2019, 04:43 Anna-Luisa, ich stimme mit dir da so ziemlich überein. Dennoch würde ich mal behaupten, dass es Menschen gibt, deren Beruf für sie in erster Linie eine Berufung ist. Die Analytikerin von mir will zum Beispiel das Rentenalter nicht beachten und so lange Analytikerin sein, wie ihr das Freude macht.
Es mag sein, dass viele Psychotherapeuten ihren Beruf als Berufung sehen. Da spricht auch nichts gegen. Allerdings finde ich das Angebot, in Notfällen für die Patienten erreichbar zu sein, eher egoistisch.

Suggeriert es doch: "In einem Notfall sind Sie gut damit beraten, MICH anzurufen!"
Und dass Patienten DAMIT erst überfordert sind, ist auch in vielen anderen Threads zu lesen.

Ein Rentenalter muss nur in wenigen Berufen eingehalten werden. Allerdings würde ich nicht automatisch annehmen, dass Therapeuten aus purer Leidenschaft länger arbeiten. Vielleicht brauchen einige einfach noch finanzielle Polster, wenn sie später ihren Lebensabend auf Mallorca verbringen wollen. ;)
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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