Wann beginnt Therapie wirklich?

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SuspiriaHysteria
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Wann beginnt Therapie wirklich?

Beitrag Di., 29.06.2021, 04:33

Hallo liebes Forum!

Da ich hier immer ganz gute Antworten bekommen habe, möchte ich mich auch mit dieser Frage (die mich schon länger beschäftigt) heute an euch wenden.

Wie ihr schon im Titel lesen könnt, frage ich mich ab wann eine Therapie "so richtig" losgeht? Gibt es da einen gefühlten Punkt, an dem man das merkt?

Zu mir: ich bin jetzt seit ziemlich genau 1,5 Jahren in Behandlung (offiziell VT, ist aber eine Traumatherapie; meine Diagnose ist eine dissoziative Störung gemischt; der Therapeut hat sich auf das Konzept der strukturellen Dissoziation spezialisiert).
Keine Frage, es passt für mich menschlich und ich habe das bis jetzt auch alles immer gut organisieren können. Wie viele von euch, habe ich mehrere Anläufe gebraucht, bis es dann endlich gepasst hat.

Relativ zeitnah habe ich auch von Bildern/Intrusionen/wie auch immer erzählt und meinem Potpourri voller Beschwerden. Nach Einschätzung des Therapeuten ist es wohl eine schwerere dissoziative Störung und ich soll damit rechnen, dass die Therapie länger dauert.

Seit einiger Zeit habe ich aber das Gefühl, nur auf der Stelle zu treten. Es kommen mehr und mehr Bilder, die ich dann verschriftlicht und anschließend an den Therapeuten geschickt habe (was mich große Überwindung gekostet hat). Aber "mehr" passiert halt nicht. Und ich bekomme auch keine Hinweise, wie es jetzt weitergehen soll. Das einzige was ich immer höre, ist dass wir versuchen könnten, in die Bilder zu gehen. Dass die Initiative da von mir ausgehen sollte. Aber damit bin ich halt wirklich überfordert, denn das sind ja keine lustigen Bilder.

Wir hatten das Thema natürlich schon mehrmals in der Stunde und ich frage mich, wie es jetzt weitergehen soll? Ich würde mir halt wünschen, da ein bisschen mehr Ideen an die Hand zu bekommen, was ich jetzt machen soll? Klar, es gibt da keinen strikten Plan, aber momentan stochere ich gefühlt nur im Nebel herum. Ich weiß, dass ich meine vielen Beschwerden habe, dass Bilder kommen, ich kann immer mehr Trigger identifizieren. Aber trotzdem bin ich ratlos.

Schätze ich das vielleicht falsch ein? Könnte das jetzt der Startschuss für den richtigen Beginn der Therapie sein oder ist hier mein Endpunkt erreicht? Mein Therapeut meinte, dass die richtige Arbeit oft erst nach 1,5 Jahren losgeht. Muss ich jetzt einfach weiter durchhalten?

Ich freue mich auf eure Ideen, Erfahrungen, Tipps :-)

Liebe Grüße
Suspiria

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Shukria
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Beitrag Di., 29.06.2021, 05:19

Mhm klingt ein bißchen strukturlos?

Ich mache auch Traumatherapie und VT aber es gibt nen klaren Behandlungsplan.

Also wie besprechen welche Themen dran sind und wie wir die angehen können. Ich entscheide dann an welchem Thema ich arbeiten will und mit welcher von ihr angebotenen Methode.

Wenn ich unsicher bin bitte ich sie um nen Überblick wo ich/wir gerade stehen, also wenn ich bei den aktuellen Inhalte nicht mehr den roten Faden, Bezug zu meinem Thema sehe oder das Gefühl bekomme mich zu verzetteln.

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alatan
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Beitrag Di., 29.06.2021, 05:40

Klingt, als habe der Therapeut Angst vor deinen Bildern. Tanz um den heissen Brei - kommt leider häufig vor.

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Shukria
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Beitrag Di., 29.06.2021, 06:07

Ps

1) Was macht ihr denn gerade konkret?
2) Was bedeutet für ihn: "in die Bilder gehen" ? - da gibt's ja viele Möglichkeiten
3) (was) habt ihr schon an Stabilisierungssachen für dich erarbeitet, das du anwenden kannst, wenn ihr in die Bilder einsteigt /bearbeitet?

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SuspiriaHysteria
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Beitrag Di., 29.06.2021, 06:55

Hallo!

Erstmal vielen Dank für eure Antworten.

Ne, ich glaube nicht, dass er Angst vor den Bildern hat. Er meinte sogar mal, dass ich mir da keine Sorgen machen soll, da er gelernt hat, mit solchen Bildern umzugehen. Und dass ich alles sagen kann was ich möchte. Ich glaube auch tatsächlich, dass es halt diese krasse Hürde ist, in der Stunde über die Bilder zu sprechen. Aber ich habe das Gefühl, dass das jetzt mein nächster Schritt sein muss. Ich werde da aber auch gar nicht unter Druck gesetzt oder so. Ganz im Gegenteil. Mir fehlt halt nur der große Plan. Was kommt dann als nächstes? Wie soll das aussehen? Soll ich in die Stunde kommen und sagen: "Guten Tag, Ich möchte heute über die Bilder sprechen"?

Stabilisierungstechniken haben wir in dem Sinne, nicht geübt. Ich bin aber auch sehr stabil, mit Arbeit, etc und einer sehr stabilen Tagesstruktur. Habe ich aber schon immer. Er meinte auch, dass er mich nicht einfach nach einer Stunde nach Hause schicken würde, wenn es mir dann schlecht geht.

Es passt, wie geschrieben, menschlich auf jeden Fall. Ich hab ja auch Vergleiche. Nur frage ich mich, an welchem Punkt ich nun stehe und wie ich mich verhalten soll?

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Sadako
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Beitrag Di., 29.06.2021, 07:11

SuspiriaHysteria hat geschrieben: Di., 29.06.2021, 06:55

Stabilisierungstechniken haben wir in dem Sinne, nicht geübt. Ich bin aber auch sehr stabil, mit Arbeit, etc und einer sehr stabilen Tagesstruktur. Habe ich aber schon immer. Er meinte auch, dass er mich nicht einfach nach einer Stunde nach Hause schicken würde, wenn es mir dann schlecht geht.
Da geht es nicht um Alltagsstabilität sondern um gezielte Techniken sich von Trauminhalten wieder distanzieren zu können.
Die Aussage, dass er dich nicht einfach nach Hause schickt klingt für mich sehr schwammig.
Bei mir gibt es da konkrete Planung … eine Doppelsitzung, um genug Zeit zu haben, mich wieder einzufangen, die Frage nach Begleitung für den Nachhauseweg, für die Zeit nach der Sitzung, was mache ich wenn ich nicht gut klar komme?
Natürlich kann man auch spontan reagieren, wenn eine Patientin plötzlich und unvorhersehbar völlig abrauscht in einer Therapiesitzung aber wenn schwierige Inhalte anstehen, ist es doch klüger und auch fürsorglicher vorher für einen guten Rahmen zu sorgen.
SuspiriaHysteria hat geschrieben: Di., 29.06.2021, 06:55 . Nur frage ich mich, an welchem Punkt ich nun stehe und wie ich mich verhalten soll?
Genau die Frage würde ich in der Therapie stellen.

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SuspiriaHysteria
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Beitrag Di., 29.06.2021, 07:22

Die Frage schwebt ja schon seit einiger Zeit im Raum und ich hab sie auch gestellt.

Mein Plan ist halt, dass ich in der nächsten Stunde noch mal genau schildern möchte, an welchem Punkt ich mich befinde und erhoffe, dass ich dann endlich Antworten finde. Irgendwie habe ich die ganze Zeit das Gefühl, nun im Zugewang zu sein.

Ich werde einen Plan einfordern und wenn der dann nicht kommt, dann muss ich schauen, ob das überhaupt so noch für mich Sinn macht.

Danke für eure Sichtweisen, jetzt kann ich das alles ein bisschen besser einordnen.

Viele Grüße
Suspiria :-)

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Shukria
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Beitrag Di., 29.06.2021, 07:43

Also da arbeitet ja jeder Therapeut anders aber mir hat immer geholfen das ich mitbringe wo ich stehe und von der Therapeutin dann jedesmal klar eine Einschätzung /Orientierung kam

Wie herangehen, wie die arbeiten würde mit den Bildern, warum mit dieser Methode aktuell und ich musste dann quasi "nur" entscheiden ob ich das möchte grundsätzlich und so oder anders.

Wenn ich das Material mitbringe und es käme keine Klarheit von ihr, wie und wann jetzt damit gearbeitet wird dann würde ich übelst schwimmen und ich hätte Schwierigkeiten mir eine Bearbeitung einzufordern oder zu erbitten. Da stimmt für mich die Arbeitsebene und Verantwortlichkeit nicht.

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chrysokoll
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Beitrag Di., 29.06.2021, 09:22

SuspiriaHysteria hat geschrieben: Di., 29.06.2021, 07:22
Ich werde einen Plan einfordern und wenn der dann nicht kommt, dann muss ich schauen, ob das überhaupt so noch für mich Sinn macht.
das ist eine sehr gute und wichtige Vorgehensweise.
Es ist schade dass du das so machen musst!
Und vielleicht, hoffentlich ist es einfach ein Missverständnis, ein Kommunikationsproblem.

Denn nach eineinhalb Jahren solltest du auf jeden Fall "mitten drin" in der Therapie sein und dich nicht fragen wan nes denn endlich anfängt.
Auch dass ihr keine Stabilisierungstechniken anwendet finde ich merkwürdig.

Ich löchere meine Therapeutin immer wieder wo wir sind und wie es weiter geht und sie ist da völlig offen und transparent, hat einen Plan (natürlich auf mich abgestimmt und variabel bei Bedarf) und bespricht das so oft und so lange mit mir wie ich das will - so sollte das sein finde ich!

Ich wünsch dir dass ihr da zu einer guten Lösung kommt.

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SuspiriaHysteria
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Beitrag Di., 29.06.2021, 09:30

Danke für eure Antworten!

Ich würde schon sagen, dass wir in den Themen drin sind, aber irgendwie kommt bei mir nicht das Gefühl auf, dass es jetzt zu konkreten Handlungen kommt, z. B. sowas wie eine klare Struktur und Zielen für die Stunden. Ich komme ja nicht zum Plaudern hin.

Ja, ich akzeptiere auch nicht, wenn es so schwammig bleibt. Das ist mir alles zu unklar und blockiert mich dann eher.

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Charlie Foxtrott
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Beitrag Di., 29.06.2021, 13:34

Also, ich hatte auch mal eine "Sülztherapie" und dachte damals, es müsse so sein, auch wenn ich den Therapeuten bekniet habe, doch bitte bitte endlich mal zum Thema zu kommen. Es geht auch anders: 24 Std. Problem aufdröseln, Expositionen, zack zack. BIn jedesmal schweißgebadet, habe aber kaum mal das Gefühl, dass Zeit verschwendet wird. Habe allerdings keine dissoziative Störung.

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LovisTochter
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Beitrag Di., 29.06.2021, 20:34

Traumatherapie ist normal in drei Schritte untergliedert:

1. Stabilisierung = Erlernen von Techniken zur Selbststabilisierung (z.B. sicherer Ort, Tresor etc.) um in belastenden Situationen wieder handlungsfähig zu werden. Um in Phase 2 weitergehen zu können, sind diese Techniken überlebenswichtig.
2. Konfrontaion/Bearbeitung mit/von traumatischem Material = mittels EMDR, Bildschirmtechnik etc. Hier ist es eklatant wichtig, dass im Vorfeld genug Handwerkszeug erlent und verinnerlicht wurde um nach solchen Sitzungen so gut wie möglich bis zum nächsten Termin klar zu kommen.
3. Akzeptanz und Integration der traumatischen eigenen Geschichte und Abschluß der Therapie.

Mich wundert es tatsächlich auch, dass Du sagst, dass ihr bisher nicht wirklich Dinge zur Stabilistaion erarbeitet habt. Vielleicht wäre es für Dich hilfreich mal nachzufragen wie der weiter Weg in der Therapie geplant ist.
Allerdings gibt es einige Therapeuten die die Phase der Stabilisierung nie verlassen und den Patienten mit all dem belastenden Material dann schlußendlich alleine lassen. Oftmals fehlt es da an offener Kommunikation. Du darfst jeder Zeit Deine Wünsche und Nasprüche an die Therapie äußern! Du hast einen Therapeuten engagiert, damit er dich auf dem Weg der Heilung unterstützt! Demenstsprechend darfst Du dies auch einfordern!
Ich wünsche Dir, dass ihr auf einen Nenner kommt und Du auf Deinem Weg weiter kommst.
Viele Grüße,
LovisTochter
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)


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Beitrag Di., 29.06.2021, 23:40

Die Therapie beginnt mit der ersten Begegnung.

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SuspiriaHysteria
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Beitrag Mi., 30.06.2021, 11:25

Hallo :-)

@LovisTochter: ich kenne diese Phasen, aber bin froh, dass mein Therapeut nicht so vorgeht. Mit diesen ganzen Übungen wie mit dem Tresor oder so. Das ist gar nichts für mich. Er meinte auch mal, dass viele Therapeuten immer noch denken, dass diese Art von Imaginationsübungen State of the Art seien. In dieser Hinsicht passt es ja schon für mich.

Auch generell passt es für mich, nur frage ich mich halt, was da gerade von mir erwartet wird? Wie soll ich mir Handlungsweisen überlegen, wenn ich nicht weiß wo ich mich befinde?

Liebe Grüße
Suspiria

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Shukria
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Beitrag Mi., 30.06.2021, 11:58

Weißt du es ist widersprüchlich was du schreibst.

Wenn du ins Trauma einsteigt brauchst du die Distanzierungsmethoden, gibt ja noch viel mehr als Tresor. Wenigstens 1-2 die dich sicher aus den Bildern/Emotionen wieder raus bringen und dich beruhigen nach der Konfrontation. Du hängst nämlich dann locker noch 2-3 Tage drin. Wie Nachwehen bei einer Geburt. Und da ist er nicht da.

Wenn du keine Bearbeitung willst alles super. Brauchst du das nicht. Wenn du aber an die Bilder und Emotionen vor denen du so Angst hast ran willst... Dann passt sein aktuelles Arbeiten nicht zu dem was du möchtest /brauchst. Was wäre denn seine Idee wie du dann zu Hause alleine mit den Nachwehen klar kommst?

Oder will er dann täglich für dich erreichbar sein? Sowas schafft emotionale Abhängigkeiten statt Selbstwirksamkeit, nicht so empfehlenswert.

Es bleibt ja dabei, nur von ihm zu sagen das die anderen nicht so kompetent sind ist die eine Seite die andere, was ist denn seine Idee wie die Bearbeitung und deine Nachstabilisierung nach seiner Meinung laufen kann?

Wie gesagt, Tresor wäre auch nicht meins, ich hab andere Methoden die mich zurückholen nach nem EMDR wie atmen, klopfen, Trostbild...

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