(Täter-)Introjekt blockiert therapeutischen Fortschritt

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SuspiriaHysteria
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(Täter-)Introjekt blockiert therapeutischen Fortschritt

Beitrag Do., 25.06.2020, 12:09

Hallo liebes Forum,

Ich hab hin und her überlegt, ob ich den Beitrag verfasse, weil ich mir nicht sicher bin, ob ich da etwas hineininterpretiere oder nicht. Laut meiner Suche gibt es hier auch noch keinen Beitrag zu dem Thema (hab nach "Introjekt" und "Täterintrojekt" gesucht und nichts gefunden).

Es ist so: ich bin seit ein paar Monaten bei einem Therapeuten in Behandlung, menschlich passt es zum ersten Mal super und ich weiß jetzt wie es sich anfühlt, wenn man den richtigen gefunden hat.

Grob geht's bei mir um Trauma/dissoziative Störung. Vor kurzem wurde mir klar, dass da verschiedene Anteile in mir sind, was für mich echt crazy klingt, auch wenn ich es schon geahnt habe.

Es wurde dann auch klar, dass es einen Anteil gibt - vielleicht ein Täterintrojekt - der den therapeutischen Fortschritt unbedingt blockieren möchte. Konkret heißt das, dass ich in der Therapie nichts Konkretes zu meinen Bildern/Intrusionen erzählen darf. Auch bin ich in der Stunde immer total abgeklärt und werde von diesem Anteil so richtig abgeblockt. Außerhalb und vor allem nach der Stunde geht's mir dann schlecht, weil ich meine Belastungen und alles Weitere so gerne loswerden möchte.

Ich hab echt Angst, dass es meinen Fortschritt blockiert und ich an diesem Punkt nicht weiterkommen werde.

Ist das normaler Widerstand im Rahmen der Therapie? Kennt jemand das auch und wenn ja, wie habt ihr das dann gehandhabt? Kann das ein Introjekt sein?

LG
Suspiria:)

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Montana
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Beitrag Do., 25.06.2020, 12:39

Vielleicht möchte der gar nicht den Fortschritt blockieren, sondern er tut das, was er immer tat, wofür er existiert: er passt gut auf, dass du dich nicht verletzlich machst, dass du nicht zu offen deine wunden Punkte zeigst. Das wäre nämlich gefährlich.
Insofern wäre er nicht in irgendeiner Art böse, sondern lediglich pragmatisch.
Und dass so einer vorhanden ist bei einer Traumafolgestörung wie du sie hast: ganz typisch.
Was du tun könntest, und ich habe das auch mal gemacht: außerhalb der Therapiestunde einfach die Information weitergeben, dass das so ist und du deshalb nicht in der Lage warst, die Therapiestunde so zu nutzen, wie du das eigentlich vorhattest. Ich habe dafür den Postweg gewählt, aber über einen digitalen Service, der das für einen ausdruckt und abschickt. Und habe so etwas geschrieben wie: "in der letzten Stunde war ich zwar anwesend und habe alles mitverfolgt, aber ich konnte nicht sprechen. Das war ein anderer Anteil. Und weil das wieder passieren könnte, möchte ich, dass Sie das wissen." Das war mir sehr unangenehm, aber ich wusste mir nicht anders zu helfen.

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Arakakadu
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Beitrag Do., 25.06.2020, 12:48

Hallo!
Also ich habe keine dissoziative Störung, aber scheinbar einen ordentlichen Widerstand in der Therapie. Das was du schreibst kenne ich sehr gut. Das ist bei mir immer leider schon so gewesen. Ich mache mir viel Gedanken über die nächste Stunde, habe meine Punkte im Kopf und dann bekomme ich nichts raus. Entweder weil es mir gar nicht mehr einfällt oder weil ich innerlich extremen Stress und Druck bekomme und mir dann schwindelig wird in den Stunden. Ich blockiere total und bin auch schnippisch. Entweder wir schaffens dann, manchmal auch gegen Ende der Stunde dass ich das eigentliche rauskriege, oder ich gehe so raus und heule nur mehr und bin in der nächsten Krise.

Wie äußert sich deine DIS sonst?
glg

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chrysokoll
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Beitrag Do., 25.06.2020, 13:10

Für Täterintrojekte und wie man damit umgeht ist doch der Therapeut zuständig.
Das musst nicht du handhaben, schon gar nicht allein.

Sprich ihn darauf an, was los ist, was du nicht erzählen "darfst" aus deinem inneren Erleben.
Der Therapeut kann damit umgehen wenn er sich mit Trauma und Dissoziation auskennt

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Montana
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Beitrag Do., 25.06.2020, 14:18

Ist halt die Frage, ob das geht. So einfach ist die Sache meist nicht.

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chrysokoll
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Beitrag Do., 25.06.2020, 14:22

"einfach" ist sowas nie, das ist absolut klar.
Aber ich wollte betonen dass sie das nicht allein meistern muss in einer Therapie, dass es gut ist den Therapeuten darauf anzusprechen, ihm versuchen zu sagen was los ist.
Traumatherapeuten haben in der Regel das Rüstzeug um mit Täterintrojekten umzugehen

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Montana
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Beitrag Do., 25.06.2020, 14:26

Richtig, aber es kann eben sein, dass genau das nicht geht. Ich weiß ja nicht, inwieweit du das aus eigenem Erleben kennst. Bei mir ist es z.B. oft so, dass ich Worte im Kopf habe und beginne, sie auszusprechen, und dann werde ich rein körperlich daran gehindert, das auszuführen. Die Bewegung des Mundes stoppt mittendrin und mein Gegenüber nimmt das auch wahr, dass ich sprechen möchte und nicht kann.

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chrysokoll
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Beitrag Do., 25.06.2020, 14:28

glaub mir, ich kenn das leider sehr genau.
Und auch diese Sprach- / Wortblockade ist ja sehr typisch und lässt sich erklären, aber auch bearbeiten und Stück für Stück überwinden

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Montana
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Beitrag Do., 25.06.2020, 14:31

"Sprich ihn darauf an, was los ist", deine Empfehlung, geht damit aber nicht. Da helfen Umwege.

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chrysokoll
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Beitrag Do., 25.06.2020, 14:33

ähm Moment, man kann sehr wohl versuchen in einer nicht so angespannten, nicht akuten Situation das anzusprechen.
Direkt wenn man drin ist natürlich nicht.
Man kann auch notfalls nach der Stunde das aufschreiben und mitbringen, es gibt da schon Möglichkeiten.

Und ja, das ist hart, das ist schwierig, das ist schlimm und das ist harte Arbeit. Es hilft aber!


GuterGeist2019
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Beitrag Do., 25.06.2020, 14:40

Ich kenne das auch mit dem "Abgeklärten" in der Stunde. Und danach ist das Gefühlschaos ausgebrochen und es ging mir sehr schnell wieder schlecht. Eine ganze Weile ging das so.

Bei mir war es eine Art Schutzmechanismus, ähnlich wie es montana erklärt hat. Könnte ich mir bei dir auch vorstellen. Täterintrojekt? Weiß nicht, aber da müsste sich dein Therapeut ja auskennen.

Ich hab das auch gemacht mit dem Aufschreiben und Mitbringen. Und mein Therapeut hat dieses "Abblocken" vorsichtig thematisiert und mir mitgeteilt, welche Eindrücke da bei ihm ankommen. Das hat mir sehr geholfen. Inzwischen habe ich das Gefühl, dass ich mich ihm mit allem zeigen kann was kommt.

Habt ihr in der Therapie schon darüber gesprochen?

Jedenfalls freue ich mich, dass du mit deinem jetzigen Therapeuten offensichtlich einen guten Griff gemacht hast!

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SuspiriaHysteria
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Beitrag Do., 25.06.2020, 15:05

Juhu :) Vielen Dank für eure schnellen und vielen Antworten, ich melde mich dazu nachher ausführlich zurück.

LG
Suspiris

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Sadako
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Beitrag Do., 25.06.2020, 15:13

Kenne ich auch. Von Sprachverbot über Drohungen, wenn ich da weiter hingehe, bis zu offensichtlich ziemlich krassen verbalen Ausfällen in der Stunde, die ich (gsd) nicht erinnere.
Meine Therapeutin sagt, es geht um (meinen) Schutz. Ich finde das sehr belastend und finde nur schwer einen Umgang damit.
Ich fühle mich da auch sabotiert, auch wenn im Kopf die Argumentation nachvollziehen kann.

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Montana
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Beitrag Do., 25.06.2020, 15:40

chrysokoll hat geschrieben: Do., 25.06.2020, 14:33 ähm Moment, man kann sehr wohl versuchen in einer nicht so angespannten, nicht akuten Situation das anzusprechen.
Therapiestunde läuft = akute Situation
Nicht akut ist bei mir außerhalb der Stunde, mit einem großen Aber: würde ich dann etwas aufschreiben um es in eine Stunde mitzunehmen, dann würde das auf jeden Fall vor der Stunde entdeckt und vernichtet. Darum hilft mir persönlich: Tatsachen schaffen. Einen abgeschickten Brief kann ich nicht mehr zurückholen und das ist in so einem Fall super. :)

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Candykills
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Beitrag Do., 25.06.2020, 15:44

Also ich habe ja eine DIS (dissoziative Identitätsstörung) mit komplett abgespaltenen Anteilen und bei mir war das so, dass Anteile wirklich verhinderten, dass ich zur Therapie komme. Die Therapeutin anriefen und zur Sau machten. Und - ach Gott, wirklich sehr peinlich und ich will auch nicht wissen, was sie noch machten, von dem meine Therapeutin mir gar nichts erzählte.
Es besserte sich unter anderem dadurch ein bisschen, dass die Therapeutin neutral gegenüber den Tätern blieb. Dadurch konnten sie wenigstens so viel Vertrauen fassen, dass ich zur Therapie gehen durfte. Entspannt wurde die Situation aber erst mit Ende der Therapie. Ich habe es auch bis heute nicht geschafft wirklich Kontakt zu diesen Anteilen herzustellen, die laufen bei mir unter der Rubrik "Schwarz". Im Gegensatz zu dir, war ich mir dieser Anteile aber lange Zeit überhaupt nicht bewusst, bis meine Therapeutin es immer häufiger ansprach.

Ich denke also, dass du das in den Griff kriegen kannst, denn du kennst ja anscheinend den Anteil und der ist nicht völlig abgespalten. Ich würde dir halt raten "hinzuhören", was dieses Introjekt oder dieser Anteil eigentlich möchte von dir und von der Therapie. Und dann halt verhandeln, so dass es für dich möglich ist Therapie zu machen, aber der Anteil auch in seinem Schmerz/Kummer/Wut oder was auch immer beachtet wird.
Meine Therapeutin ließ Anteile immer "sein" und das war sehr wichtig. Keiner musste irgendwie sein, sondern durfte er selbst sein.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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