Wieviel Therapie habt ihr insgesamt gemacht?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Scars
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Wieviel Therapie habt ihr insgesamt gemacht?

Beitrag So., 06.09.2020, 15:52

Hallo liebes www, liebes Forum,

Mir ist ein bisschen nach Austausch und es würde mich interessieren, in welchem Umfang ihr Therapie insgesamt gemacht habt, welche Arten (ambulant/stationär/teilstationär, Richtlinienverfahren, Einzel/Gruppe, Körpertherapie, Kunst etc.) und bei mehreren Therapien in welchem Abstand die waren. Falls jemand noch ergänzen möchte, was ihn initial jeweils dorthin geführt hat oder grob, welche Probleme bestehen und natürlich vor allem, ob es was gebracht hat, würde ich mich freuen.

Hintergrund ist ein bisschen der, dass ich ein Kassenkontingent schon durch habe, mir aber auch jetzt noch immer wieder ein stationärer Aufenthalt nahe gelegt wurde und ich mich frage, ob das ungewöhnlich ist. Zudem möchte ich das nicht, nur habe ich den Eindruck gewonnen, dass so ziemlich jeder mit Persönlichkeitsstörung oder mehreren Baustellen mindestens einmal stationär war (nicht Akutpsychiatrie/Krise, wobei das auch vorkam, aber das zählt für mich nicht), z.T. schon sehr jung und ich frage mich inzwischen, ob das Gang und Gebe ist und man (ich) da nicht drumherum komme - oder ob der Schein trügt und es auch andere Beispiele gibt, vielleicht sogar mehrere, nur nicht in meinem Umfeld.

Also, freue mich über Rückmeldungen! :hallo:
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Anna-Luisa
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Beitrag So., 06.09.2020, 15:58

35 Stunden tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Ambulant und als Selbstzahlerin. Kliniken fand ich abschreckend, ebenso Gruppentherapien und alles was esoterisch angehaucht ist.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)


kaja
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Beitrag So., 06.09.2020, 16:06

Eine ambulante Therapie und die über einen langen Zeitraum, wenn auch mit (für die Zeit) verhältnismäßig wenigen Stunden. Ich bin niemand der jede Woche zur Therapie geht und teilweise war ich mehrere Monate, das längste waren 9 oder 10 Monate, nicht dort.

Stationär habe ich immer abgelehnt und das war für mich auch die richtige Entscheidung, auch wenn es mir verschiedentlich angeraten wurde. Einmal habe ich ein paar Stunden eine Ergotherapie (LOOM) gemacht, aber das war mir zu infantil und hat mir nicht geholfen. Ich habe grundsätzlich nie verstanden, warum immer davon ausgegangen wird, dass man als erwachsener Mensch mit psychischer Erkrankung plötzlich Basteln und Malen mögen muss, wenn man es sonst seit dem Kindergarten nicht mehr getan hat.

Grund war/ist ein schwere Depression und deren Folgen. Das hat sich deutlich verbessert und mir geht es was das angeht recht gut im Moment. Traumazeug ist noch ein Thema an dem ich arbeite, eine PTBS habe ich aber wohl nicht entwickelt.

Grundsätzlich ist meine persönliche Erfahrung, dass man relativ schnell Gefahr läuft sich in diesem Psycho-Therapie-Kosmos zu verirren. Es trennt schon sehr vom normalen Leben, wenn alles nur noch um die eigene Psyche und Therapie kreist und kaum noch Raum für anderes bleibt. Ich war da zeitweise mit Sicherheit extrem egozentriert, auch wenn ich immer darauf geachtet habe nicht zu denen zu gehören, die nur noch Therapie-Sprech an den Tag legen.

Ab einem bestimmten Punkt hat es mich in meiner Entwicklung gehemmt nur noch von Menschen mit psychischen Problemen umgeben zu sein und ich habe festgestellt, dass die Messlatte was für mich möglich ist, immer niedriger wurde weil ich mich an dieses niedrige Level gewöhnt hatte und alles was darüber lag zu einer unlösbaren Aufgabe mutierte.

Ich denke mittlerweile kann ich beides ganz gut integrieren.
Zuletzt geändert von kaja am So., 06.09.2020, 16:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Sadako
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Beitrag So., 06.09.2020, 16:11

Rund 30 Stunden TfP im Alter von 18. (Mit erneutem Mißbrauch in der Therapie)
Drei längere stationäre Therapien und einige Psychiatrieaufenthalte in den 20ern.
Ein kurzer Versuch mit einer Traumatherapeutin als ich rund 30 war.(vll 10 Stunden)
Jetzt seit dreieinhalb Jahren ca. 150 Stunden TfP.

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kaja
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Beitrag So., 06.09.2020, 16:30

@Scars

Meinst du mit vielen Klinikaufenthalten und Therapien sowas wie ab Minute 24:50?

Davor dass das Leben nur noch aus Therapiezielen besteht, hatte ich irgendwann Angst. Wie der Psychiater sagt "Wozu?" Wenn es nur noch Ziele innerhalb des Therapie-Kosmos gibt, aber keine mehr in der realen Welt.

Auch die Frage des Reporters "Scheint sich sehr mit ihrer Krankheit zu identifizieren oder darüber zu identifizieren" ca Minute 28, passt gut auf das was ich meine. Klassische Drehtürpatienten. Der Psychiater bezeichnet es etwas provokant als "Psychiatrie-Junkies".

Was nicht bedeutet, dass es generell keine Indikationen für mehrere Anläufe und Klinikaufenthalte gibt.

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saffiatou
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Beitrag So., 06.09.2020, 17:14

Zwei tfP mit je 100 Stunden (beide bei einem thera) jetzt eine Trauma auch tfp (neue thera) gerade angefangen. Eine Reha, die mich retraummatisiert hat, ich würde nach dieser Erfahrung nie wieder eine Reha machen oder in eine Klinik gehen. Dazu noch SHG, die ich allerdings leite und ich mich daher zurückhalten muss.
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Scars
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Beitrag So., 06.09.2020, 18:14

@kaja: ich habe das Video nicht geschaut, weil ich ganz vorurteilsbehaftet davon ausgehe, dass eine Spiegel Dokumentation zu dem Thema mir gerade nicht bekommt. Bitte sieh es mir nach.

Aber ich meine ausdrücklich keine Drehtürpatienten oder verirren im Therapiekosmos (das kann ich mir gut vorstellen und habe ich auch Bedenken mit), sondern einfach so den Lauf des Prozess, wo trotz fortschreitender Entwicklung in Therapie und im Leben ein stationärer Aufenthalt notwendig/für sinnvoll erachtet wurde oder weil es einen Rückschlag gab o.ä. Oft war die erste Station auch ein Klinikaufenthalt v.a. bei Essstörungen wie mir scheint.

Dein Modell mit der gestreckten Therapie finde ich ja mal super, sowas könnte ich mir für mich ja auch vorstellen. War das eine Verhaltenstherapie?

@saffiatou: war das eine psychosomatische Reha? Wo ist denn da der Unterschied?

@sadako: waren die stationären Aufenthalte Intervalltherapie oder einfach so?

Gruppen scheinen generell eher unbeliebt zu sein.
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kaja
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Beitrag So., 06.09.2020, 18:22

Es ging nicht um das Video, sondern den angesprochenen Ausschnitt an sich.
Der war einfach beispielhaft, für das was ich beschreiben wollte. Natürlich muss man den nicht ansehen.

Ja es ist eine VT. Allerdings wohl keine die den gängigen Foren-Klischees entspricht. Ich hatte wirklich Glück einen Therapeuten zu finden der bereit war gewohnte Pfade zu verlassen, ohne die Grenzen einer Therapie zu überschreiten. Meine Suche war nicht leicht und ich habe sogar mal zu hören bekommen "Lieber 10 Borderliner, als jemanden wie sie".

Ich denke nicht das du da ein Außenseiter bist. Gerade dieses Forum ist kein guter Grad-Messer wenn es um gelungene Therapieverläufe geht und das erweckt schnell einen sehr gefilterten Eindruck.

Was jemand wirklich braucht ist immer so individuell, das kann man kaum mit anderen vergleichen.
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Fighter1993
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Beitrag So., 06.09.2020, 18:30

Angefangen hat es 2013 für ca. 1 1/2 Jahre tiefenpsychologisch (Anpassungsstörung nach Trennung der Eltern und aufploppen des Traumas), danach waren ein paar Monate Ruhe bis ich Ende 2015 als Selbstzahlerin in einer psychologischen Beratungsstelle war - welche Form genau, kein Plan aber sie ist systemisch ausgebildet gewesen. Da war ich dann 2 Jahre, allerdings "nur" etwa 1-2 mal im Monat. Ziemlich fließend war dann der Übergang 2017 von dort für 2 Tage Akutpsychiatrie und danach innerhalb 4 Wochen zur aktuellen "analytischen" Therapie (läuft noch, auch noch innerhalb des ersten Kontingents von 160 Stunden, Diagnose Borderline und Depression). Also insgesamt knapp 7 Jahre Therapie und momentan sehe ich noch nicht wirklich ein endgültiges Ende. Für den Moment könnte ich durchaus beenden, ich weiß aber das noch Themen offen sind. Ich weiß nur noch nicht, in welcher Form ich diese angehe, ob ambulant oder stationär.

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Sadako
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Beitrag So., 06.09.2020, 18:35

@ scars die stationären Therapien lagen jeweils einige Jahre auseinander und waren in den Achtzigern und Neunzigern, wo das Konzept mit Intervalltherapien noch nicht weit verbreitet war.

Für mich ist die Idee etwas stationär zu machen inzwischen eher abschreckend. Einerseits, weil ich sehr auf alle Veränderungen in meinem Alltag reagiere und ich zuhause Strategien habe, wie ich mit schwierigen Situationen und Triggern umgehen kann. In einer Klinik ist das nur begrenzt beeinflussbar und das kann gut dazu führen, dass ich mich eher destabilisiere, als das ich Stabilität gewinne.
Wenn ich aber so wie du keine ambulante Therapie mehr machen könnte, weil Kontingent weg und dringend Unterstützung bräuchte, würde ich vielleicht neu denken.
Ich habe jetzt, nach so vielen Jahren das erste Mal die Unterstützung, die ich brauche, um wirklich an Dingen arbeiten zu können. Therapie, ambulante Betreuung, Ergo Unterstützung durch einen Freundeskreis der da ist.


montagne
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Beitrag So., 06.09.2020, 18:45

Gang und Gebe ist irrelevant. Wichtig ist, was für einen selbst gut ist.
Sich trauen auf sich selbst zu vertrauen, auf sich zu hören. Therapeuten, Ärzte können einen immer nur beraten, aber wissen was gut und richtig für einen ist, kann man nur selbst.

Sachzwänge spielen natürlich auch mit rein. Als mein Kassenkontingent aufgebraucht war, kam das Thema stationär auch auf. Mir war auch klar zu dem Zeitpunkt geht es nicht ohne Therapie. Ich war aber in der Lage ausreichend selbst zu zahlen. Andernfalls hätte ich vielleicht eine andere Entscheidung getroffen. Vielleicht auch nicht.

Ich war nie stationär, sah das nie als meinen Weg, wenngleich ich die Vorteile schon erkennen kann. Für mich persönlich überwogen jedoch die Nachteile.

Auch die Frage, ob man mehrere Therapien macht und welche, ob man zusätzlich Therapien macht, wie Kunst- oder Körpertherapien finde ich sehr individuell.
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saffiatou
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Beitrag So., 06.09.2020, 18:50

Ja, es war eine psychosomatische Reha. Gruselig. Ich bin nach Jahren noch immer nicht darüber hinweg. Der Missbrauch entsprang dem Chefarzt und der Therapeuten nach meinem Wunschphantasien, als mich ein Patient „verfolgte“ er war immer um mich herum und suchte meine Nähe, sollte ich froh sein, dass jemand Interesse an mir hat.... nie, nie, nie wieder
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Montana
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Beitrag So., 06.09.2020, 19:52

Erst ca. ein Jahr TfP. In der Zeit sechs Wochen Traumastation Akutklinik und sechs Wochen Reha. Nach Empfehlung in Reha Wechsel des Therapeuten, 300 Stunden analytische Therapie. In der Zeit 12 Wochen Klinik, andere als vorher, wieder Traumastation. Die erste Klinik nahm mich nicht mehr. Die zweite nun auch nicht mehr. Meine Ärztin hätte mich gern nochmal in einer Klinik gehabt, aber das kommt gar nicht in Frage. Ich müsste wieder in eine andere, wieder alles neu und fremd, und familiär ist es sowieso nicht möglich. Aktuell VT, seit ca. 40 Stunden. Das ist jetzt die erste Therapie, in der es um den Kern meiner Probleme geht. Laut aktuellem Therapeuten zählen die Therapien vorher nicht, denn es wurde ja am Problem vorbei therapiert. Dass ein VT-Kontingent nicht weit bringt, wurde schon zu Beginn besprochen.

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Sadako
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Beitrag So., 06.09.2020, 20:01

Meine Therapeutin hat mal gesagt: auch wenn ich in früheren Therapien vieles versteckt habe was deshalb nicht bearbeitbar war, war das nicht alles sinnlos. Sie glaubt eher, dass ich erstmal an den Punkt kommen musste, mich stellen zu können .
Dennoch habe ich einiges aus Vortherapien mitgenommen. (Und ich habe überlebt, auch dank frühere Therapien)

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Scars
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Beitrag So., 06.09.2020, 20:35

kaja hat geschrieben: So., 06.09.2020, 18:22 Ich denke nicht das du da ein Außenseiter bist. Gerade dieses Forum ist kein guter Grad-Messer wenn es um gelungene Therapieverläufe geht und das erweckt schnell einen sehr gefilterten Eindruck.
Leider bin ich wirklich sehr Internet und social media geprägt, allerdings ist mein Eindruck im echten Leben schon auch so. Die wenigsten kommen mit einer einzigen Therapie innerhalb des Kassenkontingentes hin, wechseln mehr als einmal den Therapeuten und meist mindestens ein stationärer Aufenthalt, auch bei „leichteren“ Erkrankungen.

Sicherlich ist das sehr individuell! Deswegen interessieren mich ja die verschiedenen Wege. Irgendwie habe ich schon so ein „klassisches“ Bild im Kopf von einem stationären Aufenthalt mit anschließender ambulanter Therapie und dann ist man geheilt... keine Ahnung wo das herkommt, vielleicht aus irgendeinen quergelesenen Lehrbuch. :lol:

Danke bis dahin! :->
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