Ungeduldiger Therapeut

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Ungeduldiger Therapeut

Beitrag Mo., 27.05.2019, 17:22

Hallo,

die letzte Einheit bei meinem PT hat mich komplett verunsichert. Ich bin jetzt seit 1,5 Jahren in Behandlung und hatte gerade in letzter Zeit immer mehr das Gefühl, ihm WIRKLICH zu vertrauen.
Letzte Woche habe ich ihn erstmals auf den Therapieverlauf angesprochen, und da kam die "Keule": Er meinte, aus seiner Sicht brächte ich ihm noch zu wenig Vertrauen entgegen und wäre viel zu kontrolliert. Daher würde ich nur sehr langsam vorankommen. Ich war schockiert, weil es sich für mich vorher ganz anders angefühlt hatte.
Ich weiß schon ungefähr, worauf er hinaus will. Es ist so, dass wenn ich meinen Gefühlen Raum gebe, zwei Dinge passieren: Entweder werde ich aggressiv und schlage sprichwörtlich um mich, oder es endet in Panikattacken oder Dissoziation. Er meinte schon öfter, dass in der Therapie der passende Raum für solche Reaktionen wäre. Einmal habe ich schon aggressiv reagiert, aber durch meine Schuldgefühle danach war es eine negative Erfahrung. Und die anderen Sachen... Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Ich meine, ich kann das vor NIEMANDEM zulassen, das geht nicht.
Natürlich ist es mühsam mit mir, ich versuche immer, alles auf kognitiver Ebene zu verarbeiten, weil mich das eben auch viele Jahre lang gerettet hat. Ich würde das schon gerne ändern, aber ich kann auch akzeptieren, dass ich für sehr kleine Schritte sehr lange brauche, und dass ich viele positive Erfahrungen benötige, um mich weiter nach vorne zu wagen.

Nun hatte ich aber irgendwie das Gefühl, ER sei ungeduldig. Ich habe ihm auch von ein paar Erkenntnissen erzählt, die ich in der Vorwoche gewonnen hatte, weil sie Dinge bestätigten, die er vermutet hatte. Er meinte darauf, das habe er ja schon gesagt, aber es sei "eh" gut, dass ich das aus meiner Perspektive auch so sehe. Als wollte er sagen, ich hätte mir das auch sparen können (Hätte ich nicht, es war mir unglaublich wichtig). Ich war so verwirrt, dass ich ihn konkret gefragt habe, ob er wohl noch einen Sinn darin sieht, mit mir zu arbeiten, und er meinte ja. Dann hat er mich kerzengerade angesehen und mir die umgekehrte Frage gestellt, die ich auch klar bejaht habe.

Dennoch habe ich das Gefühl, dass da etwas zu klären ist. Ich denke, er kann mir nicht vorwerfen, dass ich etwas nicht kann (weil ich es eben nicht KANN) und er deshalb kaum therapeutisch wirken kann, oder? Wäre es nicht auch seine Aufgabe, mein Vertrauen ihm gegenüber zu stärken? :roll:

Und lasst ihr denn so intensive emotionale Ausbrüche in der Therapie zu? Wie reagieren Theras auf so etwas?

Ich bin mir ganz sicher, dass er der richtige PT für mich ist, aber momentan habe ich richtig Angst vor der nächsten Einheit.
Danke für eure Meinungen bzw. Erfahrungen😊

Nulla
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theweirdeffekt
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 18:33

Knall ihm deine Gedanken dazu vor den Latz! Ich glaub das bringt dich weiter als zu spekulieren. Ich würds direkt ansprechen. Du musst nicht alles können, sonst bräuchtest du ja gar keine Therapie.

Alles Gute
Weirdi
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Lebenswanderin
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 18:52

Hallo Nulla,

Ich würde das nicht negativ bewerten. Ich sehe es so, dass er nur eine andere Einschätzung hat als. Innen - und Außenwahrnehmung stimmen ja nicht immer überein. Ich kläre sowas immer direkt mit meinen Therapeuten ab, ob wir in Übereinstimmung sind. Sonst wird daran weiter gearbeitet. Entweder änder ich meine Wahrnehmung aus Überzeugung oder er sein, oder es bleibt so stehen.

Und die Schuldgefühle, die Du dann hast, wenn Du Deine Emotionen zeigst, kann ich gut verstehen, aber genau die gehören dann auch dahin. Sonst bleibst Du an diesem Punkt wirklich stecken. Vermeidung bringt uns nicht weiter.

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Beitrag Mo., 27.05.2019, 20:08

theweirdeffekt hat geschrieben: Mo., 27.05.2019, 18:33 Knall ihm deine Gedanken dazu vor den Latz!
Ich spreche es bestimmt an, auch wenn ich wie immer um die richtigen Worte ringen werde.
Lebenswanderin hat geschrieben: Mo., 27.05.2019, 18:52 Entweder änder ich meine Wahrnehmung aus Überzeugung oder er sein, oder es bleibt so stehen.
Das ist genau der Punkt, an dem wir gerade arbeiten. Dass ich mit einem Gegenpol nicht adäquat umgehe und dann meistens von meinem Standpunkt abweiche. Ich hab schon phantasiert, ob das Ganze nicht auch eine Art "Inszenierung" von ihm war. Ach herrje, ich bin so verwirrt. Vor allem, weil mein Grundgefühl ja nach wie vor positiv ist.
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Waldschratin
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 20:44

Eine Frage, liebe Nulla:
Setzt dein Thera Vertrauen gleich mit "Kontrolle abgeben/verlieren" oder du oder ihr beide?
Den Punkt hab ich noch nicht so recht verstanden.
nulla hat geschrieben:Ich bin jetzt seit 1,5 Jahren in Behandlung und hatte gerade in letzter Zeit immer mehr das Gefühl, ihm WIRKLICH zu vertrauen.
Letzte Woche habe ich ihn erstmals auf den Therapieverlauf angesprochen, und da kam die "Keule": Er meinte, aus seiner Sicht brächte ich ihm noch zu wenig Vertrauen entgegen und wäre viel zu kontrolliert.
Für mich sind das nämlich zwei "Paar Schuhe", Vertrauen und Kontrolle loslassen!

Ob dein Thera "therapeutisch wirken" kann oder nicht, richtet sich ja in allererster Linie danach, was DU brauchst!
Jetzt wäre es die Frage, ob das DEIN Ziel ist für die Therapie, "unkontrollierter" zu werden, oder du es als Erwartung deines Theras erlebst, dass ER das als "Therapieerfolg" sieht.

Habt ihr denn sowas in die Richtung vorneweg als Therapieziel abgesprochen?

Und wären denn per se "intensive emotionale Ausbrüche" für dich was Wünschenswertes, Hilfreiches, Erleichterndes, was du gerne mal ausprobieren möchtest?

Ich würde auch sagen : Nix wie auf den Tisch mit dem Thema und drüber reden!
Und nicht einfach "dich zwingen wollen" oder es deinem Thera rechtmachen wollen etc.

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Montana
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 20:51

Es kann auch einfach so sein, dass er deinen Therapiefortschritt geringer einstuft als du, weil du nicht alles erzählst. An diesem Punkt waren wir mal, bis sich rausstellte, dass er dachte, dass ich dachte usw. und wir dann feststellten, dass das zumindest zum aktuellen Zeitpunkt nicht stimmte. Ich hatte manches für so selbstverständlich befunden, dass ich es nie angesprochen habe. Bzw. habe ich mir zu vielem sehr genau Gedanken gemacht und fand das viel zu viel und zu verzweigt, um es in einer Therapiestunde zu erklären. Als ich es dann tat, war das so eine Art Augenöffner für ihn. Ich bin ja nicht einfach gestrickt und oberflächlich, nur weil ich nicht jeden Gedanken teile. Er hatte mir Schwarz-weiß-Denken vorgeworfen.
Zum Thema Vertrauen stärken: du lässt ihn ja nicht. Vom sicheren Terrain gehst du nicht runter. Er wird dich aber nicht schubsen, sondern warten und warten, bis du selber gehst. Riskiere doch, dass du aggressiv wirst oder dissoziierst. Sag: "Ich wage jetzt etwas und es kann dann folgendes passieren..." Und dann könnt ihr ja mal überlegen, welches Verhalten seinerseits du fürchtest und welches er dir gern anbieten würde. Und dann probierst du das aus. Und vielleicht reicht dieses vorher besprechen schon, dass es weniger beängstigend wird, als du fürchtest. Es ist ja immer das Nicht-Wissen, was dazu führt, dass wir uns das schlimmste vorstellbare Szenario ausmalen.

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nulla
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Beitrag Di., 28.05.2019, 07:17

Waldschratin hat geschrieben: Mo., 27.05.2019, 20:44 Setzt dein Thera Vertrauen gleich mit "Kontrolle abgeben/verlieren" oder du oder ihr beide?
Ich glaube nicht, aber vermutlich wäre meine Bereitschaft, ein wenig Kontrolle abzugeben, ein sichtbares Zeichen für mein Vertrauen. Vielleicht ist es ja auch ein bisschen, wie Montana sagt:
Montana hat geschrieben: Mo., 27.05.2019, 20:51 Es kann auch einfach so sein, dass er deinen Therapiefortschritt geringer einstuft als du, weil du nicht alles erzählst.
Da meine Schritte oft wirklich winzig sind, entgeht ihm da vielleicht auch etwas, weil es mir oft zu kompliziert erscheint, in Worte zu fassen, welche kleinen Veränderungen ich bei mir selbst wahrnehme.
Montana hat geschrieben: Mo., 27.05.2019, 20:51 Zum Thema Vertrauen stärken: du lässt ihn ja nicht. Vom sicheren Terrain gehst du nicht runter.
Ja. Danke! Ich brauche schon meinen ganzen Mut, um eine Zehe ins kalte Wasser zu tauchen, während andere es möglicherweise schaffen, hineinzuspringen. Meine Erfahrung mit "Ins kalte Wasser springen" war bisher, dass ich dann immer - rein metaphorisch - auf der Intensivstation landete.
Natürlich weiß ich nicht, wie Therapiesitzungen bei anderen ablaufen, daher habe ich ja auch die Frage gestellt ist, ob es verbreitet ist, so starke emotionale Ausbrüche zuzulassen. Ich meine jetzt nicht in Tränen auszubrechen o.ä., das kommt "sogar" bei mir vor :cool: Ich meine schon massivere Sachen.
Nicht dass das, was andere erleben, für mich etwas ändern würde. Ich komme mir nun mal unzulänglich vor, auch in der Therapie, und hoffe vielleicht, dass es anderen irgendwie ähnlich geht.
Montana hat geschrieben: Mo., 27.05.2019, 20:51 Riskiere doch, dass du aggressiv wirst oder dissoziierst. Sag: "Ich wage jetzt etwas und es kann dann folgendes passieren..." Und dann könnt ihr ja mal überlegen, welches Verhalten seinerseits du fürchtest und welches er dir gern anbieten würde.
Zwecks Aggression... Ich finde mich einfach ekelhaft, wenn ich mich so verhalte. Und dann auch noch dem Menschen gegenüber, der gegenwärtig der Einzige ist, bei dem ich mich sicher und angenommen fühle. Klar, er ist Professionist, er erkennt und versteht, worum es geht. Hat er mir auch bestätigt. Aber ich halte es nicht aus, MEIN Gefühl dabei.
Zwecks Dissoziation... Er würde professionell reagieren und gegebenenfalls deeskalieren. Ich könnte mich ja in einer 50minütigen Einheit auch schlecht 45 Minuten wimmernd an einen Sessel krallen, wäre schon rein zeitlich problematisch :roll: Nein im Ernst, das Problem liegt nicht bei ihm. Er hätte alles im Griff und würde dafür sorgen, dass ich danach gut hinausgehen könnte. Aber ich habe es so satt, mich von Ängsten und Trauer überschwemmen zu lassen, weil ich mich für diese Gefühle so hasse, weil es einfach irgendwann genug damit sein muss. Das alles ist vorbei, ich will es weghaben, ein für allemal.

Und ja, ich weiß schon, dass ich da leider nicht rundherum komme, sondern hinein und durch muss, wenn ich weiter kommen will. (Darum geht es im Grunde @Waldschratin)

Danke vielmals für eure Antworten!
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Montana
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Beitrag Di., 28.05.2019, 10:34

Oh, so viele Baustellen. Du findest dich ekelhaft, wenn du aggressiv wirst und du hasst dich für deine Gefühle. Dann wäre deine Aufgabe vielleicht nicht, diese Gefühle zu vermeiden, auch nicht, sie auszuhalten, sondern sie nicht mehr zu hassen. Du bist ja eingeschränkt dadurch, dass du sie unbedingt vermeiden willst. Die sind eigentlich berechtigt und dürfen sein. Und du hältst sicherlich einen "Sicherheitsabstand" ein, um sie nicht zu aktivieren? Das ist meiner Erfahrung nach aber genau das, was dazu führt, dass man überschwemmt wird. Es muss nicht "irgendwann gut sein" und du kannst diesen Teil von dir nicht "wegmachen". Du tust dir damit Gewalt an! Du musst hinschauen, diese Gefühle verstehen und wozu sie gut sind. Sie werden nie weggehen, aber aufhören, sich aufzudrängen. Aber nur dann, wenn du aufhörst, sie zu fürchten und zu hassen. Da ist nichts hassenswertes.


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Beitrag Di., 28.05.2019, 10:49

Nulla hat geschrieben:Und ja, ich weiß schon, dass ich da leider nicht rundherum komme, sondern hinein und durch muss, wenn ich weiter kommen will. (Darum geht es im Grunde @Waldschratin)
Liebe Nulla,
ich bin eigentlich fast immer sehr dafür, wenn man solche halbwegs klaren Impulse in sich spürt, denen dann auch nachzugehen. Hat sich bei mir im Lauf der Jahre gut bewährt.

Nulla hat geschrieben:Ich glaube nicht, aber vermutlich wäre meine Bereitschaft, ein wenig Kontrolle abzugeben, ein sichtbares Zeichen für mein Vertrauen.
Aber dann würdest du es ihm zuliebe tun, ihm was zu "beweisen" oder vielleicht auch zu "schenken" versuchen. Vor mich hin phantasiert : Vielleicht um ihn zu "halten" oder "gelobt" zu werden oder bestätigt etc.
Das fände ich dann zwar nicht weiter schlimm, aber halt nicht Sinn der Sache an sich.

Ich denk ähnlich wie Montana, dass es schlichtweg Kommunikations"verschiebungen" sind zwischen euch. In 50 min ein- bis zweimal pro Woche kann man einfach nicht alles erzählen/benennen, was in 7 Tagen rund um die Uhr in einem geschieht.
Ich glaub auch nicht, dass das jetzt tragisch enden wird zwischen euch beiden, du schätzt deinen Thera ja schon selber als sehr entspannt in diese Richtung ein, was "Dramatik" angeht, also wird er wohl kaum wegen Unstimmigkeiten und Missverständnissen sich mal eben vom Acker eurer therapeutischen Beziehung machen.

Ich denke vielmehr, dass sich da grade was ganz Wichtiges zeigt in deinen eigenen Reaktionsmustern.
Und von daher "eigentlich" was ganz Wertvolles für dich ist, dass er sicher gerne aufgreift, damit ihr gemeinsam dran rumbasteln könnt. :ja:

Nulla hat geschrieben: Ich meine schon massivere Sachen.
Nicht dass das, was andere erleben, für mich etwas ändern würde. Ich komme mir nun mal unzulänglich vor, auch in der Therapie, und hoffe vielleicht, dass es anderen irgendwie ähnlich geht.
Unzulänglich bist du da garantiert nicht, sonst hätte dein Thera in eineinhalb Jahren mit dir doch längst schon mal was "angemerkt", wenn er diesen Eindruck hätte. :ja:

Aber "ähnlich gehen" kann ich dir gerne bieten. :->
Ich bin nachhaltig "dramageschädigt" durch ne durchweg dramatisch agierende Mutter, die stets und überall ihren "Auftritt" brauchte und einfach alles und jeden an die Wand klatschte, der nur den Hauch von Aufmerksamkeit ihr "abspenstig" zu machen drohte.

Ich hab zwar an sich ein recht "tiefes" und "facettenreiches" Gefühlserleben, aber ich bin nicht nur in Therapie extrem kontrolliert.
Nicht, dass ich das so möchte, in dieser extremen Form.
Aber seit ich denken kann, ist das eins der zentralen Themen in meinen Therapien...

Mittlerweile setze ich mich aber nicht mehr so unter Druck. Das "ist halt so" erstmal bei mir, ich hab da einen Sprung "mehr" zu überwinden als manch anderer in Therapie.
Aber das ist halt die "Aufgabe", das anzugehen, allerdings auf meine Art und auch in meinem Tempo.

Mein Thera ist da zum Glück recht entspannt (und geduldig...) und hat da offensichtlich genug Vertrauen zu mir, dass ich da schon dranbleibe und mich nicht nur einfach vor drücke.

Vertrauen zu ihm hab ich übrigens auch schon längst, hatte ich schon in der ersten Therapie bei ihm (Traumatherapie vor... Lass mich nachdenken.... Einige Jahre schon her jedenfalls). Und zwar reichlich viel.

Wie du auch schreibst : Es liegt in mir.
Es ist ein sowas von verinnerlichtes Erleben von "ausgleichen müssen, mich wegmachen müssen" und "für das Gegenüber sorgen müssen", dass schnell mal "Weltuntergang" ausbricht in mir und Todesangst, wenn ich dem nicht automatisch nachkomme.

Aber dank der Minischrittchen, die ich - grade in der jetzigen Therapie - machen "darf" und dennoch mitbegleitet werde, seh ich da schon gute Fortschritte mittlerweile.

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nulla
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Beitrag So., 02.06.2019, 00:23

Hallo,
ich komme erst jetzt zum Antworten, da ich in den letzten Tagen mit Arbeit usw. sehr eingedeckt war.
Montana hat geschrieben: Di., 28.05.2019, 10:34 Es muss nicht "irgendwann gut sein" und du kannst diesen Teil von dir nicht "wegmachen". Du tust dir damit Gewalt an! Du musst hinschauen, diese Gefühle verstehen und wozu sie gut sind. Sie werden nie weggehen, aber aufhören, sich aufzudrängen. Aber nur dann, wenn du aufhörst, sie zu fürchten und zu hassen. Da ist nichts hassenswertes.
Wow... So hätte ich das bisher noch nicht betrachtet.
Danke vielmals für deine bewegenden Worte Montana :)
Waldschratin hat geschrieben: Di., 28.05.2019, 10:49 Nulla hat geschrieben:Ich glaube nicht, aber vermutlich wäre meine Bereitschaft, ein wenig Kontrolle abzugeben, ein sichtbares Zeichen für mein Vertrauen.
Aber dann würdest du es ihm zuliebe tun, ihm was zu "beweisen" oder vielleicht auch zu "schenken" versuchen. Vor mich hin phantasiert : Vielleicht um ihn zu "halten" oder "gelobt" zu werden oder bestätigt etc.
Nein, da ticke ich ein wenig anders. Ich meinte nur, dass ich mir jetzt irgendwie vorstelle, dass all seine andere KlientInnen problemlos ihre Emotionen in den Einheiten ausleben, und ich mache bzw. kann das nicht und bin daher eine schlecht zu therapierende Klientin, die sich nicht aktiv genug einbringt. Und da ich einen Kassenplatz habe, befürchte ich ständig, diesen zu verlieren, wenn es nicht erfolgreich genug läuft. Und wenn ich das Gefühl habe, er wird ungeduldig, dann wird die Angst noch größer. So ungefähr läuft das in mir ab, vereinfacht dargestellt.
Waldschratin hat geschrieben: Di., 28.05.2019, 10:49 Ich hab zwar an sich ein recht "tiefes" und "facettenreiches" Gefühlserleben, aber ich bin nicht nur in Therapie extrem kontrolliert.
Nicht, dass ich das so möchte, in dieser extremen Form.
Aber seit ich denken kann, ist das eins der zentralen Themen in meinen Therapien...
Ich bin dir sehr dankbar dafür, dass du mir das erzählst. Für mich ist es einfach hilfreich zu wissen, dass es nicht nur mir so schwer fällt :)

Jetzt ist dann ja bald Donnerstag, da habe ich die nächste Einheit. Hoffentlich kann ich da ein bisschen Klarheit gewinnen bzw. schaffen :roll:
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Anna-Luisa
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Beitrag So., 02.06.2019, 08:37

nulla hat geschrieben: Mo., 27.05.2019, 17:22 Und lasst ihr denn so intensive emotionale Ausbrüche in der Therapie zu?
Eine knappe Antwort, aber ein klares Nein. Das wäre nichts für mich.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)


mio
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Beitrag So., 02.06.2019, 09:07

nulla hat geschrieben: Mo., 27.05.2019, 17:22 Und lasst ihr denn so intensive emotionale Ausbrüche in der Therapie zu? Wie reagieren Theras auf so etwas?
Ich bin ein einziges Mal so richtig wütend geworden und da WAR ich es auch einfach. Da hätte sie sich warm anziehen können, wenn sie damit nicht klar gekommen wäre im Sinne von: Dann wäre ICH gegangen.

Ich hab schon deshalb was gegen solche "Forderungen" weil sie mich an "Provokationen" erinnern. Und dann ist es ja nicht mehr echt. Nicht mein echtes Gefühl. Und auf Therapeuten die meinen dass es zu einer "guten Beziehung" dazu gehört dass ich mich provozieren lasse kann ich ehrlich verzichten. Sowas wäre mir zu blöd. :kopfschuettel:

Was ich eher "schwierig" finde ist dass Du von Deinem Standpunkt abweichst um "ihm zu gefallen". Den kannst Du doch auch vertreten OHNE dass Du austickst, also mal so grundsätzlich gedacht. Oder nicht?

Ich halte nicht besonders viel davon wenn Leute meinen man müsse ein Gefühl immer SEHEN damit es da sein kann. Ist für mich der totale Quatsch und zeugt für mich eher davon dass das Gegenüber da einen "Mangel" hat. Ich kann ein Gefühl auch einfach nur beschreiben und es ist dennoch da.

Kurzum: Geht es ihm vielleicht mehr darum dass Du Dich ihm - gefühlt - zu sehr unterordnest? Und ist das auch sonst ein Problem in Deinem Leben, also dass Du zu "nachgiebig" bist?

Für mein Gefühl ist das eher der "Ansatz", da es ja unmöglich wirklich gewollt sein kann dass Du ihm die Praxiseinrichtung zertrümmerst. Da würde er sich auch sicherlich zu Recht wehren...also wenn er nicht ganz bescheuert ist. ;-)

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stern
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Beitrag So., 02.06.2019, 09:39

Eine Therapie ist aus meiner Sicht nicht umso besser, je intensiver die Ausbrüche sind. Vielleicht ist in deinem Fall eher das der Punkt:
nulla hat geschrieben: Di., 28.05.2019, 07:17 Zwecks Aggression... Ich finde mich einfach ekelhaft, wenn ich mich so verhalte. Und dann auch noch dem Menschen gegenüber, der gegenwärtig der Einzige ist, bei dem ich mich sicher und angenommen fühle. Klar, er ist Professionist, er erkennt und versteht, worum es geht. Hat er mir auch bestätigt. Aber ich halte es nicht aus, MEIN Gefühl dabei.
Sprich: Du unterbindet (bzw. wie er sagt: kontrollierst) Ärger. Du könntest ihm mitteilen, was du hier geschrieben hast. Was er mitteilte, finde ich nicht negativ. Im Gegenteil: Authentisch... mit der positiven Botschaft, dass die Therapie der passende Platz ist. Und gut Möglichkeit, dass dabei auch ein Vertrauensproblem besteht (wie er damit umgeht). Aber auchnder Aspekt, dass du selbst das nicht aushalten würdest. Aber wie gesagt: Vielleicht kannst du das nochmals aufgreifen.
Liebe Grüße
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Beitrag So., 02.06.2019, 23:24

Herzlichen Dank an euch alle, dass ihr euch die Mühe macht, mir eure Sicht der Dinge zu erklären. Eure Antworten sind unglaublich wertvoll für mich, da sie mir dabei helfen, das Ganze aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und daraus immer neue Erkenntnisse für mich zu gewinnen :)
mio hat geschrieben: So., 02.06.2019, 09:07 Was ich eher "schwierig" finde ist dass Du von Deinem Standpunkt abweichst um "ihm zu gefallen". Den kannst Du doch auch vertreten OHNE dass Du austickst, also mal so grundsätzlich gedacht. Oder nicht?

Das kann ich leider ganz schlecht, da mein Selbstvertrauen so gering ist und ich beim geringsten Widerstand meine eigene Meinung anzweifle. Dabei geht es aber bestimmt nicht darum, "ihm zu gefallen", denn er ist ja auf meiner Seite und es würde ihm vermutlich besser "gefallen", wenn ich zu meiner Meinung stehen könnte, wie du ja auch vermutest:
mio hat geschrieben: So., 02.06.2019, 09:07 Kurzum: Geht es ihm vielleicht mehr darum dass Du Dich ihm - gefühlt - zu sehr unterordnest? Und ist das auch sonst ein Problem in Deinem Leben, also dass Du zu "nachgiebig" bist?
Ja.
Was ich noch sagen wollte ist, dass ich nicht (mehr) zu körperlicher Aggression neige, sondern ausschließlich zu verbaler. Ich verletze Menschen, oft und gekonnt.
Als ich ihn das eine Mal verbal angriff war das eigentlich die Übertragung meiner Aggressionen gegenüber meiner Mutter. Er wusste das, ich wusste das. Er hat mich mit ein paar sanften Worten zurückgeholt und ich wurde sofort ruhig, während ich im selben Moment schon im Boden versinken wollte vor lauter Scham. Es ging dabei nie um ihn, sondern ausschließlich um mich und meine Muster, die ich auf der einen Seite so satt habe, aber an denen ich andererseits so stur und unbeirrt festhalte :roll:
stern hat geschrieben: So., 02.06.2019, 09:39 Du könntest ihm mitteilen, was du hier geschrieben hast.
Ich habe mir auch schon gedacht, den Thread auszudrucken und in die Einheit mitzunehmen. Ich habe so etwas bisher noch nicht gemacht und habe daher keine Ahnung, wie er darauf reagieren könnte. Aber es macht mir nicht so große Angst.

Ich habe übrigens am Tag nach der besagten Einheit begonnen, ein Tagebuch zu führen. Einerseits um immer wieder nachzulesen, wie sich meine Gedanken in vielerlei Hinsicht im Laufe der Zeit entwickeln, andererseits um mich besser an verschiedene Momente und meine damit verbundenen Gefühle erinnern zu können. Davon werde ich ihm auch erzählen. Vielleicht kann ich das ja auch einmal brauchen, vielleicht etwas daraus vorlesen oder so.

Ich habe jetzt eigentlich keine Angst mehr vor der nächsten Einheit, sondern kann es kaum noch erwarten hinzugehen :cool:

LG Nulla
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Lebenswanderin
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Beitrag Mo., 03.06.2019, 03:17

nulla hat geschrieben: So., 02.06.2019, 23:24 Ich habe jetzt eigentlich keine Angst mehr vor der nächsten Einheit, sondern kann es kaum noch erwarten hinzugehen :cool:
Das ist ja wunderbar! Was für ein Erfolg!
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