Mitfühlende Art erlernen?

Hier können Sie Ihre Fragen rund um die Rahmenbedingungen von Psychotherapie (Methoden, Ablauf usw.) anbringen.
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Mondherz
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Mitfühlende Art erlernen?

Beitrag Mo., 19.02.2018, 18:54

Hi Ihr,

nachdem meine tpf Psychotherapie/spezielle Traumatherapie beendet ist, möchte ich gerne weiter an mir arbeiten.

Mich reizt auch ganz besonders diese "typische" Art, die meine Thera an sich hatte, mit mir als Klientin umzugehen. Ich möchte das gerne ein Stück weit erlernen, mir aneignen.

Gemeint ist damit diese wertschätzende, aber nicht (negativ) wertende, warme und mitfühlende Art. Ihr wisst bestimmt was ich meine.
Das ist doch bestimmt etwas, was Therapeuten gelernt haben. Was ist das genau? Wie kann man das lernen? Wer kann und möchte mir etwas dazu sagen?

(Hinweis Admin: Betreffzeile etwas präzisiert).

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Jenny Doe
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Beitrag Mo., 19.02.2018, 19:02

Hallo Mondherz
Gemeint ist damit diese wertschätzende, aber nicht (negativ) wertende, warme und mitfühlende Art. Das ist doch bestimmt etwas, was Therapeuten gelernt haben.
Jaein. Therapeuten lernen duraus Techniken, z.B. wie sie emphatisch reagieren usw. Aber wenn ein Therapeut nicht ein Stück weit Eigenschaften wie Empathie in sich hat und mit bringt, hilft die beste Technik nichts. Wenn ein Therapeut nicht von sich heraus über solche Eigenschaften verfügt, dann wirken solche Methoden unecht, wie ein Schaupieltheater.
Mir ist das im Vergleich mit zwei Therapeuten mal besonders aufgefallen: Die eine, die mich wirklich für alles lobte und das Lob unecht wirkte, wie eine reine Methode und im Vergleich dazu eine Therapeutin, die mich selten lobte, aber wenn sie es tat, dann weil sie es wirklich fühlte.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).


isabe
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Beitrag Mo., 19.02.2018, 19:45

Wie kann man das lernen?
Ehrlich gesagt, verstehe ich die Frage nicht, denn DAS ist genau Therapie: am Therapeuten zu lernen, wie man gut für sich sorgt. Er entwertet dich nicht, er nimmt dich ernst, er ist einfühlsam zu dir - und du wirst irgendwann anfangen, auch so mit dir umzugehen, liebevoll, geduldig. Du siehst, er sorgt für sich, und du wirst auch anfangen, auf dich zu achten. Das sind aber keine Techniken, sondern eine verinnerlichte Haltung dir selbst gegenüber.

Ich denke nicht, dass ein Therapeut in der Ausbildung lernt: "Wenn der Patient weint, sprechen Sie ruhig mit ihm" o.ä. Eher lernt man einerseits kognitiv etwas über die Ursachen von psychischem Leid, und andererseits wird man diesen Beruf - hoffentlich - nur dann ergreifen, wenn man selbst empfindsam genug ist, sich in leidende Menschen einzufühlen; nur würde Einfühlen alleine halt nicht helfen, weil immer auch verstanden werden muss, was inszeniert wird. Und drittens setzt sich ein Therapeut im Laufe der Ausbildung auch mit seinen eigenen Neurosen auseinander, was dabei hilft, sich vorzustellen, wie ein Patient sich fühlt.

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Mondherz
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Beitrag Mo., 19.02.2018, 20:41

Hallo Jenny Doe,

ich setze jetzt mal voraus, dass derjenige der die "Technik" anwendet, über gute Empathie verfügt. Meine Thera war sehr natürlich in ihrer Art, so natürlich, dass man keinerlei Technik dahinter vermutet.

Mir ging es aber um genau das hier:
Therapeuten lernen duraus Techniken, z.B. wie sie emphatisch reagieren usw.

Mich interessieren diese Techniken.

Hallo isabe,

mir ging es nicht darum, wie ich für mich sorgen kann. Ich habe gelernt, mit mir liebevoller und geduldig umzugehen. Ich behaupte mal, das war irgendwie ein Effekt (von vielen), der als Summe der gesamten Therapie übrig blieb. Der Prozess war aber diffus, so möchte ich es mal formulieren. Mir geht es nun um die Details. Wie was wo. Welche Techniken stecken dahinter? Wie hat der Therapeut das gelernt, "so" zu sein? Ich denke schon, dass da eine Technik hintersteckt. Damit wir nicht aneinander vorbei reden: Ich meine nicht, Empathie zu haben. Mitgefühl zu haben. Etc. Dahinter steckt keine Technik, das hat man oder man hat es nicht. Wenn man es nicht hat, dann tut man so als hätte man es. Wie im Beispiel von Jenny Doe.

Ich aber meine die Technik, mit diesen Voraussetzungen (Empathie, etc.) umzugehen. Ich besitze auch Empathie und all das, aber ich bin nicht in der Lage, "so" mit meinen Mitmenschen umzugehen. Damit meine ich nicht, Psychotherapeut zu spielen und an den Poblemen meiner Mitmenschen herum zu doktoren. Ich möchte einfach nur "so" mit meinen Mitmenschen umgehen. Fühlen sich die Mitmenschen wohl, fühlt man sich selber auch viel wohler.

Mir erscheint dieses "so-sein-wollen" (diese Technik) ein tolles Werkzeug, damit so wenig wie möglich Kommunikationsprobleme miteinander entstehen. Dem Anderen das Gefühl zu geben, dass man ihn wertschätzt und achtet und das färbt dann ja auch auf andere ab.

Mir fehlt aber das Gerüst, diese Technik. Irgendwie haben Theras das doch auch gelernt, mit ihrer Empathie so umzugehen, dass wenige Sätze reichen und der Gesprächspartner fühlt sich geschätzt und verstanden und wohl. Wenige Sätze. Und dann auch noch Sätze, die zum nachdenken anregen. Das ist eine Kunst, die man sehr wohl lernen kann.

Aber wie genau? Spielt da vielleicht auch die sokratische Methode eine Rolle? Ich würde zu gerne von jemanden der vom Fach ist, wissen, welche Methodik dahinter steckt. Was das genau ist, also das Gesamtpaket um "so" zu sein. Zumindest ein bisschen. :-)

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isabe
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Beitrag Mo., 19.02.2018, 21:15

Ich denke eher (ist aber meine persönliche Meinung), dass es auch eine Frage von (sprachlicher) Intelligenz ist, Dinge so zu formulieren, dass sie nicht zu viel und nicht zu wenig sagen; dass es nicht zu viel auslöst und nicht zu wenig; dass es nicht zu früh und nicht zu spät gesagt wird. Ehrlich, ich denke nicht, dass man das in einer Ausbildung lernen kann, sondern dass das etwas ist, was entsteht, wenn man viel mit (relativ ähnlichen) Menschen zu tun hat.

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Chancen
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Beitrag Mo., 19.02.2018, 21:47

Hallo Mondherz!

Einfühlendes Verstehen und Wertschätzung sind zentrale Elemente des personzentrierten Ansatzes nach Carl Rogers.
Rogers war Therapeut und Therapiewissenschafter, der herausgefunden hat, dass je aufrichtiger und besser die Beziehung zwischen Therapeut und Klient (wertschätzend, einfühlsam), desto besser kann sich der Klient entwickeln und zu sich selbst finden, sodass es dem Klienten irgendwann gelingt, auch wertschätzend und einfühlsam mit sich selbst umzugehen.

Dazu muss der Therapeut im Rahmen der Ausbildung zu einer bestimmten Haltung, gegenüber seinen Klienten und auch sich selbst gegenüber, finden. Nur wer lernt, sich selbst gegenüber offen, wertschätzend und ehrlich zu sein, kann gegenüber dem Klienten diesselbe Haltung haben, weil man sich dann vor nichts fürchten muss und keine Abwehr fahren.

Die Grundhaltungen der personzentrierten Therapie sind Echtheit, einfühlendes Verstehen, Wertschätzung und Kongruenz.

Grobes kannst du zu Carl Rogers und der von ihm begründeten Therapiemethode bzw. Therapieschule auf Wikipedia nachlesen.

Empfehlenswert sind vor allem seine Bücher, z.B. Entwicklung der Persönlichkeit - Psychotherapie aus der Sicht eines Therapeuten.

Darin findest du Ausführliches zu dieser Methode und ihrem Blick auf den Menschen.

Eine unbedingte Empfehlung!

Chancen

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Mondherz
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Beitrag Mo., 19.02.2018, 22:47

@isabe
Ich weiß was Du meinst und finde das auch wichtig. Sprachliche Intelligenz ist sicherlich Voraussetzung dafür, eine therapeutische Technik ideal anzuwenden.


Hallo Chancen,

wow, danke. Das war das, was ich gesucht habe. Das Buch oder sogar die Bücher von Rogers werde ich mir zulegen. Weil, ich genau diesen Blick auf Menschen bekommen möchte, ich möchte das ein Stück weit weiter geben, was ich erhalten habe. Natürlich nicht als Therapeut (das will und kann ich gar nicht leisten), aber im Rahmen als Mitmensch, anderen Menschen gegenüber.

Grüße
Mondherz

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Miss_Understood
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Beitrag Mo., 19.02.2018, 23:49

Liebe Mondherz,

diese bestimmte Sprechweise (und auch mehr, die ART anderen zu begegnen), nicht nur von Rogers, sondern auch anderer Therapeuten - Virginia Satir oder Milton Erickson - denen es gelang nachhaltige Veränderung bei ihren Klienten zu erzielen haben Richard Bandler und John Grinder in den 70ern näher untersucht und daraus einige Werkzeuge guter Veränderungskommunikation abgeleitet.

Unter dem Stichwort "Neurolinguistisches Programmieren" findet sich mehr darüber. Auch die Möglichkeit zweier großer Verbände darin eine Ausbildung zu machen. Und nicht bei Menschen, die das ganze in einem Wochenendseminar gelernt haben und es wirklich eher nur als eine Art Trickkiste verstehen. Denn die Haltung ist essentiell dabei.

Mir hat die erste Stufe - der sog. 'NLP Practitioner' - vor Jahren Welten eröffnet. Ich übe immer noch auch mit mir selber so zu sprechen, dass sich die Wahl meiner Möglichkeiten vergrößert statt verkleinert zb. Oder mit anderen, dass es mir gelingt (und das gelingt mir nicht immer) empathisch zu sein. WAS GENAU das bedeutet, dazu findest du in der Beschäftigung mit NLP vieles Hilfreiches.

Schöner Gruß von

Miss Understood
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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Mondherz
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Beitrag Di., 20.02.2018, 10:44

Hallo Miss_Understood,

danke für den Hinweis. Ich bin früher schon mal über den Begriff NLP gestolpert und hatte da ein bissel recherchiert. Bin damals wohl nicht so ganz warm damit geworden, aber ich schaue mir das Thema nochmal an.

---------------

Inzwischen habe ich 1 Buch von C. Rogers bestellt und konnte wegen der Begriffe "empathisches Zuhören", "aktives Zuhören" auch schon einiges finden, was ich mit "diese Art" meinte.

Was mich an meiner Thera so beeindruckte, war - dieses empathische Zuhören, menschliche Wärme zu spüren und dabei aufrichtig zu sein UND dabei aber eine respektvolle Ausstrahlung zu haben. Auch so ein in sich ruhen, als wisse man auf alles eine Antwort.
Finde ich toll und will ich auch haben. :-D Daran möchte ich bewusst arbeiten.

Über weitere Recherche-Tipps und Hinweise würde ich mich freuen.

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R.L.Fellner
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Beitrag Di., 20.02.2018, 10:47

Liebe Mondherz,

ich glaube, ich verstehe, worum es Ihnen geht.
Zum Einen kann ich Ihnen den schon erwähnten Carl Rogers empfehlen (Link führt zu Literaturliste), quasi dem Vorreiter für die Säulen eines konstruktiven, am Gegenüber orientierten Gesprächsstils. Manchen Leuten würde das Lesen von 1,2 seiner Bücher gut bekommen. :lol:

Persönlich hat mir in dieser Hinsicht in jungen Jahren das Buch "Sprich mit mir" von Jacques Salomé ganz neue Welten erschlossen, ich empfand es als äußerst wertvoll. Dieser Titel wird mittlerweile zwar nicht mehr vertrieben, von Salomé gibt es jedoch auch noch andere Bücher (siehe Link), in denen seine Ansätze z.T. sogar noch detaillierter vorgestellt werden.

Freundliche Grüße,
R.L.Fellner


isabe
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Beitrag Di., 20.02.2018, 10:54

Mondherz, ich möchte deine Gedanken nicht zerstören, und wenn es dich stört, ignoriere es einfach, aber ich hab mich schon immer gefragt, wieso man Rogers eigentlich braucht: Ich habe nie etwas von ihm gelesen, und trotzdem (ich hab Kinder) weiß ich, wie "empathisches Zuhören" geht. Mir macht das ehrlich gesagt ein bisschen Angst (nicht auf dich bezogen, sondern allgemein), das Ganze so betriebswirtschaftlich zu betrachten, als etwas, was man verkaufen kann, an den Mann bringen kann und in Seminaren zu Geld machen kann.

Oder anders gesagt: Ist es nicht eher umgekehrt: Also nicht: "Wie kann ich wie Rogers handeln?", sondern eher: "Was ist geschehen, dass wir nicht mehr intuitiv wie Rogers handeln können?" - also: Der Normalzustand sollte eigentlich sein, dass man einander zuhört und wirklich begegnet, und dort, wo das nicht funktioniert, sollte der Mangel benannt werden; anstatt das eigentlich Normale als etwas zu verkaufen, was man - grundsätzlich - erst erlernen muss.

Mir ist schon klar, dass nicht jeder sich selbst und andere empathisch begleiten kann; trotzdem sollte klar sein, dass Menschen das durchaus auch von sich aus tun können und sollten, v.a. wenn sie in einem entsprechenden Umfeld aufgewachsen sind.

Oder anders gesagt: Eine wirklich innere Haltung braucht m.E. keine Anleitung. Etwas unter Anleitung zu tun, bedeutet ja eigentlich nur, den inneren Mangel gekonnt zu verbergen. Aber ich will das nicht schlechtreden; die Methode selbst ist ja sicher nicht falsch, sondern es wäre schon wünschenswert, wenn wir das alle so verinnerlicht hätten.
Zuletzt geändert von isabe am Di., 20.02.2018, 11:03, insgesamt 1-mal geändert.

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R.L.Fellner
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Beitrag Di., 20.02.2018, 11:03

Ich kann mich Ihren Gedanken vollinhaltlich anschließen, isabe - es ist nur meiner Beobachtung nach so, dass sich manche Menschen wirklich schwer damit tun, "einfühlsame" bzw. am Gegenüber orientierte Kommunikation "von sich aus" auszuüben. Sie schreiben es ja selbst: "wenn man in einem entsprechenden Umfeld aufgewachsen ist". In manchen Familien wird aber halt sehr wenig gesprochen, oder nicht einmal die Idee von Empathie oder eines echten Interesses am Gegenüber vermittelt.

Es kann, so sozialisiert, schon hilfreich und durchaus auch im besten Sinne "lehrsam" sein, die entsprechenden Fähigkeiten (vor allem aber auch: Einsichten und ein Verständnis dessen, wie konstruktive und wertschätzende Kommunikation zwischen Menschen funktionieren kann) mit einschlägiger Literatur zu erarbeiten bzw. "nachzuschulen". Und ich halte es auch durchaus im Sinne der Gesellschaft, in der wir leben, für wünschenswert, wenn Menschen diesbezügliche Defizite bei sich erkennen und etwas dagegen tun möchten.

Liebe Grüße,
R.L.Fellner

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Mondherz
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Beitrag Di., 20.02.2018, 12:05

Hallo isabe,

es stört mich nicht, Deine ehrlichen Gedanken zu lesen. Im Gegenteil, es zeigt mir doch, wie andere mein Anliegen verstehen und wenn ich mich missverstanden fühle, dann habe ich entweder nicht genügend Informationen gegeben und oder mich missverständlich ausgedrückt.

Ich verstehe, was Dir Angst macht und verstehe nun, wie Du mein Anliegen verstanden hast. Ich bin auch Mutter von 2 Kindern und weiß auch, wie "empathisches Zuhören" im Alltag (!) geht. Also dieses intuitive Mitfühlen.

Ich war als Kind schon ganz brav, superlieb, nie ein böses Wort zu anderen Menschen, immer am ducken und es allen Recht machen. Das zog sich bis in Erwachsenenalter. Ich war zu lieb. Das kennt man ja von vielen (früheren?) "Mädchen-Erziehungen". Der Erwachsene hat Recht und ich habe meinen Mund zu halten.

Ich habe für alles und jeden Mitgefühl und kann das auch gut nach außen tragen. Aber und nun kommt das große Aber. Alle Leute sind über meine Grenzen gelatscht. Ich habe gelernt: Je lieber und empathischer ich zu anderen bin, umso mehr wird es als Schwäche angesehen und ich werde ausgenutzt und NICHT respektiert.

Deshalb fasznierte mich das so bei meiner Therapeutin. Die war auch lieb, empathisch, freundlich, warm.
All das bin ich doch auch. Dann dachte ich: "Wieso aber hat man Respekt vor meiner Therapeutin, aber nicht zu mir?

Um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, möchte ich wissen, wie das geht. Dieses "so-sein". Ich möchte mir ja nicht Empathie aneignen, wo keine ist. Ich habe ja Empathie, ich höre den Menschen zu, empfinde mit ihnen und "leide mit". Meistens so sehr, dass mich das alles mitnimmt und ich keine Energie mehr habe.

Deshalb wollte ich wissen, wie es "richtig" (besser) geht. Möchte nachlesen, wie das geht um zu sehen, was bei mir anders ist. Wo und wie ich mich in Gesprächen abgrenzen muss - ohne dass die Empathie darunter leidet. Möchte weiterhin so empathisch sein, aber ich möchte als respektvolle Person dabei behandelt werden. Und so weiter.

Ich weiß vom Verstand her auch, dass dieses Respektvolle mit Ausstrahlung zu tun hat und solange ich das nicht ausstrahle und anderen Menschen meine Grenzen aufzeige, wird man immer wieder über meine Grenzen latschen. Ist alles sehr komplex. Jedenfalls denke ich, ist meine Beschäftigung mit diesem Thema, ein Baustein unter vielen, die mich auf den Weg bringen, "so zu sein", wie ich mir das vorstelle. Empathisch sein und Respekt bekommen.

Ich hoffe, ich konnte nun klarer darlegen, worum es mir geht.


EDIT: Nur als Ergänzungshinweis: Ich kenne die Gründe, die dazu geführt haben, wieso andere Menschen mich schlecht behandelt haben. Das Ganze ist ja sehr komplex. Trotzdem geht es mir hier im Thread nur um das Thema des "WIE macht man das"?
Zuletzt geändert von Mondherz am Di., 20.02.2018, 12:21, insgesamt 1-mal geändert.

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Mondherz
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Beitrag Di., 20.02.2018, 12:18

Lieber Herr Fellner,

vielen Dank für die Empfehlung. "Entwicklung der Persönlichkeit: Psychotherapie aus der Sicht eines Therapeuten" habe ich mir nun schon bestellt.

Dann begebe ich mich auch noch auf die Suche nach Salomés Büchern. :) Schade, dass "Sprich mit mir" nicht mehr zu erwerben ist.

Noch ein Wort zu konstruktiver Kommunikation. Ich habe seit gestern schon gelernt, dass ich meinen Gesprächspartnern auch zu oft "Ratschläge" gegeben habe, anstatt meine eigene Meinung außen vor zu lassen. Dass es besser ist, den Gesprächspartner durch gezielte Fragen dazu zu bringen, selbst auf die Lösung zu kommen oder die Situation aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Das meine ich auch mit "Technik". Ich als Mutter bin leider nie auf die Idee gekommen, wenn meine Kinder Schwierigkeiten hatten, eine persönliche Wertung und Ratschläge heraus zu halten. Empathisch war ich, mitfühlend, habe getröstet, habe Partei für mein Kind ergriffen. Aber ich sehe, das war nicht besonders klug. Durch einige Youtube-Videos zum Thema "empathisches Zuhören" / aktives Zuhören, habe ich den Fehler bei mir bemerkt. Ich denke, ich werde natürlich immer noch trösten und mitfühlend sein, aber in passenden Situationen meine Wertung heraus nehmen und vielleicht mal gezielt Fragen stellen, anstelle von Ratschlägen zu erteilen.

Na, jedenfalls möchte ich meine Persönlichkeit erweitern und mir den "Stoff" aneignen. Nicht um ihn 1:1 wie eine Handlungsanweisung zu übernehmen, aber als Kommunikationsstil-Erweiterung ansehen.


Viele Grüße
Mondherz

EDIT: Habe nun 2 Bücher von Salome bestellt. Unter anderem "Sprich mit mir", war bei Amazon als Gebrauchtware angeboten.
Zuletzt geändert von Mondherz am Di., 20.02.2018, 12:32, insgesamt 1-mal geändert.


isabe
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Beitrag Di., 20.02.2018, 12:24

Ja, danke. Ich wollte auch nicht deine Empathie bezweifeln. Aber ich hab mir gedacht, dass es hinter dem Konzept immer auch noch etwas anderes gibt, also einen Zustand, der dieses Konzept nötig macht (ich vermute mal, dass auch Rogers sich nicht als Erfinder der Empathie sieht), und dass dieser Zustand, wenn man ihn immer weiter zurückverfolgt, vermutlich in einer zentralen Frage mündet, z.B. darin: "Wieso kann ich mich selbst nicht lieben?" - meine Vermutung ist, dass jemand, der sich wirklich liebt (und nicht selbstverliebt ist), das auch ausstrahlt, sodass im Grunde alles Weitere eine nahezu logische Folge von der vorhandenen oder nicht vorhandenen Selbst-Liebesfähigkeit ist. Also: Du kannst dir selbst gegenüber nachsichtig sein, wenn du dich liebst, wie du deine Kinder ja auch liebst. Vielleicht sind es gerade besonders zur Rücksichtnahme erzogene Menschen, die sich selbst am wenigsten wirklich lieben können, weil die Liebe erstickt wurde.

Aber klar: Wenn es dir hilft, bestimmte Techniken zu erlernen, dann wirkt sich das vielleicht auch positiv auf deine innere Haltung aus - ist vielleicht auch eine Typfrage oder eine Frage danach, worum es einem wirklich geht: Im Grunde fängt es halt immer im Moment der Zeugung der Urgroßeltern an, so ungefähr, und man kann sich ja immer mal überlegen, welches "Stadium" der eigenen Geschichte gerade wichtig ist für die Weiterentwicklung. Und vielleicht ist gerade DAS das überhaupt Entscheidende: dass du dir vorgenommen hast, weiter an dir zu arbeiten. Ich denke, damit ist schon das Größte erreicht.
Zuletzt geändert von isabe am Di., 20.02.2018, 12:32, insgesamt 1-mal geändert.

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