Therapieverlauf, Unsicherheit, Zweifel und Verschlechterung

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Phoebe_Buffay
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Therapieverlauf, Unsicherheit, Zweifel und Verschlechterung

Beitrag Fr., 12.06.2020, 21:40

Hallo zusammen,

ich bin gerade etwas verzweifelt und ich hoffe hier auf ein paar hilfreiche Gedanken. Der Text wird etwas länger, aber es fehlt mich schwer, die Situation kürzer zu erklären.

Ich mache seit 18 Monaten eine tiefenpsychologisch fundiere Therapie. Die Gründe sind vorrangig eine Essstörung, wiederkehrende depressive Episoden und Ängste. Die Therapie war von Anfang an schwierig und gab immer wieder Konflikte. Der Hauptkonflikt war eigentlich immer, dass ich mich sehr stark unter Druck gesetzt gefühlt habe (und vermutlich selber unter Druck gesetzt habe) und sie wiederrum das Gefühl hatte, dass ich ihre therapeutische Unterstützung nicht annehme. Es war über längere Phasen eher ein Kampf als Therapie und ich war in diesen Phasen sehr verzweifelt, habe mich absolut unfähig und abhängig gefühlt von ihr und mir ging es eigentlich immer schlechter. Allerdings bin ich auch seit einigen Jahren in einer sehr belastenden Arbeitssituation mit enorm viel Stress und Belastung und einem sehr unguten Abhängigkeitsverhältnis zu meiner Chefin. Das heißt, ich stand eigentlich die letzten Monate unter Dauerstress und war dann in den Stunden einfach oft sehr fertig und habe dann wohl bei schweren Themen auch blockiert.

Ich hatte aber auch immer eine Stimme in mir, dass mir diese Therapie auf einer nicht greifbaren Ebene sehr gut tut. Ich habe zwar oft gezweifelt, aber nie ernsthaft über einen Abbruch nachgedacht. Anfang des Jahres hatte ich das Gefühl, dass ich mehr Begleitung und Sicherheit brauche und habe sie gefragt, ob ich zweimal die Woche kommen kann. Da war ein großer Schritt für mich, aber In diese Phase ging es mir insgesamt besser (wobei die Essstörung eigentlich immer akut ist) und konnte mich ganz anders auf die Themen einlassen. Ich hatte das erste mal das Gefühl, dass wir eine gute Vertrauensbasis gefunden haben.

Im Februar hat sie eine Verlängerung beantragt (nach 60 Stunden), die auch schnell genehmigt wurde (weiter 40 Stunden). Seit ca. 4 Wochen geht es mir wieder schlechter. Der Auslöser war wieder sehr viel Stress und Überforderung bei der Arbeit und eine körperliche Erkrankung. Ich habe es eine zeitlang ignoriert, aber dann brach plötzlich alles zusammen. Ich habe eigentlich während der ganzen Therapiezeit unter meinen Symptomen gelitten, habe sie aber in den Stunden selten thematisiert. Diesmal war es aber anders und ich habe meiner Therapeutin sehr deutlich gezeigt, dass es mir schlecht geht. Gleichzeitig kamen dann plötzlich große Ängste auf, weil nicht mehr so viele Stunden bleiben (ca. 30) und mich das enorm stresst, jetzt noch möglichst viel zu erreichen. Bei mir stehen zudem beruflich einige Veränderungen an und die nächsten Monate werden belastend. Mein Vertrag läuft aus und ich bin dann erstmal arbeitslos. Das ist zwar eine Erleichterung, aber die Arbeit war über Jahre trotz vieler Schwierigkeiten enorm wichtig. Zudem bin ich in der Endphase meiner Dissertation und weiß noch überhaupt nicht, wie es danach weitergeht. Da ist also sehr viel Unsicherheit und die Vorstellung, dass in der Phase die Therapie endet, ist sehr schwierig für mich.
Ich habe das auch schon öfter thematisiert, aber sie hat das insgesamt auf meine Trennungsängste geschoben und ich habe mit da nicht so recht ernst genommen gefühlt.

Gleichzeitig kamen dann in den letzten Wochen diese unguten Abhängigkeitsgefühle auf und ich habe das Gefühl, das mir die Therapie und die Therapeutin gerade viel zu wichtig ist und es mir gleichzeitig nach jeder Stunde schlechter geht. Letzte Woche hat sie vorgeschlagen, dass ich in eine Klinik geht, das hat aber alles noch viel schlimmer gemacht. Ich habe mich heute getraut, das sehr offen anzusprechen. Das war eine große Überwindung, aber ich bin gerade noch ratloser als vorher. Theoretisch wäre ich auch bereit, die Therapie nach den 100 Stunden privat weiterzuzahlen, um mir selber den Druck zu nehmen, der sich bisher eher negativ ausgewirkt hat und selbstbestimmter gehen zu können. Ich weiß aber gar nicht, ob das möglich ist und ob meine Therapeutin das für sinnvoll hält, nachdem ich hier heute zum ersten mal ehrlich von meinen Abhängigkeitsgefühlen berichtet habe. Es kommen auch immer wieder Gedanken auf, die Therapie zu pausieren. Momentan geht es mir nach jeder Stunde schlechter und ich fühle mich völlig unfähig. Manchmal habe ich da Bedürfnis einfach aus diesem Therapiegewirr auszusteigen, auch weil ich nebenbei die Arbeit und meine Dissertation bewältigen muss, was sehr viel Kraft kostet. Dann habe ich aber auch das Gefühl, dass es gerade jetzt wichtig wäre, weiter dranzubleiben. Aber die Vorstellung, dass in 30 Stunden dann einfach Schluss ist, obwohl es sich dann für mich vielleicht überhaupt nicht gut anfühlt, ist gerade unerträglich. Und bei dem Gedanke an eine Klinik kommt noch mehr Panik und Druck auf.

Ich bin gerade ziemlich ratlos und traurig. Vielleicht hat sich ja jemand durch meinen Text gekämpft und hat da den einen oder anderen Gedanken dazu.

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Arakakadu
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Beitrag Sa., 13.06.2020, 07:04

Das was du schreibst kenne ich alles! Es liest sich so als hätte ich das geschrieben! Ich habe auch seid 10 Jahren Bulimie (welche Form hast du?) und bin auch seid 1,5 Jahren in einer tiefenpsychologischen und habe noch 30 Stunden offen 😂
Ich fühle mich auch sehr abhängig von meinem Therapeuten, wobeis grad besser wird. Was sagt sie genau zu dieser Abhängigkeit?
Mein Therapeut meint eben, dass das ganz normal und gut ist, ich das logischerweise gerade brauche und mir quasi die Geborgenheit hole, die ich als Kind nicht bekommen habe! Ich habe auch immer wieder gesagt dass ich Angst habe dann allein dazustehen. Mein Therapeut meint, dass das nicht so sein wird und wir uns was überlegen! Man kann übrigens (zumindest bei uns) auch nach 100h immer wieder verlängern mit der richtigen Diagnose. Essstörungen brauchen Zeit, vor allem wenn sie schon lange bestehen! Kopf hoch, es wird wieder besser! Wichtig ist aber, dass du in der Therapie eine gute Trennungsfähigkeit und Selbsthilfefähigkeit erwerben kannst!


Kirchenmaus
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Beitrag Sa., 13.06.2020, 07:21

Hallo Phoebe,

ich würde erst mal einen Plan machen. Was ist am wichtigsten? Was am dringendsten?

Wie lang ist die Endphase der Dissertation?
Könntest du dir vorstellen, die Diss jetzt durchzuziehen und nebenbei deine Therapeutin als Begleitung zu haben, auch wenn es nicht jede Woche ist? Frag sie doch mal nach Quartalsstunden bzw. nach Selbstzahlung.

In der Arbeitspause könntest du evtl. wieder etwas tiefer in die Therapie einsteigen und dir bewusster werden, ob Klinik der nächste Schritt ist – oder wie die nächste Arbeitsstelle aussehen soll.

Klinik kann eine sehr gute Sache sein – zum richtigen Zeitpunkt. Kann aber auch Sachen aufreißen, die du dann erst mal nicht mehr so schnell schließen können wirst. (Kann ich nicht so gut beurteilen, ich war "nur" in der Tagesklinik. War aber auch schon intensiv genug.

Unabhängig davon würde ich mir so viel Unterstützung holen wie möglich. Es gibt so viele Beratungsstellen zu so vielen Themen, und oft geben die ganz guten Input.

Das wird schon. es ist jetzt alles sehr viel auf einmal bei dir. Aber ich bin überzeugt, dass du wieder klarer sehen kannst, wenn der Druck der Diss mal weg ist.

Alles Gute!
Kirchnmaus
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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diesoderdas
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Beitrag Sa., 13.06.2020, 07:39

Kenne ich auch, dass man in Therapie geht und sich dennoch nichts verbessert.

Wenn ich dich richtig verstanden habe, fühlst dich dich lediglich etwas sicherer seit ihr euch öfter seht und es gibt aber keine konkreten Verbesserungen in deinem Leben?

Diesen Druck kenne ich ebenfalls. So ein Druck, es müsse sich doch endlich etwas tun, vor allem wenn die Stunden nur so dahinrattern und immer weniger werden.

Ich wäre dennoch sehr vorsichtig damit , nach den Kassenstunden das ganze noch länger zu ziehen indem du selbst zahlst.
Ich glaube nicht mehr daran (also generell, nicht unbedingt auf dich gemünzt), dass es zu großen echten Veränderungen kommt, wenn es das schon lange Zeit nicht mehr tut.
Sinnvoller würde ich es finden, vielleicht mal ein paar Probesitzungen bei anderen Therapeuten auszumachen, zu schauen, ob du dich da anders fühlst, ob es dich anders bewegt. Sowas kann man auch bei laufenden Sitzungen machen, soviel ich weiß. Vielleicht auch mal Therapeuten anderer Richtungen anzuschauen, kennenzulernen. Vielleicht wäre z.B. VT hilfreicher für dich?

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Phoebe_Buffay
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Beitrag Sa., 13.06.2020, 10:33

Vielen Dank für Eure Antworten!
Marlena hat geschrieben: Sa., 13.06.2020, 07:04 Ich fühle mich auch sehr abhängig von meinem Therapeuten, wobeis grad besser wird. Was sagt sie genau zu dieser Abhängigkeit?
Das tut gut zu hören, dass ich damit nicht alleine bin. Sie hat dazu gar nichts richtiges gesagt nur ein paar Fragen gestellt. Aber deswegen bin ich auch so ratlos. Mich hat das sehr viel Überwindung gekostet, darüber zu reden und dann blieb das alles so offen im Raum stehen und ich habe mich damit ziemlich verloren gefühlt. Seltsamerweise ist diese Abhängigkeit auch deutlich besser in längeren Therapiepausen, da komme ich eigentlich recht gut klar.

Marlena hat geschrieben: Sa., 13.06.2020, 07:04 Man kann übrigens (zumindest bei uns) auch nach 100h immer wieder verlängern mit der richtigen Diagnose.
Davon hat sie nichts gesagt, ich habe allerdings auch nicht direkt nachgefragt. Aber eigentlich klang es so, als wenn nach 100 Stunden Schluss ist. Ich fange schon an, mich zu ärgern, die Stunden nicht besser genutzt zu haben und so viele Stunden mit unnötigen „Kämpfen“ verbracht habe…
Kirchenmaus hat geschrieben: Sa., 13.06.2020, 07:21 Könntest du dir vorstellen, die Diss jetzt durchzuziehen und nebenbei deine Therapeutin als Begleitung zu haben, auch wenn es nicht jede Woche ist? Frag sie doch mal nach Quartalsstunden bzw. nach Selbstzahlung.
Das ist leider nicht wirklich absehbar, aber vermutlich bis Ende des Jahres, ab September bin ich dann aber nicht mehr an der Uni. Ja, ich glaube, ich muss das tatsächlich für mich konkreter plane und mir überlegen, was ich mir vorstellen kann. Momentan gehe ich zu den Stunden und mir geht es eigentlich immer schlechter und ich habe Angst, meine Dissertation nicht zu schaffen. Dann kommen noch die Versagensängste in der Therapie dazu. Ich habe aber oft das Gefühl, dass meine Therapeutin nicht richtig versteht und mir dann eher „vorwirft“, dass ich wichtigen Themen ausweiche und nicht wahrnimmt, was da für ein Druck hinter steht, der sich dann auch die Therapie auswirkt.
Kirchenmaus hat geschrieben: Sa., 13.06.2020, 07:21 Klinik kann eine sehr gute Sache sein – zum richtigen Zeitpunkt. Kann aber auch Sachen aufreißen, die du dann erst mal nicht mehr so schnell schließen können wirst. (Kann ich nicht so gut beurteilen, ich war "nur" in der Tagesklinik. War aber auch schon intensiv genug.
Ja, der Zeitpunkt fühlt sich tatsächlich nicht richtig an. Ich weiß dann aber nicht, inwiefern, ich mir da selber trauen kann, weil es mir phasenweise auch wirklich schlecht geht. Ich könnte mir aber fast vorstellen, dass es mir einer längeren Therapiepause besser geht, weil da nicht ständig gewisse Gefühle angestoßen werden und zumindest der emotionale Stress nach den Stunden wegfällt. Für mich ist dann klarer, dass ich alleine klar komme muss und funktioniere in dem Modus irgendwie auch besser.
Kirchenmaus hat geschrieben: Sa., 13.06.2020, 07:21 Unabhängig davon würde ich mir so viel Unterstützung holen wie möglich. Es gibt so viele Beratungsstellen zu so vielen Themen, und oft geben die ganz guten Input.
Ja, vielleicht es auch ein Fehler zu hoffen, dass diese Therapie unbedingt helfen muss und schafft noch zusätzlich Druck. Ich werde mich da nochmal informieren.
diesoderdas hat geschrieben: Sa., 13.06.2020, 07:39 Wenn ich dich richtig verstanden habe, fühlst dich dich lediglich etwas sicherer seit ihr euch öfter seht und es gibt aber keine konkreten Verbesserungen in deinem Leben?
Ich bin mir nicht sicher, es gab schon auch Verbesserung besonders hinsichtlich der depressiven Stimmungen. Ich war einfach nicht so hoffnungslos und stabiler. Aber ich habe auch gerade das Gefühl, dass ich diese Verbesserungen auch sehen wollte, danach kam nämlich ein ziemlicher Absturz.

diesoderdas hat geschrieben: Sa., 13.06.2020, 07:39
Ich wäre dennoch sehr vorsichtig damit , nach den Kassenstunden das ganze noch länger zu ziehen indem du selbst zahlst.
Ich glaube nicht mehr daran (also generell, nicht unbedingt auf dich gemünzt), dass es zu großen echten Veränderungen kommt, wenn es das schon lange Zeit nicht mehr tut.
Ja, ich bin auch unsicher. Wobei ich aber auch immer wieder merke, dass es für mich wahnsinnig schwierig ist, mich neben dem Arbeitsstress und dem Druck auf die Therapie einzulassen. Im Herbst war ich 2 Monate krankgeschrieben, da gab es schon Verbesserungen. Aber auch hier traue ich meinem Gefühl nicht so richtig. Mir geht es aber vor allem darum, etwas selbstbestimmter gehen zu können und nicht vor die Tür gesetzt zu werden, obwohl es sich für mich noch nicht richtig anfühlt. Das hängt aber mit sehr unguten Erfahrungen zusammen, wo für mich sehe wichtige Personen plötzlich aus meinem Leben verschwunden sind und mich „fallengelassen“ habe,

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Phoebe_Buffay
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Beitrag Sa., 13.06.2020, 10:43

Irgendwie wird mir gerade bewusst, dass ich mir die Frage, was ich eigentlich in dieser Therapie will gar nicht richtig gestellt habe. Es ging unbewusst immer darum, es meiner Therapeutin recht machen zu müssen und ich habe da meine Gefühl im Therapieprozess häufig nicht ernst genommen (eine Dauerschleife in meinem Leben). Es gab zwar jede Menge Konflikte, aber ich war dann eigentlich immer nur erleichtert, wenn es wieder gut war. Gerade habe ich das große Bedürfnis eine Pause zu machen, um wieder ein bisschen innere Distanz zu finden, stabiler zu werden und auch wieder ein bisschen besser zu funktionieren, um meine Dissertation noch beenden zu können.

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Arakakadu
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Beitrag Sa., 13.06.2020, 10:56

Phoebe_Buffay hat geschrieben: Sa., 13.06.2020, 10:43 Irgendwie wird mir gerade bewusst, dass ich mir die Frage, was ich eigentlich in dieser Therapie will gar nicht richtig gestellt habe. Es ging unbewusst immer darum, es meiner Therapeutin recht machen zu müssen und ich habe da meine Gefühl im Therapieprozess häufig nicht ernst genommen (eine Dauerschleife in meinem Leben). Es gab zwar jede Menge Konflikte, aber ich war dann eigentlich immer nur erleichtert, wenn es wieder gut war. Gerade habe ich das große Bedürfnis eine Pause zu machen, um wieder ein bisschen innere Distanz zu finden, stabiler zu werden und auch wieder ein bisschen besser zu funktionieren, um meine Dissertation noch beenden zu können.
Ich finde du wirkst recht klar was du möchtest und was nicht! Zwecks dem "ich muss allen alles recht machen, auch der Therapeutin" solltest du unbedingt ansprechen! Genau um diese Gefühle geht es nämlich!
Mir fällt auch oft auf, daß Leute in einer tiefenpsychologischen T. Oft nach diesem Zeitraum das Gefühl haben, aufhören zu müssen! Die Frage ist nur, was bringt dir diese Pause! Du verschiebst alles nur nach hinten- was aber im Falle für dich und deine Arbeit nicht blöd wäre und sehr verständlich! Was hast du für eine Essstörung wenn ich fragen darf?

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Phoebe_Buffay
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Beitrag Sa., 13.06.2020, 11:22

Marlena hat geschrieben: Sa., 13.06.2020, 10:56 Ich finde du wirkst recht klar was du möchtest und was nicht! Zwecks dem "ich muss allen alles recht machen, auch der Therapeutin" solltest du unbedingt ansprechen! Genau um diese Gefühle geht es nämlich!
Danke, gerade fühle ich mich gar nicht so klar und ziemlich überfordert. Ja, ich würde es gerne ansprechen. Aber ich habe Angst davor, dass es dann noch schwieriger wird und ich ihre Unterstützung komplett verliere. Ich hatte manchmal das Gefühl, dass sie sich durchaus auch von mir angegriffen gefühlt hat und sich als Therapeutin insuffizient und abgelehnt gefühlt hat (sie es auch selber mal so formuliert). Aber vielleicht interpretiere ich da auch zu viel. Aber es bleibt das Gefühl, dass ich damit alles noch viel schwieriger und komplizierter mache. Gleichzeitig finde ich das Gefühl, "brave" Patientin sein zu müssen, um Konflikte mir ihr zu vermeiden gerade auch nicht erträglich.
Marlena hat geschrieben: Sa., 13.06.2020, 10:56 Die Frage ist nur, was bringt dir diese Pause! Du verschiebst alles nur nach hinten- was aber im Falle für dich und deine Arbeit nicht blöd wäre und sehr verständlich! Was hast du für eine Essstörung wenn ich fragen darf?
Ich weiß auch nicht richtig, es ist der Wunsch nach Abstand, weil ich damit gerade überfordert bin. Gleichzeitig habe ich das Gefühl, da weiter dran bleiben zu müssen und eigentlich auch das leise Gefühl, dass wir darüber sprechen können. Mit der Essstörung schwankt es immer mal. Gerade ist es vor allem Bulimie, die sehr akut ist. Dann ist der Leidensdruck auch besonders hoch, ich fühle mich sehr abhängig und habe wahnsinnige Angst, ihre Unterstützung zu verlieren. Es gibt auch immer Phasen, wo ich die Bulimieanfälle unter Kontrolle habe, mit dem Gefühlsdschungel in der Therapie auch besser umgehen kann und ich „funktioniere“ dann im Alltag und bei der Arbeit insgesamt auch viel besser. Wir haben aber nie übermäßig viel über die Symptome gesprochen, auch wenn der Leidendruck zeitweise sehr hoch war. Ich habe ihr letzte Woche zum ersten Mal richtig erzählt, wie schlecht es mir in den Bulimiephasen (meistens in Verbindung mit einer depressiven Episode) geht. Komischerweise hatte ich vor allem ein schlechtes Gewissen und Schuldgefühle ihr gegenüber, dass das nach 1 1/2 Jahren immer noch nicht besser ist.


ziegenkind
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Beitrag Sa., 13.06.2020, 11:33

Ich finde wichtig, was Du zu den zwei Monaten sagst, in denen Du wegen Krankheit nicht gearbeitet hast. Da ging es besser mit der Therapie, richtig?

Ich denke da solltest Du drüber nachdenken: vielleicht brauchst Du erst einmal eine Vollbremsung in Deinem Leben, um Dich intensiv und ausschließlich um Deine gravierenden psychischen Probleme zu kümmern.

Du wirst wissen, welche Reihenfolge besser ist: (i) erst Diss fertig und dann Klinik oder(ii) erst Vollbremsung und Klinik, um dann mit neuer Energie die Diss fertig zu kriegen.

ich bin vor 13 Jahren 6 Wochen in der Klinik gelandet und habe danach mit meiner ersten Therapie angefangen. Die war immer noch hart und anstrengend. Gleichzeitig hatte ich aber das erste mal in meinem Leben so unendlich viel mehr Energie, die ich nicht mehr zum Wegdrücken und Im-Schach-Halten meines Horrors brauchte, dass ich in meinem wissenschaftlichen Job noch mal viel intensiver Durchstarten konnte.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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Arakakadu
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Beitrag Sa., 13.06.2020, 11:50

OK das ist ja dann das selbe wie bei mir mit der Bulimie! Es ist echt schrecklich :( hast du schonmal eine Verhaltenstherapie gemacht? Ich bin mir auch nie sicher, wir reden auch nicht extrem viel über das erbrechen! Aber ist ja in der Therapieform auch wieder normal! Bei mir ist es auch leider nach 1,5 Jahren noch nicht besser aber ich habe es erst vor einem halben Jahr überhaupt angesprochen und erzählt!

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Phoebe_Buffay
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Beitrag Sa., 13.06.2020, 11:52

ziegenkind hat geschrieben: Sa., 13.06.2020, 11:33 Ich finde wichtig, was Du zu den zwei Monaten sagst, in denen Du wegen Krankheit nicht gearbeitet hast. Da ging es besser mit der Therapie, richtig?
Ja, da ging es besser in dem Sinne, dass ich mich in der Therapie sicher gefühlt habe und ihre Unterstützung besser annehmen konnte und irgendwie ein bisschen Lebensmut gefunden habe. Von den Symptomen war es nicht besser, allerdings hatte ich bei der Arbeit auch einen ziemlichen Zusammenbruch und damit sehr zu kämpfen, nicht mehr arbeitsfähig zu sein.
ziegenkind hat geschrieben: Sa., 13.06.2020, 11:33 Ich denke da solltest Du drüber nachdenken: vielleicht brauchst Du erst einmal eine Vollbremsung in Deinem Leben, um Dich intensiv und ausschließlich um Deine gravierenden psychischen Probleme zu kümmern.
Du wirst wissen, welche Reihenfolge besser ist: (i) erst Diss fertig und dann Klinik oder(ii) erst Vollbremsung und Klinik, um dann mit neuer Energie die Diss fertig zu kriegen.
Das weiß ich leider nicht so richtig. Mal fühlt es sich ganz gut an, dann kann ich mich wieder auf die Arbeit konzentrieren, ich schaffe dann viel in kurzer Zeit, habe die Bulimie einigermaßen unter Kontrolle, habe Energie und genieße das Gefühl, wieder irgendetwas zu schaffen und funktionsfähig zu sein. Dann kommen immer wieder totale Zusammenbrüche, wo gar nicht mehr geht, ich innerlich und körperlich völlig erschöpft bin, ich das Gefühl habe vor dunklen Mauern zu stehen und mich Kleinigkeiten völlig überfordern. Mir ist klar, dass mir diese Entscheidung keiner abnehmen kann, aber ich drehe mich da auch im Kreis. Ich will diese unendliche Last der Dissertation endlich loswerden, stoße immer wieder massiv an meine Grenzen und habe dann auch immer wieder Phasen, wo es dann leichter geht und alles machbar erscheint und mir das dann auch durchaus Freude macht. Das überfordert mich gerade, weil ich nicht weiß, wo ich eigentlich gerade stehe und wie es mir "wirklich" geht. Das überträgt sich wohl auch auf meine Therapie.

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Phoebe_Buffay
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Beitrag Sa., 13.06.2020, 12:01

Marlena hat geschrieben: Sa., 13.06.2020, 11:50 OK das ist ja dann das selbe wie bei mir mit der Bulimie! Es ist echt schrecklich :( hast du schonmal eine Verhaltenstherapie gemacht?
Tut mir Leid, dass du damit auch zu kämpfen hast. Ich habe vor der jetztigen Therapie ein paar Stunden VT gemacht, mich aber da nicht wohl gefühlt. Es hat aber mit der Therapeutin auch nicht gepasst.
Marlena hat geschrieben: Sa., 13.06.2020, 11:50 Bei mir ist es auch leider nach 1,5 Jahren noch nicht besser aber ich habe es erst vor einem halben Jahr überhaupt angesprochen und erzählt!
Ja, es ist ja auch kein angenehmes Thema. Aber bei mir sind die Schamgefühle auch bei der Therapeutin extrem hoch und ich hatte auch manchmal das Gefühl, dass zuviel Reden über die Symptome nicht in eine TP Therapie passen. Ich wollte es dann auch oft deswegen nicht ansprechen. Ich mache dann ja auch die Erfahrung, dass ich es über längere Zeitraume auch ohne Bulimieanfälle schaffe und es mir dann auch ingesamt viel besser geht. Und dann kommen immer wieder diese Einbrüche und die damit verbundene Hilflosikeit und die Schuldegfühle, warum ich es nicht schaffe. Und eben auch die Angst, wie es mir geht, wenn die Therapiestunden rum sind...

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chrysokoll
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Beitrag Sa., 13.06.2020, 12:31

Schamgefühle sind ganz normal und können auch gut bearbeitet werden. Sollten sie auch.

Du hast immer mehrere Möglichkeiten, auch wenn die Stunden aufgebraucht sind.
Zum einen kann die Therapeutin mit guter Begründung weitere Stunden beantragen oder du selber zahlen (falls das für dich in Frage kommt).
Du kannst in eine Klinik gehen, in eine Tagesklinik, in eine Selbsthilfegruppe, zur Beratungsstelle.
Oder das Therapieverfahren wechseln, warum nicht doch nochmal Verhaltenstherapie probieren, das läuft schon ganz anders. Natürlich muss es da auch mit dem Therapeuten passen.

Mir hilft es immer wenn ich mir klar mache welche Möglichkeiten ich habe, welche Alternativen.
Und dass eben nicht alles vorbei ist weil z.B. eine Therapie endet


ziegenkind
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Beitrag Sa., 13.06.2020, 12:54

Vielleicht als Entscheidungshilfe:

1. Promovieren ist (fast) immer ein nervenaufreibendes Unterfangen. Kaum jemand kann an seiner Diss arbeiten zuverlässig und regelmäßig wie ein Urwerk.

2. Aber wenn man mehr als 1/3 der Zeit nicht konzentriert arbeiten kann, dann geht das Problem über das normale Maß hinaus und aus meiner Erfahrung sollte man sich dann erst um die psychischen Probleme hinter der Arbeitsstörung kümmern. Die Zeit, die man dabei verliert, holt man danach, wenn man die Arbeitsstörung los ist, locker wieder raus.

3. Ein anderes Problem, das oft auftritt, kann darin bestehen, dass man eigentlich gar nicht so genau weiß, was man wie in der Diss machen will. Auch das kann zu erheblichen Arbeitsstörungen führen, weil diese Unsicherheit, die man zwischendrin immer wieder wegdrückt, regelmäßig aufpoppt. Wenn das Dein Problem ist, hilft Dir ein Klinikaufenthalt nicht weiter. dann würde es eher darum gehen, den Stier bei den Hörnern zu packen: (i) eine Bilanz zu ziehen, gucken wo Du stehst, (ii) anderen zu erzählen, was Du machst und machen willst, um zu sehen, oh Du das als schlüssige, überzeugende und irgendwie innovative Idee präsentieren kannst; hilfreich ist hier mindestens fünf Mal hintereinander zu fragen: "warum mache ich das". Will heißen, jede Antwort wird wieder mit einem warum hinterfragt, (iii) offen mit Deine/r/m Betreuer*in zu sprechen.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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münchnerkindl
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Beitrag Sa., 13.06.2020, 13:32

Mal so meine Idee dazu: So lange der Arbeitsstress dich so belastet ist tiefenpsychologische Arbeit eh nicht angesagt, meiner Meinung nach, sondern eher was generell unterstützendes, praktisches, da das bei dir ja zeitlich absehbar wann das enden wird und auch wichtig für deine Zukunft ist wann das endet. Etwas das es dir ermöglicht bis dahin durchzuhalten und erst danach in tiefenpsychologische Themen einzusteigen.

Evtl ist das eine gute Therapie, aber halt bei dir im Moment zum falschen Zeitpunkt.


Ich finde es auch immer potentiell problematisch wenn Leute einem sagen, dass man ihre Hilfe nicht annimmt. Evtl ist es nicht die passende Hilfe zu dem Zeitpunkt und das nicht annehmen ist gesunde Selbstfürsorge. Oder es gibt triftige Gründe warum du mit dieser Art von Hilfe und dem Annehmen von Hilfe ein Problem hast, evtl war in deinem Leben früher Hilfe immer an eine Erwartung von Gegenleitung geknüpft und jetzt sträubt sich bei jeder Art von Hilfe alles, wegen dem was früher da so dranhing. Dann ist da doch dann die Gelegenheit dieses Problem zu beleuchten und zu schauen, wann und unter welchen Bedingungen kannst du Hilfe annehmen, wann nicht, was kann dir helfen die Hilfe besser annehmen zu können etc.

Es wurde ja weiter oben schon mal vorgeschlagen, sich noch eine therapeutische Zweit- oder auch Drittmeinung anzuhören. Evtl tatsächlich von einem Verhaltenstherapeuten und schauen was von der Seite so käme. Meine Erfahrung ist, man integriert solche regelmässigen sozialen Aktivitäten einfach in sein Leben sodass selbst wenn das garnicht so gut tut oder toll war, wenn es wegfällt ein Loch entsteht, einfach weil ein Stück gewohnte Struktur verlorengeht.

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