Therapieabbruch um Gefühl zu unterbinden?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Seeanemone
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Therapieabbruch um Gefühl zu unterbinden?

Beitrag Mo., 27.01.2020, 18:50

Hallo :red:
gerade bin ich auf dieses Forum gestoßen und hoffe dass ich hier mit meinen Fragen und Gedanken richtig bin. Wenn nicht, tauche ich schnell wieder ab :red: .

Seit gut einem Jahr bin ich bei der Therapeutin. Wir verstehen uns gut und ich mag Sie. Jetzt hatte ich den ersten Termin nach 5 Wochen Pause und obwohl der ok war, habe ich das sehr starke Bedürfnis nicht mehr hingehen zu wollen.
Die Pause an sich, empfand ich als anstrengend, doch zum Ende hin, war es dann ok. Jetzt nach dem Termin ist es, als wäre da etwas hungriges in mir wach geworden und dieses Gefühl finde ich ganz furchtbar. Jetzt ist mein Bedürfnis riesig, nicht mehr hingehen zu wollen, in der Hoffnung dass das Gefühl dann verschwindet. Es ist wie ein Fremdkörper, der da nicht hingehört.
Kennt das Jemand? Und wenn ja, wie geht ihr damit um? Wie bekommt man das weg?

Lg
Seeanemone

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alatan
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Beitrag Mo., 27.01.2020, 19:52

Hungrig worauf? Und warum ist es furchtbar?

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Philosophia
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Beitrag Mo., 27.01.2020, 19:55

Das liegt bei dir - das Hungrige ist offenbar in dir. Es könnte sein, dass es irgendwann woanders herausbricht - vielleicht auch Schaden anrichtet (unbewusst). In der Therapie ist jedoch ein guter Raum, das anzugucken.
Jedenfalls bekommt man das nicht einfach weg - jetzt davor wegzulaufen, dürfte es vielleicht erstmal verschwinden lassen, aber es wird grundsätzlich da sein und bei der nächsten Gelegenheit, kann es wiederkommen.
Aber lass mal, ich verstehe das - ich wollte aus diesem Grund meine Psychoanalyse mehrfach viel zu früh beenden. Weißt du, was schön ist - wenn du dir Zeit nimmst und es gut mit deiner Therapeutin bearbeitest, kann es viel besser werden oder sogar verschwinden.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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WirbelUschi
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Beitrag Mo., 27.01.2020, 20:54

Philosophia hat geschrieben: Mo., 27.01.2020, 19:55 Aber lass mal, ich verstehe das - ich wollte aus diesem Grund meine Psychoanalyse mehrfach viel zu früh beenden. Weißt du, was schön ist - wenn du dir Zeit nimmst und es gut mit deiner Therapeutin bearbeitest, kann es viel besser werden oder sogar verschwinden.
Echt, Philo? Das wusste ich gar nicht. Krass. Und du hast es nicht getan und kannst jetzt über 1 Jahr nach Ende sagen, dass der ganze Prozess gut und hilfreich war und die Therapie am Ende erfolgreich war. Was war denn bei dir „zu früh“ immer wieder mal zu verschiedenen Zeiten/Stadien in der Therapie oder eher mehrfach anfangs/in der Mitte?


Ich finde es spannend, immer wider begegnet einem das, auch von viel neuen Usern hier. Ob man es nun hungrig nennt oder Sehnsucht oder Bedürftigkeit etc pp
Am Ende fällt das vermutlich alles unter einen Deckel.
Ich wollte meine (analytische) Therapie deshalb auch schon abbrechen. Und zwar auch schon genau 2 mal nach einer Pause, wo ich dann merkte: ich brauch es/sie gar nicht (mehr) so. Ich bin JETZT schon Abstand gewohnt und sollte diese Chance nutzen, mich zu verabschieden. JETZT wird es mir leichter fallen. Und ich wollte auch nicht, dass diese Bedürftigkeit so heftig wieder kommt.
Hab mich dann aber beeinflussen lassen durch die einhellige Meinung (Zum Beispiel hier, Therapeutin meines Sohnes riet auch stark vom Abbruch ab), dass es nicht klug wäre, mitten im Prozess (und wenn man so „hungrig“ ist, ist man noch im Prozess und längst nicht am Ende angekommen, aufzuhören.
Ich hatte aber Sorge, dass das dann nie aufhört.
Kam dann aber doch so, liegt aber nicht am Therapie Erfolg, denke ich. Eher weil ich dann Sertralin nahm und mit der Dosierung auch etwas drüber war zeitweise.
Also ich persönlich kann leider nichts dazu sagen, wie man das per Therapie Prozess wieder los wird.
Weiß halt nur, dass es oft dazu gehört und meist dann auch wichtiger Bestandteil ist und aufhören vermutlich die denkbar schlechteste Idee ist.
Ich schätze auch, da schlimmer dann was. Und zeigt sich anders. Oder woanders.
Glaube nicht alles, was du denkst... - und fühlst.

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Fighter1993
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Beitrag Mo., 27.01.2020, 21:26

Das gehen wollen und nicht kommen wollen kenne ich zu gut. Bei mir allerdings überwiegend in schwierigen Zeiten oder nach Stunden, in denen ich Dinge angesprochen habe, für die ich mich zu den Zeitpunkten in Grund und Boden geschämt habe - zum Teil auch die Bedürftigkeit als Thema, zum Teil waren es aber auch Details von Ereignissen oder Gedanken weswegen ich nicht mehr kommen wollte, weil es MIR total unangenehm war und ich dem aus dem Weg gehen wollte. Wäre ich tatsächlich nicht mehr gekommen, hätte ich nicht mitbekommen, dass sich dieses Unangenehme auflösen lässt bzw mit der Zeit schwächer wird. Ich hätte nicht erfahren dürfen, dass diese Wertungen nur in mir stattfinden und nicht von der Therapeutin kommen - auf die ich eben diese Erwartung übertragen habe. Ich dachte immer und immer wieder, sie würde so reagieren wie ich mich dabei fühle. Aber das tat sie nicht.
Daher war und ist für mich das immer wieder bei ihr zu erscheinen tatsächlich ein Gewinn und ich rate dir, stell dich deinen Gefühlen. Du nimmst dir sonst die Möglichkeit auf neue Erfahrungen.

Nimm deine Gefühle mit in die Therapie und besprich sie. Ich hab in solchen Zeiten die Stunden regelmäßig damit begonnen zu sagen, dass ich am liebsten abgesagt hätte und dann haben wir darüber gesprochen, weshalb das so ist. Ich weiß dass das in den Momenten das schlimmste sein kann, dass es sich bedrohlich anfühlt und man am liebsten im Boden versinken möchte. Aber... du wächst an diesen Gesprächen. Du hast dadurch die Möglichkeit mit jemandem gemeinsam anzusehen, was sich da versteckt und was gerade rauskommen will. Du musst damit nicht alleine klarkommen, denn deine Bedürftigkeit und deine Gefühle werden rauskommen, wenn nicht jetzt in der Therapie und mit Begleitung, dann wann anders. Dann, wenn du vermutlich nicht aufgefangen werden kannst und wenn du damit alleine klarkommen musst. Also, nutze diese Chance und sprich!

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LSeneca
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Beitrag Mo., 27.01.2020, 22:04

Hallo Seeanemone,

wenn ich Hunger habe, weil ich den ganzen Tag noch nichts gegessen habe, wird es mir nichts nützen, über meinen Hunger und die Gründe meines Hungers Stunde um Stunde zu debattieren und mein Bedürfnis zu analysieren. Im Gegenteil würde ich zunehmend frustriert werden, Magenschmerzen bekommen und mich geschwächt fühlen. Wenn mir dann jemand erzählt, dass es hier aber gerade nicht ums Essen geht, mein Bedürfnis nach Nahrung aber immer stärker wird, fühle ich mich mit der Zeit vielleicht sogar beschämt über meine Bedürftigkeit. Im schlimmsten Fall greife ich nun zu Tabletten gegen die Magenschmerzen, statt zu essen und kann mich doch immer schwerer auf etwas anderes als auf meinen Hunger und das Bedürfnis nach Nahrung konzentrieren.

Eine Psychoanalyse kann auch schaden, selbst wenn sie leitliniengerecht verläuft.

LG LSeneca

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Beiträge: 1548

Beitrag Mo., 27.01.2020, 23:01

Seeanemone hat geschrieben: Mo., 27.01.2020, 18:50 Es ist wie ein Fremdkörper, der da nicht hingehört.
Kennt das Jemand? Und wenn ja, wie geht ihr damit um? Wie bekommt man das weg?
Mach vermutlich schon zu lange Therapie, um nachvollziehen zu können, warum man nicht erst versucht das in der Therapie zu besprechen und danach GGF. in Erwägung zieht, die Therapie zu beenden.
"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf

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Philosophia
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Beitrag Di., 28.01.2020, 06:10

Ähm LSeneca, mal davon abgesehen, dass die TE gar nicht davon sprach, dass es sich bei ihr um eine Psychoanalyse handeln würde, sondern ich war das, finde ich es schwierig, was du da sagst. Ich habe meinen Hunger sehr wohl in der Psychoanalyse gestillt bekommen und fühlte mich am Ende ziemlich satt. Nur am Anfang, als das Ganze ausbrach, da hatte ich Ekel vor mir und konnte das kaum aushalten. Na ja gut und die Schuldgefühle zu viel zu bekommen und Angst, abhängig zu sein - das hat dazu geführt, dass ich möglichst früh immer wieder gehen wollte. Der gesunde Teil in mir wollte aber zum Glück bleiben.
Und sie hat mir jedenfalls alles gegeben, was ich benötigte zu dem Zeitpunkt. Selbst im Nachgang. Und zwar genau das, was sie mir als Analytikerin geben konnte - nicht etwa hat sie versucht, mir meine nie dagewesenen Eltern zu ersetzen, und doch hat sie etwas in mir ausgefüllt. Ich hatte nie das Gefühl bei ihr zu verhungern. Und ich kann sagen, die ich Jahrzehnte lang mit massiven Untergewicht und Übelkeit zu kämpfen hatte, dass ich jetzt erstmals fast normalgewichtig bin, ohne dass ich mich quälen muss, mir übermäßig viel Nahrung zuzuführen. Ich habe jetzt eine gute Grundlage. Und das, obwohl in meinem Leben gerade viel krasses und schweres passiert und ich schon über ein Jahr nicht mehr in Therapie bin.
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Philosophia
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Beitrag Di., 28.01.2020, 06:22

Zu deinen Fragen, WirbelUschi, anfangs fand ich es ganz toll (also nicht nur, auch schmerzhaft, aber ich merkte, es passt und ich lern viel) und so nach knapp einem Jahr reagierte ich mit Übelkeit, die aber immer verschwand, wenn ich bei ihr war. Ich hatte sogar immer ne Kotztüte einstecken, so schlimm war das, aber wie gesagt, es ging bei ihr immer weg - ich hab analysiert, dass es mein Ekel vor mir selbst war. Das war vor der ersten Therapieverlängerung. Und vor der zweiten Verlängerung dasselbe Spiel, ich hab mich so gegeben, als wäre ich gesund und sie selbst sagte, sie wüsste nicht, was sie noch für mich tun könnte - wir planten das Ende und ich brach dann aber zusammen und merkte, dass das von mir Heuchelei war...und sie beantragte ohne mich groß zu beschämen das Höchstkontingent...und obwohl ich das ja dann irgendwie so wollte, hat sich ein Stück von mir immer geschämt und ich habe mich oft blöd verhalten und vierteljährlich meinen Weggang geplant. Sie war auch (meist) immer eingeweiht und hat aber nie meine gesetzten Termine im Kopf behalten...und das war gut so. Jedenfalls war das für mich immer ein Kampf - selbst im Nachgang. Denn auch als ich dann satt war, schämte ich mich, so viel bekommen zu haben. Aber das liegt an meiner Geschichte. Ich bin froh, dass sie das mit mir zusammen angeschaut hat und dass ich so sein durfte - allein das hat mir viel gegeben.
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Hasenmaus123
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Beitrag Di., 28.01.2020, 07:06

@ Philosophia,

Guten Morgen
Was hast du denn bekommen?
Emotionale Nähe, Aufmerksamkeit, Zuwendung?

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Philosophia
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Beitrag Di., 28.01.2020, 07:14

Ja, ganz genau - was aber auch darin bestand, dass sie sich ganz doll mit mir auseinandergesetzt hat. Und, sie hat mich vieles gelehrt, indem sie es in unseren Interaktionen vorgemacht hat - Abgrenzung, für sich selbst sorgen. Ich hatte immer das Gefühl, dass sie sich selbst mag - das war immer schön für mich zu spüren. Ach ja und eigene Begrenztheit akzeptieren - sie selbst hatte zum Beispiel nie einen Heilungsanspruch bei der ganzen Nummer. Und sie gab mir zudem viel Entspanntheit und auch Humor. Und sie zeigte mir viele Gefühle, die ich bislang nicht ausdrücken konnte, indem sie ihre Gefühle selbst sehr klar zum Ausdruck brachte - ohne mich zu überfluten. Und sie hat mir vor allem auch Grenzen gegeben und Halt - und das Wissen, dass sie immer für mich die Analytikerin bleiben wird - und d.h., sie ihre Rolle nicht verlassen wird. Und sie hat nicht übertrieben Rücksicht auf mich genommen, was mir geholfen hat, zu wachsen. Also, es war sehr viel - und ich kann mich immer daran erinnern, wenn ich es brauche - meist kommt das dann auch von allein zu mir zurück.
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candle.
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Beitrag Di., 28.01.2020, 07:19

Schon interessant was ihr alle in die paar unklaren Zeilen der TE reininterpretiert! Ich hätte gerne erstmals mehr erfahren!

LG candle
Now I know how the bunny runs! Bild

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Philosophia
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Beitrag Di., 28.01.2020, 07:22

Ich interpretiere nicht, ich berichte in erster Linie, wie es sich für mich verhalten hat - die TE fragte ja danach, ob das jemand kennt.
Aber ja, ich fänds auch schön, wenn Seeanemone hier noch was schreiben würde. Aber nicht jeder ist nonstop online
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stern
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Beitrag Di., 28.01.2020, 07:34

Seeanemone hat geschrieben: Mo., 27.01.2020, 18:50 Und wenn ja, wie geht ihr damit um? Wie bekommt man das weg?
Der erste Schritt wäre aus meiner Sicht, das in der Therapie anzusprechen. Davon, etwas aus Foren zu saugen, das dann evtl. doch nicht vergleichbar ist (sei es psychisch oder weil in einer anderen Therapie anders gearbeitet wird), halte ich nicht viel.

Sicherlich kann man beim Auftreten unangenehmer Gefühle eine Therapie abbrechen... man kann aber alternativ auch die Chance nutzen, Gefühle zu thematisieren. Nicht immer geht es darum, etwas wegzubekommen. Wenn überhaupt.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

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Sinarellas
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Beitrag Di., 28.01.2020, 08:10

hehe ja das kenne ich sehr gut.
Trotzdem: Brav hingehen, es wird dich whrl weiterbringen.
Das Gefühl nicht mehr hinzuwollen könnte auch daher kommen, eben weil du hingehst. Je näher der Termin rückt, desto weniger willst du hingehen und wenn du dich da überwindest, könntest du durchaus mehr draus ziehen.
Du krigst das nur weg, wenn du dich daran gewöhnst hinzugehen.

btw. wie kann man 0 BEiträge haben obwohl man einen Beitrag geschrieben hat, ich kann mir schlecht vorstellen, dass in dem Unterforum hier die Beiträge nicht gezählt werden?
..:..

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